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verfahrensrecht:ausgangskontrolle

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Ausgangskontrolle

Fristenkalender
Fristenkontrolle
Zugangskontrolle
Einzelanweisungen eines Anwalts an seine Büroangestellte
Mündliche Weisungen eines Anwalts an seine Büroangestellte
Übermittlung fristgebundener Schriftsätze durch Telefax

Prozessbevollmächtigte müssen in ihrem Büro eine Ausgangskontrolle schaffen, die zuverlässig gewährleistet, dass die im Fristenkalender vermerkten Fristen erst dann gestrichen oder anderweit als erledigt gekennzeichnet werden, wenn die fristwahrende Maßnahme tatsächlich durchgeführt, der Schriftsatz also gefertigt und abgesandt oder zumindest postfertig gemacht, die weitere Beförderung der ausgehenden Post also organisatorisch zuverlässig vorbereitet worden und nötigenfalls vorab per Telefax übermittelt worden ist.1)

Da für die Ausgangskontrolle in jedem Anwaltsbüro ein Fristenkalender unabdingbar ist, muss der Rechtsanwalt sicherstellen, dass die im Kalender vermerkten Fristen erst gestrichen werden oder ihre Erledigung sonst kenntlich gemacht wird, wenn die fristwahrende Maßnahme durchgeführt, der Schriftsatz also gefertigt und abgesandt oder zumindest postfertig gemacht, die weitere Beförderung der ausgehenden Post also organisatorisch zuverlässig vorbereitet worden ist.2)

Zu einer wirksamen Ausgangskontrolle gehört die Anordnung, dass die Erledigung von fristgebundenen Sachen am Abend eines jeden Arbeitstags durch eine dazu beauftragte Bürokraft anhand des Fristenkalenders nochmals selbständig überprüft wird [→ Fristenkontrolle ].3) Diese Fristenkontrolle dient nicht alleine dazu zu überprüfen, ob sich aus den Eintragungen im Fristenkalender noch unerledigt gebliebene Fristsachen ergeben, sondern auch dazu, festzustellen, ob möglicherweise in einer bereits als erledigt vermerkten Fristsache die fristwahrende Handlung noch aussteht.4)

Eine nachträgliche inhaltliche Kontrolle der einzelnen Schriftstücke ist im Rahmen der Ausgangskontrolle nicht erforderlich (vgl. BGH, NJW-RR 2017, 1140 Rn. 14); eine solche wäre bei per Post versendeten Schriftstücken, insbesondere mit Blick auf das Vorhandensein der erforderlichen Unterschrift, auch nur begrenzt möglich.5)

Auf Unzulänglichkeiten der allgemeinen organisatorischen Vorkehrungen einer Kanzlei für die Ausgangskontrolle kommt es allerdings nicht an, wenn im Einzelfall konkrete Anweisungen erteilt worden sind, bei deren Befolgung die Fristwahrung sichergestellt gewesen wäre.6)

Es kommt nicht darauf an, dass der Rechtsanwalt grundsätzlich darauf vertrauen darf, dass eine bislang zuverlässige Büroangestellte eine konkrete Einzelanweisung befolgt und bei mündlichen Anweisungen nur sichergestellt werden muss, dass diese nicht in Vergessenheit geraten. Zwar kann der Rechtsanwalt die Ausgangskontrolle auf zuverlässiges Büropersonal übertragen und braucht sie nicht selbst vorzunehmen7). Übernimmt der Rechtsanwalt aber generell oder im Einzelfall die Ausgangskontrolle selbst, muss er für eine wirksame Kontrolle Sorge tragen.8)

Bei der Übermittlung fristwahrender Schriftsätze per Telefax kommt der Rechtsanwalt seiner Verpflichtung zu einer wirksamen Ausgangskontrolle nur dann nach, wenn er seinem Personal die Weisung erteilt, sich einen Sendebericht ausdrucken zu lassen, auf dieser Grundlage die Vollständigkeit der Übermittlung zu prüfen und die Notfrist erst nach Kontrolle des Sendeberichts zu löschen. Diese Ausgangskontrolle dient nicht nur dazu, Fehler bei der Übermittlung auszuschließen. Vielmehr soll damit ebenso die Feststellung ermöglicht werden, ob der Schriftsatz überhaupt übermittelt worden ist.9)

Zu einer wirksamen Ausgangskontrolle gehört weiterhin eine Anordnung des Prozessbevollmächtigten, die sicherstellt, dass die Erledigung der fristgebundenen Sachen am Abend eines jeden Arbeitstags anweisungsgemäß anhand des Fristenkalenders überprüft wird.10)Fristenkontrolle

Der für die Kontrolle zuständige Angestellte ist dabei anzuweisen, Fristen im Kalender grundsätzlich erst zu streichen oder als erledigt zu kennzeichnen, nachdem er sich anhand der Akte vergewissert hat, dass zweifelsfrei nicht mehr zu veranlassen ist.11)

Prüfung des Sendeprotokolls bei Übermittlung per Telefax oder Email

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs genügt ein Rechtsanwalt seiner Pflicht zur wirksamen Ausgangskontrolle bei der Übermittlung eines fristgebundenen Schriftsatzes per Telefax nur dann, wenn er anhand des Sendeprotokolls überprüft oder durch eine zuverlässige Kanzleikraft überprüfen lässt, ob die Übermittlung vollständig und an den richtigen Empfänger erfolgt ist, weil mögliche Fehlerquellen nur so mit einem hohen Maß an Zuverlässigkeit ausgeschlossen werden können. Gleiches gilt für die Übersendung einer E-Mail. Auch insoweit besteht die Gefahr, dass die E-Mail-Nachricht den Empfänger wegen einer technischen Störung bei der Übermittlung nicht erreicht. Um sicherzustellen, dass eine E-Mail den Adressaten erreicht hat, hat der Versender über die Optionsverwaltung eines E-Mailprogramms die Möglichkeit, eine Lesebestätigung anzufordern.12)

Nichts anderes gilt, wenn ein Rechtsanwalt die Partei mittels einer E-Mail auf die am selben Tag ablaufende Rechtsmittelfrist hinweisen und sie zur Einlegung des Rechtsmittels motivieren will. Nutzt ein Rechtsanwalt im Kanzleibetrieb die E-Mail-Korrespondenz, muss er die Kenntnisnahme empfangener Nachrichten durch die Anforderung einer Lesebestätigung sicherstellen.13)

siehe auch

§ 233 ZPO → Wiedereinsetzung

1)
BGH, Beschluss vom 27. November 2014 - I ZB 37/14; m.V.a. BGH, Beschluss vom 17. Januar 2012 VI ZB 11/11, NJW-RR 2012, 427 Rn. 9; Beschluss vom 28. Februar 2013 I ZB 75/12, NJW-RR 2013, 1008 Rn. 6; Beschluss vom 29. Oktober 2013 X ZB 17/12, GRUR 2014, 102 Rn. 11 Bergbaumaschine; Beschluss vom 16. Dezember 2013 II ZB 23/12, juris Rn. 9
2)
BGH, Beschl. v. 23. April 2013 - X ZB 13/12; m.V.a. BGH, Beschlüsse vom 17. Januar 2012 VI ZB 11/11, NJW-RR 2012, 427 Rn. 9; vom 12. April 2011 VI ZB 6/10, NJW 2011, 2051, 2052 Rn. 7; vom 16. Februar 2010 VIII ZB 76/09, NJW 2010, 1378, 1379 Rn. 7; vom 11. September 2007 XII ZB 109/04, NJW 2007, 3497, 3498 Rn. 13
3)
st. Rspr.; BGH, Beschluss vom 8. November 2018 - I ZB 108/17; BGH, Beschluss vom 4. November 2014 - VIII ZB 38/14, NJW 2015, 253 Rn. 8; Beschluss vom 30. Mai 2017 - VI ZB 54/16, NJW-RR 2017, 1532 Rn. 16 mwN
4)
BGH, Beschluss vom 8. November 2018 - I ZB 108/17; m.V.a. BGH, NJW 2015, 253 Rn. 10; NJW-RR 2017, 1532 Rn. 16 mwN
5)
BGH, Beschluss vom 8. November 2018 - I ZB 108/17
6)
vgl. BGH NJW-RR 2008, 1379 Tz. 7 m.w.N.
7)
BGH, Beschl. v. 23.3.1995 - VII ZB 19/94, NJW 1995, 2105, 2106
8)
BGH, Beschl. v. 26. Januar 2006 - I ZB 64/05
9)
BGH, Beschl. v. 26. Januar 2006 - I ZB 64/05; m.V.a. BGH, Beschluss vom 7. Juli 2010 XII ZB 59/10, NJW-RR 2010, 1648 Rn. 12 und 14; BGH, NJW-RR 2013, 1008 Rn. 6; BGH, Beschluss vom 17. Juli 2013 XII ZB 115/13, NJW-RR 2013, 1328 Rn. 6
10)
BGH, Beschl. v. 26. Januar 2006 - I ZB 64/05; m.V.a. BGH, NJW-RR 2012, 427 Rn. 9; NJW-RR 2013, 1008 Rn. 6; BGH, Beschluss vom 16. Dezember 2013 II ZB 23/12, juris Rn. 9
11)
BGH, Beschl. v. 26. Januar 2006 - I ZB 64/05; m.V.a. BGH, Beschluss vom 8. Januar 2013 VI ZB 78/11, NJW-RR 2013, 506 Rn. 10, mwN
12)
BGH, Beschl. v. 18. November 2021 - I ZR 125/21; m.V.a. BGH, Beschluss vom 17. Juli 2013 - I ZR 64/13, NJW 2014, 556 Rn. 10 f. mwN
13)
BGH, Beschl. v. 18. November 2021 - I ZR 125/21; m.V.a. Zöller/Greger, ZPO, 34. Aufl., § 233 Rn. 23.16
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