Einfluß der Unteransprüche auf die Auslegung des Hauptanspruchs

Die Ermittlung des Sinngehalts eines Unteranspruchs kann grundsätzlich zur richtigen Auslegung des Hauptanspruchs beitragen.1) Denn Unteransprüche gestalten die im Hauptanspruch unter Schutz gestellte Lösung weiter aus und können daher - mittelbar - Erkenntnisse über deren technische Lehre zulassen.2)

Dabei ist jedoch zu beachten, dass sie regelmäßig den Gegenstand des Hauptanspruchs nicht einengen, sondern, nicht anders als Ausführungsbeispiele, lediglich - gegebenenfalls mit einem zusätzlichen Vorteil verbundene - Möglichkeiten seiner Ausgestaltung aufzeigen.3)

Inwieweit sich aus dem Gegenstand eines Unteranspruchs tragfähige Rückschlüsse für das Verständnis des Hauptanspruchs und der in ihm verwendeten Begriffe gewinnen lassen, hängt im Übrigen von den Umständen des Einzelfalls ab, insbesondere auch davon, worin die mit dem Unteranspruch vorgeschlagene Ergänzung der technischen Lehre des Hauptanspruchs besteht und auf welche Weise sie den Gegenstand des Hauptanspruchs fortbildet. Wird dadurch etwa ein Merkmal im Interesse funktionaler Optimierung um einen dieses Merkmal weiter ausformenden Aspekt ergänzt, kann dies unter Umständen eher tragfähige Rückschlüsse auf das dem betreffenden Merkmal im Rahmen der Lehre des Klagepatents beizulegende Verständnis ermöglichen, als wenn den Merkmalen des Hauptanspruchs additiv ein weiteres Element hinzugefügt wird. Rückschlüsse von der Beschaffenheit des Zusatzmerkmals auf das „richtige“ Verständnis des Hauptanspruchs werden sich in diesem Fall jedenfalls nicht ohne Weiteres ziehen lassen.4)

siehe auch

Auslegung der Patentansprüche

1)
BGH, Urteil vom 10. Mai 2016 - X ZR 114/13 - Wärmetauscher; m.V.a. Schulte/ Rinken/Kühnen, PatG, 9. Aufl., § 14 Rn. 26
2) , 3) , 4)
BGH, Urteil vom 10. Mai 2016 - X ZR 114/13 - Wärmetauscher