Verwechslungsgefahr bei Werktiteln

Kennzeichnungskraft eines Werktitels
Werknähe
Werktitelähnlichkeit

Werktitel im Sinne des § 5 Abs. 3 MarkenG dienen grundsätzlich nur der Unterscheidung eines Werkes von anderen, ohne einen Hinweis auf den Hersteller oder Inhaber des Werkes und damit auf eine bestimmte betriebliche Herkunft zu enthalten. Sie sind daher in der Regel nur gegen die Gefahr einer unmittelbaren Verwechslung im engeren Sinne geschützt.1)

Ein weitergehender Schutz kommt nur unter der Voraussetzung in Betracht, dass der Verkehr - beispielsweise bei bekannten Titeln regelmäßig erscheinender periodischer Druckschriften - mit einem Werktitel gleichzeitig auch die Vorstellung einer bestimmten betrieblichen Herkunft verbindet.2)

Eine Gefahr einer unmittelbaren Verwechslung liegt dann vor, wenn aufgrund der Benutzung des angegriffenen Titels die Gefahr besteht, dass der Verkehr den einen Titel für den anderen hält.3)

Dabei ist die Verwechslungsgefahr auf der Grundlage einer Wechselwirkung zwischen allen in Betracht kommenden Faktoren zu beurteilen, insbesondere der Kennzeichnungskraft des älteren Titels, der Werknähe und der Ähnlichkeit der Titel.4)

Bei Zeitschriftentiteln sind zudem die Marktverhältnisse sowie Charakter, Erscheinungsbild, Gegenstand, Aufmachung, Erscheinungsweise und Vertriebsform der Zeitschrift zu berücksichtigen.5)

Für die Beurteilung der Verwechslungsgefahr bei selbständig schutzfähigen Teilen einer Zeitung oder Zeitschrift gelten dieselben Grundsätze.6)

Bezeichnungen, die das Werk beschreiben, kommt keine Kennzeichnungskraft zu 7). Sind solche beschreibenden Angaben als Bestandteile in einer aus weiteren Bestandteilen zusammengesetzten Gesamtbezeichnung enthalten, misst der Verkehr ihnen für den Gesamteindruck der Bezeichnung keine Bedeutung zu, wenn der beschreibende Gehalt auch innerhalb der Gesamtbezeichnung erhalten bleibt8).

Die Frage der Verwechslungsgefahr der sich gegenüberstehenden Titel ist danach zu bestimmen, welchen Gesamteindruck die beiderseitigen Bezeichnungen im Verkehr erwecken. Abzustellen ist darüber hinaus auf die Besonderheiten in Bezug auf die Marktverhältnisse der in Rede stehenden Werke.9)

Der Schutz des Rechts an einem Werktitel bestimmt sich nach seiner Funktion der bloßen Werkunterscheidung.10)

Es ist stets die besondere funktionale Ausrichtung der Werktitel und ihre bisweilen spezifische Wahrnehmung und Interpretation durch den Durchschnittsverbraucher zu beachten.11)

Ist der in Rede stehende Produktsektor durch eine Anzahl von Werken mit jeweils nur geringfügigen Abweichungen im jeweiligen Titel gekennzeichnet, kann dies dazu führen, dass der Verkehr sich an diesen Umstand gewöhnt und auf - auch nur geringe - Abweichungen der Titel besonderes achtet.12)

Dabei wird der Verkehr, dem der Titel eine nähere Identifikation des Werks ermöglichen soll, erfahrungsgemäß solchen Zusätzen und Hinweisen sein Augenmerk schenken, die - wie eine Bezifferung oder ein inhaltsbezogener Hinweis - ersichtlich der Unterscheidung verschiedener Folgen einer Werkreihe13)

Bei schutzfähigen Titeln für Teile einer Zeitung oder Zeitschrift kommt es für die Frage der Verwechslungsgefahr maßgeblich auch auf Form und Inhalt der medialen Einbettung der angegriffenen Bezeichnung an, wobei unter anderem die typische Art der Präsentation der Beiträge (z.B. nur Text oder auch Bilder) erheblich ist.14)

Die Gefahr einer Verwechslung im weiteren Sinne bei der Verwendung des Titelschlagworts einer Fernsehsendung als Bezeichnung für bestimmte Waren setzt eine über die normale Werktitelfunktion hinausgehende Kennzeichnungskraft des Titels als Hinweis auch auf den Hersteller des Werks voraus; sie erfordert außerdem einen konkreten Sachzusammenhang zwischen den bezeichneten Waren und dem Inhalt der Sendung.15)

Beispiele

siehe auch

Verletzung von Titelschutzrechten

1)
BGH, Urteil vom 31. Januar 2019 - I ZR 97/17 - Das Omen; BGH, Urteil vom 22. März 2012 - I ZR 102/11 - Stimmt's?; m.V.a. BGH, Urteil vom 13. Oktober 2004 - I ZR 181/02, GRUR 2005, 264, 265 f. = WRP 2005, 213 - Das Telefon-Sparbuch, mwN
2)
BGH, Urteil vom 31. Januar 2019 - I ZR 97/17 - Das Omen; m.V.a. BGH, Urteil vom 16. Juli 1998 - I ZR 6/96, GRUR 1999, 235, 237 [juris Rn. 40] = WRP 1999, 186 - Wheels Magazine; Urteil vom 12. November 1998 - I ZR 84/96, GRUR 1999, 581, 582 [juris Rn. 22] = WRP 1999, 519 - Max; Urteil vom 29. April 1999 - I ZR 152/96, GRUR 2000, 70, 72 [juris Rn. 39] = WRP 1999, 1279 - SZENE; BGH, GRUR 2002, 1083, 1085 [juris Rn. 25] - 1, 2, 3 im Sauseschritt
3)
BGH, Urteil vom 31. Januar 2019 - I ZR 97/17 - Das Omen; BGH, Urteil vom 22. März 2012 - I ZR 102/11 - Stimmt's?; m.V.a. BGH, Urteil vom 1. März 2001 - I ZR 211/98, BGHZ 147, 56, 64 f. - Tagesschau
4)
BGH, Urteil vom 22. März 2012 - I ZR 102/11 - Stimmt's?; m.V.a. BGHZ 146, 56, 63 - Tagesschau; BGH GRUR 2002, 1083, 1084 - 1, 2, 3 im Sauseschritt
5)
BGH, Urteil vom 22. März 2012 - I ZR 102/11 - Stimmt's?; m.V.a. BGH, Urteil vom 21. Juni 2001 - I ZR 27/99, GRUR 2002, 176 = WRP 2002, 89 - Auto Magazin
6) , 14)
BGH, Urteil vom 22. März 2012 - I ZR 102/11 - Stimmt's?
7)
BGH, Urt. v. 27. April 2006 - I ZR 109/03 - SmartKey; vgl. BGH, Urt. v. 10.12.1992 - I ZR 262/90, GRUR 1993, 488, 490 = WRP 1993, 318 - Verschenktexte II; Deutsch/Ellerbrock, Titelschutz, 2. Aufl., Rdn. 117
8)
vgl. BGH, Urt. v. 16.7.1998 - I ZR 6/96, GRUR 1999, 235, 237 = WRP 1999, 186 - Wheels Magazine
9)
BGH, Urteil vom 31. Januar 2019 - I ZR 97/17 - Das Omen; m.V.a. BGH, Urteil vom 22. September 1999 - I ZR 50/97, GRUR 2000, 504, 505 [juris Rn. 22] = WRP 2000, 533 - FACTS; BGH, GRUR 2012, 1265 Rn. 23 - Stimmt's?
10)
BGH, Urteil vom 31. Januar 2019 - I ZR 97/17 - Das Omen; m.V.a. BGH, GRUR 2003, 440, 441 [juris Rn. 29] - Winnetous Rückkehr
11)
BGH, Urteil vom 31. Januar 2019 - I ZR 97/17 - Das Omen; m.V.a. Ingerl/Rohnke, MarkenG, MarkenG, 3. Aufl.,§ 15 Rn. 180
12)
BGH, Urteil vom 31. Januar 2019 - I ZR 97/17 - Das Omen; m.V.a Büscher in Büscher/Dittmer/Schiwy, Gewerblicher Rechtsschutz Urheberrecht Medienrecht, 3. Aufl., § 15 MarkenG Rn. 78
13)
vgl. BGH, GRUR 2003, 440, 441 [juris Rn. 29] - Winnetous Rückkehr) oder unterschiedlicher Interpretationen einer Komposition und damit verschiedenen immateriellen Arbeitsergebnissen dienen, welche jeweils für sich genommen als Gegenstand des Rechtsund Geschäftsverkehrs nach der Verkehrsanschauung bezeichnungsfähig sind.((BGH, Urteil vom 31. Januar 2019 - I ZR 97/17 - Das Omen
15)
BGH GRUR 1993/693 'Guldenburg'
16)
BGH GRUR 2002, 1083
17)
Hanseatisches Oberlandesgericht Hamburg AfP 2001/398
18)
OLG Köln AfP 2001/517
19)
Hanseatisches Oberlandesgericht Hamburg AfP 2002/226
20)
BGH GRUR 2001/1050
21)
BGH GRUR 2001/1054
22)
Kammergericht AfP 2001/242
23)
LG Hamburg AfP 2001/154
24)
BGH GRUR 2000/504
25)
BGH GRUR 2000/70