Öffentliche Zugänglichkeit

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Zusammenfassung eines japanischen Patentdokuments
Geheimhaltungsinteresse
Öffentliche Zugänglichkeit der Unterlagen eines Patentanmeldungsverfahrens

Der Stand der Technik umfaßt nach § 3 (1) S. 2 PatG nur jene Kenntnisse, die vor dem für den Zeitrang der Anmeldung maßgeblichen Tag [→ Anmeldetag, Prioritätstag] durch schriftliche oder mündliche Beschreibung, durch Benutzung [→ Offenkundige Vorbenutzung] oder in sonstiger Weise der Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden sind.

Ein Dokument ist öffentlich, wenn es zur Verbreitung in der Öffentlichkeit bestimmt ist und der Allgemeinheit, das heißt einem an sich nicht beschränkten Personenkreis zugänglich geworden ist.1)

Insoweit kommt es nicht auf den Nachweis an, dass das Dokument tatsächlich Dritten bekannt geworden ist. Erforderlich und genügend ist, dass ein nicht bestimmter Personenkreis vor dem Prioritätstag in der Lage war, Kenntnis vom Inhalt des Schriftstücks zu nehmen.2)

Für die öffentliche Zugänglichkeit von technischen Erkenntnissen oder Kenntnissen ist nicht der Nachweis erforderlich, dass ein bestimmter technischer Sachverhalt bestimmten fachkundigen Personen bekannt geworden ist. Es reicht aus, dass ein nicht begrenzter Personenkreis nach den gegebenen Umständen in der Lage war, die Kenntnis zu erlangen.3)

Voraussetzung für die Annahme, dass Dritte von der technischen Information Kenntnis erlangen konnten, ist, dass die Weiterverbreitung an beliebige Dritte durch den Empfänger nach der Lebenserfahrung nahegelegen hat4)

Maßgeblich für die Beurteilung dieser Frage sind die zum Zeitpunkt der Lieferung der technischen Information bestehenden Vereinbarungen zwischen den Beteiligten oder die sonstigen Umstände der Lieferung, nicht jedoch die besonderen Gegebenheiten in dem die Information empfangenden Unternehmen, beispielsweise eine bestimmte Übung, wie und unter welchen Voraussetzungen Besucher in die einzelnen Abteilungen des Unternehmens gelangen und von dessen Einrichtungen Kenntnis nehmen können, oder interne Gepflogenheiten bei der Kommunikation zwischen den einzelnen Abteilungen des Unternehmens. Bei der Lieferung einer Vorrichtung oder - wie hier - der Überlassung einer schriftlichen Beschreibung oder Begleitunterlage an einen einzelnen Abnehmer kommt es sonach darauf an, ob bei der Lieferung eine Geheimhaltungspflicht ausdrücklich oder stillschweigend vereinbart wurde oder sich aus Treu und Glauben ergibt oder ob zu erwarten war, dass der Empfänger der Information diese wegen eines eigenen geschäftlichen Interesses geheim halten werde.5)

siehe auch

§ 3 (1) S. 2 PatG → Stand der Technik

1)
BGH, Urteil vom 3. Mai 2022 - X ZR 32/20 - Initialisierungsverfahren; m.V.a. BGH, Beschluss vom 9. Februar 1993 - X ZB 7/92, GRUR 1993, 466, 468 - Fotovoltaisches Halbleiterbauelement
2)
BGH, Urteil vom 3. Mai 2022 - X ZR 32/20 - Initialisierungsverfahren
3) , 5)
BGH, Urteil vom 15. Januar 2013 - X ZR 81/11 - Messelektronik für Coriolisdurchflussmesser; m.w.N.
4)
BGH, Urteil vom 15. Januar 2013 - X ZR 81/11 - Messelektronik für Coriolisdurchflussmesser; m.V.a. BGH, GRUR 1996, 747, 752 - Lichtbogen-Plasma-Beschichtungssystem; BGH, Urteil vom 8. Juli 2008 - X ZR 189/03, GRUR 2008, 885 - Schalungsteil; in dieser Entscheidung wurde ein schriftliches Angebot, dem die entsprechenden Informationen nicht zu entnehmen waren, nicht zum Stand der Technik gerechnet