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verfahrensrecht:sachliche_zustaendigkeit

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Sachliche Zuständigkeit

Sachliche Zuständigkeit im Zivilprozeß
Rechtswegprüfung
Kompetenzkonflikte zwischen Gerichten

Welcher Rechtsweg für eine Streitigkeit eröffnet ist, richtet sich, wenn eine ausdrückliche Rechtswegzuweisung des Gesetzgebers fehlt, nach der Natur des Rechtsverhältnisses, aus dem der Klageanspruch hergeleitet wird1) Dieser Grundsatz, der für die Abgrenzung der Zivilsachen im Sinne von § 13 GVG von den öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten gilt, ist für die Abgrenzung der bürgerlich-rechtlichen Rechtsstreitigkeiten einerseits von den Familiensachen und den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit andererseits gemäß § 17a Abs. 6 GVG entsprechend anzuwenden.2)

Patentrecht

§ 143 PatG ordnet die sachliche Zuständigkeit den Landgerichten zu. Es handelt sich um eine ausschließliche Zuständigkeit (vgl. Benkard § 143, Rdn. 7, 8). Durch Landesverordnungen wurden die Zuständigkeiten auf Basis der Ermächtigung des § 143 II PatG konzentriert. Pro Bundesland gibt es nur ein bis zwei Patentstreitkammern. Wie bereits zuvor angesprochen, kann die ausschließliche Zuständigkeit durch rügelose Verhandlung nicht prorogiert werden (§ 40 II).

Wie kann man erreichen, dass ein eigentlich sachlich unzuständiges Gericht zuständig wird? Dies ist im gewerblichen Rechtsschutz von besonderer Bedeutung, wenn man z. B. eine Kammer mit besonders hoher Sachkompetenz (z. B. Düsseldorf) haben will. Eine Möglichkeit besteht darin, dass man sich mit dem Gegner einigt, dahingehend falsch vorzutragen, dass im Bezirk des gewünschten Gerichts vermeintliche Verletzungsgegenstände vertrieben worden seien. Vereinbart man mit dem Gegner, dass er dies nicht rügt, so ist das Gericht wegen des Beibringungsgrundsatzes an das Vorbringen gebunden. Der Sicherheit halber sollte man über die Absprachen mit dem Gegner Notizen führen. Ein Briefwechsel ist nicht empfehlenswert. Ein solches Vorgehen ist sanktionslos. Es handelt sich nicht um Prozessbetrug, weil ja die Einwilligung des Beklagten vorliegt und somit die Tatbestandsmerkmale eines Betrugs nicht vollendet sind.

Begriff der „Patentstreitsache“ iSd § 143 PatG Grundsatz: Alle Rechtsstreitigkeiten, die mit einer Erfindung eng verknüpft sind. Nicht entscheidend ist, ob die Erfindung patentfähig ist oder ob sie es z. B. mangels Neuheit nicht ist. Für die Charakterisierung einer Sache als „Patentstreitsache“ kommt es nur auf die Klage (oder Widerklage) und den Sachvortrag des Klägers (oder Widerklägers) an.

Eindeutig Patentstreitsachen sind:

  • Klagen auf Unterlassung und Schadensersatz wegen Patentverletzung (§ 139 PatG)
  • Vindikation
  • Lizenz von Schutzrechten
  • Streitigkeiten über die Berechtigung einer Verwarnung wegen Patentverletzung
  • Ansprüche aus Vertragsstrafeversprechen zur Sicherung patentrechtlicher Unterlassungsansprüche

Streitig ist, ob die Honorarklage eines Patentanwalts eine Patentstreitsache ist. Eine solche Angelegenheit vor der Zivilkammer zu verhandeln, wäre sicher sehr problematisch. Die Zivilkammer würde sich vermutlich schon über das Fehlen einer gesetzlichen Gebührenordnung für Patentanwälte wundern. Erst Recht wüsste die Kammer nichts mit dem Ausarbeiten einer (Teil)Anmeldung anzufangen.

Dennoch sagt Busse (§ 143 Rdn. 57), dass Honorarklagen von Patentanwälten nicht unter § 143 PatG fallen. Frankfurt und Düsseldorf sagen das Gegenteil: Ihrer Auffassung nach sind Honorarklagen von Patentanwälten Patentstreitsachen iSd § 143 PatG.

Nach Schulte (PatG, § 143, Rn. 10, Nr. 20, 7. Auflage) sollen Gebührenansprüche eines Rechts- oder Patentanwaltes auf Grund seiner Tätigkeit in einer Patentstreitsache eine Patentstreitsache i.S.d. § 143 PatG sein. Dies sieht auch das OLG Karlsruhe in GRUR 1997, 359 so und hält an seiner Rechtsprechung (vgl. OLG Karlsruhe, Mitt. 1980, 137) fest. Dies sei, so das OLG, wegen der oft identischen patentrechlichen Vorfragen gerechtfertigt und § 143 PatG weit auszulegen. Nach Schulte (ebendort, Fn. 16) sieht das OLG Frankfurt die Honorarforderung eben NICHT als Patentstreitigkeit an (Mitt 75, 140 und 77, 98).

Gebrauchsmusterrecht

Nach § 27 GebrMG gibt es eine dem Patentrecht entsprechende Konzentration von Kammern.

Markenrecht

Die räumlichen Bereiche der Konzentration im Markenrecht (§ 140 MarkenG) sind nicht deckungsgleich mit den Konzentrationen im Patentrecht. Es gibt für das Markenrecht zusätzlich zu den für Patente zuständigen Landgerichten noch weitere zuständige. Beispielsweise gibt es in Nordrhein-Westfalen nur das LG Düsseldorf für Patente. Für Marken sind jedoch das LG Düsseldorf (für OLG-Bezirk Düsseldorf), das LG Köln (für OLG-Bezirk Köln), das LG Bielefeld (für LG-Bezirke Bielefeld, Detmold, Münster und Paderborn) und das LG Bochum (für LG-Bezirke Arnsberg, Bochum, Dortmund, Essen, Hagen und Siegen) zuständig. Übersichten finden sich in den Schönfelder-Fußnoten, sowie im Tabu (Nr. 315). In GRUR 1996, 396, findet sich ebenso eine - möglicherweise nicht mehr ganz aktuelle - Übersicht.

Geschmacksmusterrecht

Die Zuständigkeitskonzentration für Geschmacksmusterstreitsachen (§ 52 Abs. 2 und 3 GeschmMG) entspricht überwiegend derjenigen in Markenstreitsachen. Abweichungen ergeben sich in Rheinland-Pfalz, wo das LG Frankenthal (Pfalz) für beide OLG-Bezirke zuständig ist, und Schleswig-Holstein, wo die Zuständigkeit nicht konzentriert wurde, mithin die LGe Flensburg, Itzehoe, Kiel und Lübeck ihre Zuständigkeit unbeschränkt wahrnehmen.

UWG

Soweit Landgerichte sachlich zuständig sind (d. h. Streitwert über 5000 €), sind die Kammern für Handelssachen funktionell zuständig. Es gibt keine Konzentration der sachlichen Zuständigkeit, d. h. für Streitwerte ≤ 5000 € sind die Amtsgerichte zuständig. Solch niedrige Streitwerte können bei Abmahngebühren aus UWG durchaus vorkommen. In diesem Fall kann jedoch u. U. mit dem Gegner vereinbart werden, den Fall vor das Landgericht zu bringen.

Befürchtet man einen Antrag auf einstweilige Verfügung aus UWG gegen eine in einer überregionalen Zeitung erscheinende Anzeige, müsste man grundsätzlich bei allen Landgerichten Schutzschriften hinterlegen. Dies ist jedoch wegen der großen Zahl der Landgerichte und angesichts der Tatsache, dass sich eine Schutzschrift nach BRAGO nur einmal abrechnen lässt, nicht praktikabel. Daher sollten in einem solchen Fall Schutzschriften nur bei solchen Landgerichten hinterlegt werden, die möglicherweise vom Kläger ausgewählt werden.

siehe auch

1)
GmS-OGB, Beschluss vom 10. April 1986 - 1/85, BGHZ 97, 312, 313 f.
2)
BGH, Urteil vom 21. September 2017 - I ZR 58/16 - Sicherung der Drittauskunft
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