Benutzer-Werkzeuge

Webseiten-Werkzeuge


Seitenleiste

Anzeigen:

PatForce

www.stilbetten.de



Ein Projekt von:
Dr. Martin Meggle-Freund

verfahrensrecht:rechtswegzustaendigkeit

finanzcheck24.de

Rechtswegzuständigkeit

Kompetenzkonflikte zwischen Gerichten
Rechtswegrüge
Rechtsweg
Internationale Zuständigkeit

Je nach Art des Verfahrens sind verschiedene Zuständigkeitsaspekte zu prüfen.

Neben der Gerichtsbarkeit über den Beklagten (§§ 18-20 GVG) und der Frage, ob der überhaupt der Zivilrechtsweg gegeben ist (§ 13 GVG) sind insbesondere zu prüfen:

funktionelle Zuständigkeit
sachliche Zuständigkeit
örtliche Zuständigkeit
internationale Zuständigkeit
Zuständigkeit in Sachen des Internetrechts

Für Entscheidungen über die Zulässigkeit des beschrittenen Rechtswegs [→ Rechtswegzuständigkeit] trifft § 17 a GVG eine eigenständige Regelung, die einen Streit zwischen Gerichten verschiedener Rechtswege von vornherein ausschließen soll.1)

Wenn das angerufene Gericht den zu ihm führenden Rechtsweg für unzulässig hält, hat es dies auszusprechen und den Rechtsstreit zugleich an das zuständige Gericht des zulässigen Rechtswegs zu verweisen. Diese Entscheidung kann in einem Instanzenzug auf Rechtsmittel der Parteien auf ihre Richtigkeit hin überprüft werden, denn anders als die Verweisung wegen örtlicher und sachlicher Unzuständigkeit (§ 281 ZPO) unterliegt der nach § 17 a Abs. 2 GVG ergehende Verweisungsbeschluß der sofortigen Beschwerde (§ 17 a Abs. 4 GVG). Hieraus folgt jedoch umgekehrt, daß ein nach § 17 a Abs. 2 GVG ergangener Beschluß, sobald er rechtskräftig geworden ist, einer weiteren Überprüfung entzogen ist. Die Regelung in § 17 a Abs. 5 GVG bestätigt dies.2)

Angesichts dieser Rechtslage besteht die Bindungswirkung nach § 17 a Abs. 2 Satz 3 GVG auch bei gesetzwidrigen Verweisungen.3)

Sofern zwei Gerichte unterschiedlicher Rechtswege ihre Zuständigkeit verneint haben, obliegt die Bestimmung des zuständigen Gerichts demjenigen obersten Gerichtshof des Bundes, der zuerst darum angegangen wird.4)

Ein nach § 17a GVG ergangener Beschluss, mit dem ein Gericht den zu ihm beschrittenen Rechtsweg für unzulässig erklärt und den Rechtsstreit an das Gericht eines anderen Rechtswegs verwiesen hat, ist einer weiteren Überprüfung entzogen, sobald er unanfechtbar geworden ist.5)

Ist das zulässige Rechtsmittel nicht eingelegt worden oder ist es erfolglos geblieben oder zurückgenommen worden, ist die Verweisung für das Gericht, an das der Rechtsstreit verwiesen worden ist, hinsichtlich des Rechtswegs gemäß § 17a Abs. 2 Satz 3 GVG bindend.6)

Nicht das Gericht, an das verwiesen wird, sondern die Parteien sollen vor willkürlichen oder sonst jeder gesetzlichen Grundlage entbehrenden Entscheidung geschützt werden, mit der ihr Streitfall dem zuständigen Gericht und damit dem gesetzlichen Richter (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG) entzogen wird. Steht den Parteien aber ein Rechtsmittel zu Gebote und wird dieses nicht genutzt, besteht grundsätzlich kein Anlass, dem Gericht des für zulässig erklärten Rechtswegs die Befugnis zuzubilligen, sich an die Stelle des Rechtsmittelgerichts zu setzen.7)

Eine Durchbrechung der Bindungswirkung kommt allenfalls bei „extremen Verstößen“ gegen die den Rechtsweg und seine Bestimmung regelnden materiell- und verfahrensrechtlichen Vorschriften in Betracht.8)

Haben die Parteien die Zulässigkeit des beschrittenen Rechtswegs nicht gerügt [→ Rechtswegrüge] und durfte das erstinstanzliche Gericht deshalb von einer Vorabentscheidung nach § 17a Abs. 3 GVG absehen, ist das Rechtsmittelgericht an die auch nur stillschweigend bejahte Rechtswegzuständigkeit selbst in zweifelhaften Fällen gebunden.9)

Nach § 17a Abs. 5 GVG prüft das Gericht, das über ein Rechtsmittel gegen eine Entscheidung in der Hauptsache entscheidet, nicht, ob der beschrittene Rechtsweg zulässig ist. Die Vorschrift gilt ebenso für Beschlüsse, die der formellen Rechtskraft fähig sind.10)

Die Zulässigkeit des Rechtswegs ist vom Senat auch nicht ausnahmsweise zu überprüfen. Hat das Gericht erster Instanz entgegen § 17a Abs. 3 Satz 2 GVG nach Rüge über die Zulässigkeit des Rechtswegs hierüber nicht vorab durch Beschluss, sondern erst in der Entscheidung in der Hauptsache entschieden, ist § 17a Abs. 5 GVG zwar nicht anwendbar.11)

siehe auch

1)
BGH, X ZR 150/03, Entscheidung vom 31.07.2007; m.V.a. Beschl. v. 9.4.2002 - X ARZ 24/02, NJW 2002, 2474; Sen.Beschl. v. 12.3.2002 - X ARZ 314/01, BGH-Rep. 2002, 749; Sen.Beschl. v. 13.11.2001 - X ARZ 266/01, WM 2002, 406
2)
BGH, X ZR 150/03, Entscheidung vom 31.07.2007; m.w.N.
3)
BGH, X ZR 150/03, Entscheidung vom 31.07.2007; m.V.a. Senat BGHZ 144, 21, 24; Sen.Beschl. v. 9.4.2002, aaO; Sen.Beschl. v. 16.12.2003 - X ARZ 363/03, BGH-Rep. 2004, 549
4)
BGH, Beschluss v. 13. Juli 2021 - X ARZ 147/21; m.V.a. BGH, DGVZ 2019, 258 Rn. 6; NJW-RR 2018, 250 Rn. 8; Beschluss vom 29. April 2014 - X ARZ 172/14, NJW 2014, 2125 Rn. 7
5)
BGH, Beschluss v. 13. Juli 2021 - X ARZ 147/21
6)
BGH, Beschluss v. 13. Juli 2021 - X ARZ 147/21; m.V.a. BGH, Beschluss vom 20. April 2021 - X ARZ 562/20 Rn. 16; DGVZ 2019, 258 Rn. 8; WM 2017, 1755 Rn. 8; NJW 2014, 2125 Rn. 9
7)
BGH, Beschluss v. 13. Juli 2021 - X ARZ 147/21; m.V.a. BGH, Beschluss vom 20. April 2021 - X ARZ 562/20 Rn. 22; DGVZ 2019, 258 Rn. 10; Beschluss vom 2. Oktober 2018 - X ARZ 482/18, NJOZ 2019, 487 Rn. 12; Beschluss vom 14. Mai 2013 - X ARZ 167/13, MDR 2013, 1242 Rn. 12
8)
BGH, Beschluss v. 13. Juli 2021 - X ARZ 147/21; m.V.a. BGH, Beschluss vom 20. April 2021 - X ARZ 562/20 Rn. 24; DGVZ 2019, 258 Rn. 11; Beschluss vom 16. April 2019 - X ARZ 143/19, ZInsO 2019, 260 Rn. 13; BGH, Beschluss vom 24. Oktober 2017 - X ARZ 326/17, NJW-RR 2018, 250 Rn. 19 mwN
9)
BGH, Beschl. v. 27. Juli 2023 - I ZB 75/22; m.V.a. BGH, Beschluss vom 18. September 2008 - V ZB 40/08, NJW 2008, 3572 [juris Rn. 13 f., 16 f.]; Jacobs in Stein/Jonas, ZPO, 23. Aufl., § 17a GVG Rn. 24
10)
BGH, Beschl. v. 27. Juli 2023 - I ZB 75/22; m.V.a. MünchKomm.ZPO/Pabst, 6. Aufl., § 17a GVG Rn. 25
11)
BGH, Beschl. v. 27. Juli 2023 - I ZB 75/22; m.V.a. BGH, Beschluss vom 23. September 1992 - I ZB 3/92, BGHZ 119, 246 [juris Rn. 15] - Rechtswegprüfung; Beschluss vom 3. November 2021 - XII ZB 289/21, NZFam 2022, 63 [juris Rn. 9] mwN
verfahrensrecht/rechtswegzustaendigkeit.txt · Zuletzt geändert: 2023/09/24 15:09 von areichelt