Hilfsanträge

Patenterteilungsverfahren: Im patentrechtlichen Erteilungsverfahren vor dem DPMA sind Haupt- und Hilfsanträge zulässig.1)

Einspruchsverfahren: Sowohl vor dem DPMA als auch vor dem EPA ist die Zulässigkeit von Haupt- und Hilfsanträgen anerkannt. Dies ergibt sich für das EPA direkt aus Art. 113 (2) EPÜ und für das DPMA aus der Entscheidung „Gießpfannenverschlussvorrichtung“, in der auf Art. 113 (2) EPÜ Bezug genommen wird.

Nichtigkeitsverfahren : Hier stellt allein der Kläger einen Sachantrag. Der Klageabweisungsantrag des Beklagten (d.h. Patentinhabers) ist kein Sachantrag (vgl. Benkard § 22, Rdn. 45). Dennoch ist eine beschränkte Verteidigung des Patentinhabers möglich, obwohl es ex lege eigentlich nur das Beschränkungsverfahren nach § 64 PatG gibt. Dies wurde in den Entscheidungen BHG GRUR 1956, 409 – Spritzgussmaschine - und GRUR 1990, 432 – Spleißkammer – festgestellt, die zu einer Zeit ergingen, als das Einspruchsverfahren noch der Erteilung vorgeschaltet war. Im Nichtigkeitsverfahren gibt es keine Bindung des Senats an (hilfsweise) eingereichte Patentansprüche des Patentinhabers, denn bei den Anträgen des beklagten Patentinhabers handelt es sich nicht um Sachanträge gemäß § 308 ZPO. Daher könnte der Senat von sich aus vollständig neue Patentansprüche formulieren. Üblich ist es jedoch, dass der Senat einen Vorschlag macht, dem der Patentinhaber zustimmen kann/sollte.2)

Verspätet eingereichte Hilfsanträge

Im Einspruchs-Beschwerdeverfahren vor dem Bundespatentgericht sind auf aus Nachlässigkeit erst am Ende der mündlichen Verhandlung erhobene (Hilfs-)Anträge des Inhabers des angegriffenen Patents die Vorschriften der ZPO über die Zurückweisung verspäteten Vorbringens nicht anwendbar.3)

Die Einreichung von umfangreichen (Hilfs-)Anträgen in der mündlichen Verhandlung kann daher eine Vertagung (§ 227 Abs. 1 ZPO) erforderlich machen, wenn der Einsprechende dadurch mit einer Tatsachen- oder Rechtsfrage konfrontiert wird, zu der er sachlich fundiert nur dann Stellung nehmen kann, wenn er angemessene Zeit für Überlegung und Vorbereitung hat, die anders nicht in ausreichender Weise zur Verfügung gestellt werden kann.4)

Beruht die Einreichung von Hilfsanträgen, die eine Vertagung erforderlich macht, auf einer vorwerfbaren Nachlässigkeit des Inhabers des angegriffenen Patents, können diesem die Kosten für den dadurch verursachten zweiten Termin auferlegt werden, wobei im Rahmen der Billigkeitserwägungen des § 80 Abs. 1 PatG die in § 95 ZPO zum Ausdruck kommende rechtliche Wertung herangezogen werden kann. Eine vorwerfbare Nachlässigkeit liegt jedenfalls dann vor, wenn der Patentinhaber am Ende der mündlichen Verhandlung zahlreiche umfangreiche, mit schwer leserlichen Einfügungen versehene hilfsweise Fassungen der Patenteinsprüche einreicht, deren genauer Wortlaut erst nach sehr gründlicher, zeitaufwändiger Betrachtung und Interpretation erkennbar wird und wenn diese Hilfsanträge ersichtlich nicht eine Reaktion auf eine durch die mündliche Verhandlung veränderte prozessuale Lage darstellen.5)

siehe auch

1)
GRUR 1990, 109 – Weihnachtsbrief
2)
GRUR 1996, 44 – Tetrafluoräthan; GRUR 1997, 272 – Schwenkhebelverschluss
3) , 5)
BPatG, Entsch. v. 5. Oktober 2006 - 6 W (pat) 93/01
4)
BPatG, Entsch. v. 5. Oktober 2006 - 6 W (pat) 93/01; in Anschluss an BGH GRUR 2004, 354