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urheberrecht:wiederholte_und_systematische_vervielfaeltigung_verbreitung_oder_oeffentliche_wiedergabe_von_nach_art_und_umfang_unwesentlichen_teilen_einer_datenbank

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Wiederholte und systematische Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentliche Wiedergabe von nach Art und Umfang unwesentlichen Teilen einer Datenbank

§ 87b (1) S. 2 UrhG

Der Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentlichen Wiedergabe eines nach Art oder Umfang wesentlichen Teils der Datenbank steht die wiederholte und systematische Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentliche Wiedergabe von nach Art und Umfang unwesentlichen Teilen der Datenbank gleich, sofern diese Handlungen einer normalen Auswertung der Datenbank zuwiderlaufen oder die berechtigten Interessen des Datenbankherstellers unzumutbar beeinträchtigen.

§ 87b (1) S. 1 UrhG → Rechte des Datenbankherstellers

§ 87a UrhG → Datenbank, Datenbankhersteller
§ 87c UrhG → Schranken des Rechts des Datenbankherstellers
§ 87d UrhG → Dauer der Rechte
§ 87e UrhG → Verträge über die Benutzung einer Datenbank

Richtlinie 96/9/EG → Datenbankrichtlinie

Ein Verstoß gegen § 87b Abs. 1 Satz 2 UrhG setzt nicht voraus, dass die entnommenen Daten in der Summe die Wesentlichkeitsgrenze überschritten haben. Wäre dies der Fall, verbliebe der Bestimmung kein eigenständiger Anwendungsbereich. Die Entnahmehandlungen würden bereits den Grundtatbestand des § 87b Abs. 1 Satz 1 UrhG erfüllen, für dessen Verwirklichung es nicht darauf ankommt, ob die fraglichen Elemente im Ganzen oder sukzessive entnommen werden.

Durch Art. 7 Abs. 5 der Datenbankrichtlinie und dementsprechend § 87b Abs. 1 Satz 2 UrhG soll eine Umgehung des Verletzungstatbestands verhindert werden, die durch die kumulative Wirkung vieler für sich genommen unwesentlicher Entnahmehandlungen eintreten kann. Zu einer solchen Umgehung kann es aber auch kommen, wenn die Entnahmehandlungen darauf gerichtet sind, die Gesamtheit oder einen wesentlichen Teil des Inhalts der geschützten Datenbank wieder zu erstellen oder der Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen, und wenn dadurch die Investition in die Datenbank schwerwiegend beeinträchtigt wird. Verboten sind danach Entnahmehandlungen, die infolge ihres wiederholten und systematischen Charakters auf eine entsprechende Beeinträchtigung hinauslaufen würden.1)

Die Anwendung von Art. 7 Abs. 5 der Richtlinie setzt nicht voraus, dass die Wesentlichkeitsgrenze in der Summe bereits überschritten ist.2)

Es reicht aus, dass die Entnahmehandlungen hierauf gerichtet sind und im Fall ihrer Fortsetzung dazu führen würden, die Datenbank insgesamt oder einen nach Art oder Umfang wesentlichen Teil zu vervielfältigen, zu verbreiten oder öffentlich wiederzugeben und damit den Tatbestand des Art. 7 Abs. 1 der Datenbankrichtlinie zu umgehen.3)

Der Begriff der Vervielfältigung entspricht demjenigen der „Entnahme“ in Art. 7 Abs. 2 Buchst. a der Datenbankrichtlinie. Er muss im Lichte dieser Bestimmung ausgelegt werden. „Entnahme“ bedeutet danach die ständige oder vorübergehende Übertragung der Gesamtheit oder eines wesentlichen Teils des Inhalts einer Datenbank auf einen anderen Datenträger, ungeachtet der dafür verwendeten Mittel und der Form der Entnahme. Die Formulierung „ungeachtet der dafür verwendeten Mittel und der Form“ zeigt, dass der Gemeinschaftsgesetzgeber dem Begriff eine weite Bedeutung verleihen wollte. Er erfasst jede unerlaubte Aneignung. Es ist unerheblich, ob die Übertragung durch ein (physisches) Kopieren oder auf andere Weise erfolgt.4)

Die Entnahme oder Vervielfältigung muss nicht unmittelbar von der Ursprungsdatenbank aus erfolgen, sondern kann auch indirekt über eine andere unzulässige Quelle vorgenommen werden.5)

Einer Entnahme steht es auch nicht entgegen, dass die Daten erst nach kritischer Prüfung in eine andere Datenbank übernommen werden (vgl. EuGH, GRUR 2008, 1077 Rn. 45 - Directmedia Publishing). Keine Entnahme kann hingegen angenommen werden, wenn der Dritte identische Daten ohne einen zumindest mittelbaren Rückgriff auf die geschützte Datenbank erzeugt oder erzeugen lässt und diese in seine Datenbank einstellt. In diesem Fall fehlt die für die Entnahme nach Art. 7 Abs. 2 Buchst. a der Datenbankrichtlinie erforderliche Übertragung des Inhalts der Datenbank.6)

siehe auch

1)
BGH, Urteil vom 1. Dezember 2010 - I ZR 196/08 - Zweite Zahnarztmeinung II; m.V.a. EuGH, GRUR 2005, 244 Rn. 86-89 - BHB-Pferdewetten
2)
BGH, Urteil vom 1. Dezember 2010 - I ZR 196/08 - Zweite Zahnarztmeinung II; m.V.a. Hoeren, MMR 2005, 35, 36; aA Haberstumpf, GRUR 2003, 14, 28; ders. in Büscher/Dittmer/Schiwy aaO § 87b UrhG Rn. 7; Vogel in Schricker/Loewenheim aaO § 87b UrhG Rn. 54; Nordemann/Czychowski, Urheberrecht, 10. Aufl., § 87b UrhG Rn. 23; Dreier in Dreier/Schulze aaO § 87b Rn. 11d; vgl. ferner Leistner, JZ 2005, 408, 410
3)
BGH, Urteil vom 1. Dezember 2010 - I ZR 196/08 - Zweite Zahnarztmeinung II; m.v.a. EuGH, GRUR 2005, 244 Rn. 87 u. 89 - BHB-Pferdewetten
4)
BGH, Urteil vom 1. Dezember 2010 - I ZR 196/08 - Zweite Zahnarztmeinung II; m.V.a. EuGH, Urteil vom 9. Oktober 2008 - C-304/07, Slg., 2008, I-7587 = GRUR 2008, 1077 Rn. 37 und 60 - Directmedia Publishing; GRUR 2009, 572 Rn. 40 - Apis/Lakorda; BGH, Urteil vom 13. August 2009 - I ZR 130/04, GRUR-RR 2010, 232 Rn. 17 - Gedichttitelliste III
5)
BGH, Urteil vom 1. Dezember 2010 - I ZR 196/08 - Zweite Zahnarztmeinung II; m.V.a. BGH, GRUR 2009, 852 Rn. 56 - Elektronischer Zolltarif
6)
BGH, Urteil vom 1. Dezember 2010 - I ZR 196/08 - Zweite Zahnarztmeinung II; m.V.a. EuGH, GRUR 2005, 244 Rn. 51 - BHB-Pferdewetten; GRUR 2008, 1077 Rn. 34 - Directmedia Publishing; GRUR 2009, 572 Rn. 40, 49 - Apis/Lakorda; Thum in Wandtke/Bullinger aaO § 87b UrhG Rn. 28; v. Ungern-Sternberg, GRUR 2010, 386, 390
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