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privatrecht:hoehe_der_vertragsstrafe

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Höhe der Vertragsstrafe

Hamburger Brauch
Inhaltskontrolle für formularvertragliche Vertragsstrafenvereinbarungen

Eine Unterwerfungserklärung hat zur Folge, dass die durch den in Rede stehenden Verstoß begründete Wiederholungsgefahr entfällt1) und den Parteien damit eine gerichtliche Klärung der Frage, ob ein Unterlassungsanspruch besteht, erspart wird.2)

Für diesen Zweck muss die Vertragsstrafe so hoch sein, dass sich ein Verstoß für den Verletzer voraussichtlich nicht mehr lohnt.3)

Die Frage, wie hoch eine Vertragsstrafe bemessen sein muss, um dieser Funktion gerecht zu werden, lässt sich nicht allgemein, sondern immer nur unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des jeweiligen Einzelfalls beantworten.4)

Dabei ist auf die Schwere und das Ausmaß der begangenen Zuwiderhandlung, auf deren Gefährlichkeit für den Gläubiger, auf das Verschulden des Verletzers sowie auf Art und Größe des Unternehmens des Schuldners abzustellen.5)

Bei der Vereinbarung einer absoluten Vertragsstrafe ist bereits bei Vertragsschluss auf Grundlage des Verhaltens des Schuldners, das Anlass für die Vereinbarung der Vertragsstrafe gegeben hat, und der konkreten Umstände des Einzelfalls eine entsprechende Prognose über die für die notwendige Abschreckungswirkung erforderliche Höhe der Vertragsstrafe vorzunehmen. In diesem Zusammenhang ist auch zu berücksichtigen, dass der Unterlassungsschuldner - anders als bei Austauschverträgen - mangels synallagmatischer Pflichten kein originäres Eigeninteresse an der Einhaltung der von ihm versprochenen Unterlassungspflicht hat.6)

Darüber hinaus ist in Rechnung zu stellen, dass der Unterlassungsgläubiger weitere Schutzrechtsverstöße oftmals nur sehr schwer und mit erheblichem Aufwand aufzudecken vermag.7)

Demgegenüber ist der im kaufmännischen Verkehr handelnde Unterlassungsschuldner typischerweise nicht in besonderem Maße schutzwürdig. Abgesehen davon, dass es ihm grundsätzlich freisteht, den gesetzlichen Ausschluss einer nachträglichen Herabsetzung der Vertragsstrafe gemäß § 348 HGB abzubedingen, stellt sich für ihn regelmäßig schon keine besondere Zwangslage, die ihn dazu nötigte, die vom Unterlassungsgläubiger gewünschte Vertragsstrafenvereinbarung abzuschließen.8)

Der Unterlassungsschuldner hat regelmäßig allein das Interesse, die Wiederholungsgefahr im Hinblick auf den aufgrund der bereits begangenen Schutzrechtsverletzung begründeten Unterlassungsanspruch auszuräumen und damit einer gerichtlichen Inanspruchnahme durch den Unterlassungsgläubiger zu entgehen. Diesem Interesse kann er jedoch auch anders als durch Abschluss der angebotenen und aus seiner Sicht unangemessenen Vertragsstrafenvereinbarung Rechnung tragen. Zum einen kann er statt des geforderten Vertragsstrafeversprechens eine Unterwerfungserklärung mit einer geringeren, aber noch angemessenen Vertragsstrafe abgeben. Für die Ausräumung der Wiederholungsgefahr genügt bereits die Abgabe der Unterwerfungserklärung; deren Annahme ist nicht erforderlich9).

Vertragsstrafe nach "neuem Hamburger Brauch"

Um der dann noch bestehenden Gefahr zu entgehen, dass die von ihm als angemessen angesehene Vertragsstrafe zu niedrig bemessen ist und die Wiederholungsgefahr nicht ausräumt, kann er jederzeit eine Unterwerfungserklärung nach „neuem Brauch“ [→ Modifizierter Hamburger Brauch] abgeben. Danach wird vereinbart, dass die Vertragsstrafe durch den Gläubiger oder einen Dritten nach billigem Ermessen gemäß § 315 Abs. 1 BGB der Höhe nach bestimmt wird und diese Bestimmung im Einzelfall nach § 315 Abs. 3 BGB durch ein Gericht überprüft werden kann.10)

Berücksichtigung eines bereits gerichtlich verhängten Ordnungsgeldes

Die Funktionen von Ordnungsmittel und Vertragsstrafe überschneiden sich jedoch. Ihre Bemessung richtet sich zumindest teilweise nach übereinstimmenden Kriterien.11)

Bei der Bemessung einer nach „Hamburger Brauch“ vom Gläubiger gemäß § 315 Abs. 1 BGB nach billigem Ermessen festzusetzenden Vertragsstrafe ist ein für dieselbe Zuwiderhandlung bereits gerichtlich verhängtes Ordnungsgeld zu berücksichtigen.12)

Diese Sanktionsfunktion der Vertragsstrafe ist jedenfalls zum Teil schon erfüllt, wenn für dieselbe Zuwiderhandlung bereits ein angemessenes Ordnungsgeld verhängt worden ist. Das Ordnungsgeld ist deshalb auf die angemessene Vertragsstrafe anzurechnen.13)

Umgekehrt ist auch bei der Bemessung eines Ordnungsgeldes eine bereits zuvor festgesetzte Vertragsstrafe mindernd zu berücksichtigen.14)

siehe auch

§ 339 ff BGB → Vertragsstrafe

1)
vgl. BGH, Urteil vom 7. Oktober 1982 - I ZR 120/80, GRUR 1983, 127, 128 = WRP 1983, 91 - Vertrags-strafeversprechen; Urteil vom 30. September 1993 - I ZR 54/91, GRUR 1994, 146, 147 = WRP 1994, 37 Vertragsstrafebemessung; BGH, GRUR 2009, 181 Rn. 42 Kinderwärmekissen; vgl. auch Teplitzky aaO Kap. 20 Rn. 2
2) , 7) , 8)
BGH, Urteil vom 13. November 2013 - Vertragsstrafenklausel
3)
BGH, Urteil vom 13. November 2013 - Vertragsstrafenklausel; m.V.a. OLG Hamm, WRP 1978, 395, 397; KG, WRP 1987, 322; Bornkamm in Köhler/Bornkamm aaO § 12 Rn. 1.139
4)
BGH, Urteil vom 13. November 2013 - Vertragsstrafenklausel; m.V.a. BGH, GRUR 1983, 127, 128 Vertragsstrafeversprechen
5)
BGH, Urteil vom 13. November 2013 - Vertragsstrafenklausel; m.V.a. BGH, GRUR 1994, 146, 147 f. - Vertragsstrafebemessung; GRUR 2009, 181 Rn. 42 - Kinderwärmekissen
6)
BGH, Urteil vom 13. November 2013 - Vertragsstrafenklausel; m.V.a. OLG München, NJW-RR 1993, 1334
9)
st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteil vom 17. September 2009 - I ZR 217/07, GRUR 2010, 355 Rn. 21 = WRP 2010, 649 - Testfundstelle, mwN
10)
BGH, Urteil vom 13. November 2013 - Vertragsstrafenklausel; m.V.a. Teplitzky aaO Kap. 8 Rn. 22 bis 22b
11)
BGH, Urteil vom 17. September 2009 - Testfundstelle; m.V.a. BGH GRUR 1994, 146, 147 - Vertragsstrafebemessung
12)
BGH, Urteil vom 17. September 2009 - Testfundstelle
13)
BGH, Urteil vom 17. September 2009 - Testfundstelle; m.V.a. BGHZ 138, 67, 70; OLG WRP 1987, 265, 266; Fezer/Büscher aaO § 8 Rdn. 166; Ullmann/Hess, juris-PK-UWG, 2. Aufl., § 12 Rdn. 75; Teplitzky aaO Kap. 20 Rdn. 22; Ahrens/Achilles aaO Kap. 10 Rdn. 15; Nieder, WRP 2001, 117, 118
14)
BGH, Urteil vom 17. September 2009 - Testfundstelle; m.V.a. OLG GRUR 1970, 71, 72; OLG WRP 1987, 265, 266; Großkomm.UWG/Jestaedt, Vor § 13 Rdn. E 78; Köhler WRP 1993, 666, 675
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