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+ | ====== Materielle Rechtskraft | ||
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+ | **§ 322 (1) ZPO** | ||
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+ | [[Urteil|Urteile]] sind der [[Rechtskraft]] nur insoweit fähig, als über den durch die [[Klage]] oder durch die [[Widerklage]] erhobenen [[Anspruch]] entschieden ist. | ||
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+ | § 705 ZPO -> [[Formelle Rechtskraft]] \\ | ||
+ | -> [[Umfang der Rechtskraft]] \\ | ||
+ | -> [[Streitgegenstand]] \\ | ||
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+ | Nach § 322 Abs. 1 ZPO ist ein Urteil insoweit der Rechtskraft fähig, als | ||
+ | darin über den durch die Klage oder durch die Widerklage erhobenen Anspruch | ||
+ | entschieden ist. Das bedeutet zum einen, daß eine erneute Klage mit identischem [[Streitgegenstand]] | ||
+ | unzulässig ist.((st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 26. Juni 2003 - 1 ZR 269/00; m.V.a. BGHZ 93, 287, 288 f.; 123, 137, 139ff.; BGH, Urt. v. 17.3.1995 -VZR178/93, NJW 1995, 1757; Urt. v. 14.7.1995 -V ZR 171/94, NJW 1995, 2993 m.w.N.)) | ||
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+ | Die materielle Rechtskraft einer [[gerichtliche Entscheidung|gerichtlichen Entscheidung]] verbietet eine neue Verhandlung über denselben [[Streitgegenstand]].((st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 23. September 1992 - I ZR 224/90, GRUR 1993, 157, 158 [juris Rn. 20] = WRP 1993, 99 - Dauernd billig; Urteil vom 22. Oktober 2013 - XI ZR 42/12, BGHZ 198, 294 Rn. 13)) | ||
+ | Der Sinn dieser Regelung liegt in der endgültigen Befriedung eines kontradiktorischen Parteienstreits, | ||
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+ | Für den [[Umfang der Rechtskraft]] ist der [[Streitgegenstand]] maßgeblich. Dieser wird durch den Klageantrag (Rechtsfolge) und den Lebenssachverhalt (Klagegrund), | ||
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+ | Urteile sind nach § 322 Abs. 1 ZPO jedoch nur insoweit der Rechtskraft fähig, als darin über den erhobenen Anspruch entschieden ist.((BGH, Urt. v. 17. Dezember 2020 - I ZR 158/19)) | ||
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+ | Identität der Streitgegenstände ist dabei nicht nur dann anzunehmen, wenn im zweiten Prozeß der | ||
+ | nämliche Streitgegenstand zwischen denselben Parteien nochmals rechtshängig gemacht wird, sondern auch dann, wenn dort das mit dem Rechtsausspruch im ersten Prozeß unvereinbare " | ||
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+ | Dementsprechend besitzt ein Urteil, das eine negative Feststellungsklage aus sachlichen Gründen abweist, dieselbe Rechtskraftwirkung wie ein Urteil, das das Gegenteil dessen, was mit der negativen Feststellungsklage begehrt wird, positiv feststellt.((BGH, | ||
+ | - IVb ZR 14/85, NJW 1986, 2508; Urt. v. 10.4.1986 - VII ZR 286/85, NJW 1986, 2508, 2509; BGH NJW 1995, 1757)) | ||
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+ | Zum anderen besteht, wenn die im ersten Prozeß rechtskräftig entschiedene | ||
+ | Rechtsfolge im zweiten Prozeß nicht die Hauptfrage, sondern eine Vorfrage | ||
+ | darstellt, die Wirkung der Rechtskraft in der Bindung des nunmehr entscheidenden | ||
+ | Gerichts an die Vorentscheidung.((BGH, | ||
+ | |||
+ | Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, | ||
+ | tatsächliche Feststellungen und rechtliche Folgerungen erstreckt, auf denen die getroffene Entscheidung aufbaut.((BGH, | ||
+ | |||
+ | Dementsprechend beschränkt sich die Bindungswirkung auf den Streitgegenstand des früheren Rechtsstreits, | ||
+ | 1993, 3204, 3205; BGH NJW 1995, 1757 f.)) | ||
+ | |||
+ | Das bedeutet für Fälle, in denen im ersten Prozeß eine negative Feststellungsklage aus Sachgründen abgewiesen worden ist, daß die dort unterlegene Partei im zweiten Rechtsstreit mit allen Einwendungen gegen | ||
+ | den im ersten Prozeß bekämpften Anspruch präkludiert ist.((BGH, Urteil vom 26. Juni 2003 - 1 ZR 269/00; m.V.a. BGH NJW 1995, 1757, 1758)) | ||
+ | |||
+ | Eine Erweiterung der vorstehend dargestellten Bindungswirkung von Urteilen auf präjudizielle | ||
+ | Rechtsverhältnisse im Rahmen von " | ||
+ | Sinnzusammenhängen" | ||
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+ | Die materielle Rechtskraft nach § 322 ZPO erstreckt sich auf den Inhalt der Entscheidung und legt fest, in welchem Umfang das Gericht und die Parteien in einem neuerlichen, | ||
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+ | Voraussetzung für die materielle Rechtskraft ist die [[formelle Rechtskraft]]. | ||
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+ | Das Prozesshindernis der entgegenstehenden Rechtskraft ist in jeder | ||
+ | Lage des Verfahrens von Amts wegen zu beachten. Seine Prüfung setzt deshalb im Revisionsverfahren keine Verfahrensrüge voraus.((BGH, | ||
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+ | ==== Anwendung auf Entscheidung des Deutschen Patent- und Markenamts ==== | ||
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+ | Der Rechtsgedanke ist indessen nicht auf eine gerichtliche Entscheidung im Löschungsverfahren beschränkt. Vielmehr sind die Grundsätze des § 322 ZPO auf eine bestandskräftige Entscheidung des Deutschen Patent- und Markenamts im Löschungsverfahren übertragbar. Im Hinblick auf die Justizförmigkeit des Verfahrens ist eine ent-sprechende Anwendung der Vorschriften der Zivilprozessordnung auf das Verfahren vor dem Deutschen Patent- und Markenamt auch ohne ausdrückliche gesetzliche Anordnung nicht ausgeschlossen((BGH, | ||
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+ | ==== Aufrechnung einer Gegenforderung ==== | ||
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+ | **§ 322 (2) ZPO** | ||
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+ | Hat der Beklagte die Aufrechnung einer Gegenforderung geltend gemacht, so ist die Entscheidung, | ||
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+ | ===== siehe auch ===== | ||
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+ | -> [[Rechtskraft]] \\ | ||
+ | § 310 ff ZPO -> [[Urteil]] | ||
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