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privatrecht:vorvertrag

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Vorvertrag

Können die Verhandlungspartner über bestimmte Punkte eines Vertrags keine Einigung erzielen (§ 154 Abs. 1 Satz 1 BGB → Offener Einigungsmangel), kann ein Vorvertrag nur angenommen werden, wenn sie darin übereinstimmen, dass sie sich gleichwohl schon jetzt vertraglich binden wollen.1)

Daran fehlt es, wenn sich die Parteien bereits in diesem Stadium hinsichtlich der noch offenen Fragen auf unvereinbare Standpunkte festgelegt haben.2)

Nach dem Grundsatz der Vertragsfreiheit können sich die Parteien durch den Abschluss eines Vorvertrags bereits zu einem Zeitpunkt vertraglich binden, in dem sie sich noch nicht über alle in dem angestrebten Hauptvertrag zu regelnden Punkte einig sind.3)

Der Abschluss eines solchen Vorvertrags kommt etwa dann in Betracht, wenn die Parteien bestimmte Fragen einvernehmlich noch offen lassen, etwa weil ihre Beantwortung von weiteren, derzeit noch nicht absehbaren Entwicklungen abhängt, gleichwohl bereits die Verpflichtung begründen wollen, einen Hauptvertrag zu schließen.4)

Für eine solche vorvertragliche Einigung genügt es, wenn der Inhalt des Hauptvertrags, zu dessen Abschluss sich die Parteien verpflichten, bestimmbar ist.5)

Auch wenn sich die Parteien über vertragswesentliche Punkte noch nicht einig sind, können sie sich im Wege des Vorvertrags binden, wenn sie der Auffassung sind, es werde ihnen gelingen, über die noch offenen Punkte eine Einigung zu erreichen.6)

Dementsprechend wurde es etwa als möglich angesehen, einen Vorvertrag über den Abschluss eines Mietvertrags zu schließen, obwohl Miethöhe und Mietzeit noch nicht im Einzelnen feststehen, aber bestimmbar sind7), oder einen Vorvertrag über den Abschluss eines Kaufvertrags zu schließen, wenn Kaufgegenstand und Kaufpreis noch nicht feststehen, aber bestimmbar sind8).9)

Ferner kommt der Abschluss eines Vorvertrags über den Abschluss eines Lizenzvertrags in Betracht, wenn die Parteien sich zwar über den Gegenstand der Lizenzvereinbarung, nicht aber über die Höhe der Lizenzgebühr einig sind und ihren Bindungswillen, etwa durch eine Abschlagszahlung auf die Lizenzgebühren, zum Ausdruck bringen.10)

Für die Annahme eines Vorvertrags genügt es nicht, dass ein beabsichtigter Hauptvertrag mangels Einigung über vertragswesentliche Punkte nicht zustande kam. Erforderlich ist vielmehr, dass besondere Gründe vorliegen, aus denen sich ergibt, dass die Parteien ohne das Zustandekommen eines Hauptvertrags übereinstimmend schon eine vertragliche Bindung wollen, die sie zum Abschluss eines künftigen Vertrags verpflichtet.11)

Stellen die Parteien fest, dass sie sich derzeit über bestimmte Punkte eines (Haupt-)Vertrags nicht einigen können, kommt es zum Abschluss eines Vorvertrags nur dann, wenn sie darin übereinstimmen, dass sie sich gleichwohl schon jetzt vertraglich dahin binden wollen. Einigkeit muss also zumindest darüber bestehen, welche Regelung für die bislang noch offenen Punkte in Betracht kommt. Anders ausgedrückt fehlt es an einer vorvertraglichen Einigung, wenn die Parteien sich bereits in diesem Stadium auf unvereinbare Standpunkte festlegen. Geht es etwa um die zeitweise Überlassung eines Kraftfahrzeugs kann eine vorvertragliche Einigung vorliegen, wenn die Parteien darüber einig sind, dass die Überlassung des Fahrzeugs entgeltlich erfolgen soll, sich aber derzeit noch nicht auf eine konkrete Höhe des Entgelts einigen können. Dagegen fehlt es an einer vorvertragliche Einigung, wenn eine Seite den Standpunkt vertritt, die Überlassung habe unentgeltlich zu erfolgen, während die andere Seite meint, es müsse jedenfalls ein Entgelt gezahlt werden. Können sich die Parteien, die einen Kaufvertrag schließen wollen, zunächst nicht über den Kaufpreis einigen, kann eine vorvertragliche Einigung vorliegen, wenn sie sich - ausdrücklich oder konkludent - über den Rahmen einigen, innerhalb dessen der Kaufpreis liegen kann, oder über den Maßstab, nach dem der Kaufpreis zu ermitteln ist. Dagegen fehlt es an einer vorvertraglichen Einigung, wenn beispielsweise eine Seite den Standpunkt vertritt, der Kaufpreis dürfe keinesfalls über 10.000 Euro liegen, während die anderes Seite meint, er dürfe nicht unter 20.000 Euro liegen.12)

Die Annahme eines Vorvertrags kann mithin nur auf tatsächlicher Grundlage erfolgen. An die übereinstimmende Auffassung der Parteien, ein Vorvertrag sei zustande gekommen, ist das Gericht nicht gebunden. Eine Bindung kommt nur insoweit in Betracht, als die Parteien dem Gericht übereinstimmenden Tatsachenvortrag unterbreiten. Ergibt sich aus diesem übereinstimmenden Vorbringen, dass die tatsächlichen Voraussetzungen für den Abschluss eines Vorvertrags gegeben sind, hat das Gericht dies seiner rechtlichen Beurteilung zugrunde zu legen. Fehlt es jedoch an einem solchen übereinstimmenden tatsächlichen Vortrag, kann das nicht durch die übereinstimmende Behauptung der Parteien, sie hätten einen Vorvertrag gewollt, überspielt werden.13)

siehe auch

1) , 2) , 3) , 4) , 9) , 12)
OLG Karlsruhe Urteil vom 23.3.2011, 6 U 66/09
5)
OLG Karlsruhe Urteil vom 23.3.2011, 6 U 66/09; m.V.a. RG JW 1938, 2740, 2743, BGH LM BGB § 705 Nr. 3, BGH GRUR 1958, 564, 566 – Baustützen; BGH NJW-RR 1993, 139, 140
6)
OLG Karlsruhe Urteil vom 23.3.2011, 6 U 66/09; m.V.a. BGH NJW 2006, 2843
7)
BGH LM ZPO § 256 Nr. 40
8)
BGH NJW 1990, 1234, 1235
10)
BGH GRUR 1958, 564, 565 – Baustützen
11) , 13)
OLG Karlsruhe Urteil vom 23.3.2011, 6 U 66/09; m.V.a. BGH LM ZPO § 256 Nr. 40, BGH WM 1973, 67; BGH NJW 2006, 2843
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