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markenrecht:modellspielzeugbau

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Modellspielzeugbau

Angesichts der jahrzehntelangen Üblichkeit detailgetreuer Nachbildungen im Modellspielzeugbau und der Erwartung, die der Verkehr hieran stellt, besteht ein berechtigtes Interesse, ein in der Realität vorkommendes Fahrzeug nachzubauen und darauf nicht nur - wie in der Wirklichkeit - das Kennzeichen des Herstellers des jeweiligen Fahrzeugs, sondern auch Kennzeichen anzubringen, die Unternehmen auf solchen Fahrzeugen zum Zwecke der Werbung für ihre Dienstleistungen verwenden. Wenn ein von einem Dritten detailgetreu nachgebildetes Kfz-Modell an der entsprechenden Stelle die Abbildung einer bekannten Dienstleistungsmarke trägt, ist eine Ausnutzung des Rufs „in unlauterer Weise“ im Sinne von § 14 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 MarkenG [→ Bekanntheitsschutz] nur dann gegeben, wenn über die bloße wirklichkeitsgetreue Abbildung hinaus in anderer Weise versucht wird, die Wertschätzung der bekannten Marke werblich zu nutzen. Ergibt sich beim Vertrieb solcher Spielzeugautos jeglicher Zusammenhang mit der Marke allein aus der spielzeughaft verkleinerten Nachbildung des Originals zwangsläufig wie beiläufig, fehlt es an dem Merkmal der unlauteren Rufausnutzung.1)

Wegen der jahrzehntelangen Üblichkeit detailgetreuer Nachbildungen der Realität im Spielzeug- und Modellbereich und einer entsprechenden Verbrauchererwartung besteht ein berechtigtes Interesse des Spielzeugherstellers, nicht nur Fahrzeuge, sondern auch Gebäude als Modelle vertreiben zu können, auf denen bekannte Marken angebracht sind, soweit sie eine Miniaturdarstellung der Realität darstellen. Nach den Umständen des Einzelfalls kann es ausreichen, wenn das Modell die für die Unternehmensidentität entscheidenden Gestaltungsmerkmale einschließlich des Logos übernimmt, so dass der Verkehr in dem Modell den Nachbau eines in der Realität typischerweise vorkommenden Gebäudes des Markeninhabers erkennt.2)

Der Senat hat dies zwar bislang lediglich für Marken entschieden, die für Kraftfahrzeuge - also für Waren - geschützt sind, während es im Streitfall um Marken geht, die für Dienstleistungen Schutz beanspruchen. Dies rechtfertigt jedoch keine abweichende Beurteilung.3)

Fehlt es an einer detailgetreuen Nachbildung, entfällt allerdings grundsätzlich die Rechtfertigung für eine Ausnutzung der Wertschätzung der bekannten Marke. Der Markeninhaber muss es beispielsweise nicht hinnehmen, dass seine bekannte Marke auf Rennwagen-Nachbildungen verwendet wird, auf die der Spielzeughersteller an prominenter Stelle seine eigene Marke an die Stelle derjenigen des Hauptsponsors des Herstellers des Rennwagens platziert hat.4)

Der Markeninhaber muss auch nicht die Anbringung seiner für Rennwagen bekannten Marke auf Phantasie-Rennwagen dulden.5)

Das gleiche gilt für Fahrzeug-Nachbildungen, bei denen die bekannte Marke nicht an originalgetreuer Stelle angebracht ist.6)

Derartige, mit der Realität in erheblichem Umfang nicht übereinstimmende Modelle entsprechen auch nicht der Erwartung der Verbraucher an derartiges Spielzeug.7)

Der Gerichtshof der Europäischen Union hat entschieden, dass die Frage, ob eine Benutzung die Unterscheidungskraft oder die Wertschätzung der Marke als eingetragene Marke ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise ausnutzt oder beeinträchtigt, eine Würdigung der Tatsachen erfordert und dass diese Tatsachenwürdigung den nationalen Gerichten obliegt8). Er hat außerdem entschieden, dass die Anbringung eines mit einer für Kraftfahrzeuge bekannten Marke identischen Zeichens auf verkleinerten Modellen von Fahrzeugen dieser Marke durch einen Dritten ohne die Erlaubnis des Inhabers der Marke, um diese Fahrzeuge originalgetreu nachzubilden, und die Vermarktung der genannten Modelle keine Benutzung einer Angabe über ein Merkmal dieser Modelle im Sinne des Art. 6 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 89/104/EWG zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken darstellt9). Sie ist vielmehr nur Teil der originalgetreuen Nachbildung der Originalfahrzeuge10). Die Schrankenregelung des Art. 6 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 89/104/EWG findet sich inzwischen in etwas modifizierter Form in Art. 14 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie (EU) 2015/2436. Danach gewährt eine Marke ihrem Inhaber nicht das Recht, einem Dritten zu verbieten, im geschäftlichen Verkehr Zeichen oder Angaben über bestimmte Merkmale der Ware oder Dienstleistung zu benutzen. Diese Regelung hat der deutsche Gesetzgeber in § 23 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG in das nationale Recht umgesetzt.11)

Der Modellspielzeugbereich erfasst nicht nur Fahrzeuge, sondern auch Gebäude. Insoweit bestehen hinsichtlich des Marktes und der Erwartungen des angesprochenen Verkehrs im Vergleich zu Fahrzeugmodellen keine Unterschiede . Danach besteht auf Seiten der Beklagten ein berechtigtes Interesse, nicht nur Fahrzeuge, sondern auch Gebäude als Modelle vertreiben zu können, auf denen bekannte Marken angebracht sind, soweit sie eine Miniaturdarstellung der Realität darstellen.12)

Im Streitfall führt der Umstand, dass das Lagerhallenmodell in der Realität nicht existiert, jedoch nicht zur Unlauterkeit der Ausnutzung der Wertschätzung der - unterstellt - bekannten Marken der Klägerin.

Das Berufungsgericht hat festgestellt, dem Verkehr sei bekannt, dass - anders als Fahrzeuge - Gebäude eines Unternehmens regelmäßig Unterschiede aufweisen, etwa weil ein Unternehmen sowohl bereits existierende Gebäude nutzt und diese anmietet als auch Gebäude selbst errichtet; außerdem kann es bei selbst errichteten Gebäuden aufgrund der Lage und der Grundstücksgröße zu unterschiedlichen Gestaltungen der Gebäude kommen. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts wird der Verkehr deshalb in einem Modell, das die für die Unternehmensidentität entscheidenden Gestaltungsmerkmale einschließlich des Logos übernimmt, den Nachbau einer in der Realität typischerweise vorkommenden Lagerhalle der Klägerin wiedererkennen. Diese Feststellungen rechtfertigen es, das Lagerhallenmodell trotz der Unterschiede im Detail als wirklichkeitsgetreue Nachbildung anzusehen, die als solche nicht unlauter ist.13)

siehe auch

§ 14 (2) Nr. 3 MarkenG → Bekanntheitsschutz

1)
BGH, Urteil vom 12. Januar 2023 - I ZR 86/22 - DACHSER; Bestätigung und Fortführung von BGH, Urteil vom 14. Januar 2010 - I ZR 88/08, GRUR 2010, 726 = WRP 2010, 1039 - Opel-Blitz II
2) , 7) , 11) , 12)
BGH, Urteil vom 12. Januar 2023 - I ZR 86/22 - DACHSER
3)
BGH, Urteil vom 12. Januar 2023 - I ZR 86/22 - DACHSER; m.V.a. OLG Düsseldorf, Urteil vom 13. Januar 2022 - 20 U 117/20, juris Rn. 92
4)
BGH, Urteil vom 12. Januar 2023 - I ZR 86/22 - DACHSER; OLG Frankfurt, Urteil vom 9. Mai 2019 - 6 U 98/18, juris Rn. 18
5)
BGH, Urteil vom 12. Januar 2023 - I ZR 86/22 - DACHSEROLG Frankfurt, Urteil vom 9. Mai 2019 - 6 U 98/18, juris Rn. 19
6)
BGH, Urteil vom 12. Januar 2023 - I ZR 86/22 - DACHSER; vgl. OLG Frankfurt, Urteil vom 9. Mai 2019 - 6 U 98/18, juris Rn. 20 und 21
8)
vgl. EuGH, GRUR 2007, 318 [juris Rn. 36] - Adam Opel
9)
EuGH, GRUR 2007, 318 [juris Rn. 45] - Adam Opel
10)
vgl. EuGH, GRUR 2007, 318 [juris Rn. 44] - Adam Opel
13)
BGH, Urteil vom 12. Januar 2023 - I ZR 86/22 - DACHSER; m.V.a. BGH, GRUR 2010, 726 [juris Rn. 30] - OpelBlitz II
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