Benutzer-Werkzeuge

Webseiten-Werkzeuge


Seitenleiste

Anzeigen:

PatForce

www.stilbetten.de



Ein Projekt von:
Dr. Martin Meggle-Freund

wettbewerbsrecht:inhalt

finanzcheck24.de

Wettbewerbsrecht (UWG)

A. Materielles Recht des UWG

I. Überblick:

Schutzobjekt des UWG:

  • Lauterkeit des Wettbewerbs

Das GWB schützt dagegen nicht die Wettbewerber sondern den Wettbewerb als solchen.

Schutzsubjekte des UWG:

  • Mitbewerber
  • Verbraucher und sonstige Marktteilnehmer (= alle Unternehmen und juristischen Personen, die nicht Mitbewerber sind)
  • Allgemeinheit mit dem Interesse am freien Markt

Diese Schutzzwecktrias ist im § 1 UWG n.F. aufgenommen.

Vorraussetzung des UWG:

  • Wirtschaftsordnung mit Wettbewerb

Aus dem kollektivrechtlichen Schutz des lauteren Wettbewerbs ergibt sich, dass das UWG keine Ausschließlichkeitsrechte begründet. § 823 BGB ist daher nicht anwendbar.

Einteilung des UWG:

Teil 1: §§ 1 - 13 UWG Wettbewerbshandlungen gegenüber einer unbestimmten Zahl von Wettbewerbern

Teil 2: §§ 14 - §20a UWG Schutz einzelner Wettbewerber vor bestimmten Wettbewerbshandlungen

Teil 3: §§ 21 - §27a UWG Zivil- und strafrechtliche Vorschriften

II. Vorauussetzungen von UWG-Ansprüchen

1. Wettbewerbsverhältnis:

Unter einem Wettbewerbsverhältnis ist die Beziehung zwischen zwei Wettbewerbern als Anbieter und Nachfrager gegenüber einem Dritten zu verstehen.

Ein konkretes Wettbewerbsverhältnis liegt vor, wenn die Mitbewerber mit gleicher oder gleichartiger Ware oder gewerblicher Leistung um denselben Kundenkreis werben bzw. konkurrieren (BGH GRUR 2001/258 'Immobilienpreisangaben').

- Zwischen einem Händler und einem Zwischenhändler liegt kein konkretes Wettbewerbsverhältnis vor.

- 'Onko statt Blumen zum Muttertag': Trotz unterschiedlicher Waren wurde ein konkretes Wettbewerbsverhältnis bejaht.

Bei Vorliegen eines konkreten Wettbewerbsverhältnisses ergibt sich die Klagebefugnis unmittelbar aus den §§ 1 - 3 UWG a.F.

Bei einem abstrakten Wettbewerbsverhältnis (§ 13 II No. 1 UWG a.F.) mit wesentlicher Beeinträchtigung des Wettbewerbs auf dem Markt ergibt sich die Klagebefugnis aus § 13 UWG a.F. (BGH GRUR 2001/258 'Immobilienpreisangaben').

2. Handeln im geschäftlichen Verkehr:

- keine rein private Betätigung

- keine Wahlwerbung politischer Parteien

- keine Pressepublikationen

- eine Gewinnerzielungsabsicht ist keine Voraussetzung

- das Vorhandensein eines Geschäftsbetriebs ist ebenfalls keine Voraussetzung.

Beispiel: Eine private Anbieterin stellte 40 Angebote bei ebay ein. Obwohl sie keinen Geschäftsbetrieb unterhielt, wertete der BGH das massive Einstellen von Angeboten als Handeln im geschäftlichen Verkehr.

Bei Gewerbetreibenden wird ein Handeln im geschäftlichen Verkehr vermutet. Im Zweifelsfall müssen sie den Gegenbeweis antreten.

Bei Verbraucherverbänden wird ein Handeln im geschäftlichen Verkehr verneint.

3. Handeln zu Zwecken des Wettbewerbs:

Wettbewerbsabsicht: Fördern des eigenen oder eines fremden Geschäftszwecks (= fremde Wettbewerbsabsicht) zum Nachteil anderer.

Fremde Wettbewerbsabsicht liegt beispielsweise vor, wenn eine Muttergesellschaft den Geschäftszweck ihrer Tochtergesellschaft fördert, jedoch nicht im Falle von Störern.

Subjektive Komponente der Wettbewerbsabsicht liegt in der Kenntnis der wesentlichen Umstände. Eine reine Aufmerksamkeitswerbung (um den Namen einer Firma oder eines Produkts bekannt oder bekannter zu machen) reicht nicht aus: ( BGH  Benneton). Wettbewerbsabsicht erfordert keine Schädigungsabsicht.

Vermutung der Wettbewerbsabsicht bei:

- Gewerbetreibenden: sobald sie ein Unternehmen haben, werden ihre Äußerungen als von einer Wettbewerbsabsicht getragen unterstellt.

- Presse und Medien: bejaht bezüglich des Anzeigen und Absatzgeschäfts.

- hoheitliche Tätigkeit des Staates: bejaht in den Bereichen, die auch von privaten Unternehmen wahrgenommen werden können und werden (Strom, Wasser, Müll, Bäder etc.)

- Anwälte: bejaht bei tätig werden in eigener Sache und beim Einnehmen einer aktiven Rolle bei Aktionen (z.B. Losziehungen).

verneint bei Vertreten eines Mandanten, da zwar fremder Wettbewerb gefördert wird, der Anwalt aber im Dienste des Mandaten rechtlich tätig wird.

- Warentest und Gastrokritik: verneint, da bei Wahrung von Sachlichkeit, Neutralität und Objektivität kein Fördern fremden Wettbewerbs vorliegt.

- redaktionelle Berichterstattung: i.d.R. verneint, da keine Wettbewerbshandlung.

Ausnahmefall: Focus-Themen 'Die besten Ärzte/Anwälte'; BGH hat Wettbewerbsabsicht bestätigt, da u.a. wegen namentlicher Nennung und nichtobjektiver Prüfung (Fachqualifikation wurde nicht geprüft) die Wettbewerbsabsicht nicht nur begleitend in Erscheinung trat. 

- Privatpersonen: es gilt die widerlegliche Vermutung, dass diese nicht in Wettbewerbsabsicht handeln.

III. Verstoß gegen die guten Sitten, § 11 UWG a.F.

Von der Rechtssprechung wurden mehrere Fallgruppen als Leitlinien zur Beurteilung von Wettbewerbsverstößen entwickelt. Sie sind nun in § 4 UWG n.F. als Beispiele unlauteren Wettbewerbs aufgenommen.

1.Verstoß gegen die guten Sitten:

Definition der Sittenwidrigkeit: Alles, das dem Anstandsgefühl der billig und gerecht denkenden Verkehrskreise widerspricht. Es werden damit die tatsächlichen Geschäftsgewohnheiten berücksichtigt.

Es gilt der Grundsatz des Leistungswettbewerbs, der vom Ideal des transparenten Markts (Preis, Kondition, Qualität und Service) ausgeht.

Nichtleistungswettbewerb ist die Verhinderung des Leistungswettbewerbs.

2. Die wichtigsten 5 Fallgruppen des Verstoßes gegen die guten Sitten:

- Kundenfang und belästigende Werbung; § 4 Nr. 1, 2 und 6 UWG n.F.: Schutz vor psychischen und physischen Zwangslagen.

- individuelle Behinderung, § 4 Nr. 10 UWG n.F.: Schutz des Mitbewerbers vor Eingriffen in seinen Gewerbebetrieb.

- Ausbeutung / ergänzender wettbewerblicher Leistungsschutz, § 4 Nr. 9 UWG n.F.: Zueigenmachen eines fremden Leistungsergebnisses

- Vorsprung durch Rechtsbeugung, § 4 Nr. 11 UWG n.F.: Verletzung einer Wettbewerbsnorm.

- allgemeine Marktbehinderung, nicht im § 4 UWG n.F. geregelt, aber eventuell vom § 3 UWG n.F. erfasst: Störung des gesamten Marktes.

3. Details zu den einzelnen Fallgruppen:

- Kundenfang und belästigende Werbung: Wettbewerbshandlungen richten sich gegen die Entschließungsfreiheit der Geschäftspartner;

Grundsatz: eine günstige Beeinflussung wird zugestanden aber nicht ein Kaufakt um die Belästigung loszuwerden.

Beispiele:

 Telefonwerbung bei Privatkunden. Diese wird grundsätzlich als sittenwidrig angesehen falls der Kunde nicht vorher stillschweigend oder ausdrücklich zustimmt. Privatkunde ist nicht klagebefugt, kann aber einen Mitwettbewerber informieren. Bei Gewerbetreibenden wird Telefonwerbung als hinnehmbar angesehen. Fax- und email-Werbung verbrauchen Ressourcen des Empfängers und sind daher sittenwidrig.

 Unzulässige Wertreklame; umfasst Koppelungsangebote, wie z.B. Tiefkühltruhe mit Schwein oder Angebote mit Zugaben, wenn die Wertigkeit der einzelnen Produkte für den durchschnittlich informierten Verbraucher nicht mehr einschätzbar ist. Der Verbraucher muss die Einzelpreise irgendwie eruieren können.

- individuelle Behinderung: Behinderung eines Mitbewerbers etwa durch eine ungerechtfertigte oder eine berechtigte Schutzrechtsverwarnung: a)es ist anerkannt, dass eine unbegründete Schutzrechtsverwarnung gegenüber einem Hersteller Ansprüche aus § 1 UWG begründet. b) eine irreführende Schutzrechtsverwarnung liegt vor, wenn die äußere Form der Schutzrechtsverwarnung unzulässig ist, beispielsweise eine Abmahnung erfolgt ohne dass Rechtskraft eingetreten ist und darüber aufgeklärt wird. c) Abnehmerverwarnung: OLG Düsseldorf 2003, Mittlg. PA: Eine Schutzrechtsverwarnung gegen Abnehmer ohne Vorliegen einer Patentverletzung verstoße nicht gegen § 1 UWG, sondern sei eine allgemeine Meinungsäußerung. Dagegen das LG München: selbst eine berechtigte Schutzrechtsverwarnung gegen Abnehmer verstößt gegen § 1 UWG, da die Abmahnung grundsätzlich an den Hersteller zu richten sei. Denn Abnehmer seien immer schnell bereit aufzugeben, da sie Regressansprüche gegen den Hersteller geltend machen können.

Die Behinderung eines Mitbewerbers ist bei eingehaltenem Leistungswettbewerb nicht wettbewerbswidrig, jedoch bei einer Zielsetzung, welche die freie Leistungsbeurteilung beeinträchtigt, wie z.B. bei Lieferbehinderung, Aufforderung des Kunden zum Umtausch der Ware, ebenso Boykott, Abfangen und Abwerben von Kunden und Mitarbeitern wenn damit z.B. eine Rufausbeutung verbunden ist. Sittenwidrig ist das Abwerben von Beschäftigten wenn es systematisch erfolgt (Headhunter ruft am Arbeitsplatz an, stört den laufen Betrieb) und wenn Arbeitnehmer zu Vertragsbruch verleitet werden;

- Ergänzender wettbewerblicher Leistungsschutz / Ausbeutung: Richtet sich gegen die Leistung eines anderen. Falls keine Schutzrechte vorliegen gilt das Prinzip der Nachahmungsfreiheit. Ausnahme bilden sklavische Nachahmungen, Ausbeutung des guten Rufs einer Firma / eines Produkts;

- Vorsprung durch Rechtsbruch: Vorteilsverschaffen durch Missachtung gesetzlicher Bestimmungen fällt unter das UWG bei Verletzung wettbewerbsbezogener Norm (Lebensmittelrecht, Apothekenverordnung, Textilkennzeichnungsgesetz und Ähnliches), nicht jedoch bei Verletzung wettbewerbsneutraler Form. Auch mehrmaliger, planmäßiger und bewusster Verstoß gegen das Ladenschlussgesetz; Eine wettbewerbsbezogene Norm ist eine wettberbliche Regelung mit zumindest sekundärer Schutzfunktion.

Prüfregeln: 1. liegt eine wettbewerbsbezogene Norm vor? 2. wirkt sich das auf § 1 UWG aus (Einzelfallbezogene Prüfung)?

- allgemeine Marktbehinderung: allgemeine Störung bzw. Behinderung der Marktteilnehmer. Beispiele:

 Verkauf auf Dauer unter Einstandspreis (Dumping).

 Verteilen von unentgeltlichen Anzeigenblättern im Stile einer Boulevardzeitung, wodurch den tatsächlichen Boulevardblättern der Markt genommen wird.

IV. Irreführungstatbestand des § 32 UWG a.F.

§ 3 UWG definiert einen Gefährdungstatbestand. Für einen Anspruch aus § 3 UWG a.F. muss daher noch kein Tatbestand der Irreführung vorliegen; die Gefahr einer Irreführung reicht bereits aus.

Für den Nachweis der Irreführung kommt es auf den durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Verbraucher innerhalb der angesprochenen Verkehrskreise an. Ausgangspunkt zur Klärung des Irreführungstatbestands ist der objektive Erklärungsinhalt.

1. Begriff der irreführenden Angabe:

positiv:

- Angaben wird ganz allgemein verstanden. BGH GRUR 1961/544 'Hühnergegacker': Werbung mit Hühnergegacker im Rundfunk für Eiertagwaren, die unter Verwendung von Trockenei statt Frischei hergestellt werden ist eine irreführende Angabe.

- Schweigen kann als Angabe gewertet werden, wenn eine Aufklärungspflicht besteht. Zum Beispiel das Unterbleiben eines Hinweises auf die Kraftstoffart bei Angaben bezüglich des Literverbrauchs von Fahrzeugen in einer Werbeanzeige (BGH GRUR 1985/450 'Benzinverbrauch'). Eine allgemeine, d.h. auch nebensächliche Produkteigenschaften umfassende Aufklärungspflicht besteht jedoch nicht. § 5 II S. 2 beschränkt die Aufklärungspflicht auf Tatsachen, die für die Entscheidung zum Vertragsschluss von Bedeutung sind. Ein relevantes Schweigen liegt jedoch vor, wenn beim Angebot eine wesentliche Produkteigenschaft verschwiegen wird, z.B., dass es sich um ein Auslaufmodell handelt (BGH WRP 1999/839 'Auslaufmodell' und weiterhin bis Auslaufmodell VI). (Weiterhin: BGH WRP 1999/1151 'EG-Neuwaage').

- Alleinstellungsbehauptung, beispielsweise über die Größe eines Unternehmens (BGH GRUR 1981/910 'der größte Biermarkt der Welt').

negativ:

- Meinungsäußerungen sind nicht als Angaben zu werten (OLG Karlsruhe WRP 1983/225 'schönster Aussichtspunkt der Mosel').

- Luxusassoziation ist nicht als Angabe zu bewerten. BGH GRUR 1963/482 'Hollywood Duftschaumbad': Bei der Bezeichnung ''Hollywood Duftschaumbad' für eine nicht aus Hollywood stammenden Badezusatz liege nichts als eine erlaubte lobende Anpreisung der eigenen Ware ohne jegliche Angabe vor.

2. Adressaten der irreführenden Angabe:

- Allgemeine Verkehrkreise der Allgemeinheit der Verbraucher.

- Spezielle Verkehrskreise der Allgemeinheit der Verbraucher (z.B. gehobene Schluckspechte, fähig zur Unterscheidung zwischen Weinbrand und Cognac, BGH WRP 1995/9 'Napoleon III').

- Spezielle Fachkreise.

3. Relevanz der irreführenden Angaben:

- Ein nicht unerheblicher Teil der angesprochenen Verkehrskreise muss getäuscht sein.

- werden unterschiedliche Verkehrskreise angesprochen, reicht die Täuschung eines dieser Verkehrkreise aus.

- Ein nicht unerheblicher Teil der angesprochenen Verkehrskreise wird gegenwärtig von ca. 12 - 15% deren jeweiliger Angehöriger gebildet.

- wettbewerbliche Relevanz, d.h. Eignung der Angabe zur Beeinflussung eines Kaufentschlusses. Praktisch wird eine fehlende wettbewerbliche Relevanz nur vom Beklagten eingewandt; diesem Einwand fehlt jedoch die praktische Durchschlagskraft, da der BGH darin nur in absoluten Ausnahmefällen einen Ausnahmegrund anerkennt.

- Grad der Irreführung, ist z.B. nicht gegeben, wenn wegen einer branchenüblichen Verwendung eines Begriffs kein Nutzen zum eigenen Vorteil erkennbar ist und keine schützenswerten Verbraucherinteressen verletz werden (BGH GRUR 1991/852 'Aquavit').

4. Feststellung einer irreführenden Angabe:

- der Richter entscheidet aus eigener Sachkunde über die Verkehrsauffassung, wenn er sich selbst zu den angesprochenen Verkehrskreisen zählt.

Fühlt sich der Richter selbst getäuscht, so ist keine weitere Beweiserhebung erforderlich (BGH GRUR 2000/239 'Last-Minute-Reise'). Fühlt sich der Richter dagegen nicht getäuscht, so ist ein Gegenbeweis zugelassen (BGH GRUR 1985/140 'Größtes Teppichhaus der Welt'; BGH WRP 1990/699 'Meisterkaffee').

- Umfrageergebnisse bei fehlender oder nicht ausreichender Sachkunde des Richters.

5. Fallgruppen des § 3 UWG a.F.:

- Irreführung über die Beschaffenheit einer Ware oder Leistung:

 stoffliche Zusammensetzung, wie die Bezeichnung eines maschinell hergestellten Teppichs als Orientteppich.

 Qualität des Produkts, wie die Bezeichnung eines Industrieprodukts als Auslese.

 Wirkungsweise eines Produkts, wie die Bezeichnung eines kalorienreichen und stark fetthaltigen Lebensmittels als frisch.

 Blickfangmäßige Darstellung unrichtiger Angaben, auch wenn die Werbung eine Richtigstellung enthält, die der Verbraucher jedoch nicht wahrnimmt. BGH GRUR 1989/434 'Gewinnspiel': Irreführung, wenn bei Gewinnspielen im Versandhandel Gewinne von nicht unerheblichem Wert angekündigt werden ohne deutlich zu machen, dass zu den Gewinnen auch Gutscheine über 5,- DM zum Bezug von Waren aus dem Katalog des Veranstalters gehören.

 Fortwirkung, d.h. Aufrechterhalten früher aufgestellter objektiv unrichtiger Vorstellungen in leicht geänderter Form, z.B. 'Ei fein' in 'Ei wie fein' (BGH ??). (BGH GRUR 1982/685 'Ungarische Salami').

 Erzeugen einer falschen Vorstellung beim Verbraucher durch objektiv wahre Angaben (BGH GRUR 1991/522 (???) 'TÜV Prüfzeichen').

- Irreführung über geschäftliche Verhältnisse

 Spitzenstellungs- Alleinstellungswerbung:

Eine reklamehafte Übertreibung ist zulässig (OLG Karlsruhe WRP 1997/865 'ich bin doch nicht blöd').

Nicht zulässig, wenn der Vorsprung in Umfang und Dauer nicht ausgezeichnet ist. Beispiel: Werbung einer Spielzeug-Rennbahn mit den 'meisten Ausbaumöglichkeiten', das zahlenmäßig zutraf, wobei aber wesentliche Ausbauvarianten der Konkurrenzprodukte fehlten (BGH GRUR 1991/850 'Spielzeug-Autorennbahn').

 Schutzrechtswerbung: Vorgabe eines existierenden Schutzrechtes das sich nur auf unwesentliche Einzelteile des Gegenstands erstreckt (BGH GRUR 1957/DRP), keinen Schutz begründet (§ 13 I GebrMG; OLG Düsseldorf GRUR 1978/437 'Im Inland geschützt') oder das keine Wirkung in der BRD entfaltet (BGH GRUR 1984/741 'Patented'). Zur Werbung mit Patenten: BGH GRUR 1985/520 'Konterhauben-Schrumpfsystem'.

- Irreführung über die geographische Herkunft einer Ware oder Leistung:

§ 126 MarkenG und EuGVVO 2081/92 über den Schutz von europäischen Herkunftsbezeichnungen gehen als lex specialis dem UWG vor. § 3 UWG a.F. kommt nur in Ausnahmefällen zum tragen, wie beispielsweise bei fiktiven geographischen Herkunftsangaben oder u.U. bei einer firmenmäßigen Verwendung einer geographischen Herkunftsangabe.

- Irreführende Preisangaben:

Preiswahrheit oder Preisklarheit sind nicht gegeben.

 Mondpreisangaben, § 5 IV UWG n.F.: Werbung mit der Herabsetzung eines nur unangemessen kurz geforderten Preises.

 Inklusivpreis, wenn nicht alle Preisbestandteile, z.B. Transport und Überführung darin enthalten sind.

 Dauertiefpreis, wenn nicht den Tatsachen entsprechend.

 Herausstellen von Selbstverständlichkeiten, z.B. 'incl. MWSt', in der Herstellerwerbung für ein Neufahrzeug (BGH GRUR 1989/1027 'incl. MWSt.').

- Irreführung über Vorratsmenge:

§ 5 V UWG n.F.: Die bevorratete Ware muss i.d.R. mindestens zwei Tage zur Befriedigung der Nachfrage reichen.

V. Vergleichende Werbung

Der § 2 UWG a.F. jetzt § 6 UWG n.F. zur Regelung der vergleichenden Werbung entstand aus der Umsetzung einer europäischen Richtlinie. Zuvor war eine vergleichende Werbung grundsätzlich nicht zulässig. Jetzt ist sie nur ausnahmsweise unzulässig. Die einzelnen Fälle sind im Katalog des § 2 UWG a.F. jetzt § 6 UWG n.F. gesondert aufgeführt.

Aus den Erwägungsgründen zur Richtlinie geht hervor, dass eine vergleichende Werbung fremde Marken benutzen darf. Eine Zustimmung des Markeninhabers ist hierzu nicht erforderlich. Zum Beispiel bei Bezug auf eine fremde Automarke darf deren Marke gezeigt werden.

Vorliegen vergleichender Werbung:

- Direkte Erkennbarkeit eines Mitbewerbers in der Werbung.

- Indirekte Erkennbarkeit eines Mitbewerbers, wenn z.B. trotz nicht expliziter Nennung die Identität auf Grund eines überschaubaren Kreises von Mitbewerbern auf dem Markt gegeben ist. Beispiel: Mobiltelefonmarkt.

Sind die Voraussetzungen der vergleichenden Werbung nicht gegeben, z.B. bei einem unübersichtlichen Anbietermarkt, so entsteht keine Schutzlücke, da sich in diesem Fall ein wettbewerblicher Anspruch aus § 1 statt § 2 UWG a.F. ergibt.

VI. Exkurs zum UWG n.F.

1. Generalklausel, § 3 UWG n.F. (§ 1 UWG a.F.):

Besonderheit der Bagatellgrenze: „unlautere Wettbewerbshandlungen, die geeignet sind, den Wettbewerb zum Nachteil … nicht unerheblich zu verfälschen ..“.

Über die Rückbezüge gilt die neu eingeführte Bagatellgrenze allgemein auch für die Folgevorschriften.

Festlegung Bagatellgrenze in den Erwägungsgründen zum Gesetz:

Die beanstandete Maßnahme muss von einem gewissen Gewicht sein, die Grenze darf jedoch nicht zu hoch angesetzt werden  Die Festlegung der Bagatellgrenze obliegt der künftigen Rechtsprechung. Die Prüfung hat aber anhand folgender Kriterien zu erfolgen:

- Art und Schwere des Wettbewerbverstoßes.

- Auswirkung des Verstoßes auf den Wettbewerb.

- Berücksichtigung des Schutzzwecks des Wettbewerbsrechts.

§ 13 II Nr. 1 UWG a.F. hat mit den neuen Begriffen 'erheblich' bzw. 'nicht unerheblich' nichts gemein,  die alte Rechtsprechung ist nicht übertragbar.

2. Aufnahme der Fallgruppen zum Verstoß gegen die guten Sitten in § 4 UWG n.F.

Nr. 1, 2, 6 Kundenfang

Nr. 3, 4, 5 Transparenzgebot-Regelung: entspricht in etwa der Aufklärungsgebot-Fallgruppe des § 3 UWG a.F.

Nr. 7, 8 geschäftsschädigende Äußerungen, § 14 UWG a.F.; Meinungsäußerungen (Nr. 7), unwahre Tatsachenbehauptungen (Nr. 8)

Nr. 9 ergänzender wettbewerblicher Leistungsschutz

Nr. 10 individuelle Behinderung

Nr. 11 Vorsprung durch Rechtsbruch

Lässt sich ein konkreter Fall unter keine der im § 4 UWG n.F. aufgeführten Fallgruppen Subsumieren, dann kann nach h.M. auf § 3 UWG n.F. zurückgegriffen werden. Die m.M. ist jedoch der Ansicht, dass die Fallgruppen des § 4 UWG n.F. abschließend seien und zumindest nicht aufgenommene vorbekannte Fallgruppen nicht zu einem Rückgriff auf § 3 UWG n.F. berechtigen.  Eine Klärung durch Rechtsprechung ist zu erwarten.

3. Fallgruppen der Irreführung:

§ 5 UWG n.F. entspricht in etwa § 3 UWG a.F. mit zusätzlicher Aufnahme der Irreführungsfallgruppen in § 5 II UWG n.F..

§ 5 II Nr. 1 bezüglich Beschaffendheit

§ 5 II Nr. 2, IV bezüglich Preisangaben

§ 5 II Nr. 3 bezüglich geschäftlicher Verhältnisse

§ 5 II Nr. 1 bezüglich geographischer Herkunftsangaben

4. Vergleichende Werbung:

Regelung in § 6 UWG n.F. identisch mit Fassung des § 2 UWG a.F..

5. Neuer Tatbestand der unzumutbaren Belästigung:

§ 7 UWG n.F. regelt explizit drei Arten der unaufgeforderten Werbung, die früher unter § 1 UWG a.F. subsumiert wurden. Hiergegen richtet sich der Widerstand des Bundesrats (Unionsparteien).

- erkennbar unerwünschte Werbung

- mutmaßlich unerwünschte Telefonwerbung

- unerwünschte Werbung über technische Einrichtungen des Empfängers

Abschaffung von Altregelungen:

Sonderveranstaltungsrecht des § 7 UWG a.F., Jubiläumsverkäufe (§ 7 III Nr. 2) und Räumungsverkäufe (§ 8 UWG a.F.).

Beschränkung von Insolvenz- und Herstellerverkäufen nach §§ 6, 6a und 6b UWG a.F.

B. Verfahrensrecht des UWG

I. Klagebefugnis:

1. Keine Klagebefugnis besitzen:

- Verbraucher

- Abmahnverbände, § 13 V a.F.

2. Klagebefugnis besitzen:

- der unmittelbare Wettbewerber (Unterlassung und Schadensersatz), §§ 1 und 3 UWG a.F

der unmittelbare Wettbewerber steht in einem konkreten Wettbewerbsverhältnis zum Verletzer.

- der abstrakte Wettbewerber (Unterlassung), § 13 II Nr. 1

BGH GRUR 2001/258 'Immobilien Preisangaben': bei Vorliegen eines abstrakten Wettbewerbsverhältnisses ergibt sich die Klagebefugnis aus § 13 II Nr. 1

- Wettbewerbsvereine und berufsständische Vereinigungen (Unterlassung), § 13 II Nr. 2

 Satzungszweck muss auf die Förderung gewerblicher Interessen gerichtet sein

 personelle, sachliche und finanzielle Ausstattung muss ausreichend zur tatsächlichen Wahrnehmung der Interessen sein

 eine erhebliche Anzahl von Verbandsangehörigen (z.B. 20% aller BMW-Vertragshändler) muss in einem konkreten Wettbewerbsverhältnis mit dem Angegriffenen stehen

- Verbraucherzentralen (Unterlassung), § 13 II Nr. 3

- Industrie- und Handelskammer (Unterlassung), § 13 II Nr. 4

II. Schuldner von UWG-Ansprüchen

1. Unmittelbarer Schuldner:

Unmittelbare Schuldner von UWG-Ansprüchen sind der Verletzer und der Störer.

Verletzer ist, wer mit Wettbewerbsabsicht handelt. Verletzer kann somit Täter, aber auch Teilnehmer sein.

Ein Störer ist, wer folgende Kriterien erfüllt:

- handelt nicht selbst in Wettbewerbsabsicht

- beteiligt sich adäquat kausal und willentlich an einem fremden Wettbewerbsverstoß

- ist die Verhinderung des fremden Wettbewerbsverstoßes rechtlich möglich und zumutbar

Beispiele:

Ein Organ einer Gesellschaft, beispielsweise der Gesellschafter ist Störer, sofern er willentlich und kausal am Wettbewerbsverstoß mitgewirkt hat. Ist das Organ jedoch für einen gänzlich anderen Bereich zuständig, z.B. ausschließlich für Finanzierung, und ist daher nicht in Kenntnis des Wettbewerbsverstoßes, so ist es nicht als Störer anzusehen (BGH GRUR 'Sporthosen').

Einem Zeitungsunternehmen ist es nur dann zumutbar einen Wettbewerbsverstoß zu erkennen, wenn dieser offensichtlich ist. Dies wäre der Fall, wenn neueste Skimodelle angeboten werden, die noch keine Carver sind, oder ein Inserent sich als größtes Möbelhaus bezeichnet ohne IKEA zu sein.

Wegen des Zumutbarkeitskriteriums greift die Störerhaftung nur ausnahmsweise ein.

BGH GRUR 2002/618 'Meissen' (Meissener Dekor): Die Störerhaftung gewährt nur Unterlassungsansprüche!

Kommentar Köhler/Piper (Einleitung Rdn. 248) meint dagegen, dass dem nicht so ist, sondern dass außer einem Unterlassungsanspruch nach § 1004 BGB analog auch ein Schadensersatzanspruch nach § 823 BGB analog besteht.

2. Mittelbarer Schuldner:

Zurechnungsnorm des § 13 IV UWG a.F.: Der Inhaber eines Betriebes haftet für die Zuwiderhandlungen von Angestellten und Beauftragten.

Dies betrifft wegen Verweis auf § 13 II UWG a.F. jedoch nur Unterlassungsansprüche. Bei Schadensersatzansprüchen ist § 831 BGB anzuwenden. Nach Satz 2 dieser Norm gibt es hierbei jedoch die Möglichkeit der Exkulpation.

III. UWG-Ansprüche

1. Unterlassungsanspruch:

Voraussetzung: Wiederholungs- oder Erstbegehungsgefahr

Wiederholungsgefahr ist bereits durch eine einmalige Verletzungshandlung als gegeben unterstellt.

Erstbegehungsgefahr setzt voraus, dass konkrete Anhaltspunkte für eine bevorstehende Verletzungshandlung vorliegen, z.B. die Anmeldung einer Domain deren Name einem Markennamen entspricht ohne dass bereits ein Warenangebot eingestellt wurde.

Das OLG München bejaht die Erstbegehungsgefahr, falls Hinweise auf ein bestimmtes Warenangebot vorliegen, das eine Verletzung begründen würde.

Wegfall von Wiederholungsgefahr bzw. Erstbegehungsgefahr:

- Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung

- Abgabe einer eindeutigen schriftlichen oder (fern-)mündlichen Erklärung, dass die Verletzungshandlung nicht begangen wird

Unterlassungsantrag:

In Bezug auf die Bestimmtheit eines Antrags nach § 253 II ZPO ist es immer zulässig die angegriffenen Handlungen im Unterlassungsantrag ganz konkret zu bezeichnen. Weitergefasste Verletzungstatbestände bieten zwar größere Freiheiten beim Ordnungsgeldantrag, führen dagegen meist zu Problemen wegen mangelnder Bestimmtheit. Bei einer konkreter Festlegung des Unterlassungsgegenstands kann sich der Angegriffene aber i.A. leicht aus der Verpflichtung stehlen. Daher ist es ratsam in Unterlassungsanträgen die allgemeine Fassung mit der konkreten durch einen 'insbesondere'-Antrag zu verbinden. So eröffnet sich dem Gericht im Verletzungsprozess die Möglichkeit, sich notfalls auf die konkrete Verletzungshandlung als bestimmt zurückzuziehen. Eine andere Lösung bietet das Stellen von Hilfsanträgen.

2. Beseitigungsanspruch:

Liegen auf gleicher Ebene mit Unterlassungsansprüchen und werden meist mit diesen verbunden.

Beispiel: Abriss eines irreführenden Werbeplakats in einem Geschäftslokal als vertretbare (§ 887 ZPO) bzw. nicht vertretbare Handlung (§ 888 ZPO).

Das UWG ist ein reines Handlungsunrecht. Es gibt keine Sperrwirkung wie den Vernichtungsanspruch im Patentrecht, d.h. an die bereits verkauften Gegenstände ist auch bei gewerblicher Nutzung nicht mehr heranzukommen.

3. Schadensersatzanspruch:

Schadensersatzanspruch ist in § 13 VI UWG a.F. als verschuldensabhängiger Anspruch geregelt.  Die Berechnung des Umfangs des Schadensersatzes erfolgt nach § 249 ff. BGB:

- § 252 BGB: entgangener Gewinn

- Marktverwirrungsschaden (es herrscht Verwirrung in den Verkehrskreisen)

- Ersatz für Schädigung des Betriebsansehens

In der Praxis sind diese Schadensersatzansprüche nur schwer durchsetzbar, da das Entstehen eines konkreten Schadens im Allgemeinen nach Art und Höhe nicht bewiesen werden kann.

§ 287 ZPO sieht zwar eine Beweiserleichterung bei der Schadensermittlung vor, doch müssen nach der Rechtsprechung auch hierfür konkrete Zahlen vorliegen, die selten erbracht werden können.

In Bezug auf einen ergänzenden wettbewerblichen Leistungsschutz kann eine Schadensberechnung auf dreifache Weise vorgenommen werden:

- Lizenzanalogie

- entgangener Gewinn

- Gewinnherausgabe

4. Verjährung:

Ansprüche auf Unterlassung oder Schadensersatz aus dem UWG verjähren nach § 21 I UWG a.F. 6 Monate nach Erlangung der Kenntnis von der Handlung und der Person des Verpflichteten. Bei Schadensersatzansprüchen beginnt die Verjährungsfrist nach Absatz 2 nicht vor Eintritt des Schadens.

Hemmung der Verjährung durch Rechtsverfolgung:

- § 204 I Nr. 1 BGB: bei Klageerhebung

- § 204 I Nr. 9 BGB: bei Zustellung einer einstweiligen Verfügung

Bei der Hemmung der Verjährung wird der Zeitraum während die Verjährung gehemmt ist nicht in die Verjährungsfrist eingerechnet. Die Verjährung tritt frühestens 3 Monate nach dem Ende der Hemmung ein (§ 203 S. 2 BGB).

Berechnung der Verjährungsfrist für die Klage in der Hauptsache:

Rest der Frist nach dem Verfügungsverfahren.

Achtung, wird diese Frist überschritten, dann ist erstens die Hauptsache verjährt und zweitens auch die einstweilige Verfügung nach §§ 9261) und § 927 I2) ZPO hinfällig!

C. Ergänzender wettbewerblicher Leistungsschutz des UWG

Prinzipiell wird ein Produkt als Leistungsergebnis durch Sonderschutzrechte, wie GeschmMG, UrhG, MarkenG etc. geschützt.

Das UWG schützt vor unlauteren Handlungen Dritter. Es ist zu prüfen, ob zur Nachahmung unlautere Begleitumstände hinzutreten,  Ansprüche aus § 1 UWG.

I. Grundsätze

1. Nachahmungsfreiheit:

Der Nachahmungsschutz nach § 1 UWG a.F. ist nun explizit in § 4 Nr. 9 UWG n.F. aufgenommen.

Der Grundsatz der Nachahmungsfreiheit bedeutet, dass die Freiheit der Nachahmung einer Ware besteht, wenn nicht besondere wettbewerbliche Umstände dies verbieten.

Praktisch ist dieser Grundsatz eingeschränkt, da i.d.R. eine Übernahme fremder Leistung mit unlauteren Begleitumständen verknüpft ist.

Zu unterscheiden ist zwischen:

- unmittelbarer Leistungsübernahme und

- mittelbarer oder nachschaffender Leistungsübernahme

Die unmittelbare Leistungsübernahme wird als sklavische Nachahmung bezeichnet und umfasst identische und fast-identische Nachahmung, d.h. Nachahmungen bei denen keine eigenständige Leistung erbracht wird (Abkupfern). Die sklavische Nachahmung ist i.d.R. sittenwidrig, außer sie besitzt wettbewerbliche Eigenart.

Die mittelbare Leistungsübernahme oder nachschaffende Nachahmung hält einen gewissen Abstand zum Vorbild, doch bleibt letzteres erkennbar (BGH GRUR 1991/914 'Kastanienmuster'). BGH GRUR 1963/152 'Rotaprint': Aus einer Übereinstimmung der wesentlichen technischen Besonderheiten einer Maschine ist auf eine Herkunftstäuschung des Nachbauenden zum Originalhersteller zu schließen.

2. Immaterialgüterrecht:

Grundsatz der Priorität des Immaterialgüterrechts: Wird kein Immaterialgüterrecht verletzt (Patent,GebrM, Marke, GeschmM, UrheberR), dann kann aus den daran geprüften Merkmalen kein Anspruch nach § 1 UWG a.F. konstruiert werden.

Sonderfall: Als Ausnahme von diesem Grundsatz genießen Modeneuheiten einen 'Saisonschutz der Textilneuheiten' als serienmäßigen Wettbewerbsschutz (BGH 'Modeneuheit'), auch wenn § 1 UWG a.F. Anlass zur Prüfung des nicht eingetragenen Geschmacksmusters gäbe.

II. Anspruchsgrundlagen

Prüfung der Tatbestandsmerkmale anhand folgender drei Kriterien:

1. Wettbewerbliche Eigenart:

In der Umschreibung: Das Produkt muss es haben!

BGH Definition: Das nachgeahmte Produkt muss in seiner konkreten Ausgestaltung oder hinsichtlich einzelner Merkmale geeignet sein auf die betriebliche Herkunft oder auf seine eigenen Besonderheiten hinzuweisen.

 Die wettbewerbliche Eigenart ist von der geschmacksmusterrechtlichen Eigenart grundverschieden.

Eine wettbewerbliche Eigenart besteht daher auch bei Newcomer-Produkten die noch keinen Hinweis auf eine betriebliche Herkunft besitzen.

Die früher vom BGH geforderte Eignung des Produkts eine Gütevorstellung bzw. Qualitätsvorstellung (BGH GRUR 1966/97 'Zündaufsatz') auszulösen ist heute für Ansprüche nach § 1 UWG nicht mehr erforderlich.

Eine Negativabgrenzung wurde in 'Kettenekerze' vorgenommen mit der Feststellung, dass übliche, über einen Docht miteinander verbundene Kerzen eine allgemeine Form besitzen, denen der Verkehr keine Eigenart zuerkennt.

Kriterien für wettbewerbliche Eigenart:

 Gütevorstellungen des Verkehrs sind hilfreich

 Verkehrsbekanntheit des Produkts ist hilfreich:

BGH GRUR 1998/?? 'Wärme für das Leben': Ja

BGH GRUR 2002/275 'Noppenbahn': Nein, da bei deutlicher Kennzeichnung des Produkts eine durch die Verkehrsbekanntheit gegebene vermeidbare Herkunftstäuschung verhindert werde.

BGH WRP 1991/575 'Betonsteinelemente': Die PVÜ-Grundsätze sind im § 1 UWG anwendbar wodurch die Bekanntheit eines Produkts im Ausland auf das Inland erstreckt wird.

 BGH GRUR 2003/359 'Pflegebett': gestalterische Ideen, Prinzipien, Stile (z.B. die Idee, das Fußgestell eines Stahlrohrbettes allgemein mit einer irgendwie gearteten Holzverkleidung zu kaschieren) begründen keine wettbewerbliche Eigenart.

 Ausschließlich technisch bedingte oder technisch notwendige Merkmale (die weder dem Geschmacksmuster- noch dem Markenschutz zugänglich sind) kommen nicht in Betracht (BGH 'Bremszangen').

Frei bzw. willkürlich wählbare Merkmale, die zwar technisch bedingt aber nicht zwingend vorgeschrieben sind, können einen Leistungsschutz nach § 1 UWG a.F. auslösen (BGH GRUR 2002/275 'Noppenbahn', Leitsatz 3; BGH WRP 1999/816 'Güllepumpen').

 Massenware (dazu zählen angeblich nur Würfelzucker und Briketts) weist keine wettbewerbliche Eigenart auf

 Produktprogramme können wettbewerbliche Eigenart haben, z.B. wenn sie wiederkehrende charakteristische Merkmale aufweisen, die sie von gleichartigen Waren für den Verkehr deutlich abheben (BGH GRUR 1986/673 'Beschlagprogramm'); (BGH WRP 1999/1031 'Rollstuhlnachbau'; BGH GRUR 1996/210 'Vakuumpumpen').

2. Nachahmung:

Es ist klar zwischen sklavischer und nachschaffender Nachahmung zu unterscheiden.

Die sklavische Nachahmung ist (fast-) identisch, d.h. eventuelle Unterschiede fallen erst beim dritten Hinsehen auf. Ist dies nicht der Fall, so handelt es sich um eine ähnliche, aber keine identische Nachahmung:

BGH GRUR 2000/521 'Modulgerüst': Das Anbringen einer Marke an einem identisch nachgebauten Gerüst kann einen aus dem § 1 UWG herausbringen.

BGH WRP 1999/1031 'Rollstuhlnachbau': je größer die wettbewerbliche Eigenart und je höher der Grad der Übernahme, desto geringere Anforderungen sind an die sonstigen Tatbestandsmerkmale zu stellen. Ebenso in BGH GRUR 1996/210 Vakuumpumpen'.

3. Sonstiges wettbewerbswidriges Element:

Hier handelt es sich um einen Platzhalter der offen für ein Ausfüllen mit beliebigen Tatbestandsmerkmalen ist (BGH GRUR 2000/521 'Modulgerüst').

 Gefahr der Herkunftstäuschung:

Ist bei Nachahmung immer gegeben, da jeder das ihm Mögliche tun muss um Verwechslungsmöglichkeiten gering zu halten und somit bei nachgemachten Produkten stets eine vermeidbare Herkunftstäuschung vorliegt. Voraussetzung für die Herkunftstäuschung ist jedoch, dass das Produkt im Verkehr ist.

 Rufausnutzung / -ausbeutung:

Der Leistungsübernehmer nutzt den Ruf des Herstellers der Vorlage mit der Nachahmung aus (BGH GRUR 1996/508 'Uhrenapplikation').

Verkehr nimmt an, es handele sich um eine billige Zweitmarke (BGH WRP 2001, 'Vienetta'; hebelt 'Modulgerüst' aus).

 Rufschädigung:

Der Ruf der Vorlage wird z.B. durch die minderwertige Ausführung der Nachahmung beeinträchtigt ('Rollstuhlgestell' mit schlecht ausgeführten Schweißnähten)

Umgekehrt als Einwand: Der Nachahmer zieht die Qualitätserwartung nach oben.

 negative Infektion der Qualitätserwartungen an das Original (Rotaprint).

 Behinderung der Aufrechterhaltung des guten Rufs des Originalherstellers:

Der Verbraucher kann den Nachbau zwar gut vom Original unterscheiden, doch ist die Vorlage eine Ikone dieser Warenart, deren Ruf bei zu vielen nachbauten auf dem Markt leiden würde (Lespoil (??) Guitarre).

 Erschleichen / Vertrauensbruch:

Betriebsspionage; Nutzung von Geschäfts- oder Betriebsgeheimnissen; Abwerben von Angestellten. (BGH 2003/356 '??')

 Systematisches Nachahmen:

systematischer Nachbau einer Produktserie.

 Einschieben in eine fremde Serie:

Legosteinplagiate zum Einschieben in eine auf Fortsetzungsbedarf ausgerichtete Serie (GRUR 1964 und 1992, 'Klemmbausteine I bis III').

 Ersparte Mühen und Aufwendungen

Alle 3 Kriterien stehen miteinander in Wechselwirkung.

III. Beweislast

Der Kläger hat grundsätzlich alle anspruchsbegründenden Tatbestandsmerkmale nachzuweisen. Nähere Darstellungen sind entbehrlich, wenn sie dem Richter bekannt sind (GRUR 1998/477 'Trachtenjanker').

Vorsatz ist bei einer Nachahmung immer gegeben (BGH GRUR 1977/614 'Gebäudefassade'). Eine kenntnislose Nachahmung ist keine Nachahmung (BGH GRUR 1991/914 'Kastanienmuster').

IV. Rechtsfolgen

- Unterlassungsanspruch

- Auskunftsanspruch (bezüglich des Umfangs des Schadensersatzanpruchs)

- Schadensersatzanspruch (nach allgemeinem Deliktrecht der §§ 823 ff. BGB)

Bei Delikten der Produktnachahmung erfolgt die Schadensberechnung üblicherweise nach der Lizenzanalogie (BGH GRUR 1972/189 'Wandsteckdose'). Die weiteren Berechnungsverfahren, wie Abschöpfung des Verletzergewinns oder entgangener Gewinn sind ebenfalls möglich (BGH GRUR 1988/690 '?? Holliday'.

- Kostenerstattung für den Patentanwalt

Nicht bei reinem UWG-Verfahren.

Ja bei z.B. zusätzlich eingebrachtem kennzeichenrechtlichen Anspruch (BGH GRUR 2002/802 'Mitwirkender Patentanwalt').

Es besteht kein Vernichtungsanspruch, da das UWG ein reines Handlungsunrecht ist (BGH GRUR 1988/690 'Kristallfiguren'), d.h. nicht das Herstellen, sondern das Inverkehrbringen ist verboten (BGH GRUR 1999/923 'Telefonbuch ?? CD').

V. Zuständigkeit

Alle Landgerichte.

VI. Anspruchsgläubiger

Der Anspruch steht dem Unternehmen zu, das die schutzwürdige Leistung erbracht hat (BGH GRUR 1994/630 'Cartier Armreif'). 

- Anspruch ist an den Geschäftsbetrieb gekoppelt

- Anspruchsgläubiger ist i.d.R. der Hersteller

Der Händler hat i.d.R. keinen Leistungsanspruch, eine Ausnahme bildet der Exklusiv- d.h. der alleinige Händler(BGH GRUR 1991/223 'finnischer Schmuck').

Der Anspruch ist nicht übertragbar, jedoch ist eine Prozessstandschaft möglich, d.h. das Geltendmachen fremden Rechts im eigenen Namen (BGH GRUR 1990/361 'Kronthaler').

VII. ergänzender wettbewerblicher Kennzeichenschutz

Die obigen Ausführungen bezogen sich auf den Produktschutz. Der ergänzende wettbewerbliche Kennzeichenschutz fängt die Fälle ab, die eigentlich dem Markenrecht zuzuordnen sind, dort aber doch nicht untergebracht sind.

Fallgruppen:

- Nicht-kennzeichenmäßige Verwendung einer Marke ('Pulloverbeschriftung')

- Verwendung einer Marke als Werbemittel: 'Der Champagner unter den Mineralwässern', eigentlich handelte es sich hier um eine geographische Herkunftsangabe.

- Rufschädigung nicht bekannter Marken

- behindernder Markenerwerb (Hinterhaltsmarke: 'Torch')

siehe auch

1)
§ 926 ZPO, Anordnung der Klageerhebung: (1) ist die Hauptsache nicht anhängig, so hat das Arrestgericht auf Antrag ohne mündliche Verhandlung anzuordnen, dass die Partei, die den Arrestbefehl erwirkt hat, binnen einer zu bestimmenden Frist Klage zu erheben habe. (2) Wird dieser Anordnung nicht Folge geleistet, so ist auf Antrag die Aufhebung des Arrestes durch Endurteil auszusprechen.
2)
§ 927 ZPO, Aufhebung wegen veränderter Umstände: (1) Auch nach der Bestätigung des Arrestes kann wegen veränderter Umstände, insbesondere wegen Erledigung des Arrestgrundes oder auf Grund des Erbietens zur Sicherheitsleistung die Aufhebung des Arrestes beantragt werden.
wettbewerbsrecht/inhalt.txt · Zuletzt geändert: 2023/07/25 08:30 von 127.0.0.1