Erfahrungssätze

Die Beurteilung der Verwechslungsgefahr stellt zwar auf die Auffassung der angesprochenen Verkehrskreise ab. Allerdings wird die Auffassung der Verkehrskreise nicht empirisch ermittelt, sondern es wird auf Erfahrungssätze zurückgegriffen, bei deren Anwendung keine strenge Bindung an wirkliche Erfahrungen zu fordern ist.

Sowohl die Waren- und Dienstleistungsähnlichkeit, die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke, als auch die Feststellung der Zeichenähnlichkeit werden unter Benutzung von Erfahrungssätzen ermittelt.

Erfahrungssätze im Markenrecht sind als Rechtsanwendungshilfen, also als Hilfsmittel der Gesetzesauslegung zu betrachten und unterliegen uneingeschränkt der Revisibilität. Der BGH kontrolliert die richtige Anwendung von Erfahrungssätzen. Die Beurteilung der Verwechslungsgefahr ist damit als eine Rechtsfrage aufzufassen, die natürlich auf Tatsachenmaterial Bezug nimmt.

Deswegen können z.B. bekannte Marken einen größeren Abstand fordern, auch wenn die empirische Verwechslungsgefahr eigentlich gering ist. Nach § 42 Abs. 2 Nr. 1, § 9 Abs. 1, Nr. 2 MarkenG ist die Eintragung einer Marke im Falle eines Widerspruchs zu löschen, wenn wegen ihrer Ähnlichkeit mit einer eingetragenen Marke älteren Zeitrangs und der Ähnlichkeit der durch die beiden Marken erfaßten Waren/Dienstleistungen für den Verkehr die Gefahr von Verwechslung besteht, einschließlich der Gefahr, daß die Marken gedanklich miteinander in Verbindung gebracht werden. Die Beurteilung der Verwechslungsgefahr ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls vorzunehmen. Dabei besteht eine Wechselwirkung zwischen den in Betracht zu ziehenden Faktoren, insbesondere der Ähnlichkeit der Marken und der Ähnlichkeit der Waren/Dienstleistungen sowie der Kennzeichnungskraft der älteren Marke, so daß ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Waren/Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken oder durch eine erhöhte Kennzeichnungskraft der älteren Marke ausgeglichen werden kann und umgekehrt. (st. Rspr.)