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ep:prioritaetsrecht [2021/07/15 07:39] – mfreund | ep:prioritaetsrecht [2024/03/10 21:29] (aktuell) – [Erfindungsidentität] ne | ||
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+ | ====== Prioritätsrecht ====== | ||
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+ | **Artikel 87 (1) EPÜ 2000** | ||
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+ | Jedermann, der in einem oder mit Wirkung für | ||
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+ | a) einen [[Vertragsstaaten|Vertragsstaat]] der [[:Pariser Verbandsübereinkunft]] zum Schutz des gewerblichen Eigentums oder | ||
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+ | b) ein Mitglied der Welthandelsorganisation | ||
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+ | eine Anmeldung für ein Patent, ein Gebrauchsmuster oder ein Gebrauchszertifikat vorschriftsmäßig eingereicht hat, oder sein Rechtsnachfolger genießt für die Anmeldung derselben [[Erfindung]] zum [[europäisches Patent|europäischen Patent]] während einer Frist von zwölf Monaten nach dem [[Anmeldetag]] der ersten Anmeldung ein Prioritätsrecht. | ||
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+ | Art. 87 (2)-(5) EPÜ -> [[Prioritätsbegründende Anmeldung]] | ||
+ | Art. 88 EPÜ -> [[Inanspruchnahme der Priorität]] | ||
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+ | -> [[Übertragung des Prioritätsrechts]] \\ | ||
+ | -> [[Teilpriorität]] \\ | ||
+ | -> [[Prioritätsdisclaimer]] \\ | ||
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+ | ==== Erfindungsidentität ==== | ||
+ | |||
+ | Bei Anmeldung eines europäischen Patents kann das Prioritätsrecht einer | ||
+ | vorangegangenen Anmeldung nach Art. 87 Abs. 1 EPÜ in Anspruch genommen | ||
+ | werden, wenn beide dieselbe Erfindung betreffen. | ||
+ | |||
+ | Diese Voraussetzung ist nach der Rechtsprechung des BGH erfüllt, wenn die mit der Nachanmeldung beanspruchte Merkmalskombination in der Voranmeldung in ihrer Gesamtheit als zu der angemeldeten Erfindung gehörend offenbart ist.((BGH, Urteil vom 11. Februar 2014 - X ZR 107/12 - Kommunikationskanal; | ||
+ | |||
+ | Der Gegenstand der beanspruchten Erfindung muss im Prioritätsdokument identisch offenbart sein; es muss sich um dieselbe Erfindung handeln.((BGH, | ||
+ | |||
+ | Dabei ist die Offenbarung des Gegenstands der ersten Anmeldung nicht auf die dort formulierten Ansprüche beschränkt, | ||
+ | |||
+ | Für die Beurteilung der identischen Offenbarung gelten die Prinzipien der Neuheitsprüfung.((BGH, | ||
+ | |||
+ | Nach der ständigen Rechtsprechung des BGH ist danach erforderlich, | ||
+ | |||
+ | Zu ermitteln ist mithin, was der Fachmann der Vorveröffentlichung als den Inhalt der gegebenen allgemeinen Lehre entnimmt.((BGH, | ||
+ | |||
+ | Maßgeblich ist dabei das Verständnis des Fachmanns zum Zeitpunkt der Einreichung der prioritätsbeanspruchenden Patentanmeldung.((BGH, | ||
+ | |||
+ | Offenbart kann auch dasjenige sein, was im Patentanspruch und in der Beschreibung der Voranmeldung nicht | ||
+ | ausdrücklich erwähnt ist, aus der Sicht des Fachmanns nach seinem allgemeinen Fachwissen jedoch für die Ausführung der unter Schutz gestellten Lehre selbstverständlich ist und deshalb keiner besonderen Offenbarung bedarf, sondern | ||
+ | " | ||
+ | |||
+ | Die Einbeziehung von Selbstverständlichem erlaubt jedoch keine Ergänzung der Offenbarung durch das Fachwissen, sondern dient lediglich der vollständigen Ermittlung des Sinngehalts, | ||
+ | |||
+ | Die Inanspruchnahme eines Prioritätsrechts ist nicht wirksam, wenn der Gegenstand der späteren Anmeldung aus dem Inhalt der früheren Anmeldung nur aufgrund eigenständiger Überlegungen des Fachmanns hergeleitet werden kann. Hierbei ist unerheblich, | ||
+ | |||
+ | Für die Berechtigung zur Inanspruchnahme eines Prioritätsrechts bei der Anmeldung eines europäischen Patents spricht eine widerlegbare Vermutung ((BGH, Urteil vom 9. Januar 2024 - X ZR 74/21, Bestätigung von BGH, Urteil vom 28. November 2023 - X ZR 83/21 Rn. 110 ff. - Sorafenib-Tosylat)). | ||
+ | |||
+ | Die sich aus dem Europäischen Patentübereinkommen ergebende Vermutung der rechtmäßigen Inanspruchnahme kann nicht durch Geltendmachung spekulativer Zweifel widerlegt werden. Vielmehr müssen konkrete Umstände aufgezeigt werden, die ernstliche Zweifel an der Berechtigung des späteren Anmelders begründen ((EPA, Entscheidung vom 10. Oktober 2023 - G 1/22, Rn. 110 - Prioritätsberechtigung)). ((BGH, Urteil vom 28. November 2023 - X ZR 83/21 Rn. 110 ff. - Sorafenib-Tosylat)) | ||
+ | |||
+ | Erfordernis einer unmittelbaren und eindeutigen Offenbarung muss dabei in einer Weise angewendet werden, die berücksichtigt, | ||
+ | |||
+ | Dieser Gesichtspunkt liegt der Rechtsprechung des BGH zugrunde, wonach bei der Ausschöpfung des Offenbarungsgehalts auch Verallgemeinerungen ursprungsoffenbarter Ausführungsbeispiele zugelassen werden. Danach ist ein " | ||
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+ | Solche Verallgemeinerungen sind vornehmlich dann zugelassen worden, wenn von mehreren Merkmalen eines Ausführungsbeispiels, | ||
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+ | Nach vergleichbaren Maßgaben ist die Prüfung vorzunehmen, | ||
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+ | Nach herrschender Meinung verbraucht sich das Prioritätsrecht nicht. -> [[Verbrauch des Prioritätsrechts]] | ||
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+ | ==== Rechtsinhaber ===== | ||
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+ | Die Priorität einer nationalen Anmeldung kann nach Art. 87 Abs. 1 EPÜ von dem personenverschiedenen Anmelder einer europäischen Nachanmeldung in Anspruch genommen werden, wenn ihm das Recht zur Inanspruchnahme der Priorität | ||
+ | rechtzeitig - das heißt vor Einreichung der Nachanmeldung - und wirksam übertragen worden ist.((BGH, Urteil vom 16. April 2013 - X ZR 49/12 - Fahrzeugscheibe; | ||
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+ | Damit eine beanspruchte Priorität gemäß Artikel 87 (1) EPÜ 1973 wirksam ist, muss der Anmelder einer Nachanmeldung, | ||
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+ | Die vertragliche Vereinbarung zwischen dem Anmelder der Prioritätsanmeldung und dem Anmelder der Nachanmeldung, | ||
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+ | -> [[Übertragung des Prioritätsrechts]] \\ | ||
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+ | ===== siehe auch ===== | ||
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+ | Teil 3 EPÜ -> [[Europäische Patentanmeldung]] \\ | ||
+ | EPÜ -> [[Übereinkommen über die Erteilung europäischer Patente]] \\ |
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