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wettbewerbsrecht:verbot_des_vorenthalts_wesentlicher_informationen_fuer_den_verbraucher

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 +====== Verbot des Vorenthalts wesentlicher Informationen für den Verbraucher  ======
  
 +<note>
 +**§ 5a (2) UWG**
 +
 +
 +Unlauter handelt, wer im konkreten Fall unter Berücksichtigung aller Umstände dem Verbraucher eine wesentliche Information vorenthält,
 +
 +1. die der Verbraucher je nach den Umständen benötigt, um eine informierte geschäftliche Entscheidung zu treffen, und
 +
 +2. deren Vorenthalten geeignet ist, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte.
 +
 +Als Vorenthalten gilt auch
 +
 +1.das Verheimlichen wesentlicher Informationen,
 +
 +2.die Bereitstellung wesentlicher Informationen in unklarer, unverständlicher oder zweideutiger Weise,
 +
 +3.die nicht rechtzeitige Bereitstellung wesentlicher Informationen.
 +</note>
 +
 +-> [[Prüfzeichen]] \\
 +-> [[Preisvergleichsportal]] \\
 +
 +
 +
 +Nach § 5a Abs. 2 UWG aF handelte unlauter, wer die Entscheidungsfähigkeit von Verbrauchern im Sinne des § 3 Absatz 2 UWG aF dadurch beeinflusste, dass er eine Information vorenthielt, die im konkreten Fall unter Berücksichtigung
 +aller Umstände einschließlich der Beschränkungen des Kommunikationsmittels wesentlich war. Nach § 5a Abs. 2 Satz 1 UWG handelt nunmehr unlauter, wer im konkreten Fall unter Berücksichtigung aller Umstände dem Verbraucher eine wesentliche Information vorenthält, die dieser je nach den Umständen benötigt, um eine informierte geschäftliche Entscheidung zu treffen (Nr. 1), und deren Vorenthalten geeignet ist, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte (Nr. 2). 
 +
 +Als Vorenthalten gilt nach § 5a Abs. 2 Satz 2 UWG auch das Verheimlichen wesentlicher Informationen (Nr. 1), die Bereitstellung wesentlicher Informationen in unklarer, unverständlicher oder zweideutiger Weise (Nr. 2) und die nicht rechtzeitige Bereitstellung wesentlicher Informationen (Nr. 3).((BGH, Urteil vom 27. April 2017 - I ZR 55/16 - Preisportal))
 +
 +Diese Bestimmung setzt Art. 7 Abs. 3 der Richtlinie 2005/29/EG [-> [[Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken]]] um und ist richtlinienkonform auszulegen. Nach Art. 7 Abs. 3 der Richtlinie sind, wenn das für die Geschäftspraxis verwendete Kommunikationsmittel räumliche oder
 +zeitliche Beschränkungen auferlegt, bei der Entscheidung darüber, ob Informationen vorenthalten wurden, diese Beschränkungen sowie alle Maßnahmen zu berücksichtigen, die der Gewerbetreibende getroffen hat, um den Verbrauchern
 +die Informationen anderweitig zur Verfügung zu stellen.((BGH, Urteil vom 27. Juli 2017 - I ZR 153/16 - 19% MwSt. GESCHENKT))
 +
 +Der Gesetzgeber hat mit der redaktionellen Anpassung des Wortlauts dieser Vorschrift an den Wortlaut des Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2005/29/EG nachvollzogen, dass auch bei einer wesentlichen Information abzuwägen ist, ob der Verbraucher diese tatsächlich benötigt((BGH, Urt. vom 18. Oktober 2017 - I ZR 260/16; m.V.a. die Begründung des Regierungsentwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb, BT-Drucks. 18/4535, S. 9 und 16; Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses, BT-Drucks. 18/6571, S. 9 und 15; Köhler WRP 2013, 1419, 1420))
 +
 + Die Voraussetzungen des in § 5a Abs. 2 UWG geregelten Unlauterkeitstatbestands, dass der Verbraucher die ihm vorenthaltene wesentliche Information "je nach den Umständen benötigt, um eine informierte Entscheidung
 +zu treffen" und "deren Vorenthalten geeignet ist, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er anderenfalls nicht getroffen hätte", stellen eigenständige Tatbestandsmerkmale dar, die als solche selbständig zu prüfen sind.((BGH, Urteil vom 18. Oktober 2017 - I ZR 84/16 - Kraftfahrzeugwerbung; m.V.a. BGH, GRUR 2017, 922 Rn. 31 - Komplettküchen; Alexander, WRP 2016, 139, 142))
 +
 +Das Vorenthalten einer wesentlichen Information ist daher nur unlauter, wenn es geeignet ist, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er anderenfalls nicht getroffen hätte.((BGH, Urteil vom 18. Oktober 2017 - I ZR 84/16 - Kraftfahrzeugwerbung; m.V.a. BGH, GRUR 2016, 1076 Rn. 55 - LGA tested; GRUR 2017, 922 Rn. 32 f. - Komplettküchen))
 +
 +Auf die Maßnahmen, die der Gewerbetreibende getroffen hat, um den Verbrauchern die Informationen anderweitig zur Verfügung zu stellen, kommt es danach nur an, wenn das Kommunikationsmedium räumliche oder zeitliche Beschränkungen
 +für die erforderlichen Angaben aufweist. Bestehen für ein Kommunikationsmittel dagegen keine ins Gewicht fallende räumliche oder zeitliche Beschränkungen, kann der Unternehmer nicht mit Erfolg geltend machen, er
 +habe die Informationen an anderer Stelle zur Verfügung gestellt.((BGH, Urteil vom 27. Juli 2017 - I ZR 153/16 - 19% MwSt. GESCHENKT; m.V.a. Köhler in Köhler/Bornkamm, UWG, 35. Aufl., § 5a Rn. 6.11; Obergfell in Fezer/Büscher/Obergfell, UWG, 3. Aufl., § 5a Rn. 98))
 +
 +Der Verbraucher benötigt die Angaben zu den von der Preiswerbung ausgeschlossenen Waren, um informiert die geschäftliche Entscheidung zu treffen, sich im Einrichtungshaus der Beklagten über deren konkrete Angebote von
 +Möbeln, Küchen und Matratzen zu unterrichten. Zu Recht hat das Berufungsgericht angenommen, die Bedingungen der Inanspruchnahme von Preisnachlässen seien auch im nichtelektronischen Geschäftsverkehr als wesentliche Informationen im Sinne des § 5a Abs. 2 UWG anzusehen. Nach Art. 6 Buchst. c der Richtlinie 2000/31/EG und § 6 Abs. 1 Nr. 3 TMG müssen im elektronischen Geschäftsverkehr die Bedingungen für die Inanspruchnahme von Verkaufsförderungsmaßnahmen leicht zugänglich sein sowie klar und unzweideutig angegeben werden. Nach wie vor ist ein unterschiedliches Schutzniveau für elektronischen und nichtelektronischen Geschäftsverkehr nicht zu rechtfertigen.((BGH, Urteil vom 27. Juli 2017 - I ZR 153/16 - 19% MwSt. GESCHENKT; m.V.a. BGH, GRUR 2009, 1064 Rn. 19 - Geld-zurück-Garantie II; OLG Jena, WRP 2016, 1387))
 +
 +Zu den Bedingungen der Inanspruchnahme gehört bei Preisnachlässen die Angabe, welche Waren oder Warengruppen mit welchen Preisnachlässen erworben werden können.((BGH, Urteil vom 27. Juli 2017 - I ZR 153/16 - 19% MwSt. GESCHENKT; m.V.a. OLG Jena, WRP 2016, 1388; Köhler in Köhler/Bornkamm in Köhler/Born-kamm, UWG, 34. Aufl., § 5a Rn. 5.29))
 +
 +Das Vorenthalten der Information über die vom Preisnachlass und Rabatt
 +ausgeschlossenen Waren in der Anzeige ist geeignet, den Verbraucher zu
 +einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen
 +hätte.((BGH, Urteil vom 27. Juli 2017 - I ZR 153/16 - 19% MwSt. GESCHENKT))
 +
 +Eine Information wird dem Verbraucher im Sinne von § 5a Abs. 2 Satz 1 UWG vorenthalten, wenn sie zum Geschäfts- und Verantwortungsbereich des Unternehmers gehört oder dieser sie sich mit zumutbarem Aufwand
 +beschaffen kann und der Verbraucher sie nicht oder nicht so erhält, dass er sie bei seiner geschäftlichen Entscheidung berücksichtigen kann.((BGH, Urteil vom 2. März 2017 - I ZR 41/16 - Komplettküchen
 +; m.V.a. BGH, Urteil vom 21. Juli 2016 - I ZR 26/15, GRUR 2016, 1076 Rn. 27 = WRP 2016, 1221 - LGA tested, mwN))
 +
 +
 +Eine Information ist wesentlich im Sinne des § 5a Abs. 2 UWG, wenn ihre Angabe unter Berücksichtigung der beiderseitigen Interessen vom Unternehmer erwartet werden kann und ihr für die vom Verbraucher zu treffende geschäftliche Entscheidung erhebliches Gewicht zukommt.((BGH, Urteil vom 21. Juli 2016 - I ZR 26/15 - LGA tested))
 +
 +Bei der vorzunehmenden Interessenabwägung sind auf Seiten des Unternehmers dessen zeitlicher und kostenmäßiger Aufwand für die Beschaffung der Information, die für den Unternehmer mit der Informationserteilung verbundenen Nachteile sowie möglicherweise bestehende Geheimhaltungsbelange zu berücksichtigen.((BGH, Urteil vom 21. Juli 2016 - I ZR 26/15 - LGA tested))
 +
 +Die Frage, ob eine Information für die geschäftliche Entscheidung des Verbrauchers von besonderem Gewicht ist, ist nach dem Erwartungs- und Verständnishorizont des Durchschnittsverbrauchers zu beurteilen.((BGH, Urteil vom 21. Juli 2016 - I ZR 26/15 - LGA tested))
 +
 +Eine Information ist wesentlich im Sinne des § 5a Abs. 2 UWG, wenn ihre Angabe unter Berücksichtigung der beiderseitigen Interessen vom Unternehmer erwartet werden kann und ihr für die geschäftliche Entscheidung
 +des Verbrauchers ein erhebliches Gewicht zukommt.((BGH, Beschluss vom 15. Dezember 2016 - I ZR 241/15 - Entertain; m.V.a. BGH, Urteil vom  16. Mai 2012 - I ZR 74/11, GRUR 2012, 1275 Rn. 36 = WRP 2013, 57 - Zweigstellenbriefbogen; BGH, GRUR 2016, 1076 Rn. 31 - LGA tested Rn. 31))
 +
 +Eine Information ist nicht allein schon deshalb wesentlich im Sinne des § 5a Abs. 2 UWG, weil sie für die geschäftliche Entscheidung des Verbrauchers von Bedeutung sein kann, sondern nur dann, wenn ihre Angabe unter
 +Berücksichtigung der beiderseitigen Interessen vom Unternehmer erwartet werden kann und ihr für die geschäftliche Entscheidung des Verbrauchers zudem ein erhebliches Gewicht zukommt.((BGH, Urteil vom 27. April 2017 - I ZR 55/16 - Preisportal; m.V.a. BGH, Urteil vom 16. Mai 2012 - I ZR 74/11, GRUR 2012, 1275 Rn. 36 = WRP 2013, 57 - Zweigstellenbriefbogen; BGH, GRUR 2016, 1076 Rn. 31 - LGA tested))
 +
 +Die Beurteilung, ob eine Information im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände als wesentlich
 +anzusehen ist, ist Sache der Gerichte der Mitgliedstaaten.((BGH, Urteil vom 27. April 2017 - I ZR 55/16 - Preisportal; m.V.a. EuGH, Urteil vom 12. Mai 2011 - C-122/10, Slg. 2011, I-3903 = GRUR 2011, 930 Rn. 52 und
 +58 - Ving Sverige; BGH, Urteil vom 19. Februar 2014 - I ZR 17/13, GRUR 2014, 584 Rn. 11 und 22 = WRP 2014, 686 - Typenbezeichnung))
 +
 +Die Frage, ob eine Information für die geschäftliche Entscheidung des Verbrauchers von besonderem Gewicht ist, ist nach dem Erwartungs- und Verständnishorizont des Durchschnittsverbrauchers zu beurteilen.((BGH, Urteil vom 27. April 2017 - I ZR 55/16 - Preisportal; m.V.a. BGH, GRUR 2014, 584 Rn. 14 - Typenbezeichnung; GRUR 2016, 1076 Rn. 37 - LGA tested))
 +
 +Die Einschätzung des Verkehrsverständnisses des Durchschnittsverbrauchers ist in erster Linie Aufgabe des Tatrichters, die vom Revisionsgericht nur darauf überprüft werden kann, ob das Berufungsgericht bei seiner Würdigung einen falschen rechtlichen Maßstab angewendet, gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstoßen oder wesentliche Umstände unberücksichtigt gelassen hat.((BGH, Urteil vom 27. April 2017 - I ZR 55/16 - Preisportal; m.V.a. BGH, GRUR 2016, 1076 Rn. 37 - LGA tested))
 +
 +
 +"Wesentliche Merkmale der Ware oder Dienstleistung" im Sinne des § 5a Abs. 3 Nr. 1 UWG sind Eigenschaften des Produkts, hinsichtlich derer ein Durchschnittsverbraucher eine Information billigerweise erwarten darf, um eine
 +informierte Entscheidung treffen zu können.((BGH, Beschluss vom 15. Dezember 2016 - I ZR 241/15 - Entertain; m.V.a. Köhler in Köhler/Bornkamm in Köhler/Born-kamm, UWG, 34. Aufl., § 5a Rn. 4.24 f.)) 
 +
 +An der Rechtsprechung des Senats, wonach eine spürbare Irreführung durch Unterlassen ohne Weiteres vorliegt, wenn dem Verbraucher Informationen vorenthalten werden, die das Unionsrecht als wesentlich einstuft, kann unter der Geltung des mit Wirkung vom 20. Dezember 2015 geänderten § 5a Abs. 2 UWG nicht festgehalten werden.((BGH, Urteil vom 2. März 2017 - I ZR 41/16 - Komplettküchen))
 +
 +Der Verbraucher wird eine wesentliche Information regelmäßig und insbesondere dann für eine informierte Kaufentscheidung benötigen, wenn die Information wesentliche Merkmale der Ware oder Dienstleistung im Sinne von § 5a Abs. 3 Nr. 1 UWG betrifft. Den Unternehmer, der das Gegenteil behauptet, trifft insoweit eine sekundäre Darlegungslast.((BGH, Urteil vom 2. März 2017 - I ZR 41/16 - Komplettküchen))
 +
 +Sofern im konkreten Fall keine besonderen Umstände vorliegen, ist grundsätzlich davon auszugehen, dass das Vorenthalten einer wesentlichen Information, die der Verbraucher nach den Umständen benötigt, um eine informierte Entscheidung zu treffen, auch geeignet ist, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er bei der geboten gewesenen Information nicht getroffen hätte.((BGH, Urteil vom 2. März 2017 - I ZR 41/16 - Komplettküchen))
 +
 +Der Verbraucher wird eine wesentliche Information schon im Allgemeinen und insbesondere in Fällen, in denen sie wesentliche Merkmale der Ware oder Dienstleistung im Sinne von § 5a Abs. 3 Nr. 1 UWG betrifft, für eine informierte
 +Kaufentscheidung benötigen((vgl. Sosnitza in Ohly/Sosnitza aaO § 5a Rn. 66; Köhler, WRP 2017, 1, 4)). Das gilt in besonderem Maße für Typenbezeichnungen von Haushaltsgeräten, weil die durch sie bewirkte Individualisierung
 +es dem Verbraucher ermöglicht, die Geräte genau zu identifizieren und - darauf aufbauend - deren Eigenschaften und Preis mit den Eigenschaften und dem Preis konkurrierender Produkte und Angebote zu vergleichen.((BGH, Urteil vom 2. März 2017 - I ZR 41/16 - Komplettküchen; zu § 5a Abs. 2 und 3 Nr. 1 UWG aF vgl. BGH, GRUR 2014, 584 Rn. 17 - Typenbezeichnung))
 +
 +Ebenso wird, sofern im konkreten Fall keine besonderen Umstände vorliegen, grundsätzlich davon auszugehen sein, dass das Vorenthalten einer wesentlichen Information, die der Verbraucher nach den Umständen benötigt, um
 +eine informierte Entscheidung zu treffen, geeignet ist, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er bei der geboten gewesenen Information nicht getroffen hätte.((BGH, Urteil vom 2. März 2017 - I ZR 41/16 - Komplettküchen; m.V.a. BGH, GRUR 2016, 403 Rn. 25 - Fress- napf; GRUR 2016, 1076 Rn. 55 - LGA tested; OLG Bamberg, MD 2016, 537, 542 f.; Köhler in Köhler/Bornkamm aaO § 5a Rn. 3.44; ders., WRP 2017, 1, 5 mwN))
 +
 +Zum einen kann regelmäßig nicht davon ausgegangen werden, dass der Verbraucher in einer solchen Situation von einer geschäftlichen Entscheidung absieht und deshalb nicht Gefahr läuft, eine andere Entscheidung zu treffen als dann, wenn er in der nach den Umständen gebotenen Weise informiert worden wäre. Zum anderen kann eine geschäftliche Entscheidung auch darin bestehen, dass der Verbraucher ein Tätigwerden unterlässt.((BGH, Urteil vom 2. März 2017 - I ZR 41/16 - Komplettküchen; § 2 Abs. 1 Nr. 9 UWG; Art. 2 Buchst. k der Richtlinie 2005/29/EG; Köhler in Köhler/Bornkamm aaO § 2 Rn. 150; jurisPK-UWG/Ernst, 4. Aufl., § 2 Rn. 55))
 +
 +
 +Bei der Prüfung, ob Informationen vorenthalten werden, kommt es auf Maßnahmen, die der Gewerbetreibende getroffen hat, um den Verbrauchern die Informationen anderweitig zur Verfügung zu stellen, nur an, wenn das für die Werbung benutzte Kommunikationsmedium räumliche oder zeitliche Beschränkungen für die erforderlichen Angaben aufweist.((BGH, Urteil vom 27. Juli 2017 - I ZR 153/16 - 19% MwSt. GESCHENKT))
 +
 +Die Bedingungen der Inanspruchnahme von Preisnachlässen sind auch im nichtelektronischen Geschäftsverkehr wesentliche Informationen im Sinne des § 5a Abs. 2 UWG.((BGH, Urteil vom 27. Juli 2017 - I ZR 153/16 - 19% MwSt. GESCHENKT))
 +
 +Bei einer auf ein Warensortiment bezogenen Preiswerbung sind die Angaben zu den von der Aktion ausgeschlossenen Waren und Lieferanten schon in dem für die Werbung benutzten Kommunikationsmittel selbst zu machen, sofern räumliche oder zeitliche Beschränkungen dieses Kommunikationsmediums nicht entgegenstehen.((BGH, Urteil vom 27. Juli 2017 - I ZR 153/16 - 19% MwSt. GESCHENKT))
 +
 +An der gleichrangigen Prüfung von § 3a UWG und § 5a Abs. 2 und Abs. 4 UWG hält der Senat in Fällen der Verletzung einer Informationspflicht in Bezug auf kommerzielle Kommunikation nicht länger fest. In diesen Fällen ist die
 +Unlauterkeit vielmehr allein nach § 5a Abs. 2 und 4 UWG zu beurteilen.((BGH, Urteil vom 7. April 2022 - I ZR 143/19 - Knuspermüsli II; m.V.a. OLG Frankfurt, GRUR-RR 2017, 62, 63 [juris Rn. 23]; WRP 2018, 241, 243 [juris Rn. 26 f.]; GRUR-RR 2019, 283, 284 f. [juris Rn. 16 und 40]; Köhler in Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 40. Aufl., § 3a Rn. 1.19, § 5a Rn. 5.5 und 5.20; ders., WRP 2017, 1 Rn. 53 f.; ders., WRP 2017, 302 Rn. 7; Ohly in Ohly/Sosnitza, UWG, 7. Aufl., § 3a Rn. 8a; Sosnitza in Ohly/Sosnitza aaO § 5a Rn. 85; MünchKomm.UWG/Alexander, 3. Aufl., § 5a Rn. 85 f.; ders., GRUR-Prax 2019, 289; ders., GRUR 2021, 1445, 1449; Dreyer in Harte/Henning, UWG, 5. Aufl., § 5a Rn. 16 und 211; Großkomm.UWG/Leistner, 3. Aufl., § 5a Rn. 68; Helm/Sonntag/Burger in Gloy/Loschelder/Danckwerts, Handbuch des Wettbewerbsrechts, 5. Aufl., § 59 Rn. 466; Lettl, WRP 2019, 1265 Rn. 40))
 +
 +
 +
 +
 +==== § 5a Abs. 2 Satz 1 UWG ====
 +
 +Nach § 5a Abs. 2 Satz 1 UWG in der seit dem 10. Dezember 2015
 +geltenden Fassung handelt unlauter, wer im konkreten Fall unter Berücksichtigung
 +aller Umstände dem Verbraucher eine wesentliche Information vorenthält,
 +die dieser je nach den Umständen benötigt, um eine informierte geschäftliche
 +Entscheidung zu treffen (Nr. 1), und deren Vorenthalten geeignet ist, ihn zu einer
 +geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er anderenfalls nicht getroffen
 +hätte (Nr. 2). Als Vorenthalten gilt nach § 5a Abs. 2 Satz 2 UWG auch
 +das Verheimlichen wesentlicher Informationen (Nr. 1), die Bereitstellung wesentlicher
 +Informationen in unklarer, unverständlicher oder zweideutiger Weise
 +(Nr. 2) und die nicht rechtzeitige Bereitstellung wesentlicher Informationen
 +(Nr. 3).((BGH, Urteil v. 5. Oktober 2017 - I ZR 4/17))
 +
 +§ 5a Abs. 2 Satz 1 UWG dient der Umsetzung von Art. 7 Abs. 1 der [[Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken|Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken]] von Unternehmen gegenüber Verbrauchern im Binnenmarkt((vgl. BGH, Urteil vom 10. November 2016
 +- I ZR 29/15, GRUR 2017, 286 Rn. 15 = WRP 2017, 296 - Hörgeräteausstellung, mwN)), nach dem eine Geschäftspraxis als irreführend gilt, wenn sie im konkreten Fall unter Berücksichtigung aller tatsächlichen Umstände und der Beschränkungen des Kommunikationsmediums wesentliche Informationen vorenthält, die der durchschnittliche Verbraucher je nach den Umständen benötigt, um eine informierte geschäftliche Entscheidung zu treffen, und die somit einen Durchschnittsverbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung veranlasst oder zu veranlassen geeignet ist, die er sonst nicht getroffen hätte. Art. 7 Abs. 5 dieser Richtlinie, auf dessen Grundlage § 5a Abs. 4 UWG erlassen wurde((vgl. BGH, Urteil vom 5. Oktober 2017 - I ZR 232/16, GRUR 2018, 438 Rn. 28 = WRP 2018, 420 - Energieausweis)), bestimmt, dass die im Unionsrecht festgelegten Informationsanforderungen in Bezug auf kommerzielle Kommunikation einschließlich Werbung oder Marketing, auf die in der nicht erschöpfenden Liste des Anhangs II der Richtlinie verwiesen wird, als wesentlich gelten.((BGH, Urteil vom 7. April 2022 - I ZR 143/19 - Knuspermüsli II))
 +
 +Nach der Vorschrift des § 5a Abs. 2 Satz 1 UWG, deren Änderung durch das Zweite Gesetz zur Änderung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb die zuvor unter der Geltung des § 5a Abs. 2 UWG aF bestehende
 +Rechtslage nicht geändert hat((vgl. BGH, Urteil vom 21. Juli 2016 - I ZR 26/15, GRUR 2016, 1076 Rn. 18 = WRP 2016, 1221 - LGA tested)), handelt unlauter, wer im konkreten Fall unter Berücksichtigung aller Umstände dem Verbraucher
 +eine wesentliche Information vorenthält, die dieser je nach den Umständen benötigt, um eine informierte geschäftliche Entscheidung zu treffen (Nr. 1), und deren Vorenthalten geeignet ist, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte (Nr. 2).((BGH, Beschluss vom 15. Dezember 2016 - I ZR 241/15 - Entertain))
 +
 +
 +Nach § 5a Abs. 2 Satz 1 UWG nF handelt unlauter, wer im konkreten Fall unter Berücksichtigung aller Umstände dem Verbraucher eine wesentliche Information vorenthält, die der Verbraucher je nach den Umständen
 +benötigt, um eine informierte Entscheidung zu treffen, und deren Vorenthalten geeignet ist, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er anderenfalls nicht getroffen hätte. 
 +
 +Der Unternehmer enthält dem Verbraucher eine Information im Sinne von § 5a Abs. 2 Satz 1 UWG vor, wenn diese zu seinem Geschäfts- und Verantwortungsbereich gehört oder er sie sich mit zumutbarem Aufwand beschaffen kann und der Verbraucher sie nicht oder nicht so erhält, dass er sie bei seiner geschäftlichen Entscheidung berücksichtigen kann.((BGH, Urteil vom 21. Juli 2016 - I ZR 26/15 - LGA tested))
 +
 +Für eine informationsgeleitete geschäftliche Entscheidung muss der
 +Verbraucher zudem wissen, wie er seinen Vertragspartner räumlich und brieflich, auch im Falle der Rechtsverfolgung, erreichen kann.((BGH, Urt. vom 18. Oktober 2017 - I ZR 260/16; m.w.N.)) 
 +
 +==== § 5a Abs. 2 Satz 2 UWG ====
 +
 +Nach § 5a Abs. 3 Nr. 2 UWG [-> [[Wesentliche Informationen für den Verbraucher]]] gilt die Information über die Identität und Anschrift des Unternehmers als wesentlich, für den der in Anspruch genommene Unternehmer handelt, sofern Waren oder Dienstleistungen unter Hinweis auf deren Merkmale und Preis in einer dem verwendeten Kommunikationsmittel angemessenen Weise so angeboten werden, dass ein durchschnittlicher Verbraucher das Geschäft abschließen kann, es sei denn, diese Informationen ergeben sich unmittelbar aus den Umständen.
 +
 +
 +Nach § 3 Abs. 2 UWG 2008 sind geschäftliche Handlungen gegenüber Verbrauchern jedenfalls dann unzulässig, wenn sie nicht der für den Unternehmer geltenden fachlichen Sorgfalt entsprechen und dazu ge-eignet sind, die Fähigkeit des Verbrauchers, sich aufgrund von Informationen zu entscheiden, spürbar zu beeinträchtigen und ihn damit zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte.((BGH, Urteil vom 16. Juli 2009 - I ZR 50/07)) -> [[Warentests]]
 +
 +Zu den wesentlichen Informationen gehört nach § 5a Abs. 3 Nr. 3 UWG 2008 bei einer Werbung, die konkret zum Kauf von Waren auffordert, die Angabe des Endpreises, der die Umsatzsteuer enthalten muss.((BGH, Urteil vom 29. April 2010 - I ZR 99/08 - Preiswerbung ohne Umsatzsteuer; m.V.a. Köhler in Köhler/Bornkamm aaO Vorb. PAngV Rdn. 6; Bornkamm in Köh-ler/Bornkamm aaO § 5a Rdn. 34; Fezer/Peifer, UWG, 2. Aufl., § 5a Rdn. 54))
 +
 +
 +Die Relevanz einer irreführenden Werbung über den Endpreis braucht sich nicht in einem Umsatzgeschäft mit dem getäuschten Verbraucher niederzuschlagen. Sie kann sich auch daraus ergeben, dass die Werbung geeignet ist, Interessen der Mitbewerber zu beeinträchtigen, indem sie deren Preise in ein ungünstiges Licht rückt.((BGH, Urteil vom 29. April 2010 - I ZR 99/08 - Preiswerbung ohne Umsatzsteuer))
 +
 +Die Bestimmung des § 5a Abs. 2 UWG begründet keine generelle Informationspflicht, sondern verpflichtet grundsätzlich allein zur Offenlegung solcher Informationen, die für die geschäftliche Entscheidung erhebliches Gewicht haben und deren Angabe unter Berücksichtigung der beiderseitigen Interessen vom Unternehmer erwartet werden kann.((BGH, Urteil vom 16. Mai 2012 - I ZR 74/11 - Zweigstellenbriefbogen))
 +
 +
 +Die der Umsetzung des Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2005/29/EG dienende Bestimmung des § 5a Abs. 2 UWG ist hinsichtlich des in der Richtlinie 98/6/EG geregelten Aspekts eines in einer Werbung angegebenen oder anzugebenden Verkaufspreises einer Ware nicht anwendbar.((BGH, Urteil vom 10. November 2016 - I ZR 29/15 - Hörgeräteausstellung))
 +
 +Als Vorenthalten gilt nach § 5a Abs. 2 Satz 2 UWG auch das Verheimlichen wesentlicher Informationen (Nr. 1), die Bereitstellung wesentlicher Informationen in unklarer, unverständlicher oder zweideutiger Weise (Nr. 2) und die nicht rechtzeitige Bereitstellung wesentlicher Informationen (Nr. 3).((BGH, Beschluss vom 15. Dezember 2016 - I ZR 241/15 - Entertain))
 +
 +
 +
 +===== siehe auch =====
 +
 +§ 5 (1) UWG -> [[Irreführung durch Unterlassen]]
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