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wettbewerbsrecht:veroeffentlichung_eines_gegen_einen_mitbewerber_erwirkten_urteil_ohne_gerichtliche_befugnis

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Veröffentlichung eines gegen einen Mitbewerber erwirkten Urteil ohne gerichtliche Befugnis

§ 12 Abs. 2 UWG [→ Veröffentlichungsbefugnis ] schließt sie die materielle Berechtigung des Mitbewerbers zur Veröffentlichung einer Entscheidung außerhalb des Verfahrens nach § 12 Abs. 2 UWG nicht aus.1)

Der Verletzte ist daher durch § 12 Abs. 2 UWG nicht daran gehindert, ein für ihn günstiges Urteil ohne gerichtliche Befugnis zu veröffentlichen.2) Das gilt nicht nur, wenn er die Beseitigung eines andauernden Störungszustands erstrebt, sondern erst recht, wenn er mit der Veröffentlichung ein anderes, von § 12 Abs. 2 UWG nicht erfasstes Ziel - wie die Verhinderung erneuter Störungen - verfolgt.3) Nach § 12 Abs. 2 UWG [→ Veröffentlichungsbefugnis] kann das Gericht der mit einer wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsklage obsiegenden Partei die Befugnis zusprechen, das Urteil auf Kosten der unterliegenden Partei öffentlich bekannt zu machen, wenn sie ein berechtigtes Interesse dartut (Satz 1), wobei Art und Umfang der Bekanntmachung im Urteil bestimmt werden (Satz 2) und die Befugnis erlischt, wenn von ihr nicht innerhalb von drei Monaten nach Eintritt der Rechtskraft Gebrauch gemacht worden ist (Satz 3).4)

Die Veröffentlichung eines in einem Wettbewerbsprozess ergangenen Urteils kann geeignet sein, ein sachliches Informationsinteresse anderer Marktteilnehmer zu befriedigen. Eine wettbewerbliche Auseinandersetzung zwischen Mitbewerbern dient zwar der Verfolgung eigener wettbewerblicher Ziele und der Durchsetzung individueller wettbewerblicher Interessen. Die angegriffene geschäftliche Handlung kann jedoch zugleich Belange anderer Marktteilnehmer betreffen, die daher ein Interesse daran haben können, von dem beanstandeten geschäftlichen Verhalten des beklagten Mitbewerbers in Kenntnis gesetzt zu werden. In einem solchen Fall kann sich der Wettbewerber berechtigterweise dazu veranlasst sehen, einen gegen einen Mitbewerber geführten Rechtsstreit in die Öffentlichkeit zu tragen.5)

Ein hinreichender Anlass für die Veröffentlichung eines gegen einen Mitbewerber erwirkten Urteils kann bestehen, wenn die angesprochenen Verkehrskreise ein schutzwürdiges Interesse an der Information über die untersagten unlauteren Geschäftsmethoden des Mitbewerbers haben und eine Aufklärung angezeigt ist, um sonst drohende Nachteile bei geschäftlichen Entscheidungen von ihnen abzuwenden.6)

Das öffentliche Informationsinteresse kann mit zunehmendem zeitlichen Abstand zu dem Ereignis abnehmen, über das berichtet wird, und deshalb im Zeitpunkt der Veröffentlichung eine Berichterstattung gegebenenfalls nicht mehr rechtfertigen. Eine zeitliche Grenze lässt sich allerdings nicht allgemein im Sinne einer nach Monaten und Jahren für alle Fälle fest umrissenen Frist fixieren.7)

Ein Informationsinteresse der Allgemeinheit an der Veröffentlichung eines Urteils kann zu verneinen sein, wenn die der Entscheidung zugrundeliegenden Vorgänge wegen der seitdem vergangenen Zeit für die Allgemeinheit nicht mehr von Bedeutung sind.8)

Die Angabe, gegen welchen Mitbewerber ein Urteil erwirkt worden ist, kann zulässig sein, wenn diese Information für die angesprochenen Verkehrskreise erforderlich oder nützlich ist, um eine sachgerechte, informierte geschäftliche Entscheidung zu treffen; andernfalls besteht die Gefahr einer unsachlichen und damit den Wettbewerb verfälschenden Beeinflussung der Kunden.9) In diesem Zusammenhang ist es von Bedeutung, ob einem Informationsinteresse der Allgemeinheit durch eine anonymisierte Urteilsveröffentlichung ohne namentliche Nennung des Mitbewerbers gleichermaßen Genüge getan werden kann.10)

siehe auch

1)
BGH, Urteil vom 6. Mai 2021 - I ZR 167/20 - Vorsicht Falle; m.V.a. BGH, Urteil vom 25. November 1986 - VI ZR 57/86, BGHZ 99, 133, 136 [juris Rn. 12]; Urteil vom 12. März 1992 - I ZR 58/90, GRUR 1992, 527, 529 [juris Rn. 38 und 40] = WRP 1992, 474 - Plagiatsvorwurf II; BGH, GRUR 2019, 644 Rn. 28 - Knochenzement III
2)
BGH, Urteil vom 6. Mai 2021 - I ZR 167/20 - Vorsicht Falle; m.V.a. Köhler/Feddersen in Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 39. Aufl., § 12 Rn. 3.20
3)
BGH, Urteil vom 6. Mai 2021 - I ZR 167/20 - Vorsicht Falle; m.V.a. MünchKomm.UWG/Schlinghoff, 2. Aufl., § 12 Rn. 578 f.
4)
BGH, Urteil vom 6. Mai 2021 - I ZR 167/20 - Vorsicht Falle
5)
BGH, Urteil vom 6. Mai 2021 - I ZR 167/20 - Vorsicht Falle; m.V.a. vgl. BGH, GRUR 2019, 644 Rn. 29 - Knochenzement III; OLG Hamm, Urteil vom 7. Februar 2008 - 4 U 154/07, juris Rn. 36 [insoweit nicht abgedruckt in MMR 2008, 750]; OLG Hamburg, WRP 2020, 915, 919 [juris Rn. 58]
6)
H, Urteil vom 6. Mai 2021 - I ZR 167/20 - Vorsicht Falle; m.V.a. BGH, Urteil vom 10. Januar 1968 - Ib ZR 43/66, BGHZ 50, 1, 7 [juris Rn. 34] - Pelzversand; BGH, GRUR 2012, 74 Rn. 37 - Coaching-Newsletter; OLG Hamm, Urteil vom 7. Februar 2008 - 4 U 154/07, juris Rn. 36 [insoweit nicht abgedruckt in MMR 2008, 750]; Köhler in Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 39. Aufl., § 4 Rn. 1.16
7)
BGH, Urteil vom 6. Mai 2021 - I ZR 167/20 - Vorsicht Falle; m.V.a. BVerfGE 152, 152 Rn. 98 und 100; BGH, Urteil vom 27. Juli 2020 - VI ZR 405/18, BGHZ 226, 285 Rn. 49
8)
BGH, Urteil vom 6. Mai 2021 - I ZR 167/20 - Vorsicht Falle; m.V.a. OLG Hamburg, AfP 2008, 303 [juris Rn. 4 f.]
9)
BGH, Urteil vom 6. Mai 2021 - I ZR 167/20 - Vorsicht Falle; m.V.a. BGH, Urteil vom 6. Oktober 1965 - Ib ZR 4/64, GRUR 1966, 92, 94 = WRP 1966, 24 - Bleistiftabsätze; Köhler in Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 39. Aufl., § 4 Rn. 1.16
10)
BGH, Urteil vom 6. Mai 2021 - I ZR 167/20 - Vorsicht Falle; m.V.a. OLG Hamm, Urteil vom 7. Februar 2008 - 4 U 154/07, juris Rn. 35 [insoweit nicht abgedruckt in MMR 2008, 750]
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