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verfahrensrecht:nebenintervention

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 +====== Nebenintervention ======
  
 +<note>
 +**§ 66 (1) ZPO**
 +
 +Wer ein rechtliches Interesse daran hat, dass in einem zwischen anderen Personen anhängigen Rechtsstreit die eine Partei obsiege, kann dieser Partei zum Zwecke ihrer Unterstützung beitreten.
 +</note>
 +
 +§ 69 ZPO -> [[Streitgenössische Nebenintervention]] \\
 +§ 71 ZPO -> [[Zwischenstreit über Nebenintervention]] \\
 +
 +-> [[Rechtliches Interesse der Nebenintervention nach Streitverkündung]] \\
 +-> [[Kosten der Nebenintervention]] \\
 +-> [[Patentrecht:Nebenintervention im Einspruchs- und Einspruchsbeschwerdeverfahren]] \\
 +-> [[Anfechtung des Urteils durch die Partei und ihren Streithelfer]] \\
 +
 +
 +Den Parteien kann im Wege der Nebenintervention (§ 66 ZPO) zur Unterstützung als [[Streithelfer]] (auch Nebenintervenient) beitreten, wer ein [[Rechtsschutzbedürfnis|rechtliches Interesse]] am Obsiegen des Klägers hat. Der Zustimmung der Gegenseite bedarf es nicht
 +
 +Die Nebenintervention setzt nach § 66 Abs. 1 ZPO einen zwischen anderen Personen
 +anhängigen Rechtsstreit voraus, dem der Nebenintervenient zur Unterstützung
 +einer Partei beitritt. 
 +
 +Nebenintervenienten werden nicht Partei des Nichtigkeitsverfahrens sondern unterstützen diese nur. Das Urteil ist nicht gegen den Nebenintervenienten gerichtet. Dem Nebenintervenienten kann weder etwas zugesprochen noch aberkannt werden. Das rechtskräftige Urteil entfaltet allerdings für Folgeprozesse des Nebenintervenienten eine Bindungswirkung hinsichtlich der tatsächlichen und rechtlichen Feststellung. 
 +
 +Die Wirkung der Nebenintervention (§ 68 ZPO) entfaltet sich nur zwischen dem Nebenintervenienten und der unterstützten Partei, nicht aber im Verhältnis zur Gegenpartei. Eine Klageabweisung hindert den Streithelfer des Klägers deshalb nicht an einer erneuten Klage aus demselben Klagegrund.
 +
 +Der Nebenintervenient kann grundsätzlich alle [[Prozeßhandlungen]] durchführen, jedoch nicht über den Streitgegenstand verfügen, also z.B. die Klage nicht zurücknehmen (§ 67 ZPO).  Der Nebenintervenient kann jedoch im Prozess Angriffs- und Verteidigungsmittel geltend machen und so die Feststellung beeinflussen. 
 +
 +<note>
 +**§ 66 (2) ZPO**
 +
 +Die Nebenintervention kann in jeder Lage des Rechtsstreits bis zur rechtskräftigen Entscheidung, auch in Verbindung mit der Einlegung eines Rechtsmittels, erfolgen.
 +</note>
 +
 +Der Nebenintervenient kann selbstständig Rechtsmittel einlegen (§ 66 II ZPO).((BGH NJW 2001, 1217))
 +
 +Die Wirkung der Nebenintervention kann auch durch die [[Streitverkündung]] erreicht werden. Die Wirkungen der Nebenintervention treten nach Streitverkündung auch dann ein, wenn der Adressat der Streitverkündung dem Verfahren nicht [[Beitritt|beitritt]].
 +
 +==== Einfache Nebenintervention ====
 +
 +Ist der Nebenintervenient [[einfache Streitgenossenschaft|einfacher Streitgenosse]], so liegt eine einfache Nebenintervention vor. 
 + 
 +  * kein Widerspruch des Nebenintervenienten gegen Willen der Hauptpartei (§ 67 ZPO)
 +  * kein eigenes Rechtsmittel des Nebenintervenienten 
 +  * gesonderte Kostenentscheidung 
 +
 +==== Notwendige (streitgenössische) Nebenintervention (§ 69 ZPO) ====
 +
 +Ist der Nebenintervenient [[notwendige Streitgenossenschaft|notwendiger Streitgenosse]], so liegt eine notwendige (oder auch streitgenössische) Nebenintervention (§ 69 ZPO) vor. 
 +
 +  * Widerspruch des Nebenintervenienten zu Willen der Hauptpartei ist möglich
 +  * eigenes Rechtsmittel des Nebenintervenienten möglich
 +  * gemeinsame Kostenentscheidung ((BPatG GRUR 1987, 235))
 +
 +==== Rechtliches Interesse des Nebenintervenienten ====
 +
 +Nach § 66 ZPO kann in jeder Lage des Rechtsstreits ein Nebenintervenient einer Partei zum Zwecke ihrer Unterstützung beitreten, wenn er ein rechtliches Interesse daran hat, dass diese Partei in einem zwischen anderen Personen anhängigen Rechtsstreit obsiegt. Aus dem Erfordernis eines rechtlichen Interesses folgt, dass ein rein wirtschaftliches Interesse für die Zulässigkeit ei-ner Nebenintervention nicht ausreicht. Es ist aber anerkannt, dass der Begriff des rechtlichen Interesses in § 66 Abs. 1 ZPO weit auszulegen ist((vgl. etwa Vollkommer in Zöller, ZPO, 25. Aufl. 2005, § 66 Rdn. 8; Weth in Musielak, ZPO, 4. Aufl. 2005, § 66 Rdn. 5 m.w.N.)). Insbesondere wird es zur Begründung des rechtlichen Interesses im Sinne von § 66 Abs. 1 ZPO für ausreichend gehalten, wenn der Nebenintervenient von der Gestaltungswirkung eines Urteils betroffen wird((BGHZ 68, 81, 85; Zöller, aaO Rdn. 11; Musielak, aaO Rdn. 7)).((BGH, Beschl. v. 17. Januar 2006 - X ZR 236/01 - Carvedilol))
 +
 +  * [[Patentrecht:Nebenintervention im Nichtigkeitsverfahren|Nebenintervention im Patentnichtigkeitsverfahren]]
 +
 +Ein rechtliches Interesse ist z.B. immer dann begründet wenn Regressansprüche vermieden oder begründet werden sollen. 
 +
 +  * Ein Bauherr verklagt den Generalunternehmer wegen baulicher Mängel. Die Einzelgewerke wurden von Subunternehmern erstellt. Der Subunternehmer hat Angst vor Regressansprüchen des Generalunternehmers in einem Folgeprozess und kann daher auf Seiten des Generalunternehmers beitreten. 
 +
 +  * Patentinhaber verwarnt ein Untenehmen X. X ist sich sicher, dass das Patent nicht rechtsbeständig ist und erfährt von einer Nichtigkeitsklage die von einem Dritten gegen das Patent anhängig gemacht wurde. Der Beitritt zur Nichtigkeitsklage ist möglich, da das rechtliche Interesse gegeben ist.((BGH GRUR 1998, 382 - 'Schere')) 
 +
 +  * Verletzungsklage gegen einen Händler, der daraus einen Regressanspruch gegen den Hersteller ableiten kann. Hersteller kann beitreten. 
 +
 +  * Bei Nichtigkeitsklage gegen ein Patent kann der ausschließliche Lizenznehmer auf Seiten des Patentinhabers beitreten. Das rechtliche Interesse ist durch die Vermarktung des Patentgegenstands gegeben (Busse § 81, Rdn. 120). 
 +
 +
 +Eine Nebenintervention liegt nicht vor, wenn ein Hersteller mit einer bestimmten Verletzungsform einem Beklagten mit einer anderen bestimmten Verletzungsform im Verletzungsprozess beitritt. Verknüpft sind beide Hersteller hier nur durch ihre wirtschaftliche Beziehung zum Kläger, sie stehen jedoch nicht in einer rechtlichen Beziehung. 
 +
 +
 +Aus dem Erfordernis eines rechtlichen Interesses folgt jedoch, 
 +dass ein rein wirtschaftliches oder tatsächliches Interesse für die Zulässigkeit einer Nebenintervention nicht ausreicht. Der Begriff des rechtlichen Interesses erfordert vielmehr, dass der Nebenintervenient zu der unterstützten Partei oder 
 +dem Gegenstand des Rechtsstreits in einem Rechtsverhältnis steht, auf das die Entscheidung des Rechtsstreits durch ihren Inhalt oder ihre Vollstreckung unmittelbar oder auch nur mittelbar rechtlich einwirkt. Der bloße Wunsch der Nebenintervenienten, der Rechtsstreit möge zugunsten einer Partei entschieden 
 +werden, und die Erwartung,  dass die damit befassten Gerichte auch in einem künftigen eigenen Rechtsstreit mit einer Partei an einem einmal eingenommenen Standpunkt festhalten und zu einer ihnen günstigen Entscheidung gelangen sollten, stellen lediglich Umstände dar, die ein tatsächliches Interesse am Obsiegen einer Partei zu erklären vermögen. Ein solches Interesse daran, dass 
 +eine rechtliche oder tatsächliche Frage auf eine bestimmte Weise beantwortet wird, genügt ebenso wenig  wie der denkbare Umstand, dass in beiden Fällen dieselben Ermittlungen angestellt werden  müssen oder über gleichgelagerte Rechtsfragen zu entscheiden ist.((BGH, Beschluss vom 10. Februar 2011 - I ZB 63/09; m.V.a.  BGH,  Beschluss vom 17. Januar 2006 - X ZR 236/01,  BGHZ 166, 18 Rn. 7; Beschluss vom 24. April 2006 - II ZB 16/05, WM 2006, 1252 Rn. 12, jeweils mwN))
 +
 +Der bloße Wunsch der Nebenintervenienten, der vorliegende 
 +Rechtsstreit möge zugunsten der Beklagten entschieden werden, und die damit verbundene Erwartung, dass die mit einer nachfolgenden Klage der Beklagten gegen sie auf Unterlassung der Verwendung inhaltsgleicher Klauseln befassten Gerichte gleichfalls den Standpunkt einnehmen, dass die in Rede stehenden Vertragsbedingungen nicht  wegen einer Unvereinbarkeit mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelungen der §§ 88 ff. UrhG gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam sind, begründet nur ein tatsächliches Interesse der Nebenintervenienten am Obsiegen der Beklagten. Allein die 
 +Möglichkeit, dass ein Urteil im Hauptprozess für nachfolgende Prozesse eine faktische Präzedenzwirkung entfaltet und  die befassten Gerichte sich an der Entscheidung im Hauptprozess orientieren, vermag ein rechtliches Interesse im Sinne von  § 66 Abs. 1 ZPO nicht zu begründen.((BGH, Beschluss vom 10. Februar 2011 - I ZB 63/09; m.V.a. Musielak/Weth, ZPO, 7. Aufl., § 66 Rn. 7; Wieczorek/Schütze/Mansel, ZPO, 3. Aufl., § 66 Rn. 61 mwN))
 +
 +Das gilt auch im Fall der Nebenintervention von "Parallelverwendern" inhaltsgleicher Allgemeiner Geschäftsbedingungen.((BGH, Beschluss vom 10. Februar 2011 - I ZB 63/09; m.V.a. Lindacher in Wolf/Lindacher/Pfeiffer, AGB-Recht, 5. Aufl., § 5 UKlaG Rn. 74; aA Hensen in Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, 11. Aufl., § 5 UKlaG Rn. 22; Staudinger/Schlosser aaO § 5 UKlaG Rn. 3; vgl. auch Nowak-Over, GRUR-Prax 2010, 138)) 
 +
 +==== Rechtliches Interesse bei Streitverkündung ====
 +
 +-> [[Rechtliches Interesse der Nebenintervention nach Streitverkündung]]
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 +==== Kosten der Nebenintervention ====
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 +-> [[Kosten der Nebenintervention]]
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 +===== siehe auch =====
 +
 +  * [[Streitgenossenschaft]]
 +  * [[Beitritt]]
 +
 +===== Rechtsprechung =====
 +
 +  * BGHZ 92, 275 (277) = NJW 1985, 386
verfahrensrecht/nebenintervention.txt · Zuletzt geändert: 2023/07/25 08:29 von 127.0.0.1