Haftung für eine Markenrechtsverletzung

Für die Haftung als Täter oder Teilnehmer einer deliktischen Handlung wie einer Markenrechtsverletzung gelten die strafrechtlichen Grundsätze zur Täterschaft und Teilnahme [→ Haftung].1)

Täter ist danach, wer die Zuwiderhandlung selbst oder in mittelbarer Täterschaft begeht (§ 25 Abs. 1 StGB).2)

Mittäterschaft (vgl. § 830 Abs. 1 Satz 1 BGB) erfordert eine gemeinschaftliche Begehung, also ein bewusstes und gewolltes Zusammenwirken.3)

Maßgebliches Kriterium für die Abgrenzung von Täterschaft und Teilnahme ist die Tatherrschaft. Danach ist Täter, wer den zum Erfolg führenden Kausalverlauf beherrscht, während als Teilnehmer verantwortlich ist, wer einem mit Tatherrschaft handelnden Dritten Hilfe leistet oder dessen Tatentschluss hervorruft.4)

Eine Person, die für einen Dritten markenrechtsverletzende Waren lagert, ohne Kenntnis von der Markenrechtsverletzung zu haben, besitzt diese Waren nicht zum Zweck des Anbietens oder Inverkehrbringens im Sinne der Art. 9 Abs. 2 Buchst. b GMV und Art. 9 Abs. 3 Buchst. b UMV, wenn sie selbst nicht diese Zwecke verfolgt.5)

Als Störer [→ Störerhaftung] kann bei der Verletzung absoluter Rechte auf Unterlassung in Anspruch genommen werden, wer - ohne Täter oder Teilnehmer zu sein - in irgendeiner Weise willentlich und adäquat-kausal zur Verletzung des geschützten Rechtsguts beiträgt. Da die Störerhaftung nicht über Gebühr auf Dritte erstreckt werden kann, die die rechtswidrige Beeinträchtigung nicht selbst vorgenommen haben, setzt die Haftung des Störers die Verletzung von Verhaltenspflichten voraus. Deren Umfang bestimmt sich danach, ob und inwieweit dem als Störer in Anspruch Genommenen nach den Umständen eine Prüfung oder Überwachung zuzumuten ist.6)

Das Berufungsgericht hat zu Recht angenommen, dass es grundsätzlich unzumutbar ist, einem Unternehmen, das Waren für eine Vielzahl von Kunden einlagert, eine anlasslose Überprüfung sämtlicher von ihm in Besitz genommenen Waren auf mögliche Rechtsverletzungen abzuverlangen. Für den Bereich des Internets ist mit Blick auf die Haftungsprivilegierung der Diensteanbieter nach den Art. 12 bis 15 der Richtlinie 2000/31/EG und den §§ 7 bis 10 TMG anerkannt, dass Betreiber von Internetplattformen mit Blick auf fremde Inhalte keiner allgemeinen, proaktiven Prüfungspflicht unterliegen, sondern erst tätig werden müssen, wenn sie auf eine klare Rechtsverletzung hingewiesen worden sind.7)

Aber auch ein Unternehmer, der sich - außerhalb des Anwendungsbereichs der gesetzlichen Privilegierung von Diensteanbietern - bei der Werbung im Internet eines Hyperlinks bedient, haftet regelmäßig nicht, bevor er einen Hinweis auf rechtswidrige Inhalte auf den verlinkten Seiten erhalten hat.8)

Aber auch ein Unternehmer, der sich - außerhalb des Anwendungsbereichs der gesetzlichen Privilegierung von Diensteanbietern - bei der Werbung im Internet eines Hyperlinks bedient, haftet regelmäßig nicht, bevor er einen Hinweis auf rechtswidrige Inhalte auf den verlinkten Seiten erhalten hat.9)

Auch einem Mieter von Markthallen, der die verschiedenen in diesen Hallen befindlichen Verkaufsflächen an Händler untervermietet, von denen einige ihren Stand zum Verkauf von Fälschungen von Markenerzeugnissen nutzen, kann keine generelle und ständige Überwachung seiner Kunden abverlangt werden.10)

Gleichermaßen ist auch ein Spediteur oder Frachtführer keiner generellen Prüfpflicht unterworfen, weil die hiermit verbundene Beeinträchtigung seiner Tätigkeit mit Blick auf den durch die in den Verletzungstatbeständen aufgeführten Handlungsmodalitäten hinreichend gewährleisteten Schutz des Immaterialgüterrechts nicht gerechtfertigt ist.11)

siehe auch

Haftung (Privatrecht)

1) , 2) , 3)
BGH, Urteil vom 21. Januar 2021 - I ZR 20/17 - Davidoff Hot Water IV
4)
st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteil vom 21. Januar 2021 - I ZR 20/17 - Davidoff Hot Water IV; BGH, Urteil vom 5. März 2020 - I ZR 32/19, GRUR 2020, 738 Rn. 42 = WRP 2020, 861 - Internetradiorecorder, mwN
5)
BGH, Urteil vom 21. Januar 2021 - I ZR 20/17 - Davidoff Hot Water IV; im Anschluss an EuGH, GRUR 2020, 637 - Coty Germany/Amazon Services Europe u. a.
6)
BGH, Urteil vom 21. Januar 2021 - I ZR 20/17 - Davidoff Hot Water IV; m.V.a. auf die st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteil vom 12. Mai 2010 - I ZR 121/08, BGHZ 185, 330 Rn. 19 - Sommer unseres Lebens; Urteil vom 26. November 2015 - I ZR 174/14, BGHZ 208, 82 Rn. 21 - Störerhaftung des Accessproviders; Urteil vom 3. März 2016 - I ZR 140/14, GRUR 2016, 936 Rn. 16 = WRP 2016, 1107 - Angebotsmanipulation bei Amazon; Urteil vom 7. März 2019 - I ZR 53/18, GRUR 2019, 947 Rn. 15 = WRP 2019, 1025 - Bring mich nach Hause, jeweils mwN
7)
BGH, Urteil vom 21. Januar 2021 - I ZR 20/17 - Davidoff Hot Water IV; m.V.a. EuGH, Urteil vom 12. Juli 2011 - C-324/09, GRUR 2011, 1025 Rn. 109 ff. und 139 = WRP 2011, 1129 - L'Oréal/eBay; BGH, Urteil vom 17. August 2011 - I ZR 57/09, BGHZ 191, 19 Rn. 21 - Stiftparfüm; Urteil vom 5. Februar 2015 - I ZR 240/12, GRUR 2015, 485 Rn. 51 = WRP 2015, 577 - Kinderhochstühle im Internet III, mwN; vgl. aber BGH, Beschluss vom 13. September 2018 - I ZR 140/15, GRUR 2018, 1132 Rn. 46 = WRP 2018, 1338 - YouTube; Beschluss vom 20. September 2018 - I ZR 53/17, GRUR 2018, 1239 Rn. 37 = WRP 2018, 1480 - uploaded
8)
BGH, Urteil vom 21. Januar 2021 - I ZR 20/17 - Davidoff Hot Water IV; m.V.a. BGH, Urteil vom 18. Juni 2015 - I ZR 74/14, BGHZ 206, 103 Rn. 25 - Haftung
9)
BGH, Urteil vom 21. Januar 2021 - I ZR 20/17 - Davidoff Hot Water IV; m.V.a. BGH, Urteil vom 18. Juni 2015 - I ZR 74/14, BGHZ 206, 103 Rn. 25 - Haftung für Hyperlink
10)
BGH, Urteil vom 21. Januar 2021 - I ZR 20/17 - Davidoff Hot Water IV; vgl. EuGH, Urteil vom 7. Juli 2016 - C-494/15, GRUR 2016, 1062 Rn. 34 - Tommy Hilfiger Licensing LLC ua/Delta Center a. s.
11)
BGHZ 182, 245 Rn. 41 - MP3 Player-Import [zum Patentrecht]