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internetrecht:wlan-gastzugang

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WLAN-Gastzugang

Der Inhaber eines ungesicherten WLAN-Anschlusses haftet als Störer auf Unterlassung [→ Störerhaftung des WLAN-Anschlussinhabers], wenn außenstehende Dritte diesen Anschluss missbräuchlich nutzen, um urheberrechtlich geschützte Musiktitel in Internet-Tauschbörsen einzustellen.1)

Diese Entscheidung ist aber nicht auf die Fallgestaltung übertragbar, bei der der Anschlussinhaber seinen Internetanschluss einem Gast zur Verfügung stellt.2) Die Zumutbarkeit von Sicherungsmaßnahmen folgt im Fall eines ungesicherten WLAN-Anschlusses daraus, dass es regelmäßig im wohlverstandenen eigenen Interesse des Anschlussinhabers liegt, seine Daten vor unberechtigtem Eingriff von außen zu schützen.3) Zudem geht von einer unkontrollierten Eröffnung eines Zugangs zum Internet regelmäßig eine wesentlich größere Gefahr für Urheberrechtsverletzungen aus, als von der Überlassung des Anschlusses zur Nutzung durch Gäste, Besucher und Mitbewohner.4)

Anders als Eltern gegenüber ihren minderjährigen Kindern5) haben Wohnungsinhaber grundsätzlich keine Aufsichtspflicht gegenüber ihren volljährigen Mitbewohnern und Gästen, die Grundlage einer Belehrungspflicht über die Gefahren der Nutzung von Internet-Tauschbörsen sein kann.6)

Der Anschlussinhaber im Hinblick auf das besondere Vertrauensverhältnis zwischen Familienangehörigen und die Eigenverantwortung von Volljährigen seinen Internetanschluss einem volljährigen Familienangehörigen überlassen, ohne diesen belehren oder überwachen zu müssen. Erst wenn der Anschlussinhaber etwa aufgrund einer Abmahnung konkreten Anlass für die Befürchtung haben muss, dass der volljährige Familienangehörige den Internetanschluss für Rechtsverletzungen missbraucht oder missbrauchen wird, hat er die zu deren Verhinderung erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen. Diese Grundsätze gelten für die Überlassung des Internetanschlusses an Ehepartner sowie deren volljährige Kinder oder Stiefkinder.7)

Für den Wohnungsinhaber besteht auch unabhängig von einer familiären Beziehung gegenüber volljährigen Mitbewohnern und Gästen keine entsprechende Belehrungspflicht.8) Sie ist regelmäßig unzumutbar.9)

In der heutigen Medien- und Informationsgesellschaft stellt die Überlassung eines privaten Internetanschlusses an volljährige Gäste und Mitbewohner des Wohnungsinhabers eine übliche Gefälligkeit dar. Sie entspricht dem weit verbreiteten Bedürfnis großer Teile der Bevölkerung zur ständigen Nutzung des Internets. Solange keine Anhaltspunkte für ein rechtswidriges Nutzungsverhalten bestehen, gewährt der Anschlussinhaber den Zugang zu seinem privaten Internetanschluss gegenüber solchen volljährigen Personen in der berechtigten Erwartung, dass sie die ihnen eröffnete Nutzungsmöglichkeit nicht zur Begehung rechtswidriger Handlungen nutzen.10)

Unter den genannten Voraussetzungen ist die Überlassung eines Internetanschlusses zur Nutzung durch Mitbewohner oder Gäste nicht anders zu beurteilen als die Überlassung eines Telefonanschlusses11), eines Kraftfahrzeugs oder auch einer Wohnung aus Gefälligkeit. Werden Telefon, Kraftfahrzeug oder Wohnung - für den Überlassenden unvorhersehbar - zur Begehung oder Vorbereitung rechtswidriger Handlungen genutzt, kommt weder eine Störerhaftung noch eine Haftung aufgrund Verletzung einer wettbewerbsrechtlichen Verkehrspflicht12) des Überlassenden in Betracht. Zwar ist die Zurverfügungstellung der Sache in diesen Fällen jeweils adäquat-kausal für die spätere Rechtsverletzung. Es besteht aber keine Belehrungspflicht gegenüber den begünstigten volljährigen Personen. Im Hinblick auf die erkennbare und berechtigte Erwartung des Wohnungsinhabers, dass seine Gäste, Besucher oder Mitbewohner den Internetanschluss nicht für rechtswidrige Handlungen nutzen werden, besteht auch keine besondere Gefahr dafür, dass der überlassene Internetanschluss zur Begehung von Urheberrechtsverletzungen genutzt wird, die eine gegenüber der Überlassung etwa von Kraftfahrzeugen oder Telefonanschlüssen abweichende Beurteilung rechtfertigen könnte.13)

siehe auch

1)
BGH, Urteil vom 12. Mai 2016 - I ZR 86/15 - Silver Linings Playbook; m.V.a. BGHZ 185, 330 Rn. 20 bis 24 - Sommer unseres Lebens
2)
BGH, Urteil vom 12. Mai 2016 - I ZR 86/15 - Silver Linings Playbook; vgl. zur Überlassung an Familienangehörige BGHZ 200, 76 Rn. 25 - BearShare
3)
BGH, Urteil vom 12. Mai 2016 - I ZR 86/15 - Silver Linings Playbook; m.V.a. BGHZ 185, 330 Rn. 22 - Sommer unseres Lebens
4)
BGH, Urteil vom 12. Mai 2016 - I ZR 86/15 - Silver Linings Playbook; m.V.a. BGH, Urteil vom 12. Mai 2016 - I ZR 86/15 - Silver Linings Playbook
5)
vgl. BGH, Urteil vom 15. November 2012 - I ZR 74/12, GRUR 2013, 511 Rn. 24 = WRP 2013, 799 - Morpheus
6) , 9) , 10) , 13)
BGH, Urteil vom 12. Mai 2016 - I ZR 86/15 - Silver Linings Playbook
7)
BGH, Urteil vom 12. Mai 2016 - I ZR 86/15 - Silver Linings Playbook; m.V.a. BGHZ 200, 76 Rn. 27 f. - BearShare
8)
BGH, Urteil vom 12. Mai 2016 - I ZR 86/15 - Silver Linings Playbook; m.V.a Borges, NJW 2014, 2305, 2307 f., 2310; Hofmann, ZUM 2014, 654, 659 f.; Mühlberger, GRUR 2009, 1022, 1026 f.
11)
vgl. BGH, Urteil vom 18. Mai 1999 - X ZR 156/97, BGHZ 142, 7, 12 f. - Räumschild
12)
vgl. BGH, Urteil vom 12. Juli 2007 - I ZR 18/04, BGHZ 173, 188 Rn. 22 ff. - Jugendgefährdende Medien bei eBay
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