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wettbewerbsrecht:rechtsbruch

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Rechtsbruch

§ 3a UWG

Unlauter handelt, wer einer gesetzlichen Vorschrift zuwiderhandelt, die auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln [→ Marktverhaltensregeln], und der Verstoß geeignet ist, die Interessen von Verbrauchern, sonstigen Marktteilnehmern oder Mitbewerbern spürbar zu beeinträchtigen.

§ 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG → Geschäftliche Handlung
§ 2 Abs. 1 Nr. 9 UWG → Geschäftliche Entscheidung

Durch Verwaltungsakt gestattetes Marktverhalten

Die durch das Zweite Gesetz zur Änderung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb mit Wirkung vom 10. Dezember 2015 neu eingeführte Bestimmung des § 3a UWG entspricht in ihrem Halbsatz 1 inhaltlich § 4 Nr. 11 UWG aF [→ Verstoß gegen eine gesetzliche Vorschrift ] und ist in ihrem Halbsatz 2 um die Spürbarkeitsschwelle nach § 3 Abs. 1 und 2 Satz 1 UWG aF ergänzt worden. In der Sache hat sich durch die Gesetzesänderung für den Tatbestand des Rechtsbruchs nichts geändert.1)

Eine nach den §§ 3, 3a UWG unlautere Zuwiderhandlung gegen eine Marktverhaltensregelung setzt neben der Eignung, die Interessen von Verbrauchern, sonstigen Marktteilnehmern oder Mitbewerbern spürbar zu beeinträchtigen, allein ein den Tatbestand der das Marktverhalten regelnden Vorschrift vollständig erfüllendes, objektiv rechtswidriges Verhalten [→ Rechtsverletzung] voraus.2)

Ein Verstoß gegen § 307 BGB [→ Inhaltskontrolle] durch Verwendung von intransparenten Allgemeinen Geschäftsbedingungen kann die Voraussetzungen einer unlauteren geschäftlichen Handlung gemäß § 3 Abs. 1 UWG unter dem Gesichtspunkt des Rechtsbruchs gemäß § 4 Nr. 11 UWG aF, § 3a UWG [→ Rechtsbruch] erfüllen.3)

Auf eine gemäß § 3 Abs. 1 a.F. UWG (§ 3a UWG) unzulässige Handlung kann gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 UWG ein Beseitigungsanspruch gestützt werden. Dieser steht nach § 8 Abs. 3 UWG auch der klagenden Verbraucherzentrale als qualifizierter Einrichtung im Sinne von § 8 Abs. 3 Nr. 3 UWG zu.4)

Selbst wenn der Verstoß gegen eine Marktverhaltensregelung darin besteht, dass dem Verbraucher eine wesentliche Information vorenthalten wird, ist dieser Verstoß nicht ohne weiteres, sondern nur dann spürbar im Sinne von § 3a UWG, wenn der Verbraucher die ihm vorenthaltene wesentliche Information je nach den Umständen benötigt, um eine informierte Entscheidung zu treffen, und deren Vorenthalten geeignet ist, ihn zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte.5)

Bei der Frage, ob es besondere Umstände gibt, die eine wesentliche Information entbehrlich machen, ist auf den Informationserfolg abzustellen; ist dieser auf anderem Wege als durch die vorgeschriebene Information bereits erreicht worden, ist das Vorenthalten der Information nicht geeignet, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte.6)

Besteht ein Verstoß gegen eine Marktverhaltensregelung darin, dass dem Verbraucher eine wesentliche Information vorenthalten wird, ist er nur dann spürbar im Sinne des § 3a UWG, wenn der Verbraucher die ihm vorenthaltene wesentliche Information je nach den Umständen benötigt, um eine informierte Entscheidung zu treffen, und deren Vorenthalten geeignet ist, ihn zu einer andernfalls nicht getroffenen geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen. Den Unternehmer, der geltend macht, dass der Verbraucher eine ihm vorenthaltene wesentliche Information für eine Kaufentscheidung nicht benötigt und dass das Vorenthalten der Information ihn nicht zu einer anderen Kaufentscheidung veranlassen kann, trifft insoweit eine sekundäre Darlegungslast.7)

In Fällen der Verletzung einer Informationspflicht in Bezug auf kommerzielle Kommunikation ist die Unlauterkeit allein nach § 5a Abs. 2 und 4 UWG und nicht nach § 3a UWG zu beurteilen.8)

Allerdings findet der Rechtsbruchtatbestand gemäß § 3a UWG keine Anwendung, wenn sich aus der gesetzlichen Primärnorm durch Auslegung, insbesondere aus dem Regelungszusammenhang ergibt, dass die dortige Rechtsfolgenregelung abschließend sein soll.9) So schließt etwa das in sich abgeschlossene Rechtsschutzsystem des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen eine Verfolgung von Rechtsverstößen nach dem Rechtsbruchtatbestand des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb aus.10) Da es im Lauterkeitsrecht nicht um die Durchsetzung der gesetzlichen Vorschrift um ihrer selbst willen, sondern allein um die Auswirkungen des Gesetzesverstoßes auf den Wettbewerb geht, kommt ein Anwendungsausschluss des Lauterkeitsrechts allerdings nur dann in Betracht, wenn das verletzte Gesetz das Verhalten gerade im Hinblick auf die Auswirkungen im Wettbewerb abschließend sanktionieren soll11) und eine parallele Anwendung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb das spezifische Sanktionssystem der in Rede stehenden Vorschrift unterlaufen würde12).13)

siehe auch

§ 4 Nr. 11 UWG (entfallen) → Verstoß gegen eine gesetzliche Vorschrift

1)
BGH, Urteil vom 14. Januar 2016 - I ZR 61/14 - Wir helfen im Trauerfall
2)
BGH, Urteil vom 27. Juli 2023 - I ZR 144/22 - Zweibrücken Fashion Outlet; zu § 4 Nr. 11 UWG aF vgl. BGH, Urteil vom 23. Juni 2005 - I ZR 194/02, BGHZ 163, 265 [juris Rn. 20] - Atemtest I; Urteil vom 20. Oktober 2005 - I ZR 10/03, GRUR 2006, 82 [juris Rn. 21] = WRP 2006, 79 - Betonstahl; Urteil vom 8. November 2007 - I ZR 60/05, GRUR 2008, 530 [juris Rn. 11] = WRP 2008, 777 - Nachlass bei der Selbstbeteiligung; Köhler in Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 41. Aufl., § 3a Rn. 1.84; Ohly in Ohly/Sosnitza, UWG, 8. Aufl., § 3a Rn. 27; MünchKomm.UWG/Schaffert, 3. Aufl., § 3a Rn. 100
3)
BGH, Urteil vom 14. Dezember 2017 - I ZR 184/15 - Klauselersetzung; m.V.a. BGH, Urteil vom 31. Mai 2012 - I ZR 45/11, GRUR 2012, 949 Rn. 45 ff. = WRP 2012, 1086 - Missbräuchliche Vertragsstrafe; Köhler in Köhler/Bornkamm aaO § 3a Rn. 1.288 f.
4)
BGH, Urteil vom 14. Dezember 2017 - I ZR 184/15 - Klauselersetzung
5)
BGH, Urteil vom 7. März 2019 - I ZR 184/17 - Energieeffizienzklasse III; im Anschluss an BGH, Urteil vom 31. Oktober 2018 - I ZR 73/17, GRUR 2019, 82 - Jogginghosen
6)
BGH, Urteil vom 7. März 2019 - I ZR 184/17 - Energieeffizienzklasse III
7)
BGH, Urteil vom 31. Oktober 2018 - I ZR 73/17 - Jogginghosen
8)
BGH, Urteil vom 7. April 2022 - I ZR 143/19 - Knuspermüsli II; Aufgabe von BGH, Urteil vom 31. Oktober 2013 - I ZR 139/12, GRUR 2014, 576 Rn. 15 = WRP 2014, 689 - 2 Flaschen GRATIS; Abgrenzung zu BGH, Beschluss vom 10. Februar 2022 - I ZR 38/21, GRUR 2022, 500 [juris Rn. 60 bis 66] = WRP 2022, 452 - Zufriedenheitsgarantie
9)
BGH, Urteil vom 10. März 2022 - I ZR 70/21 - Prozessvertretung durch Haftpflichtversicherer; m.V.a. Köhler in Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 40. Aufl., § 3a Rn. 1.34; Ohly in Ohly/Sosnitza, UWG, 7. Aufl., § 3a Rn. 9 f.; Götting/Hetmank in Fezer/Büscher/Obergfell, Lauterkeitsrecht, 3. Aufl., § 3a UWG Rn. 48a f.
10)
BGH, Urteil vom 10. März 2022 - I ZR 70/21 - Prozessvertretung durch Haftpflichtversicherer; m.V.a. BGH, Urteil vom 7. Februar 2006 - KZR 33/04, BGHZ 166, 154 [juris Rn. 13 ff.] - Probeabonnement; Urteil vom 3. Juli 2008 - I ZR 145/05, BGHZ 177, 150 [juris Rn. 11] - Kommunalversicherer
11)
Götting/Hetmank in Fezer/Büscher/Obergfell aaO § 3a UWG Rn. 48a
12)
Büscher/Hohlweck, UWG, 2. Aufl., § 3a Rn. 134
13)
BGH, Urteil vom 10. März 2022 - I ZR 70/21 - Prozessvertretung durch Haftpflichtversicherer
wettbewerbsrecht/rechtsbruch.txt · Zuletzt geändert: 2023/10/10 07:42 von mfreund