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privatrecht:allgemeine_pflichten_und_grundsaetze_bei_verbrauchervertraegen

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Allgemeine Pflichten und Grundsätze bei Verbraucherverträgen

§ 312a (1) BGB

Ruft der Unternehmer oder eine Person, die in seinem Namen oder Auftrag handelt, den Verbraucher an, um mit diesem einen Vertrag zu schließen, hat der Anrufer zu Beginn des Gesprächs seine Identität und gegebenenfalls die Identität der Person, für die er anruft, sowie den geschäftlichen Zweck des Anrufs offenzulegen.

Ruft der Unternehmer oder eine Person, die in seinem Namen oder Auftrag handelt, den Verbraucher an, um mit diesem einen Vertrag zu schließen, hat der Anrufer nach § 312a Abs. 1 BGB zu Beginn des Gesprächs seine Identität und gegebenenfalls die Identität der Person, für die er anruft, sowie den geschäftlichen Zweck des Anrufs offenzulegen. Das Berufungsgericht hat diese Vorschrift zu Recht als Marktverhaltensregelung im Sinne des § 3a UWG und § 4 Nr. 11 UWG aF angesehen.1)

Bei einer telefonischen Kontaktaufnahme mit dem Verbraucher im Sinne von § 312a Abs. 1 BGB muss nur die Identität des Unternehmers sowie der geschäftliche Zweck offengelegt werden, nicht aber die Identität eines für den Unternehmer anrufenden Mitarbeiters, der selbst nicht Unternehmer ist.2)

Die Vorschrift des § 312a Abs. 1 BGB kann unter Wahrung dieser richterlichen Kompetenzgrenzen aus Art. 20 Abs. 2 Satz 2 und Abs. 3 GG dahin ausgelegt werden, dass im Falle eines von einem Unternehmer veranlassten Anrufs durch eine Person, die nicht selbst Unternehmer ist, der den Anruf veranlassende Unternehmer als „Anrufer“ im Sinne von § 312a Abs. 1 BGB anzusehen ist. § 312a Abs. 1 BGB erfasst sowohl den Fall, dass der Unternehmer selbst anruft, als auch den Fall, dass der Unternehmer durch eine andere Person, die in seinem Namen oder Auftrag handelt, anrufen lässt. Auch im letztgenannten Fall kann davon gesprochen werden, dass es sich um einen Anruf des Unternehmers handelt und der Unternehmer daher „der Anrufer“ im Sinne von § 312a Abs. 1 BGB ist. Dass der Anrufer nach § 312a Abs. 1 BGB zu Beginn des Gesprächs nicht nur „seine Identität“, sondern „gegebenenfalls“ auch „die Identität der Person, für die er anruft“, offenzulegen hat, steht einer solchen Auslegung nicht entgegen. Mit der Person, für die er - der Unternehmer, der selbst anruft oder durch eine andere Person anrufen lässt - anruft, kann die Person gemeint sein, mit der der Verbraucher den Vertrag schließen soll; damit wird „gegebenenfalls“ der Fall erfasst, dass der Vertrag nicht mit dem Unternehmer selbst, sondern durch Vermittlung des Unternehmers mit einem Dritten zustande kommen soll.3)

Die Regelung des § 312a Abs. 1 BGB hat zudem eine Grundlage im Unionsrecht4). Sie setzt die Regelung über Informationspflichten bei telefonischen Verkaufsgesprächen mit Verbraucherinnen und Verbrauchern aus Art. 8 Abs. 5 der Richtlinie 2011/83/EU um.5)

Aus der unionsrechtlichen Grundlage folgt zugleich, dass § 312a Abs. 1 BGB richtlinienkonform, also so weit wie möglich anhand des Wortlauts und des Zwecks der Richtlinie auszulegen ist, um das in ihr festgelegte Ergebnis zu erreichen (vgl. EuGH, Urteil vom 26. Oktober 2016 - C-611/14, GRUR 2016, 1307 Rn. 32 = WRP 2017, 31 - Canal Digital; BGH, Urteil vom 21. Dezember 2011 - I ZR 190/10, GRUR 2012, 842 Rn. 21 = WRP 2012, 1096 - Neue Personenkraftwagen I, mwN). Dabei ist zu berücksichtigen, dass gemäß Art. 4 und Erwägungsgrund 7 der Richtlinie 2011/83/EU eine Vollharmonisierung der von der Richtlinie erfassten Aspekte des Verbraucherschutzes verfolgt wird; die Mitgliedstaaten dürfen weder strengere noch weniger strenge Rechtsvorschriften aufrechterhalten oder einführen. Art. 8 Abs. 10 der Richtlinie 2011/83/EU verbietet darüber hinaus ausdrücklich, dass die Mitgliedstaaten weitere formelle vorvertragliche Informationsanforderungen festlegen.6)

§ 312a (2) BGB

Der Unternehmer ist verpflichtet, den Verbraucher nach Maßgabe des Artikels 246 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche zu informieren. Der Unternehmer kann von dem Verbraucher Fracht-, Liefer- oder Versandkosten und sonstige Kosten nur verlangen, soweit er den Verbraucher über diese Kosten entsprechend den Anforderungen aus Artikel 246 Absatz 1 Nummer 3 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche informiert hat. Die Sätze 1 und 2 sind weder auf außerhalb von Geschäftsräumen geschlossene Verträge noch auf Fernabsatzverträge noch auf Verträge über Finanzdienstleistungen anzuwenden.

§ 312a (3) BGB

Eine Vereinbarung, die auf eine über das vereinbarte Entgelt für die Hauptleistung hinausgehende Zahlung des Verbrauchers gerichtet ist, kann ein Unternehmer mit einem Verbraucher nur ausdrücklich treffen. Schließen der Unternehmer und der Verbraucher einen Vertrag im elektronischen Geschäftsverkehr, wird eine solche Vereinbarung nur Vertragsbestandteil, wenn der Unternehmer die Vereinbarung nicht durch eine Voreinstellung herbeiführt.

§ 312a (4) BGB

Eine Vereinbarung, durch die ein Verbraucher verpflichtet wird, ein Entgelt dafür zu zahlen, dass er für die Erfüllung seiner vertraglichen Pflichten ein bestimmtes Zahlungsmittel nutzt, ist unwirksam, wenn

1. für den Verbraucher keine gängige und zumutbare unentgeltliche Zahlungsmöglichkeit besteht oder

2. das vereinbarte Entgelt über die Kosten hinausgeht, die dem Unternehmer durch die Nutzung des Zahlungsmittels entstehen.

Nach § 312a Abs. 4 Nr. 1 BGB ist eine Vereinbarung unwirksam, durch die ein Verbraucher verpflichtet wird, ein Entgelt dafür zu zahlen, dass er für die Erfüllung seiner vertraglichen Pflichten ein bestimmtes Zahlungsmittel nutzt, wenn für den Verbraucher keine gängige und zumutbare unentgeltliche Zahlungsmöglichkeit besteht. Der Bundesgerichtshof hat die Anwendung dieser Vorschrift im genannten Urteil für mit dem Unionsrecht vereinbar gehalten.7)

Der Bundesgerichtshof hat unter Verweis auf ein früheres Urteil8) bekräftigt, dass die in der Literatur umstrittene Frage, ob § 312a Abs. 4 Nr. 1 BGB auf alle Arten von Verbraucherverträgen Anwendung findet, zumindest dann dahingestellt bleiben kann, wenn die in Streit befindliche Zahlungsentgeltvereinbarung in den Anwendungsbereich des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen fällt. Denn nach Erwägungsgrund 14 der Richtlinie 2011/83/EU über die Rechte der Verbraucher bleibt das Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen vom Regelungsbereich der Richtlinie unberührt (BGH, WRP 2021, 1600 Rn. 13). Werden die abstrakten und für eine Vielzahl von Vertragsschlüssen konzipierten Regeln beanstandet, die einem Buchungsvorgang zugrunde liegen, fällt auch dies in den Anwendungsbereich des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen.9)

Es besteht keine gefestigte Auslegung zu der Frage, welchen Verbreitungsgrad ein Zahlungsmittel gefunden haben muss, um als gängig zu gelten. Die instanzgerichtlichen Entscheidungen OLG Frankfurt, K&R 2017, 135 [juris Rn. 32 bis 35]; OLG Dresden, MDR 2015, 602 [juris Rn. 18]; LG Mannheim, Urteil vom 10. Februar 2017 - 7 O 73/16, juris Rn. 24) betreffen jeweils eindeutige Fälle, erlauben aber keine hinreichende Konkretisierung des Grenzbereichs. In der Literatur wird vertreten, die Feststellung, ob eine Zahlungsmöglichkeit gängig und zumutbar ist, könne nur im Einzelfall und unter Berücksichtigung aller konkreten Umstände getroffen werden.10)

Nichts Anderes gilt für den Begriff „zumutbar“. Der Bundesgerichtshof hat zwar bereits entschieden, dass ein gängiges Zahlungsmittel in aller Regel dem Kunden auch zumutbar ist, die Unzumutbarkeit sich jedoch aus besonderen Umständen wie einem dem Verbraucher entstehenden Mehraufwand, eintretenden Verzögerungen und ihrer Bedeutung im Lichte des Vertragszwecks sowie Sicherheitsaspekten ergeben kann11). Diese Konkretisierung ist jedoch nicht dazu geeignet, dem Begriff die für die Verwendung in einem Unterlassungsantrag erforderliche Bestimmtheit zu verleihen, weil sie ihrerseits auf ausfüllungsbedürftige Begriffe verweist. Die in der genannten Entscheidung des Bundesgerichtshofs vorgenommene Beurteilung für das Zahlungsmittel „Sofortüberweisung“ sowie die in der Literatur aufgeführten Beispielsfälle12) überwinden die Unbestimmtheit des Begriffs „unzumutbar“ ebenfalls nicht.13)

Der Bundesgerichtshof hat in der genannten Entscheidung unter Verweis auf ein früheres Urteil14) bekräftigt, dass die in der Literatur umstrittene Frage, ob § 312a Abs. 4 Nr. 1 BGB auf alle Arten von Verbraucherverträgen Anwendung findet, zumindest dann dahingestellt bleiben kann, wenn die in Streit befindliche Zahlungsentgeltvereinbarung in den Anwendungsbereich des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen fällt. Denn nach Erwägungsgrund 14 der Richtlinie 2011/83/EU über die Rechte der Verbraucher bleibt das Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen vom Regelungsbereich der Richtlinie unberührt15). Werden die abstrakten und für eine Vielzahl von Vertragsschlüssen konzipierten Regeln beanstandet, die einem Buchungsvorgang zugrunde liegen, fällt auch dies in den Anwendungsbereich des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen16).17)

Ein Unternehmer, der Flugbuchungen im Internet anbietet, verlangt ein zusätzliches Entgelt für die Nutzung eines bestimmten Zahlungsmittels, wenn bei den von ihm vorgegebenen Einstellungen zunächst ein Preis angezeigt wird, der nur für den Fall der Zahlung mit bestimmten, nicht im Sinne des § 312a Abs. 4 Nr. 1 BGB gängigen Kreditkarten erhältlich ist, und bei Auswahl anderer Zahlungsmittel eine zusätzliche „Servicepauschale“ anfällt.18)

§ 312a (5) BGB

Eine Vereinbarung, durch die ein Verbraucher verpflichtet wird, ein Entgelt dafür zu zahlen, dass der Verbraucher den Unternehmer wegen Fragen oder Erklärungen zu einem zwischen ihnen geschlossenen Vertrag über eine Rufnummer anruft, die der Unternehmer für solche Zwecke bereithält, ist unwirksam, wenn das vereinbarte Entgelt das Entgelt für die bloße Nutzung des Telekommunikationsdienstes übersteigt. Ist eine Vereinbarung nach Satz 1 unwirksam, ist der Verbraucher auch gegenüber dem Anbieter des Telekommunikationsdienstes nicht verpflichtet, ein Entgelt für den Anruf zu zahlen. Der Anbieter des Telekommunikationsdienstes ist berechtigt, das Entgelt für die bloße Nutzung des Telekommunikationsdienstes von dem Unternehmer zu verlangen, der die unwirksame Vereinbarung mit dem Verbraucher geschlossen hat.

§ 312a (6) BGB

Ist eine Vereinbarung nach den Absätzen 3 bis 5 nicht Vertragsbestandteil geworden oder ist sie unwirksam, bleibt der Vertrag im Übrigen wirksam.

siehe auch

1)
BGH, Urteil vom 19. April 2018 - I ZR 244/16 - Namensangabe; m.V.a. Köhler in Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 36. Aufl., § 3a Rn. 1.311 f.; Alexander, WRP 2014, 501 Rn. 76
2) , 3) , 5) , 6)
BGH, Urteil vom 19. April 2018 - I ZR 244/16 - Namensangabe
4)
vgl. dazu BGH, GRUR 2016, 957 Rn. 11 - Mehrwertdienstenummer, mwN
7)
BGH, Beschluss vom 10. Februar 2022 - I ZR 38/21 - Zufriedenheitsgarantie; m.V.a. BGH, WRP 2021, 1600 Rn. 12 bis 14 und 26 f.
8)
vom 18. Juli 2017 - KZR 39/16, NJW 2017, 3289 Rn. 19 - Sofortüberweisung
9)
BGH, Beschluss vom 10. Februar 2022 - I ZR 38/21 - Zufriedenheitsgarantie; m.V.a. BGH, WRP 2021, 1600 Rn. 14
10)
BGH, Hinweis-Beschluss v. 18. November 2021 - I ZR 205/20; m.V.a. MünchKomm.BGB/Wendehorst, 8. Aufl., § 312a Rn. 82
11)
vgl. BGH, Urteil vom 18. Juli 2017 - KZR 39/16, NJW 2017, 3289 Rn. 21; ebenso zuvor OLG Frankfurt, K&R 2017, 135 [juris Rn. 36]
12)
vgl. jurisPK-BGB Junker, 8. Aufl. Stand: 16. Januar 2019, § 312a Rn. 52 mwN
13) , 17)
BGH, Hinweis-Beschluss v. 18. November 2021 - I ZR 205/20
14)
NJW 2017, 3289 Rn. 19 - Sofortüberweisung
15)
BGH, WRP 2021, 1600 Rn. 13
16)
BGH, WRP 2021, 1600 Rn. 14
18)
BGH, Urteil vom 28. Juli 2022 - I ZR 205/20; Fortführung von BGH, Urteil vom 24. August 2021 - X ZR 23/20, WRP 2021, 1600
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