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urheberrecht:filesharing_in_peer-to-peer_-netzwerken

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Filesharing in "Peer-to-Peer"-Netzwerken

Das Anbieten von Musikstücken oder Filmwerken mittels eines Filesharing-Programms in sogenannten „Peer-to-Peer“-Netzwerken im Internet [→ P2P-Tauschbörse] verletzt das Recht auf öffentliche Zugänglichmachung des Leistungsschutzberechtigten [§ 94 (1) UrhG → Schutz des Filmherstellers].1)

Der Teilnehmer einer Internettauschbörse, der Dateifragmente in der Tauschbörse zum Herunterladen anbietet, die einem urheberrechtlich geschützten Werk zuzuordnen sind, das im zeitlichen Zusammenhang mit der beanstandeten Handlung in der Tauschbörse zum Herunterladen bereit gehalten wird, haftet regelmäßig als Mittäter einer gemeinschaftlich mit den anderen Nutzern der Internettauschbörse begangenen Verletzung des Rechts zur öffentlichen Zugänglichmachung des Werks.2)

Es stellt keinen Wertungswiderspruch dar, kleinsten Partikeln eines Film oder Tonträgers Leistungsschutz zuzubilligen, während Teile eines Musikwerks nur dann Urheberrechtsschutz genießen, wenn sie für sich genommen den urheberrechtlichen Schutzvoraussetzungen genügen3). Die Unterschiede im Schutzumfang ergeben sich aus dem gänzlich unterschiedlichen Schutzgegenstand dieser Rechte. Während das verwandte Schutzrecht am Tonträger den Schutz der wirtschaftlichen, organisatorischen und technischen Leistung des Tonträgerherstellers zum Gegenstand hat, schützt das Urheberrecht am Musikwerk die persönliche geistige Schöpfung des Komponisten.4)

Eine P2P-Tauschbörse (hier Rapidshare) stellt Speicherplatz im Internet (Webspace) zur Verfügung. Hierzu wählt der Nutzer aus seinem eigenen Dateibestand auf dem heimischen Computer die Datei aus, welche auf dem Speicherplatz im Internet abgelegt werden soll. Die entsprechende Datei wird dann mit einem einzigen Klick auf die Seite der Tauschbörse hochgeladen. Rapidshare übermittelt dem Nutzer daraufhin einen Download-Link, mit dem dieser die abgelegte Datei jederzeit über seinen Browser abrufen kann. Durch Weitergabe des entsprechenden Links hat der Nutzer die Möglichkeit, die hochgeladene Datei auch Dritten zugänglich zu machen.5)

Da ein Erraten der Adresse ohne Kenntnis des Download-Links nahezu unmöglich ist, ist das Abrufen der Datei ohne Kenntnis des Links nicht realistisch.6)

Im Übrigen fehlen beim Dienst von rapidshare entsprechende Inhaltsverzeichnisse über vorhandene Dateien ebenso wie Suchfunktionalitäten.7)

Über die Bekanntgabe des Download-Links und damit über das öffentliche Zugänglichmachen der Datei und ihres Inhaltes entscheidet nicht die Betreiberin der Tauschbörse, sondern der Nutzer selbst.8)

Legale Nutzungsmöglichkeiten des Dienstes, für die ein beträchtliches technisches und wirtschaftliches Bedürfnis besteht, sind in großer Zahl vorhanden und üblich.9)

Das Anbieten von Tonaufnahmen mittels eines Filesharing-Programms in sogenannten „Peer-to-Peer“-Netzwerken im Internet verletzt das Recht auf öffentliche Zugänglichmachung des Herstellers des Tonträgers, auf dem die Tonaufnahme aufgezeichnet ist [§ 85 (1) Urhg → Verwertungsrechte des Tonträgerherstellers].10)

Gemeinschaftlich mit anderen Nutzern der Internettauschbörse begangenen Verletzung des Leistungsschutzrechts

Selbst wenn sich das Leistungsschutzrecht des Filmherstellers gemäß § 94 Abs. 1 Satz 1 UrhG nicht auf Dateifragmente erstreckt, kann auf der Grundlage der Feststellungen des Berufungsgerichts eine Haftung des Beklagten im Streitfall nicht verneint werden. In Betracht kommt, dass der Beklagte als Mittäter einer gemeinschaftlich mit den anderen Nutzern der Internettauschbörse begangenen Verletzung des Leistungsschutzrechts der Klägerin zur öffentlichen Zugänglichmachung des Films oder urheberrechtsschutzfähiger Teile hiervon haftet.11)

Die Frage, ob sich jemand als Täter, Mittäter, Anstifter oder Gehilfe in einer seine zivilrechtliche Haftung begründenden Weise an einer deliktischen Handlung beteiligt hat, beurteilt sich nach den im Strafrecht entwickelten Grundsätzen. Täter ist danach, wer die Zuwiderhandlung selbst oder in mittelbarer Täterschaft begeht (§ 25 Abs. 1 StGB). Mittäterschaft (vgl. § 830 Abs. 1 Satz 1 BGB) erfordert eine gemeinschaftliche Begehung, also ein bewusstes und gewolltes Zusammenwirken.12)

Der objektive Tatbeitrag des einzelnen Teilnehmers an einer Internettauschbörse liegt in der Bereitstellung von Dateifragmenten, die gemeinsam mit weiteren von anderen Teilnehmern der Tauschbörse bereitgestellten Dateifragmenten auf dem Computer des herunterladenden Nutzers zur Gesamtdatei zusammengefügt werden können. Das Filesharing über sogenannte Peer-toPeer-Netzwerke dient der Erlangung und Bereitstellung funktionsfähiger Dateien. Jeder Teilnehmer eröffnet anderen Teilnehmern des Netzwerks die Möglichkeit, von ihm heruntergeladene Dateien oder Dateifragmente ihrerseits von seinem Computer herunterzuladen; der Download geht also mit dem Angebot zum Upload einher. Typischerweise bezieht ein Teilnehmer, der eine Datei herunterlädt, Dateifragmente von vielen verschiedenen Teilnehmern. Jedes Dateifragment lässt sich anhand des sogenannten Hashwerts als zu einer bestimmten Gesamtdatei zugehörig identifizieren und hat eine Nummer, die seine Position in der Ursprungsdatei kennzeichnet.13)

Die zum Herunterladen bereitgestellten Dateifragmente sind somit - entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts - kein „Datenmüll“, sondern individuell adressierte Datenpakete, die auf dem Computer des herunterladenden Nutzers zur Gesamtdatei zusammengefügt werden können. Aus der Funktionsweise des Peer-to-Peer-Netzwerks als arbeitsteiliges System folgt zugleich, dass den Tatbeiträgen der Teilnehmer eine kumulative Wirkung zukommt und die Gesamtheit der im Netzwerk verfügbaren Dateifragmente eine funktionsfähige Kopie der Ursprungsdatei ergibt.14)

Das Bereitstellen von Dateien oder Dateifragmenten über ein Peer-toPeer-Netzwerk erfolgt regelmäßig im Rahmen eines bewussten und gewollten Zusammenwirkens der Teilnehmer. Dem steht nicht entgegen, dass die Teilnehmer der Tauschbörsen anonym bleiben und nicht untereinander kommunizieren. Mittäterschaft kommt auch in Betracht, wenn die Beteiligten einander nicht kennen, sofern sich jeder bewusst ist, dass andere mitwirken und alle im bewussten und gewollten Zusammenwirken handeln (vgl. BGH, Urteil vom 12. November 2009 - 4 StR 275/09, NStZ 2010, 342 Rn. 14; Heine/Weißer in Schönke/Schröder, StGB, 29. Aufl., § 25 Rn. 72).

Die Funktionsweise von Internettauschbörsen, die schon seit mehr als zehn Jahren Gegenstand der medialen Berichterstattung und der zivil- und strafrechtlichen Rechtsprechung sind, ist deren Teilnehmern regelmäßig jedenfalls insofern geläufig, als sie sich im Klaren darüber sind, nicht nur Dateien oder Dateifragmente von den Computern anderer Teilnehmer auf ihren Computer herunterzuladen, sondern zugleich im Netzwerkverbund anderen Nutzern das Herunterladen von Dateien oder Dateifragmenten zu ermöglichen, um eine funktionsfähige Gesamtdatei zu erhalten. Auch wenn es an technischem Spezialwissen fehlt, ist den Teilnehmern einer Internettauschbörse regelmäßig bewusst, dass sie auf diese Weise im arbeitsteiligen Zusammenwirken mit anderen Teilnehmern des Netzwerks das Herunterladen vollständiger und funktionsfähiger Dateien ermöglichen. Sie wirken daher bei der öffentlichen Zugänglichmachung der Dateien mit den anderen Teilnehmern der Tauschbörse bewusst und gewollt zusammen.15)

Dass es dem Teilnehmer einer Internettauschbörse in erster Linie darauf ankommen mag, selbst in den Genuss der heruntergeladenen Dateien zu gelangen, steht der Annahme vorsätzlichen Zusammenwirkens mit den anderen Teilnehmern nicht entgegen. Weiß er, dass im Rahmen der arbeitsteiligen Funktionsweise der Tauschbörse die Bereitstellung der von ihm heruntergeladenen Dateien oder Dateifragmente im Netzwerk eine notwendige Begleiterscheinung des Herunterladens auf den eigenen Computer ist, so nimmt er diese Folge seines Handelns mindestens billigend in Kauf. Dies reicht für die Annahme von Mittäterschaft aus.16)

siehe auch

§ 94 (1) UrhG → Schutz des Filmherstellers

1)
BGH, Urteil vom 6. Dezember 2017 - I ZR 186/16 - Konferenz der Tiere; m.V.a. EuGH, Beschluss vom 19. Februar 2009 - C-557/07, Slg. 2009, I-1227 = GRUR 2009, 579 Rn. 26 ff. - LSG/Tele2; Urteil vom 15. September 2016 - C-484/14, GRUR 2016, 1146 Rn. 81 ff. = WRP 2016, 1486 - McFadden/Sony Music; BGH, Beschluss vom 19. April 2012 - I ZB 77/11, ZUM-RD 2012, 587 Rn. 32 f.; BGH, GRUR 2016, 1275 Rn. 22 - Tannöd; BGH, Urteil vom 6. Oktober 2016 - I ZR 154/15, GRUR 2017, 386 Rn. 10 = WRP 2017, 448 - Afterlife
2) , 11)
BGH, Urteil vom 6. Dezember 2017 - I ZR 186/16 - Konferenz der Tiere
3)
zum Schutz von Teilen eines Werks nach Art. 2 Buchst. a der Richtlinie 2001/29/EG vgl. EuGH, Urteil vom 16. Juli 2009 - C-5/08, Slg. 2009, I-6569 = GRUR 2009, 1041 Rn. 39 - Infopaq/DDF I
4)
BGH, Urteil vom 6. Dezember 2017 - I ZR 186/16 - Konferenz der Tiere; m.V.a. BGH, GRUR 2009, 403 Rn. 16 - Metall auf Metall I; GRUR 2017, 895 Rn. 19 - Metall auf Metall III
5) , 6) , 7) , 8)
OLG Düsseldorf, Urteil vom 27.04.2010, I-20 U 166/09 - Rapidshare
9)
OLG Düsseldorf, Urteil vom 27.04.2010, I-20 U 166/09 - Rapidshare; so auch OLG Köln, Urteil vom 21.09.2007, Az. 6 U 86/07, anderer Ansicht ohne nähere Begründung OLG Hamburg, Urteil vom 02.07.2008, Az. 5 U 73/07, GRUR-RR 2009, 95; Urteil vom 30.09.2009, Az. 5 U 111/08, MMR 2010, 51 = WRP 2010, 155
10)
BGH, Urteil vom 11. Juni 2015 - I ZR 7/14 - Tauschbörse I; m.V.a. BGH, Urteil vom 11. Juni 2015 - I ZR 19/14, Rn. 14 - Tauschbörse I; Vogel in Schricker/Loewenheim, Urheberrecht, 4. Aufl., § 85 UrhG Rn. 47; Boddien in Fromm/Nordemann, Urheberrecht, 11. Aufl., § 85 UrhG Rn. 56; Schaefer in Wandtke/Bullinger, Urheberrecht, 4. Aufl., § 85 UrhG Rn. 40
12)
st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteil vom 25. April 2012 - I ZR 105/10, GRUR 2012, 1279 Rn. 38 = WRP 2012, 1517 - DAS GROSSE RÄTSELHEFT; Urteil vom 5. Februar 2015 - I ZR 240/12, GRUR 2015, 485 Rn. 35 = WRP 2015, 577 - Kinderhochstühle III; Urteil vom 14. Januar 2016 - I ZR 65/14, GRUR 2016, 946 Rn. 40 = WRP 2016, 958 - Freunde finden
13)
BGH, Urteil vom 6. Dezember 2017 - I ZR 186/16 - Konferenz der Tiere; zum Vorstehenden Solmecke/Bärenfänger, MMR 2011, 567 f.; Heinemeyer/Kreitlow/Nordmeyer/Sabellek, MMR 2012, 279 f.
14)
BGH, Urteil vom 6. Dezember 2017 - I ZR 186/16 - Konferenz der Tiere; m.V.a. BGH, Urteil vom 22. Juni 2011 - I ZR 159/10, GRUR 2011, 1018 Rn. 61 = WRP 2011, 1469 - AutomobilOnlinebörse; Heinemeyer/Kreitlow/Nordmeyer/Sabellek, MMR 2012, 279, 282; Nordemann/Czychowski, GRUR-RR 2017, 169, 180
15)
BGH, Urteil vom 6. Dezember 2017 - I ZR 186/16 - Konferenz der Tiere; m.V.a. OLG Köln, GRUR-RR 2016, 399 Rn. 18; Hilgert/Greth, Urheberrechtsverletzungen im Internet, Rn. 787 ff.; Heinemeyer/Kreitlow/Nordmeyer/Sabellek, MMR 2012, 279, 283; aA LG Hamburg, Urteil vom 12. Februar 2014 - 308 O 227/13, juris Rn. 51; AG Düsseldorf, Urteil vom 20. Mai 2014 - 57 C 16445/13, juris Rn. 18; Solmecke/Bärenfänger, MMR 2011, 567, 570 f.
16)
BGH, Urteil vom 6. Dezember 2017 - I ZR 186/16 - Konferenz der Tiere; m.V.a. Heine/Weißer in Schönke/Schröder aaO § 25 Rn. 99
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