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urheberrecht:pastiches

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Pastiches

§ 51a UrhG → Karikatur, Parodie und Pastiche

Nach § 51a Satz 1 UrhG ist die Vervielfältigung, die Verbreitung und die öffentliche Wiedergabe eines veröffentlichten Werks zum Zweck der Karikatur, der Parodie und des Pastiches zulässig. Die Vorschriften des § 83 und § 85 Abs. 4 UrhG ordnen die entsprechende Anwendung von Teil 1 Abschnitt 6 des Urheberrechtsgesetzes, in dem sich § 51a UrhG befindet, auf die Leistungsschutzrechte des ausübenden Künstlers sowie des Tonträgerherstellers an.1)

Der deutsche Gesetzgeber hat von der Möglichkeit, eine eigenständige Schrankenregelung für die Nutzung von Werken oder sonstigen Schutzgegenständen zum Zwecke von Pastiches vorzusehen, keinen Gebrauch gemacht. Auch die Bestimmung des § 24 Abs. 1 UrhG [→ Freie Benutzung] in ihrer Auslegung durch die deutsche Rechtsprechung bildet der Sache nach keine Schrankenregelung für die im Streitfall in Rede stehende Nutzung. Der deutsche Gesetzgeber konnte bei der Umsetzung der Richtlinie 2001/29/EG ins innerstaatliche Recht mit Blick auf die ständige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, dass Parodien und Karikaturen als freie Benutzung nach § 24 Abs. 1 UrhG zulässig sein können, von der Schaffung einer ausdrücklichen Schrankenregelung absehen. Eine entsprechende Rechtsprechung zu Pastiches gab und gibt es nicht. Es ist grundsätzlich allein Sache des Gesetzgebers und nicht der Gerichte, darüber zu entscheiden, ob von der Möglichkeit der Umsetzung einer Schrankenregelung ins innerstaatliche Recht Gebrauch gemacht werden soll.

Zum Sinn des Begriffs „Pastiche“ nach dem gewöhnlichen Sprachgebrauch in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union hat das Berufungsgericht keine Feststellungen getroffen. Die Bandbreite der Bedeutung des Begriffs „Pastiche“ im gewöhnlichen Sprachgebrauch vieler Mitgliedstaaten dürfte von der Stilimitation bis zu rekombinierenden Arrangements oder Neukompositionen aus bereits vorhandenem Material fremder Herkunft reichen. Dabei ist allen Bedeutungen, so verschieden sie im Detail auch sind, wohl der referenzielle Charakter in Bezug auf etwas bereits Bestehendes gemeinsam.2)

Dem Gerichtshof der Europäischen Union werden zur Auslegung von Art. 5 Abs. 3 Buchst. k der Richtlinie 2001/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2001 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft (ABl. L 167 vom 22. Juni 2001, S. 10) folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:3)

Im französischen Recht besteht seit 1957 die urheberrechtliche Schranke für Parodie, Pastiche und Karikatur gemäß Art. L 122-5 No. 4 Code de la Propriété Intellectuelle, die eine humoristische Absicht des Künstlers sowie die Entlehnung charakteristischer Merkmale des Ausgangswerks voraussetzt.4)

1. Ist die Schrankenregelung der Nutzung zum Zwecke von Pastiches im Sinne des Art. 5 Abs. 3 Buchst. k der Richtlinie 2001/29/EG ein Auffangtatbestand jedenfalls für eine künstlerische Auseinandersetzung mit einem vorbestehenden Werk oder sonstigen Bezugsgegenstand einschließlich des Sampling? Gelten für den Begriff des Pastiche einschränkende Kriterien wie das Erfordernis von Humor, Stilnachahmung oder Hommage?

2. Erfordert die Nutzung „zum Zwecke“ eines Pastiche im Sinne des Art. 5 Abs. 3 Buchst. k der Richtlinie 2001/29/EG die Feststellung einer Absicht des Nutzers, einen urheberrechtlichen Schutzgegenstand zum Zwecke eines Pastiche zu nutzen oder genügt die Erkennbarkeit des Charakters als Pastiche für denjenigen, dem der in Bezug genommene urheberrechtliche Schutzgegenstand bekannt ist und der das für die Wahrnehmung des Pastiche erforderliche intellektuelle Verständnis besitzt?

siehe auch

1)
BGH, Beschluss vom 14. September 2023 - I ZR 74/22 - Metall auf Metall V
2)
BGH, Beschluss vom 14. September 2023 - I ZR 74/22 - Metall auf Metall V; m.V.a. Ortland, ZGE 2022, 3, 31; Pötzlberger, GRUR 2018, 675, 676 ff.; Stieper, AfP 2015, 301, 304 ff.; ders., GRUR 2020, 699, 702
3)
BGH, Beschluss vom 14. September 2023 - I ZR 74/22
4)
BGH, Beschluss vom 14. September 2023 - I ZR 74/22 - Metall auf Metall V; m.V.a. Döhl, UFITA 83 [2019], S. 19, 30; Lucas-Schloetter, UFITA 83 [2019], S. 99, 101
urheberrecht/pastiches.1696405520.txt.gz · Zuletzt geändert: 2023/10/04 07:45 von mfreund