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wettbewerbsrecht:vermeidbare_herkunftstaeuschung [2023/06/13 08:02] – mfreund | wettbewerbsrecht:vermeidbare_herkunftstaeuschung [2023/07/25 08:30] (aktuell) – Externe Bearbeitung 127.0.0.1 | ||
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+ | ====== Vermeidbare Täuschung über die betriebliche Herkunft ====== | ||
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+ | **§ 4 Nr. 3 lit. a UWG** | ||
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+ | [[Unlauter]] handelt, wer Waren oder Dienstleistungen anbietet, die eine Nachahmung der Waren oder Dienstleistungen eines Mitbewerbers sind, wenn er eine vermeidbare Täuschung der Abnehmer über die betriebliche Herkunft herbeiführt. | ||
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+ | § 4 Nr. 3 UWG -> [[Ergänzender wettbewerbsrechtlicher Leistungsschutz]] \\ | ||
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+ | -> [[Wettbewerbliche Eigenart]] \\ | ||
+ | -> [[Wettbewerbswidrige Umstände im ergaenzenden Leistungsschutz]] \\ | ||
+ | -> [[Nachahmung]] \\ | ||
+ | -> [[Herkunftstäuschung im weiteren Sinne]] \\ | ||
+ | -> [[Herkunftstäuschung durch eine nachgeahmte Produktverpackung]] \\ | ||
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+ | Nach § 4 Nr. 3 Buchst. a UWG handelt unlauter, wer Waren oder Dienstleistungen anbietet, die eine Nachahmung der Waren oder Dienstleistungen eines Mitbewerbers sind, wenn er eine vermeidbare Täuschung der Abnehmer über die betriebliche Herkunft herbeiführt.((st. Rspr., vgl. nur BGH, Urteil vom 26. Januar 2023 - I ZR 15/22 - KERRYGOLD)) | ||
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+ | Dabei ist zwischen einer [[unmittelbare Herkunftstäuschung|unmittelbaren Herkunftstäuschung]] und einer [[mittelbaren Herkunftstäuschung]] (einer [[Herkunftstäuschung im weiteren Sinne]]) zu unterscheiden.((st. Rspr., vgl. nur BGH, Urteil vom 26. Januar 2023 - I ZR 15/22 - KERRYGOLD)) | ||
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+ | Maßgeblich für die Frage, ob eine Herkunftstäuschung vorliegt, ist die Erwerbssituation.((BGH, | ||
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+ | Eine Herkunftstäuschung kann durch eine deutlich sichtbare, sich vom Originalprodukt unterscheidende Kennzeichnung der Nachahmung ausgeräumt werden, wenn die angesprochenen Verkehrskreise diese einem bestimmten Unternehmen nicht allein anhand ihrer Gestaltung zuordnen, sondern sich beim Kauf auch an den Herstellerangaben in der Werbung, den Angebotsunterlagen oder an der am Produkt angebrachten Herstellerkennzeichnung orientieren.((BGH, | ||
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+ | Wettbewerbsrechtlicher Leistungsschutz nach § 4 Nr. 9 Buchst. a UWG aF und § 4 Nr. 3 Buchst. a UWG besteht, wenn ein Unternehmer das Leistungsergebnis eines Mitbewerbers nachahmt und auf dem Markt anbietet, | ||
+ | das über [[wettbewerbliche Eigenart]] verfügt, und dieses Verhalten geeignet ist, eine vermeidbare Herkunftstäuschung hervorzurufen. Dabei besteht eine Wechselwirkung zwischen dem Grad der wettbewerblichen Eigenart (dazu unter II 1 d), der Art und Weise und der Intensität der Übernahme sowie der Unlauterkeit der Herkunftstäuschung. Je größer die wettbewerbliche Eigenart und je höher der Grad der Übernahme | ||
+ | sind, desto geringere Anforderungen sind an die die Unlauterkeit begründende Herkunftstäuschung und ihre Vermeidbarkeit zu stellen und umgekehrt.((st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 17. Juli 2013 - I ZR 21/12, GRUR 2013, 1052 Rn. 15 = WRP 2013, 1339 - Einkaufswagen III; Urteil vom 22. Januar 2015 - I ZR 107/13, GRUR 2015, 909 Rn. 9 = WRP 2015, 1090 - Exzenterzähne; | ||
+ | 2016, 966 - Herrnhuter Stern)) | ||
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+ | Ansprüche aus [[ergänzender wettbewerbsrechtlicher Leistungsschutz|ergänzendem wettbewerbsrechtlichem Leistungsschutz]] gegen den Vertrieb eines nachgeahmten Erzeugnisses bestehen, wenn die Gefahr einer Herkunftstäuschung gegeben ist und der Nachahmer zumutbare und geeignete Maßnahmen zur Vermeidung der Herkunftstäuschung unterlässt.((BGH, | ||
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+ | Eine Herkunftstäuschung ist vermeidbar, wenn sie durch geeignete und zumutbare Maßnahmen verhindert werden kann. Ob und welche Maßnahmen dem Wettbewerber zur Verhinderung einer Herkunftstäuschung zugemutet werden können, ist anhand einer umfassenden Interessenabwägung zu beurteilen. Bei dieser Abwägung sind unter anderem das Interesse des Herstellers des Originalerzeugnisses an der Vermeidung einer Herkunftstäuschung, | ||
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+ | Einem Wettbewerber ist es regelmäßig nicht zuzumuten, auf eine angemessene technische Lösung zu verzichten, um | ||
+ | die Gefahr einer Herkunftstäuschung oder einer Rufausnutzung zu vermeiden.((BGH, | ||
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+ | Bei einer (nahezu) identischen Nachahmung gilt allerdings im Hinblick auf die Zulässigkeit der Übernahme von Merkmalen, die dem freien Stand der Technik angehören und der angemessenen Lösung einer technischen Aufgabe dienen, ein strengerer Maßstab als bei einem geringeren Grad der Übernahme.((BGH, | ||
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+ | Bei einer (nahezu) identischen Übernahme kann sich der Nachahmer grundsätzlich nicht darauf berufen, | ||
+ | er habe lediglich eine nicht unter Sonderrechtsschutz stehende angemessene technische Lösung übernommen. Führt die Übernahme solcher Merkmale zu einer (nahezu) identischen Nachahmung, ist es einem Wettbewerber regelmäßig | ||
+ | zuzumuten, auf eine andere angemessene technische Lösung auszuweichen, | ||
+ | kann.((BGH, Urteil vom 15. Dezember 2016 - I ZR 197/15 - Bodendübel; | ||
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+ | Im Falle der nachschaffenden Übernahme unter Verwendung einer dem Stand der Technik entsprechenden angemessenen technischen Lösung kann eine verbleibende Herkunftstäuschung hinzunehmen sein, wenn der Nachahmer die ihm zumutbaren Maßnahmen trifft, um einer Herkunftstäuschung entgegenzuwirken.((BGH, | ||
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+ | Eine Herkunftstäuschung kann durch eine deutlich sichtbare, sich vom Originalprodukt unterscheidende Kennzeichnung der Nachahmung ausgeräumt werden, wenn die angesprochenen Verkehrskreise diese einem bestimmten | ||
+ | Unternehmen nicht allein anhand ihrer Gestaltung zuordnen, sondern sich beim Kauf auch an den Herstellerangaben in der Werbung, den Angebotsunterlagen oder an der am Produkt angebrachten Herstellerkennzeichnung orientieren.((BGH, | ||
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+ | Die Frage, ob eine Herkunftstäuschung vermeidbar ist und welche Maßnahmen der Wettbewerber treffen muss, um eine Herkunftstäuschung zu verhindern, unterliegt in erster Linie der tatrichterlichen Würdigung im Einzelfall.((BGH, | ||
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+ | Eine Herkunftstäuschung ist vermeidbar, wenn sie durch geeignete und zumutbare Maßnahmen verhindert werden kann.((BGH, Urt. v. 24. Januar 2013 - I ZR 78/11; m.V.a. BGH, Urteil vom 8. No-vember 2001 I ZR 199/99, GRUR 2002, 275, 277 = WRP 2002, 207 Noppenbahnen; | ||
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+ | Ob und welche Maßnahmen zur Verhinderung einer Herkunftstäuschung dem Wettbewerber zugemutet werden können, ist anhand einer umfassenden Interessenabwägung zu beurteilen.((BGH, | ||
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+ | Bei dieser Abwägung sind unter anderem das Interesse des Herstellers des Originalerzeugnisses an der Vermeidung einer Herkunftstäuschung, | ||
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+ | ==== Ähnlichkeit der sich gegenüberstehenden Erzeugnisse ==== | ||
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+ | Die Ähnlichkeit der sich gegenüberstehenden Erzeugnisse ist nach ihrem Gesamteindruck zu beurteilen((vgl. BGH, Urteil vom 2. April 2009 - I ZR 144/06, GRUR 2009, 1069 Rn. 20 = WRP 2009, 1509 - Knoblauchwürste; | ||
+ | Urteil vom 28. Mai 2009 - I ZR 124/06, GRUR 2010, 80 Rn. 39 = WRP 2010, 94 - LIKEaBIKE; GRUR 2016, 730 Rn. 47 - Herrnhuter Stern)). Dabei kommt es weniger auf die Unterschiede und mehr auf die Übereinstimmungen der Produkte | ||
+ | an, weil der Verkehr diese erfahrungsgemäß nicht gleichzeitig wahrnimmt und miteinander vergleicht, sondern seine Auffassung aufgrund eines Erinnerungseindrucks gewinnt, in dem die übereinstimmenden Merkmale stärker hervortreten | ||
+ | als die unterscheidenden((vgl. BGH, Urteil vom 11. Januar 2007 - I ZR 198/04, GRUR 2007, 795 Rn. 34 = WRP 2007, 1076 - Handtaschen; | ||
+ | Stern)). Dabei müssen gerade die übernommenen Gestaltungsmittel diejenigen sein, die die wettbewerbliche Eigenart des Erzeugnisses ausmachen, für das Schutz beansprucht wird((vgl. BGH, GRUR 2007, 795 Rn. 32 - Handtaschen; | ||
+ | BGH, Urteil vom 15. April 2010 - I ZR 145/08, GRUR 2010, 1125 Rn. 25 = WRP 2010, 1465 - Femur-Teil; BGH, GRUR 2016, 730 Rn. 41 - Herrnhuter Stern)).((BGH, | ||
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+ | Die tatrichterliche Beurteilung der Ähnlichkeit der sich gegenüberstehenden Produkte ist revisionsrechtlich nur eingeschränkt darauf überprüfbar, | ||
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+ | Diese Maßstäbe gelten auch, wenn der Richter die Verkehrsauffassung von Fachkreisen zu ermitteln | ||
+ | hat. Häufig wird nicht ersichtlich sein, dass sich die besonderen Kenntnisse und Erfahrungen der Fachkreise auf die Beurteilung - etwa einer Werbung - auswirken. Zudem werden die Gerichte, die ständig mit Wettbewerbssachen | ||
+ | befasst sind, vielfach aufgrund ihrer besonderen Erfahrung die erforderliche Sachkunde erworben haben, um die Verkehrsauffassung der Fachkreise zu beurteilen((BGH, | ||
+ | 255 - Marktführerschaft)). In diesem Zusammenhang ist grundsätzlich erforderlich, | ||
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+ | ==== Technisch bedingte Merkmale ==== | ||
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+ | Soweit der Wettbewerber technisch bedingte Merkmale übernimmt [-> [[Wettbewerbliche Eigenart technischer Merkmale eines Erzeugnisses]]], | ||
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+ | Dabei ist insbesondere das bestehende Interesse der Abnehmer zu berücksichtigen, | ||
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+ | Dieses Interesse an einem Preis- und Leistungswettbewerb besteht nicht nur bei einer Erstanschaffung, | ||
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+ | Neben dem die Belange der Abnehmer in erster Linie kennzeichnenden Interesse an einem Preiswettbewerb kann auch ihr Interesse, bei möglichen Lieferschwierigkeiten eines Herstellers auf einen anderen ausweichen zu können, von Bedeutung sein.((BGH, Urt. v. 24. Januar 2013 - I ZR 78/11; m.V.a. BGH, GRUR 1977, 666, 668 Einbauleuchten; | ||
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+ | Diese Interessenlage darf ein Wettbewerber bei der Gestaltung seiner Produkte berücksichtigen und dabei einem Interesse potentieller Abnehmer an der Kompatibilität seiner Produkte mit dem Originalerzeugnis Rechnung tragen. Die Befriedigung eines Ersatz- und Erweiterungsbedarfs durch den Vertrieb von Erzeugnissen, | ||
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+ | Diese Grundsätze, | ||
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+ | Allerdings liegt in der Regel kein sachlich gerechtfertigter Grund zu einer (fast) identischen Übernahme ästhetischer Gestaltungsmerkmale vor, mit denen die angesprochenen Verkehrskreise Herkunftsvorstellungen verbinden, weil den Wettbewerbern in aller Regel ein Ausweichen auf andere Gestaltungsformen und damit ein Abstand zum Original möglich und zumutbar ist.((BGH, Urt. v. 24. Januar 2013 - I ZR 78/11; m.V.a. BGH, Urteil vom 18. Dezember 1968 I ZR 130/66, GRUR 1969, 292, 293 Buntstreifensatin II)) | ||
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+ | Anders liegt der Fall jedoch dann, wenn die Abnehmer wegen eines Ersatz oder Erweiterungsbedarfs ein Interesse an der Verfügbarkeit von Konkurrenzprodukten haben, die auch in der äußeren Gestaltung kompatibel sind. Aus dem Interesse der Wettbewerber, | ||
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+ | Die Gefahr einer Herkunftstäuschung ist abhängig von | ||
+ | * der Bekanntheit des nachgeahmten Produkts, | ||
+ | * der [[wettbewerbliche Eigenart|wettbewerblichen Eigenart]] des nachgeahmten Produkts, | ||
+ | * und der Grad der Übernahme der Merkmale des nachgeahmten Produkts. | ||
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+ | Für die Annahme einer vermeidbaren Herkunftstäuschung ist es nicht erforderlich, | ||
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+ | ==== Relevanter Zeitpunkt der Herkunftstäuschung | ||
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+ | Bei der Prüfung, ob durch eine Nachahmung eine vermeidbare Herkunftstäuschung hervorgerufen wird, ist auf den Zeitpunkt der Markteinführung der Nachahmung abzustellen. Daraus ergibt sich, dass dieser Zeitpunkt auch für die Prüfung der Frage maßgeblich ist, ob die an sich gegebene wettbewerbliche Eigenart des klägerischen Produkts durch einen Vertrieb unter einem Zweitkennzeichen entfallen ist. Die wettbewerbliche Eigenart muss grundsätzlich im Zeitpunkt des Angebots der Nachahmung auf dem Markt noch bestehen.((BGH, | ||
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+ | Die Herkunftstäuschung muss spätestens im Zeitpunkt des Kaufs gegeben sein. Eine erst nachfolgend auftretende Herkunftstäuschung kann keine Ansprüche aus ergänzendem wettbewerbsrechtlichem Leistungsschutz nach § 4 Nr. 9 lit. a UWG begründen.((BGH, | ||
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+ | ==== Bekanntheit des Produkts ===== | ||
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+ | Die Gefahr einer Täuschung über die betriebliche Herkunft eines nachgeahmten Erzeugnisses setzt, sofern nicht Original und Nachahmung nebeneinander vertrieben werden und der Verkehr damit beide unmittelbar mit-einander vergleichen kann, voraus, dass das nachgeahmte Erzeugnis eine gewisse Bekanntheit bei nicht unerheblichen Teilen der angesprochenen Verkehrskreise erlangt hat.((st. Rspr.; vgl. BGH, Urt. v. 24. Mai 2007 - I ZR 104/04 - Gartenliege; | ||
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+ | Es genügt dabei eine Bekanntheit, | ||
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+ | Eine Verkehrsgeltung des nachgeahmten Erzeugnisses i.S. von § 4 Nr. 2 MarkenG ist dafür nicht erforderlich (BGH, Urt. v. 21. September 2006 - I ZR 270/03 - Stufenleitern; | ||
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+ | Ausreichend ist vielmehr, dass das wettbewerblich eigenartige Erzeugnis bei nicht unerheblichen Teilen der angesprochenen Verkehrskreise eine solche Bekanntheit erreicht hat, dass sich | ||
+ | in relevantem Umfang die Gefahr der Herkunftstäuschung ergeben kann, wenn Nachahmungen vertrieben werden.((BGH, | ||
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+ | In zeitlicher Hinsicht ist, was die Bekanntheit anbelangt, der Zeitpunkt der Markteinführung der Nachahmung (vgl. Köhler in Hefermehl/ | ||
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+ | Je höher der Bekanntheitsgrad ist, desto geringer sind die Anforderungen an die wettbewerbliche Eigenart (Wechselspiel zwischen beiden Komponenten). | ||
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+ | Eine Herkunftstäuschung ist in aller Regel bereits begrifflich nicht möglich, wenn dem Verkehr nicht bekannt ist, daß es ein Original gibt. Anderes gilt etwa für Fälle, in denen Original und (insbesondere billigere) Nachahmung nebeneinander vertrieben werden, so daß der Verkehr beides unmittelbar miteinander vergleichen kann. Beim Fehlen einer gewissen Bekanntheit kann allerdings eine [[gezielte_behinderung|wettbewerbswidrige Behinderung]] in Betracht kommen.((BGH, | ||
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+ | Nicht erforderlich dagegen ist, dass die angesprochenen Verkehrskreise das nachgeahmte Produkt namentlich dem Unternehmen der Klägerinnen zuordnen können. Denn für einen ergänzenden wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutz nach §§ 3, 4 Nr. 9 lit. a UWG reicht die Gefahr einer vermeidbaren Herkunftstäuschung aus. Diese erfordert aber nicht die namentliche Kenntnis des hinter dem nachgeahmten Produkt stehenden Unternehmens.((BGH, | ||
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+ | Eine Herkunftstäuschung setzt nicht voraus, dass der Verkehr das Unternehmen, | ||
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+ | ==== Identische Übernahme ==== | ||
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+ | Bei einer identischen Übernahme kann grundsätzlich die Gefahr einer Herkunftstäuschung bestehen, weil der interessierte Betrachter zwangsläufig davon ausgeht, die beiden identischen Produkte stammten von demselben Hersteller.((BGH, | ||
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+ | ==== Nebeneinander von Originalen und Nachahmungen ==== | ||
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+ | Der Annahme einer Herkunftstäuschung kann der Umstand entgegenstehen, | ||
+ | dass dem Verkehr das Nebeneinander von Originalen und Nachbauten | ||
+ | bekannt ist und er deshalb davon ausgeht, dass er sich anhand bestimmter Merkmale zunächst Klarheit darüber verschaffen muss, wer das jeweilige Produkt hergestellt hat.((BGH, Urt. v. 11. Januar 2007 - I ZR 200/04; m.V.a. BGH, Urt. v. 8.11.1984 - I ZR 128/82, GRUR 1985, 876, 878 = WRP 1985, 397 - Tchibo/ | ||
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+ | Zwar kann es für die Annahme einer Herkunftstäuschung genügen, | ||
+ | dass durch die Ähnlichkeit der konkurrierenden Produkte zunächst eine Täuschung hervorgerufen wird, auch wenn diese noch vor dem Kauf aufgrund einer näheren Befassung mit dem Angebot wieder entfällt.((BGH, | ||
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+ | Wenn aber die angesprochenen Verkehrskreise von dem Vorhandensein von Original und Nachahmungen Kenntnis haben, werden sie dem Angebot mit einem entsprechend hohen Aufmerksamkeitsgrad begegnen und weder im Zeitpunkt der Werbung noch beim Kauf einer Herkunftstäuschung unterliegen.((BGH, | ||
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+ | ==== Unterschiedliche Vertriebswege ==== | ||
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+ | Unterschiedliche Vertriebswege könner einer Herkunftstäuschung entgegenstehen.((BGH, | ||
+ | 1338 - Tupperwareparty)) | ||
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+ | ==== Wettbewerbliche Eigenart ==== | ||
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+ | Je größer die [[wettbewerbliche Eigenart]] und je größer der Grad der Übernahme sind, desto geringere Anforderungen sind an die besonderen Umstände zu stellen, die die Wettbewerbswidrigkeit der Nachahmung begründen.((BGH, | ||
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+ | -> [[wettbewerbliche Eigenart]] | ||
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+ | Eine vermeidbare Täuschung über die Herkunft kann nicht mit der Übernahme von Gestaltungsmerkmalen begründet werden, die dem __freizuhaltenden Stand der Technik__ angehören und unter Berücksichtigung des Gebrauchszwecks, | ||
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+ | ==== Vermeidbarkeit der Herkunftstäuschung ==== | ||
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+ | Eine Herkunftstäuschung ist vermeidbar, wenn sie durch geeignete und zumutbare Maßnahmen verhindert werden kann. Ob und welche Maßnahmen zur Verhinderung einer Herkunftstäuschung dem Wettbewerber zugemutet | ||
+ | werden können, ist anhand einer umfassenden Interessenabwägung zu beurteilen, bei der das Interesse des Herstellers des Originalprodukts an der Vermeidung einer Herkunftstäuschung, | ||
+ | nicht unter Sonderrechtsschutz stehender Gestaltungselemente sowie das Interesse der Abnehmer an einem Preis- und Leistungswettbewerb zwischen unterschiedlichen Anbietern zu berücksichtigen sind.((BGH, Urteil vom 14. September 2017 - I ZR 2/16 - Leuchtballon; | ||
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+ | Die Übernahme ästhetischer Gestaltungsmerkmale, | ||
+ | verbinden, ist regelmäßig nicht sachlich gerechtfertigt, | ||
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+ | Hingegen kann die Übernahme von Merkmalen, die dem freien Stand der Technik angehören und unter Berücksichtigung des Gebrauchszwecks, | ||
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+ | Eine deutliche Kennzeichnung des Produkts kann eine unlautere Leistungsübernahme verneinen, wenn dadurch eine durch die Verkehrsbekanntheit gegebene vermeidbare Herkunftstäuschung verhindert wird.((BGH GRUR 2002/275 ' | ||
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+ | Eine Vermeidbarkeit wird bejaht, wenn zumutbare Änderungen möglich sind und ein Gestaltungsspielraum an möglichen Veränderungen ausgenutzt werden kann. | ||
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+ | Dagegen kann nur mit einer technischen Notwendigkeit argumentiert werden, rein ästhetische Aspekte hingegen sind nicht ausreichend. | ||
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+ | Die Frage, ob eine Herkunftstäuschung vermeidbar ist und welche Maßnahmen der Wettbewerber treffen muss, um eine Herkunftstäuschung zu verhindern, unterliegt in erster Linie der tatrichterlichen Würdigung im Einzelfall.((BGH, | ||
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+ | ==== Sonstiges ==== | ||
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+ | Bei einer auf Ansprüche aus ergänzendem wettbewerbsrechtlichem Leistungsschutz wegen vermeidbarer Herkunftstäuschung und Rufausbeutung gestützten Klage darf zur Begründung eines beantragten umfassenden Verbots nur auf bei jeder Vertriebshandlung gegebene Unlauterkeitsmerkmale abgestellt werden.((BGH, | ||
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+ | Eine nicht schon im Zeitpunkt der Werbung und/oder des Kaufs, sondern erst nachfolgend auftretende Herkunftstäuschung kann keine Ansprüche aus ergänzendem wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutz begründen.((BGH, | ||
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+ | Nicht erforderlich ist es, dass die Verbraucher die Besonderheiten, | ||
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+ | ==== Technisch notwendige Merkmale ==== | ||
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+ | Ein Schutz nach § 1 UWG a.F., §§ 3, 4 Nr. 9 lit. a und b UWG für technisch notwendige Gestaltungsmerkmale entfällt, weil nach dem Grundsatz der Freiheit des Standes der Technik die Übernahme solcher nicht (mehr) unter Sonderrechtsschutz stehender Gestaltungsmerkmale wettbewerbsrechtlich nicht zu beanstanden ist. | ||
+ | Dementsprechend können technisch notwendige Merkmale, also Merkmale, die bei gleichartigen Erzeugnissen aus technischen Gründen zwingend verwendet werden müssen, aus Rechtsgründen keine wettbewerbliche Eigenart begründen.((BGH, | ||
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+ | Dies gilt jedoch nicht bei technischen Gestaltungsmerkmalen, | ||
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+ | ==== Beispiele aus der Rechtsprechung ==== | ||
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+ | * [[BGH - Güllepumpen]] | ||
+ | * [[BGH - Klemmbausteine II]] | ||
+ | * [[BGH - Gerüstmodul]] | ||
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+ | ===== Rechtspechung ===== | ||
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+ | * BGH, Urt. v. 15.9.2005 - I ZR 151/02 - Jeans | ||
+ | * BGH, Urt. v. 24.3.2005 - I ZR 131/02- Handtuchklemmen | ||
+ | * BGH, Urt. v. 28.10.2004 - I ZR 326/01 - Puppenausstattungen | ||
+ | * BGH, Urt. v. 7.2.2002 - I ZR 289/99 - Bremszangen | ||
+ | * BGH, Urt. v. 8.11.2001 - I ZR 199/99 - Noppenbahnen | ||
+ | * BGHZ 50, 125, 131 - Pulverbehälter | ||
+ | |||
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+ | ===== siehe auch ===== | ||
+ | |||
+ | § 4 Nr. 3 UWG -> [[Ergänzender wettbewerbsrechtlicher Leistungsschutz]] \\ | ||
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