Der Begriff Erfindung ist zentral für das Patentrecht. Er bezeichnet eine neue technische Lösung für ein technisches Problem. Eine Erfindung kann ein Produkt (z.B. eine Vorrichtung, eine Zusammensetzung) oder ein Verfahren (z.B. ein Herstellungsverfahren, ein Anwendungsverfahren) sein.
Artikel 52 (1) EPÜ [→ Voraussetzungen für die Patentierbarkeit] bestimmt, dass europäische Patente für Erfindungen auf allen Gebieten der Technik erteilt werden, sofern sie neu sind, auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhen und gewerblich anwendbar sind.
Eine Erfindung gilt als auf einer erfinderischen Tätigkeit [Artikel 56 (1) EPÜ → Anforderungen an die erfinderische Tätigkeit] beruhend, wenn sie sich für den Fachmann nicht in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik ergibt.
Der Begriff „Erfindung“ ist zu verstehen als „Gegenstand mit technischem Charakter“ [→ Technischer Charakter].1)
Allein schon die Tatsache, dass die Liste der nicht als Erfindungen anzusehenden Gegenstände in Art. 52 (2) EPÜ 1973 nicht erschöpfend formuliert ist („insbesondere“), auf die Existenz eines Ausschlusskriteriums hinweist, das allen diesen Dingen gemeinsam ist und eine denkbare Erweiterung der Liste erlaubt. Die Aufzählung typischer Nichterfindungen in Art. 52 (2) EPÜ 1973 umfasste Tatbestände, deren gemeinsames Merkmal der fehlende technische Charakter war. Der auf Art. 52 (1) EPÜ 1973 Bezug nehmende Ausnahmenkatalog des Art. 52 (2) EPÜ 1973 ist als Negativdefinition des Erfindungsbegriffs aufzufassen.2)
Art. 52 (2) EPÜ [→ Nicht patentierbare Erfindungen] zählt eine Reihe von Gegenständen oder Tätigkeiten auf, die nicht als Erfindungen im Sinne des Art. 52 (1) EPÜ angesehen werden.
Eine implizite Bedingung für eine „Erfindung“ im Sinne von Artikel 52 (1) EPÜ ist ihr technischer Charakter (Erfordernis der „Technizität“).3) → Patentierbare Erfindungen
Dem Patentrecht unterliegt der Grundsatz, dass von Erfindungen im Rahmen des Europäischen Patentübereinkommens, auf welche ein Patent zu erteilen ist, ein Beitrag zum Stand der Technik verlangt wird, d. h. die Bereitstellung einer technischen Lösung für eine dem Stand der Technik entspringende Aufgabe.
Die Feststellung, dass es sich bei dem beanspruchten Gegenstand um eine Erfindung im Sinne des Art. 52 (1) EPÜ 1973 handelt, im Prinzip eine Voraussetzung für die Prüfung auf Neuheit, erfinderische Tätigkeit und gewerbliche Anwendbarkeit ist, da diese Erfordernisse nur für Erfindungen definiert sind.4)
Der Aufbau des EPÜ legt somit nahe, dass es ohne jede Kenntnis des Stands der Technik (einschließlich des allgemeinen Fachwissens) möglich sein muss festzustellen, ob ein Gegenstand nach Art. 52 (2) EPÜ 1973 vom Patentschutz ausgeschlossen ist.5)
Besondere Aufmerksamkeit gilt dabei computerimplementierten Erfindungen (CII). Die Große Beschwerdekammer hat in der Entscheidung 6) klargestellt, dass ein Computerprogramm „als solches“ [→ "als solche"-Klausel] von der Patentierung ausgeschlossen ist, wenn es keinen „weiteren technischen Effekt“ bewirkt, der über die normale physikalische Wechselwirkung zwischen Software und Hardware hinausgeht. Die Entscheidung 7) prägte in diesem Zusammenhang das Konzept des „weiteren technischen Effekts“.
Die Abgrenzung von Erfindungen gegenüber bloßen Geschäftsmethoden ist ebenfalls von Bedeutung. Die Entscheidung 8) stellt fest, dass ein Verfahren, das im Wesentlichen auf geschäftlichen oder wirtschaftlichen Überlegungen beruht, nicht patentierbar ist, auch wenn es technische Mittel verwendet.
Die Entscheidung 9) behandelt die Frage, wann ein Verfahren, das technische Mittel verwendet, als Erfindung im Sinne des EPÜ anzusehen ist. Sie stellt fest, dass ein Verfahren, das technische Mittel umfasst, dem Patentierungsverbot nach Art. 52 (2) EPÜ entgeht.
Artikel 52 (1) EPÜ → Patentierbare Erfindungen
→ Technischer Charakter
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