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wettbewerbsrecht:zeitliche_grenzend_des_lauterkeitsrechtlichen_nachahmungsschutzes

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Zeitliche Grenzend des lauterkeitsrechtlichen Nachahmungsschutzes

Ansprüche unter dem Gesichtspunkt des lauterkeitsrechtlichen Nachahmungsschutzes bestehen nicht ohne weiteres zeitlich unbegrenzt.1)

Anders als beim Sonderrechtsschutz bestehen beim wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutz keine festen zeitlichen Grenzen. Der lauterkeitsrechtliche Nachahmungsschutz ist nach Schutzweck, Voraussetzungen und Rechtsfolgen anders als die Sonderschutzrechte ausgestaltet. Ansprüche aus wettbewerbsrechtlichem Leistungsschutz wegen der Verwertung eines fremden Leistungsergebnisses können unabhängig vom Bestehen von Ansprüchen aus einem Schutzrecht gegeben sein, wenn besondere Begleitumstände vorliegen, die außerhalb des sondergesetzlichen Tatbestands liegen.2)

Eine Parallelwertung zu den Sonderschutzrechten mit dem Ziel, auch für den lauterkeitsrechtlichen Leistungsschutz generell feste zeitliche Grenzen einzuführen, kommt nicht in Betracht.3)

Eine zeitliche Begrenzung des wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutzes ergibt sich allerdings daraus, dass der wettbewerbsrechtliche Nachahmungsschutz nur solange andauert, als die wettbewerbliche Eigenart des nachgeahmten Erzeugnisses fortbesteht und die besonderen unlauterkeitsbegründenden Umstände nicht weggefallen sind.4)

Bestehen diese Voraussetzungen des wettbewerbsrechtlichen Nachahmungsschutzes fort, kommt eine zeitliche Begrenzung der sich daraus ergebenden Ansprüche nicht in Betracht.5)

Bei dem in § 4 Nr. 3 UWG geregelten Nachahmungsschutz gegen unlauteres Verhalten ist nicht allein die Ausnutzung eines fremden Leistungsergebnisses und die damit einhergehende Beeinträchtigung der Möglichkeit des Herstellers des nachgeahmten Erzeugnisses anspruchsbegründend, die Entwicklungs- und Markterschließungskosten sowie einen angemessenen Gewinn zu erwirtschaften. Voraussetzung des wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutzes sind vielmehr neben der Nachahmung eines wettbewerblich eigenartigen Produkts ein unlauteres Verhalten des Mitbewerbers und damit besondere Begleitumstände, die außerhalb eines sondergesetzlichen Tatbestands liegen.6)

Der wettbewerbsrechtliche Leistungsschutz besteht deshalb fort, solange die Merkmale des gesetzlichen Tatbestands vorliegen, das heißt solange die wettbewerbliche Eigenart des nachgeahmten Erzeugnisses besteht und in unlauterer Weise ausgenutzt wird.7)

Ist dies der Fall, besteht kein Anlass zur Übertragung zeitlicher Grenzen aus dem Bereich der Schutzrechte auf den wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutz.8)

Allerdings hat der Senat in eng begrenzten Fällen, in denen das Lauterkeitsrecht ausnahmsweise den Schutz einer Leistung als solcher zum Gegenstand hat, eine - an den für diese Leistung vorgesehen sondergesetzlichen Fristen orientierte - zeitliche Begrenzung erwogen. So hat der Senat im Hinblick auf den nach der älteren Rechtsprechung zugebilligten Schutz gegen ein „Einschieben in eine fremde Serie“ angenommen, dass Ansprüche nach dieser Fallgruppe - unabhängig davon, ob an ihr überhaupt festzuhalten ist - jedenfalls mit Orientierung an die im Patentrecht, im Gebrauchsmusterrecht und im Designrecht sondergesetzlich vorgesehenen Fristen für den Schutz von technisch gestalteten Spielzeugbausteinen zeitlich zu begrenzen sind.9)

Außerdem hat der Senat unter der Geltung des § 1 UWG 1909 einen unmittelbaren Leistungsschutz im Hinblick auf die (nahezu) identische Nachahmung saisonbedingter, wettbewerblich und ästhetisch eigenartiger Modeerzeugnisse angenommen und diesen Schutz zeitlich im Regelfall auf die Saison begrenzt, in der das Erzeugnis auf den Markt gebracht worden ist.10)

An dieser Rechtsprechung hält der Senat nicht fest. Für den wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutz gegen die Nachahmung eines wettbewerblich eigenartigen Produkts ist stets ein unlauteres Verhalten des Mitbewerbers erforderlich. Einen allgemeinen Schutz von Innovationen gegen Nachahmungen sieht das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb nicht vor. Hinzukommen muss vielmehr ein lauterkeitsrechtlich missbilligtes Verhalten gemäß § 4 Nr. 3 oder Nr. 4 UWG. Anspruchsbegründend sind in diesen Fällen nicht allein die Übernahme eines fremden Leistungsergebnisses und die damit einhergehende Beeinträchtigung der Möglichkeit des Herstellers des nachgeahmten Erzeugnisses, die Entwicklungs- und Markterschließungskosten sowie einen angemessenen Gewinn zu erwirtschaften. Voraussetzung des wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutzes sind vielmehr neben der Nachahmung eines wettbewerblich eigenartigen Produkts ein unlauteres Verhalten des Mitbewerbers und damit besondere Begleitumstände, die außerhalb des sondergesetzlichen Tatbestands liegen.11)

Dadurch werden keine Schutzlücken eröffnet. Für Modeneuheuten besteht seit Geltung der Gemeinschaftsgeschmacksmusterverordnung die Möglichkeit eines dreijährigen Schutzes aufgrund eines nicht eingetragenen Gemeinschaftsgeschmacksmusters nach Art. 11 Abs. 1 GGV. Für einen zusätzlichen Schutz von Modeneuheiten besteht kein Bedürfnis. Gleiches gilt für die Fallgruppe des Einschiebens in eine fremde Serie, deren Anwendung auf wenige Einzelfälle beschränkt geblieben ist. Hier bieten die bestehenden gewerblichen Schutzrechte, insbesondere der Schutz durch eine dreidimensionale Warenformmarke, durch ein Design oder ein Gemeinschaftsgeschmacksmuster, ausreichende Schutzmöglichkeiten. Für einen weitergehenden Schutz eines reinen Leistungsergebnisses durch die Fallgruppe des Einschiebens in eine fremde Serie nach dem wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutz besteht kein Anlass mehr.12)

Die Frage, ob auch nach der Reformierung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb ein unmittelbarer Leistungsschutz nach der Generalklausel des § 3 Abs. 1 UWG gewährt werden kann, hat der Senat bislang offengelassen.13)

Ein die Wettbewerbsfreiheit und damit auch die Interessen der Allgemeinheit sowie die ebenfalls grundrechtlich geschützten Interessen der Beklagten (Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG) einschränkendes wettbewerbsrechtliches Leistungsschutzrecht gemäß § 3 Abs. 1 UWG kommt allenfalls bei einem überwiegenden Interesse der Klägerin in Betracht.14)

siehe auch

1)
BGH, Urteil vom 4. Mai 2016 - I ZR 58/14 - Segmentstruktur; m.V.a. BGH, Urteil vom 14. Januar 1999 - I ZR 203/96, GRUR 1999, 751, 754 = WRP 1999, 816 - Güllepumpen; Urteil vom 7. November 2002 - I ZR 64/00, GRUR 2003, 356, 358 = WRP 2003, 500 - Präzisionsmessgeräte; Urteil vom 15. Juli 2004 - I ZR 142/01, GRUR 2004, 941, 943 = WRP 2004, 1498 - Metallbett
2) , 6)
BGH, Urteil vom 4. Mai 2016 - I ZR 58/14 - Segmentstruktur; m.V.a. BGH, GRUR 2015, 909 Rn. 23 - Exzenterzähne, mwN
3)
BGH, Urteil vom 4. Mai 2016 - I ZR 58/14 - Segmentstruktur; m.V.a. BGH, GRUR 1999, 751, 754 - Güllepumpen; Köhler in Köhler/Bornkamm aaO § 4 Rn. 3.70
4)
BGH, Urteil vom 4. Mai 2016 - I ZR 58/14 - Segmentstruktur; m..V.a. BGH, GRUR 1999, 751, 754 - Güllepumpen; GRUR 2003, 356, 358 - Präzisionsmessgeräte; GRUR 2004, 941, 943 - Metallbett; Köhler in Köhler/Bornkamm aaO § 4 Rn. 3.70; Ohly in Ohly/Sosnitza aaO § 4 Rn. 3/81; Sambuc in Harte/Henning aaO § 4 Nr. 9 Rn. 193; Wiebe in MünchKomm.UWG aaO § 4 Nr. 9 Rn. 252; Leistner in GK.UWG, 2. Aufl., § 4 Rn. 226; Fezer/Götting, UWG, 2. Aufl., § 4-9 Rn. 121; Ullmann in juris-PK-UWG, 3. Aufl., § 4 Nr. 9 Rn. 75, 79
5)
BGH, Urteil vom 4. Mai 2016 - I ZR 58/14 - Segmentstruktur; m.V.a. BGH, GRUR 1999, 751, 754 - Güllepumpen; GRUR 2003, 356, 358 - Präzisionsmessgeräte; BGH, Urteil vom 2. Dezember 2004 - I ZR 30/02, BGHZ 161, 204, 213 - Klemmbausteine III; vgl. auch Sambuc in Harte/Henning aaO § 4 Nr. 9 Rn. 193 ff.; Ullmann in juris-PK-UWG aaO § 4 Nr. 9 Rn. 75
7)
BGH, Urteil vom 4. Mai 2016 - I ZR 58/14 - Segmentstruktur; m.V.a. BGH, GRUR 2003, 356, 358 - Präzisionsmessgeräte; Ullmann in juris-PK-UWG aaO § 4 Nr. 9 Rn. 75
8) , 12)
BGH, Urteil vom 4. Mai 2016 - I ZR 58/14 - Segmentstruktur
9)
BGH, Urteil vom 4. Mai 2016 - I ZR 58/14 - Segmentstruktur; m.V.a. BGHZ 161, 204, 213 - Klemmbausteine III
10)
BGH, Urteil vom 4. Mai 2016 - I ZR 58/14 - Segmentstruktur; m.V.a. BGH, Urteil vom 19. Januar 1973 - I ZR 39/71, BGHZ 60, 168, 171 - Modeneuheit; Urteil vom 10. November 1983 - I ZR 158/81, GRUR 1984, 453 f. = WRP 1984, 259 - Hemdblusenkleid; Urteil vom 6. November 1997 - I ZR 102/95, GRUR 1998, 477, 479 f. = WRP 1998, 377 - Trachtenjanker
11)
BGH, Urteil vom 4. Mai 2016 - I ZR 58/14 - Segmentstruktur; m.V.a. nur BGH, GRUR 2015, 909 Rn. 23 - Exzenterzähne, mwN
13)
BGH, Urteil vom 4. Mai 2016 - I ZR 58/14 - Segmentstruktur; m.V.a. BGH, Urteil vom 28. Oktober 2010 - I ZR 60/09, BGHZ 187, 255 Rn. 19 - Hartplatzhelden.de; BGH, GRUR 2016, 725 Rn. 24 f. - PippiLangstrumpf-Kostüm II
14)
BGH, Urteil vom 4. Mai 2016 - I ZR 58/14 - Segmentstruktur; m.V.a. BGHZ 187, 255 Rn. 25 - Hartplatzhelden.de; BGH, GRUR 2016, 725 Rn. 25 - Pippi-LangstrumpfKostüm II, mwN
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