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verfahrensrecht:rechtswegpruefung

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Rechtswegprüfung

§ 17a GVG

(1) Hat ein Gericht den zu ihm beschrittenen Rechtsweg rechtskräftig für zulässig erklärt, sind andere Gerichte an diese Entscheidung gebunden.

(2) Ist der beschrittene Rechtsweg unzulässig, spricht das Gericht dies nach Anhörung der Parteien von Amts wegen aus und verweist den Rechtsstreit zugleich an das zuständige Gericht des zulässigen Rechtsweges. Sind mehrere Gerichte zuständig, wird an das vom Kläger oder Antragsteller auszuwählende Gericht verwiesen oder, wenn die Wahl unterbleibt, an das vom Gericht bestimmte. Der Beschluß ist für das Gericht, an das der Rechtsstreit verwiesen worden ist, hinsichtlich des Rechtsweges bindend.

(3) Ist der beschrittene Rechtsweg zulässig, kann das Gericht dies vorab aussprechen. Es hat vorab zu entscheiden, wenn eine Partei die Zulässigkeit des Rechtsweges rügt.

(4) Der Beschluß nach den Absätzen 2 und 3 kann ohne mündliche Verhandlung ergehen. Er ist zu begründen. Gegen den Beschluß ist die sofortige Beschwerde nach den Vorschriften der jeweils anzuwendenden Verfahrensordnung gegeben. Den Beteiligten steht die Beschwerde gegen einen Beschluß des oberen Landesgerichts an den obersten Gerichtshof des Bundes nur zu, wenn sie in dem Beschluß zugelassen worden ist. Die Beschwerde ist zuzulassen, wenn die Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat oder wenn das Gericht von der Entscheidung eines obersten Gerichtshofes des Bundes oder des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes abweicht. Der oberste Gerichtshof des Bundes ist an die Zulassung der Beschwerde gebunden.

(5) Das Gericht, das über ein Rechtsmittel gegen eine Entscheidung in der Hauptsache entscheidet, prüft nicht, ob der beschrittene Rechtsweg zulässig ist.

(6) Die Absätze 1 bis 5 gelten für die in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, Familiensachen und Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit zuständigen Spruchkörper in ihrem Verhältnis zueinander entsprechend.

Die Vorschrift des § 17a GVG ist für Streitigkeiten über die Frage, ob ein Rechtsschutzbegehren im Zivilrechtsweg oder nach den Vorschriften des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit zu behandeln ist, anzuwenden. Die §§ 17 bis 17b GVG enthalten allgemeine Rechtsgrundsätze. Danach ist die Rechtswegfrage vor der Verhandlung in erster Instanz oder auf eine Beschwerde gegen einen gemäß § 17a Abs. 3 Satz 2 GVG erlassenen Beschluss abschließend zu klären. Diese Grundsätze sind im Verhältnis der streitigen ordentlichen Gerichtsbarkeit zur freiwilligen Gerichtsbarkeit entsprechend anwendbar.1)

Die Unterschiede der beiden Verfahrensarten rechtfertigen es, Kompetenzkonflikte zwischen ihnen wie Rechtswegstreitigkeiten zu behandeln. Dies gilt uneingeschränkt, soweit es um die sogenannten echten Streitverfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit geht, also um die Verfahren, in denen das Gericht der freiwilligen Gerichtsbarkeit materiell rechtskräftig über subjektive Rechte zwischen den Beteiligten entscheidet, die sich im entgegengesetzten Interesse gegenüberstehen, und für Antragsverfahren2). Dies hat der Gesetzgeber durch die mit Wirkung vom 1. September 2009 eingeführte Regelung des § 17a Abs. 6 GVG klargestellt.3)

Die Vorschrift des § 17a Abs. 5 GVG ist dann nicht anzuwenden, wenn die Vorinstanzen entgegen § 17a Abs. 3 Satz 2 GVG über die Zulässigkeit des Rechtswegs nicht vorab durch Beschluss entschieden haben, obwohl diese von einer Partei gerügt worden ist. Die Vorschrift des § 17a Abs. 5 GVG steht in engem Zusammenhang mit der Regelung des § 17a Abs. 1 bis 4 GVG, die für die Rechtswegfrage eine für alle Gerichtszweige und Instanzen bindende, beschwerdefähige Vorabentscheidung vorsieht. Die Beschränkung der Prüfungskompetenz des Rechtsmittelgerichts durch § 17a Abs. 5 GVG rechtfertigt sich daraus, dass die Rechtswegfrage im Beschwerdeverfahren zu prüfen ist. Diese Rechtfertigung fehlt, wenn das Gericht erster Instanz das durch § 17a Abs. 3 Satz 2 GVG vorgesehene Verfahren nicht eingehalten hat mit der Folge, dass es an einer beschwerdefähigen Entscheidung fehlt. In einem solchen Fall greift § 17a Abs. 5 GVG nicht ein. Andernfalls würde die vom Gesetz gewollte Möglichkeit, die Frage der Zulässigkeit des Rechtswegs von dem Rechtsmittelgericht überprüfen zu lassen, aufgrund eines Verfahrensfehlers des Gerichts abgeschnitten4). Nichts anderes kann gelten, wenn wie im Streitfall die Gerichte erster und zweiter Instanz nicht vorab über die Rechtswegfrage entschieden haben, obwohl eine Partei - hier die Beklagte - den beschrittenen Rechtsweg zu den Gerichten der streitigen ordentlichen Gerichtsbarkeit als unzulässig gerügt hat.5)

Haben die Parteien die Zulässigkeit des beschrittenen Rechtswegs nicht gerügt und durfte das erstinstanzliche Gericht deshalb von einer Vorabentscheidung nach § 17a Abs. 3 GVG absehen, ist das Rechtsmittelgericht an die auch nur stillschweigend bejahte Rechtswegzuständigkeit selbst in zweifelhaften Fällen gebunden 6)

Unterbleibt die Entscheidung nach § 17a Abs. 2 oder 3 GVG, ist die Zulässigkeit des Rechtswegs vom Rechtsmittelgericht der Hauptsache zu prüfen, und zwar auch noch in der Revisionsinstanz, wenn das Berufungsgericht - wie hier - die Frage nicht vorab geprüft hat und die Parteien deshalb bisher keine Gelegenheit hatten, die zunächst getroffene Entscheidung in diesem Punkt überprüfen zu lassen.7).

Die Prüfung in der Revisionsinstanz ist durch § 545 Abs. 2 ZPO nicht ausgeschlossen. Insoweit geht § 17a Abs. 5 GVG vor.8)

siehe auch

1)
BGH, Urteil vom 21. September 2017 - I ZR 58/16 - Sicherung der Drittauskunft; m.V.a. BGH, Beschluss vom 5. April 2001 - III ZB 48/00, NJW 2001, 2181; Urteil vom 20. Januar 2005 - III ZR 278/04, NJW-RR 2005, 721, 722
2)
BGH, NJW 2001, 2181
3)
BGH, Urteil vom 21. September 2017 - I ZR 58/16 - Sicherung der Drittauskunft; m.V.a. Zöller/Lückemann, ZPO, 31. Aufl., § 17a GVG Rn. 21
4)
vgl. BGH, BGHZ 119, 246, 250 - Rechtswegprüfung
5)
BGH, Urteil vom 21. September 2017 - I ZR 58/16 - Sicherung der Drittauskunft
6)
BGH, Beschluss vom 27. Juli 2023 - I ZB 75/22;m.V.a. BGH, Beschluss vom 18. September 2008 - V ZB 40/08,NJW 2008, 3572 [juris Rn. 13 f., 16 f.]; Jacobs in Stein/Jonas, ZPO, 23. Aufl., § 17a GVG Rn. 24
7)
BGH, Urteil vom 21. September 2017 - I ZR 58/16 - Sicherung der Drittauskunft; m.V.a. BGH, Urteil vom 30. Juni 1995 - V ZR 118/94, BGHZ 130, 159, 163 f.
8)
BGH, Urteil vom 21. September 2017 - I ZR 58/16 - Sicherung der Drittauskunft; m.V.a. Zöller/Heßler aaO § 545 Rn. 16; MünchKomm.ZPO/Krüger, 5. Aufl., § 545 Rn. 18
verfahrensrecht/rechtswegpruefung.1695903159.txt.gz · Zuletzt geändert: 2023/09/28 12:12 von areichelt