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Die nicht ausschließliche Befugnis zur gewerblichen Benutzung einer Erfindung wird durch das Patentgericht im Einzelfall nach Maßgabe der nachfolgenden Vorschriften erteilt (Zwangslizenz), sofern
→ Öffentliches Interesse an der Erteilung einer Zwangslizenz
§ 24 (6) S. 4 und 5 PatG → Vergütungsanspruch gegen den Inhaber der Zwangslizenz
§ 24 (6) S. 6 und 7 PatG → Anpassung und Rücknahme der Zwangslizenz
§ 85 (1)-(5) PatG → Einstweilige Verfügung im Zwangslizenzverfahren
§ 85 (6) PatG → Vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils im Zwangslizenzverfahren
Nach der seit 1. November 1998 geltenden Fassung von § 24 Abs. 1 Nr. 1 PatG ist erforderlich, dass sich der Lizenzsucher innerhalb eines angemessenen Zeitraumes erfolglos bemüht hat, vom Patentinhaber die Zustimmung zu erhalten, die Erfindung zu angemessenen geschäftsüblichen Bedingungen zu benutzen.1)
Da die Erteilung einer Zwangslizenz tief in das grundsätzliche Recht des Patentinhabers eingreift, frei zu entscheiden, ob und gegebenenfalls unter welchen Bedingungen er einem Dritten die Benutzung der erfindungsgemäßen technischen Lehre gestatten möchte (§ 9 PatG), setzt § 24 PatG nicht nur voraus, dass das öffentliche Interesse sachlich die Erteilung der Zwangslizenz gebietet. Der hoheitliche Eingriff in das dem Patentinhaber verliehene Ausschließlichkeitsrecht durch die staatliche Gewährung der Zwangslizenz muss vielmehr auch deswegen erforderlich sein, weil sich der Patentinhaber dem „milderen Mittel“ der vertraglichen Einräumung einer Benutzungsgestattung zu angemessenen Bedingungen verweigert hat.2)
Diese - damit anders als nach früherem Recht nicht prozessuale, sondern materielle - Voraussetzung für die Erteilung einer patentrechtlichen Zwangslizenz muss zwar nicht zwingend schon im Zeitpunkt der Einreichung der Zwangslizenzklage vorliegen; entsprechend allgemeinen Grundsätzen reicht es vielmehr aus, wenn sie am Schluss der mündlichen Verhandlung erfüllt ist. Aus dem gesetzlichen Erfordernis, dass sich das Bemühen über einen angemessenen Zeitraum hinweg erstreckt haben muss, ergibt sich aber, dass es nicht ausreicht, wenn sich der Lizenzsucher während des Verfahrens gewissermaßen „in letzter Minute“ zur Zahlung einer angemessenen Lizenz bereit erklärt. Vielmehr muss er über einen gewissen Zeitraum hinweg in einer der jeweiligen Situation angemessenen Weise versucht haben, sich mit dem Patentinhaber über die Erteilung einer Lizenz zu einigen. Welcher Zeitraum und welche Maßnahmen hierzu erforderlich sind, ist eine Frage des Einzelfalls.3)
Dabei wird der Zeitraum, den der Lizenzsucher dem Patentinhaber lassen muss, um die Frage nach dem Ob einer Lizenzierung zu klären und gegebenenfalls die angemessenen Bedingungen einer Lizenzierung zu verhandeln, maßgeblich einerseits durch die Dringlichkeit der Entscheidung über eine vertragliche Lizenzvergabe, andererseits aber auch durch die Komplexität der Entscheidungssituation und dadurch bestimmt, ob und zu welchem Zeitpunkt der Lizenzsucher dem Patentinhaber diejenigen Informationen zur Verfügung stellt, die dieser billigerweise erwarten kann, bevor er eine Entscheidung über den Abschluss eines Lizenzvertrages und gegebenenfalls dessen Bedingungen trifft.4)
Ob sich der Lizenzsucher innerhalb eines angemessenen Zeitraumes erfolglos bemüht hat, vom Patentinhaber die Zustimmung zur Benutzung der Erfindung zu angemessenen geschäftsüblichen Bedingungen zu erhalten, ist anhand der Umstände des jeweiligen Einzelfalls zu beurteilen.5)
In welchem Umfang und über welchen Zeitraum sich der Lizenzsucher um eine Lizenz zu angemessenen und üblichen Bedingungen bemühen muss, hängt auch von der Reaktion des Patentinhabers ab. Weiterer Bemühungen bedarf es in der Regel nicht, wenn der Patentinhaber die Zustimmung zur Benutzung der Erfindung schlechthin verweigert. Hierfür reicht es jedoch nicht aus, wenn der Patentinhaber erklärt, die Vergabe einer Lizenz zwar grundsätzlich abzulehnen, unter außergewöhnlichen Umständen aber zu erwägen.6)
Ein die Erteilung einer Zwangslizenz für ein Arzneimittel gebietendes öffentliches Interesse kann zu bejahen sein, wenn durch nach anerkannten Grundsätzen der Biostatistik signifikante Ergebnisse einer klinischen Studie nachgewiesen ist, dass der Wirkstoff des Arzneimittels bei der Behandlung schwerer Erkrankungen therapeutische Eigenschaften aufweist, die für andere auf dem Markt erhältliche Mittel nicht oder nicht in demselben Maße belegt sind, insbesondere durch die Behandlung das Risiko des Patienten gesenkt wird, infolge der Erkrankung zu versterben, oder wenn solche überlegenen Eigenschaften auf andere Weise nachgewiesen werden.7)
Da ein forschender Arzneimittelhersteller das Ziel hat, mit einem patentgeschützten Erzeugnis einen angemessenen Deckungsbeitrag zu den Gesamtkosten seiner Forschungs- und Entwicklungstätigkeit zu erwirtschaften, entspricht es häufig, wenn nicht regelmäßig seinem Interesse, keine Lizenzen an Wettbewerber zu vergeben, die ein dem eigenen Produkt gleichwertiges Konkurrenzerzeugnis auf den Markt bringen wollen. Gleichwohl ist die Lizenzvergabe auch aus seiner Sicht vernünftig, wenn nicht gar geboten, wenn das Konkurrenzerzeugnis wesentliche überlegene Eigenschaften aufweist und seine Verfügbarkeit daher nicht nur im Patienteninteresse ist, sondern deshalb gegebenenfalls auch die Gewährung einer Zwangslizenz rechtfertigt, die der Hersteller durch eine vertragliche Gestattung der Benutzung der geschützten Erfindung abwenden kann. Aus der Sicht des Patentinhabers und potentiellen Lizenzgebers kommt es deshalb entscheidend darauf an, ob das zu lizenzierende Erzeugnis solche Eigenschaften aufweist. Ein „williger Lizenznehmer“, der sich in angemessener Weise um eine Lizenz zu angemessenen, üblichen Bedingungen bemüht, wird dieses Interesse anerkennen und dem Patentinhaber diejenigen Informationen zur Verfügung stellen, die er ihm zumutbarerweise zur Verfügung stellen kann, um eine behauptete Überlegenheit des eigenen Produkts zu verifizieren. Dabei werden die Parteien - wie auch sonst bei Lizenzverhandlungen - gegebenenfalls Abreden über die vertrauliche Behandlung geheimhaltungsbedürftiger Informationen treffen, die sowohl dem Erkenntnisinteresse des Patentinhabers als auch dem Geheimhaltungsinteresse des Lizenzsuchers angemessen Rechnung tragen.8)
Ein die Erteilung einer Zwangslizenz gebietendes öffentliches Interesse kann zu bejahen sein, wenn ein Arzneimittel zur Behandlung schwerer Erkrankungen therapeutische Eigenschaften aufweist, die die auf dem Markt erhältlichen Mittel nicht oder nicht in gleichem Maße besitzen, oder wenn bei seinem Gebrauch unerwünschte Nebenwirkungen vermieden werden, die bei Verabreichung der anderen Therapeutika in Kauf genommen werden müssen. Eine Zwangslizenz kann hingegen grundsätzlich nicht zugesprochen werden, wenn das öffentliche Interesse mit anderen, im Wesentlichen gleichwertigen Ausweichpräparaten befriedigt werden kann.9)
Kann der Lizenzsucher eine ihm durch Patent mit jüngerem Zeitrang geschützte Erfindung nicht verwerten, ohne das Patent mit älterem Zeitrang zu verletzen, so hat er gegenüber dem Inhaber des Patents mit dem älteren Zeitrang Anspruch auf Einräumung einer Zwangslizenz, sofern
Der Patentinhaber kann verlangen, dass ihm der Lizenzsucher eine Gegenlizenz zu angemessenen Bedingungen für die Benutzung der patentierten Erfindung mit dem jüngeren Zeitrang einräumt.
Absatz 2 gilt entsprechend, wenn ein Pflanzenzüchter ein Sortenschutzrecht nicht erhalten oder verwerten kann, ohne ein früheres Patent zu verletzen.
Für eine patentierte Erfindung auf dem Gebiet der Halbleitertechnologie darf eine Zwangslizenz im Rahmen des Absatzes 1 nur erteilt werden, wenn dies zur Behebung einer in einem Gerichts- oder Verwaltungsverfahren festgestellten wettbewerbswidrigen Praxis des Patentinhabers erforderlich ist.
Übt der Patentinhaber die patentierte Erfindung nicht oder nicht überwiegend im Inland aus, so können Zwangslizenzen im Rahmen des Absatzes 1 erteilt werden, um eine ausreichende Versorgung des Inlandsmarktes mit dem patentierten Erzeugnis sicherzustellen. Die Einfuhr steht insoweit der Ausübung des Patents im Inland gleich.
Die Erteilung einer Zwangslizenz an einem Patent ist erst nach dessen Erteilung zulässig.
Sie [die Zwangslizenz] kann eingeschränkt erteilt und von Bedingungen abhängig gemacht werden. Umfang und Dauer der Benutzung sind auf den Zweck zu begrenzen, für den sie gestattet worden ist.
§ 24 (6) S. 4 und 5 PatG → Vergütungsanspruch gegen den Inhaber der Zwangslizenz
§ 24 (6) S. 6 und 7 PatG → Anpassung und Rücknahme der Zwangslizenz
Die Zwangslizenz an einem Patent kann nur zusammen mit dem Betrieb übertragen werden, der mit der Auswertung der Erfindung befaßt ist. Die Zwangslizenz an einer Erfindung, die Gegenstand eines Patents mit älterem Zeitrang ist, kann nur zusammen mit dem Patent mit jüngerem Zeitrang übertragen werden.
§§ 1 bis 25 PatG → Das Patent
PatG → Patentgesetz
Patentrecht → Zwangslizenzverfahren
§ 23 PatG → Lizenzbereitschaft
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