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urheberrecht:belehrungs-_pruefungs-_und_ueberwachungspflichten_von_lehrkraeften

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Belehrungs-, Prüfungs- und Überwachungspflichten von Lehrkräften

Eine Haftung für urheberrechtliche Verletzungshandlungen, die im Rahmen der Nutzung des Internets verursacht werden, nicht allein im Hinblick auf den Inhaber des Internetzugangs in Betracht (vgl. dazu BGH, Urteil vom 11. Juni 2015 - I ZR 75/14, GRUR 2016, 191 Rn. 36 f. = WRP 2016, 73 - Tauschbörse III, mwN). Vielmehr trifft eine solche Haftung unabhängig von der Frage der Inhaberschaft des Internetanschlusses auch denjenigen, der ihn obliegende Belehrungs- und Überwachungspflichten im Zusammenhang mit der Nutzung eines Internetanschlusses verletzt.1)

Die Entstehung der vom Berufungsgericht zutreffend angenommenen Belehrungs-, Prüfungs- und Überwachungspflichten von Lehrkräften hängt ebenso wenig wie die Entstehung sonstiger einen Garanten treffender Verhaltenspflichten zur Vermeidung von Rechtsverletzungen davon ab, dass es bereits zu einer Rechtsverletzung gekommen ist. Die von der Revision herangezogene Rechtsprechung betrifft allein die Überwachungspflichten von Diensteanbietern im Sinne von § 2 Nr. 1 TMG in Bezug auf fremde Informationen, für die gemäß § 8 Abs. 1, § 10 TMG besondere, im Streitfall nicht einschlägige gesetzliche Regelungen gelten.2)

Nach der Rechtsprechung des Senats genügen zur Teilnahme an Internettauschbörsen Eltern ihrer Aufsichtspflicht über ein normal entwickeltes minderjähriges Kind, das ihre grundlegenden Gebote und Verbote befolgt, regelmäßig bereits dadurch, dass sie das Kind über die Rechtswidrigkeit einer solchen Teilnahme belehren und ihm diese verbieten. Eine Verpflichtung der Eltern, die Nutzung des Internets durch das Kind zu überwachen, den Computer des Kindes zu überprüfen oder dem Kind den Zugang zum Internet (teilweise) zu versperren, besteht grundsätzlich nicht. Zu derartigen Maßnahmen sind Eltern erst verpflichtet, wenn sie konkrete Anhaltspunkte dafür haben, dass das Kind dem Verbot zuwiderhandelt.3)

Es kann offenbleiben, ob diese Erwägungen uneingeschränkt auf die Verkehrspflichten von Lehrkräften im Hinblick auf die in der Schule stattfindenden Internetaktivitäten zu übertragen sind oder ob jedenfalls in Bezug auf das vorliegend maßgebliche Einstellen von Inhalten durch Schüler auf die Internetseite der Schule strengere Maßstäbe gelten müssen. Im Streitfall sind schon die vom Senat für die rechtswidrige Teilnahme an Internettauschbörsen aufgestellten Anforderungen an die elterliche Aufsichtspflicht nicht erfüllt. Danach sind Eltern in der Regel auch ohne Anlass verpflichtet, ihr minderjähriges Kind über die Rechtswidrigkeit einer solchen Teilnahme zu belehren und ihm eine solche Teilnahme zu verbieten. An einer entsprechenden Belehrung fehlt es im Streitfall. Das Berufungsgericht hat festgestellt, dass die erforderliche Aufklärung und Belehrung der Schüler über bestehende Pflichten und Risiken im Zusammenhang mit der schulischen Internetnutzung seitens der Lehrkraft unterblieben ist. Es hat zudem nicht festgestellt, dass der im Streitfall tätig gewordenen Schülerin das Einstellen von urheberrechtsverletzenden Fotografien auf die Internetseite der Schule untersagt worden ist. Dass eine Belehrung und ein entsprechendes Verbot erfolgt sind, macht auch die Revision nicht geltend.4)

Die Lehrkraft darf nicht darauf vertrauen, dass die Schülerin bereits von ihren Eltern über die Grenzen einer zulässigen Nutzung des Internets und die dabei zu wahrenden Urheberrechte Dritter aufgeklärt worden war und dass diese die ihr auf diesem Wege mitgeteilten Regeln befolgen werde.

Die Frage, ob eine Lehrkraft keine Belehrungspflicht trifft, wenn ein Schüler bereits von seinen Eltern über die rechtlichen Grenzen der Nutzung des Internets, insbesondere über die Wahrung von Urheberrechten Dritter belehrt und dem Schüler von seinen Eltern zudem eine rechtswidrige Nutzung untersagt wurde, bedarf keiner Entscheidung. Jedenfalls darf eine Lehrkraft nicht ohne weiteres darauf vertrauen, dass der Schüler bereits von den Eltern entsprechend belehrt und ihm eine urheberrechtsverletzende Nutzung untersagt wurde. Es kann nach der Lebenserfahrung nicht davon ausgegangen werden, dass Eltern ihren Kindern regelmäßig derartige Belehrungen und Verbote erteilen und eine Belehrung durch die Lehrkraft daher im Interesse des Schutzes der Inhaber von Urheberrechten nicht geboten ist. Nach den allgemeinen Grundsätzen hat der wegen Verletzung der Aufsichtspflicht Inanspruchgenommene konkret darzulegen und erforderlichenfalls zu beweisen, ob und inwieweit die Eltern ihr Kind insoweit belehrt haben oder Verbote ausgesprochen haben.5)

Ein Beamter hat gemäß § 839 Abs. 1 Satz 1 BGB Schadensersatz zu leisten, wenn er vorsätzlich oder fahrlässig die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht verletzt. Fällt dem Beamten nur Fahrlässigkeit zur Last, so kann er nur dann in Anspruch genommen werden, wenn der Verletzte nicht auf andere Weise Ersatz zu erlangen vermag (§ 839 Abs. 1 Satz 2 BGB). Gemäß Art. 34 Satz 1 GG trifft die Verantwortlichkeit für die Verletzung der einem Dritten gegenüber obliegenden Amtspflicht durch den Träger eines ihm anvertrauten öffentlichen Amtes grundsätzlich den Staat oder die Körperschaft, in deren Dienst er steht.6)

Eine Störerhaftung begründet keine Haftung auf Schadensersatz. Gegenüber dem Störer kommen lediglich Abwehransprüche in Betracht.7). Das Berufungsgericht hat im Streitfall rechtsfehlerfrei eine Täterschaft der Lehrkraft verneint.8)

Die gemäß Art. 34 GG vom Staat übernommene Haftung kann nicht weiter gehen, als die Haftung des Amtsträgers selbst.9) Dass die gemäß Art. 34 GG vom Staat übernommene Haftung nicht weitergehen kann als die Haftung des Amtsträgers selbst, folgt aus der Eigenart der Amtshaftung als einer übergeleiteten Beamtenhaftung. Sie beruht auf der durch Art. 34 Satz 1 GG verfassungsrechtlich normierten befreienden Schuldübernahme, die den Amtswalter selbst von seiner persönlichen Schadensersatzpflicht befreit und den Staat mit dieser belastet. Die Bestimmung des Art. 34 GG leitet die durch § 839 BGB begründete persönliche Haftung des Beamten auf den Staat über; § 839 BGB ist die haftungsbegründende, Art. 34 GG die haftungsverlagernde Norm. Diese personale Konstruktion der Amtshaftung hat zur Folge, dass der Staat grundsätzlich nur in dem gleichen Umfang haftet, wie der Amtsträger selbst es müsste, wenn es die Schuldübernahme nicht gäbe. Dies bedeutet, dass sämtliche auf die persönliche Verantwortlichkeit des Amtsträgers zugeschnittenen gesetzlichen Haftungsbeschränkungen, -milderungen oder -privilegien mittelbar auch dem Staat zugutekommen.10)

siehe auch

Störerhaftung (Urheberrecht)
Störerhaftung (Internetrecht)

1)
BGH, Urteil vom 10. Januar 2019 - I ZR 267/15 - Cordoba II; m.V.a. zur Verletzung der elterlichen Aufsichtspflicht BGH, Urteil vom 11. Juni 2015 - I ZR 7/14, GRUR 2016, 184 Rn. 29 bis 33 = WRP 2016, 66 - Tauschbörse II, mwN
2)
BGH, Urteil vom 10. Januar 2019 - I ZR 267/15 - Cordoba II; m.V.a. BGHZ 191, 19 Rn. 20 bis 26 - Stiftparfüm; BGH, GRUR 2013, 1229 Rn. 47 - Kinderhochstühle im Internet II; BGH, Urteil vom 26. November 2015 - I ZR 174/14, BGHZ 208, 82 Rn. 21 f. - Störerhaftung des Access-Providers
3)
BGH, Urteil vom 10. Januar 2019 - I ZR 267/15 - Cordoba II ; m.V:a. BGH, Urteil vom 15. November 2012 - I ZR 74/12, GRUR 2013, 511 Rn. 24 = WRP 2013, 799 - Morpheus; BGH, GRUR 2016, 184 Rn. 32 - Tauschbörse II
4) , 6) , 8) , 9)
BGH, Urteil vom 10. Januar 2019 - I ZR 267/15 - Cordoba II
5)
BGH, Urteil vom 10. Januar 2019 - I ZR 267/15 - Cordoba II; m.V.a. BGH, GRUR 2016, 184 Rn. 33 - Tauschbörse II
7)
st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 18. Oktober 2001 - I ZR 22/99, GRUR 2002, 618, 619 [juris Rn. 18] = WRP 2002, 532 - Meißner Dekor; BGH, GRUR 2015, 1223 Rn. 43 - Posterlounge
10)
BGH, Urteil vom 10. Januar 2019 - I ZR 267/15 - Cordoba II ; m.V.a. BGH, Urteil vom 27. Juni 2002 - III ZR 234/01, BGHZ 151, 198, 200 mwN
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