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urheberrecht:abmahnkosten_in_einfach_gelagerten_faellen

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Abmahnkosten in einfach gelagerten Fällen

Streitwert bei Bereitstellung eines Werkes über eine Tauschbörse im Internet

§ 97a Abs. 3 Satz 2 UrhG → abmahnkosten_in_einfach_gelagerten_faellen

Nach § 97a Abs. 2 UrhG aF beschränkt sich der Ersatz der erforderlichen Aufwendungen für die Inanspruchnahme anwaltlicher Dienstleistungen für die erstmalige Abmahnung in einfach gelagerten Fällen mit einer nur unerheblichen Rechtsverletzung außerhalb des geschäftlichen Verkehrs auf 100 €.

Ein Eingreifen dieser Ausnahmeregelung, deren Voraussetzungen der Unterlassungsschuldner darzulegen und - soweit erforderlich - zu beweisen hat1), setzt neben einer erstmaligen Abmahnung und einer außerhalb des geschäftlichen Verkehrs geschehenen Rechtsverletzung einen einfach gelagerten Streitfall und eine nur unerhebliche Rechtsverletzung voraus.2)

Ein Streitfall ist einfach gelagert, wenn er nach Art und Umfang ohne größeren Arbeitsaufwand zu bearbeiten ist, also zur Routine gehört.3)

Für die Einordnung einer Rechtssache als einfach kommt es darauf an, wie leicht ein Sachverhalt in tatsächlicher Hinsicht aufzuklären ist und wie leicht die aufgeworfenen Rechtsfragen zu beantworten sind. Von einem einfach gelagerten Streitfall ist daher auszugehen, wenn der Sachverhalt überschaubar, im Wesentlichen unstreitig oder ohne aufwendige Beweiserhebung und -würdigung zu klären ist, und wenn die sich stellenden Rechtsfragen ohne vertiefte Auseinandersetzung mit Rechtsprechung und Literatur zu beantworten sind.4)

Aus dem Umstand, dass eine Rechtsverletzung häufig geschieht und daher von den Rechteinhabern auch routinemäßig verfolgt wird, kann für sich genommen nicht auf einen einfach gelagerten Streitfall geschlossen werden 5). Vielmehr ist die Frage nach der Haftung des Anschlussinhabers für Urheberrechtsverletzungen grundsätzlich geeignet, sowohl in tatsächlicher als auch in rechtlicher Hinsicht Schwierigkeiten aufzuwerfen6). Ob die Verfolgung einer Urheberrechtsverletzung, die sich durch die Teilnahme an einer Tauschbörse auszeich- net, nach diesen Maßstäben gleichwohl im Einzelfall als einfach gelagert gelten kann, braucht im Streitfall jedoch nicht entschieden werden.7)

Nach der Begründung zum Regierungsentwurf des Gesetzes zur Verbesserung der Durchsetzung von Rechten des geistigen Eigentums (BTDrucks. 16/5048, S. 49) ist das Erfordernis einer unerheblichen Rechtsverletzung nur bei einem Eingriff in das verletzte Schutzrecht erfüllt, dem nach den Umständen des Einzelfalles ein in qualitativer und quantitativer Hinsicht lediglich geringes Ausmaß beizumessen ist. Solche Bagatellverstöße sind etwa die öffentliche Zugänglichmachung eines Stadtplanausschnitts oder eines Liedtextes auf einer privaten Homepage oder die Verwendung eines Lichtbildes zur Illustration eines privaten Angebots bei einer Internetversteigerung (vgl. Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses zum Regierungsentwurf, BT-Drucks. 16/8783, S. 50). Von einer unerheblichen Rechtsverletzung ist nur auszugehen, wenn sich die Verletzungshandlung auf einen nach Art und Ausmaß geringfügigen Eingriff in die Rechte des Abmahnenden beschränkt.8)

Diese Voraussetzungen sind bei dem Anbieten urheberrechtlich geschützter Gegenstände zum Herunterladen über eine Internettauschbörse regelmäßig nicht erfüllt.9)

Das Anbieten urheberrechtlich geschützter Werke zum Herunterladen über eine Internettauschbörse ist grundsätzlich geeignet, die geschützten Rechte und wirtschaftlichen Interessen des Rechteinhabers erheblich zu beeinträchtigen. Dies gilt selbst dann, wenn die einzelne Rechtsverletzung für sich genommen kein beträchtliches Ausmaß erreicht 10). Vor diesem Hintergrund können auch an das Vorliegen eines nur unerheblichen Eingriffs in die urheberrechtlich geschützte Rechtsposition im Einzelfall keine zu geringen Anforderungen gestellt werden. Die Annahme einer unerheblichen Rechtsverletzung gemäß § 97a Abs. 2 UrhG aF kommt hiernach allenfalls in Betracht, wenn die Rechtsverletzung im Hinblick auf Art und Anzahl der zum Herunterladen bereitgehaltenen Werke und die Dauer und Häufigkeit des im konkreten Fall in Rede stehenden Downloadangebotes von verhältnismäßig geringem Ausmaß ist.11)

Das Bereithalten eines erst vor kurzer Zeit erschienenen Computerspiels zum Herunterladen stellt keine unerhebliche Rechtsverletzung dar.12)

Der Umstand, dass sich der Gesetzgeber entschlossen hat, die in § 97a Abs. 2 UrhG aF vorgesehene Begrenzung des Anspruches auf Erstattung der Kosten der Abmahnung mit Wirkung zum 9. Oktober 2013 durch die in § 97a Abs. 3 Satz 2 UrhG niedergelegte Regelung zu ersetzen, nach der sich der Ersatz der erforderlichen Aufwendungen unter bestimmten Voraussetzungen auf Gebühren nach einem Gegenstandswert für den Unterlassungs- und Beseitigungsanspruch von 1.000 € beschränkt, rechtfertigt keine andere Beurteilung. Vielmehr hat der Gesetzgeber mit dieser Regelung bewusst davon abgesehen, die von ihm beabsichtigte Reduzierung der Belastung mit den Kosten einer Abmahnung bei Urheberrechtsverletzungen, die dem privaten Nutzerverhalten zugerechnet werden können, weiterhin an das Vorliegen einer nur „unerheblichen Rechtsverletzung“ zu knüpfen (vgl. die Begründung zum Regierungsentwurf eines Gesetzes gegen unseriöse Geschäftspraktiken, BR-Drucks. 219/13, S. 13). Die hiermit etwa einhergehende Erweiterung des Anwendungsbereichs der Regelungen über die Begrenzung des Erstattungsanspruches kann danach nicht vor dem Inkrafttreten der Neuregelung greifen.13)

Bei der Bestimmung des angemessenen Gegenstandswertes des Unterlassungsanspruchs ist einerseits dem Wert des verletzten Schutzrechts angemessen Rechnung zu tragen, wobei das Angebot zum Herunterladen eines Spielfilms, eines Computerprogramms oder eines vollständigen Musikalbums regelmäßig einen höheren Gegenstandswert rechtfertigen wird, als er etwa für das Angebot nur eines Musiktitels anzusetzen ist14). Weiter ist die Aktualität und Popularität des Werkes und der Umfang der vom Rechtsinhaber bereits vorgenommenen Auswertung zu berücksichtigen. Wird ein durchschnittlich erfolgreiches Computerspiel nicht allzu lange nach seinem Erscheinungstermin öffentlich zugänglich gemacht, so ist regelmäßig ein Gegenstandswert des Unterlassungsanspruchs von nicht unter 15.000 € angemessen15). Liegen besondere Umstände vor (z.B. eine in erheblichen Verkaufszahlen zum Ausdruck kommende besondere Popularität), kann auch ein höherer Gegenstandswert anzunehmen sein16).17)

Der Umstand, dass sich der Gesetzgeber entschlossen hat, die in § 97a Abs. 2 UrhG aF vorgesehene Begrenzung des Anspruches auf Erstattung der Kosten der Abmahnung mit Wirkung zum 9. Oktober 2013 durch die in § 97a Abs. 3 Satz 2 UrhG niedergelegte Regelung zu ersetzen, nach der sich der Ersatz der erforderlichen Aufwendungen unter bestimmten Voraussetzungen auf Gebühren nach einem Gegenstandswert für den Unterlassungs- und Beseitigungsanspruch von 1.000 € beschränkt, rechtfertigt keine andere Beurteilung. Vielmehr hat der Gesetzgeber mit dieser Regelung bewusst davon abgesehen, die von ihm beabsichtigte Reduzierung der Belastung mit den Kosten einer Abmahnung bei Urheberrechtsverletzungen, die dem privaten Nutzerverhalten zugerechnet werden können, weiterhin an das Vorliegen einer nur „unerheblichen Rechtsverletzung“ zu knüpfen (vgl. die Begründung zum Regierungsentwurf eines Gesetzes gegen unseriöse Geschäftspraktiken, BR-Drucks. 219/13, S. 13). Die hiermit etwa einhergehende Erweiterung des Anwendungsbereichs der Regelungen über die Begrenzung des Erstattungsanspruches kann danach nicht vor dem Inkrafttreten der Neuregelung greifen.18)

Bei der Bestimmung des angemessenen Gegenstandswertes des Unterlassungsanspruchs ist einerseits dem Wert des verletzten Schutzrechts angemessen Rechnung zu tragen, wobei das Angebot zum Herunterladen eines Spielfilms, eines Computerprogramms oder eines vollständigen Musikalbums regelmäßig einen höheren Gegenstandswert rechtfertigen wird, als er etwa für das Angebot nur eines Musiktitels anzusetzen ist19). Weiter ist die Aktualität und Popularität des Werkes und der Umfang der vom Rechtsinhaber bereits vorgenommenen Auswertung zu berücksichtigen. Wird ein durchschnittlich erfolgreiches Computerspiel nicht allzu lange nach seinem Erscheinungstermin öffentlich zugänglich gemacht, so ist regelmäßig ein Gegenstandswert des Unterlassungsanspruchs von nicht unter 15.000 € angemessen20). Liegen besondere Umstände vor (z.B. eine in erheblichen Verkaufszahlen zum Ausdruck kommende besondere Popularität), kann auch ein höherer Gegenstandswert anzunehmen sein21).22)

Das Angebot eines urheberrechtlich geschützten Werkes zum Herunterladen über eine Internettauschbörse stellt regelmäßig keine nur unerhebliche Rechtsverletzung im Sinne dieser Vorschrift dar.23)

Selbst wenn man annähme, dass die in § 97a Abs. 2 UrhG aF vorgesehene Deckelung des Erstattungsanspruchs auch auf einen Schadensersatzanspruch nach § 97 Abs. 2 UrhG anwendbar wäre, weil andernfalls die in § 97a Abs. 2 UrhG aF zum Ausdruck kommende gesetzgeberische Wertung über den Umweg des Schadensersatzanspruchs unterlaufen würde 24), und wenn man weiter annähme, dass eine solche Anwendung auch in Bezug auf die - im Streitfall gegebene - Konstellation der Inanspruchnahme des Rechtsverletzers für Kosten der Abmahnung des personenverschiedenen Anschlussinhabers in Betracht käme, stünde die Vorschrift der Zubilligung des geltend gemachten Schadensersatzes daher nicht entgegen.25)

siehe auch

1)
BGH, GRUR 2016, 1275 Rn. 48 - Tannöd
2)
BGH, Versäumnisurteil vom 6. Oktober 2016 - I ZR 97/15
3)
BGH, Versäumnisurteil vom 6. Oktober 2016 - I ZR 97/15;vgl. die Begründung zum Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Verbesserung der Durchsetzung von Rechten des geistigen Eigentums, BT-Drucks. 16/5048, S. 49; Dreier in Dreier/Schulze, UrhG, 4. Aufl., § 97a Rn. 16
4)
BGH, Versäumnisurteil vom 6. Oktober 2016 - I ZR 97/15; vgl. zu § 97a UrhG aF HK-UrhR/Meckel, 3. Aufl., § 97a UrhG Rn. 6; zu § 12 Abs. 4 UrhG in der bis zum 8. Oktober 2013 geltenden Fassung Büscher in Fezer/Büscher, UWG, 2. Aufl., § 12 Rn. 208; Köhler in Köhler/Bornkamm, UWG, 31. Aufl., § 12 Rn. 5.22
5)
Kefferpütz in Wandtke/Bullinger, Urheberrecht, 3. Aufl., § 97a UrhG Rn. 35; aA Faustmann/Ramsperger, MMR 2010, 662, 664
6)
J. B. Nordemann in Fromm/Nordemann aaO § 97a UrhG Rn. 34; Ewert/v. Hartz, MMR 2009, 84, 87
7) , 11) , 13) , 17) , 18) , 22)
BGH, Versäumnisurteil vom 6. Oktober 2016 - I ZR 97/15
8)
BGH, Versäumnisurteil vom 6. Oktober 2016 - I ZR 97/15; m.V.a. Kefferpütz in Wandtke/Bullinger, Urheberrecht, 3. Aufl., § 97a UrhG Rn. 36
9)
BGH, Versäumnisurteil vom 6. Oktober 2016 - I ZR 97/15; m.V.a. Dreier in Dreier/Schulze, UrhG, 4. Aufl., § 97a Rn. 16; Wild in Schricker/Loewenheim, Urheberrecht, 4. Aufl., § 97a UrhG Rn. 34; BeckOK UrhR/Reber, Stand: 1. März 2013, § 97a UrhG Rn. 23; J. B. Nordemann in Fromm/Nordemann aaO § 97a UrhG Rn. 3a
10)
BGHZ 195, 257 Rn. 23 - Alles kann besser werden
12)
BGH, Versäumnisurteil vom 6. Oktober 2016 - I ZR 97/15; m.V.a. OLG Frankfurt, WRP 2014, 1232, 1234; LG Berlin, MMR 2011, 401; LG Köln, ZUM 2011, 350, 352; Urteil vom 12. Februar 2014 - 308 O 227/13, juris und Beschluss vom 28. April 2014 - 308 O 83/14, juris; LG Frankfurt, GRUR-RR 2015, 431, 436; LG Köln, ZUM-RD 2010, 479, 481 und ZUM 2012, 350, 352; AG Hamburg, ZUM-RD 2011, 565, 567; AG München, Urteil vom 7. März 2014 - 158 C 15658/13, juris
14) , 19)
vgl. BGH, GRUR 2016, 184 Rn. 73 - Tauschbörse II
15) , 20)
vgl. BGH, Urteil vom 12. Mai 2016 - I ZR 43/15, K&R 2017, 45 Rn. 48
16) , 21)
vgl. BGH, GRUR 2016, 1275 Rn. 59 - Tannöd
23)
BGH, Versäumnisurteil vom 22. März 2018 - I ZR 265/16 - Riptide; m.V.a. BGH, GRUR 2016, 1275 Rn. 55 - Tannöd; ZUM-RD 2018, 68 Rn. 34
24)
dafür Dreier in Dreier/Schulze, UrhG, 4. Aufl., § 97a Rn. 20; zu § 97a Abs. 3 UrhG nF vgl. die Nachweise bei Bacher in Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche und Verfahren, 11. Aufl., Kap. 41 Rn. 82b
25)
BGH, Versäumnisurteil vom 22. März 2018 - I ZR 265/16 - Riptide
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