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wettbewerbsrecht:gewinnabschoepfung

finanzcheck24.de

Gewinnabschöpfung

§ 10 (1) UWG

Wer vorsätzlich oder fahrlässig eine nach § 3 oder § 7 unzulässige geschäftliche Handlung vornimmt und hierdurch zu Lasten einer Vielzahl von Abnehmern einen Gewinn erzielt, kann von den gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 2 bis 4 zur Geltendmachung eines Unterlassungsanspruchs Berechtigten auf Herausgabe dieses Gewinns an den Bundeshaushalt in Anspruch genommen werden.

Rechtsmissbräuchlich Gewinnabschöpfungsklage

Ansprüche auf Gewinnabschöpfung können nach § 10 Abs. 1 UWG nur von den nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 bis 4 UWG zur Geltendmachung eines Unterlassungsanspruchs Berechtigten erhoben werden. Die Bestimmungen des § 8 Abs. 3 Nr. 2 und 3 UWG regeln nicht nur die sachlich-rechtliche Anspruchsberechtigung, sondern auch die prozessuale Klagebefugnis, die als Sachurteilsvoraussetzung im Revisionsverfahren fortbestehen muss. Die Frage, ob die Voraussetzungen des § 8 Abs. 3 Nr. 2 oder 3 UWG erfüllt sind, ist deshalb vom Revisionsgericht ohne Bindung an die vom Berufungsgericht getroffenen tatsächlichen Feststellungen zu prüfen.1)

Die Beurteilung, ob eine Gewinnabschöpfungsklage gemäß § 10 Abs. 1 UWG rechtsmissbräuchlich ist, richtet sich nicht nach § 8 Abs. 4 UWG, sondern nach § 242 BGB (dazu B III 2). Danach ist die Gewinnabschöpfungsklage eines Verbraucherverbands, die von einem gewerblichen Prozessfinanzierer finanziert wird, der im Falle des Obsiegens einen Anteil am abgeschöpften Gewinn erhalten soll, aber rechtsmissbräuchlich und damit unzulässig (dazu B III 3).2)

Die Gewinnabschöpfungsklage eines Verbraucherverbands, die von einem gewerblichen Prozessfinanzierer finanziert wird, dem im Fall des Obsiegens eine Vergütung in Form eines Anteils am abgeschöpften Gewinn zugesagt wird, widerspricht dem Zweck der gesetzlichen Regelung des § 10 UWG und damit dem Verbot unzulässiger Rechtsausübung aus § 242 BGB und ist unzulässig.3)

Die Klagebefugnis des zur Geltendmachung des Gewinnabschöpfungsanspruchs Berechtigten wird in dieser Fallkonstellation vom gewerblichen Prozessfinanzierer instrumentalisiert, um den Gewinnabschöpfungsprozess zur Einnahmenerzielung zu führen. Die unerwünschte Gewinnerzielungsabsicht wirkt sich trotz ihrer Abspaltung von der Klagebefugnis auf diese aus, weil sie dem gesetzgeberischen Ziel widerspricht und zu einer Umgehung des Gesetzes führt.4)

§ 10 (2) UWG

Auf den Gewinn sind die Leistungen anzurechnen, die der Schuldner auf Grund der Zuwiderhandlung an Dritte oder an den Staat erbracht hat. Soweit der Schuldner solche Leistungen erst nach Erfüllung des Anspruchs nach Absatz 1 erbracht hat, erstattet die zuständige Stelle des Bundes dem Schuldner den abgeführten Gewinn in Höhe der nachgewiesenen Zahlungen zurück.

§ 10 (3) UWG

Beanspruchen mehrere Gläubiger den Gewinn, so gelten die §§ 428 bis 430 des Bürgerlichen Gesetzbuchs entsprechend.

§ 10 (4) UWG

Die Gläubiger haben der zuständigen Stelle des Bundes über die Geltendmachung von Ansprüchen nach Absatz 1 Auskunft zu erteilen. Sie können von der zuständigen Stelle des Bundes Erstattung der für die Geltendmachung des Anspruchs erforderlichen Aufwendungen verlangen, soweit sie vom Schuldner keinen Ausgleich erlangen können. Der Erstattungsanspruch ist auf die Höhe des an den Bundeshaushalt abgeführten Gewinns beschränkt.

Nach § 10 Abs. 4 Satz 1 UWG haben die Gläubiger der zuständigen Stelle des Bundes über die Geltendmachung von Gewinnabschöpfungsansprüchen Auskunft zu erteilen. Durch die Auskunftspflicht soll die Abwicklung zwischen der zuständigen Stelle des Bundes und den zur Geltendmachung des Gewinnabschöpfungsanspruchs Berechtigten erleichtert werden.5)

Das Führen eines Gewinnabschöpfungsprozesses bedarf jedoch keiner Genehmigung der zuständigen Stelle des Bundes.6)

Nach § 10 Abs. 4 Satz 2 UWG können die Gläubiger von der zuständigen Stelle des Bundes Erstattung der für die Geltendmachung des Anspruchs erforderlichen Aufwendungen verlangen, soweit sie vom Schuldner keinen Ausgleich erlangen können. Das Bundesamt für Justiz ist zwar nach den Feststellungen des Berufungsgerichts bei seiner vorab erteilten Zustimmung als „mittelbewirtschaftende Stelle“ aufgetreten und hat nach „pflichtgemäßem Ermessen“ eigenverantwortlich entschieden, ob die Zustimmung zu einer Prozessfinanzierungsvereinbarung im Hinblick auf die Aufwendungen erteilt wird. Die Regelung des Anspruchs auf Aufwendungsersatz in § 10 Abs. 4 Satz 2 UWG und eine im Hinblick auf diese Regelung erteilte Zustimmung des Bundesamtes für Justiz sind für die Prozessführungsbefugnis des Klägers jedoch ohne Belang. Dem klagenden Verband bliebe es unbenommen, den Prozess im Falle der Nichterteilung der begehrten Zusage gleichwohl zu führen und die Kosten der Prozessfinanzierung selbst zu tragen oder auf anderem Wege für die Finanzierung zu sorgen.7)

Maßgebend für die Beurteilung der Frage, ob eine Gewinnabschöpfungsklage nach § 10 UWG rechtsmissbräuchlich ist, ist nicht die Bestimmung des § 8 Abs. 4 UWG in unmittelbarer oder entsprechender Anwendung, sondern das allgemeine Verbot unzulässiger Rechtsausübung nach § 242 BGB. Eine diesem Verbot widersprechende Klage ist unzulässig.8)

§ 10 (5) UWG

Zuständige Stelle im Sinn der Absätze 2 und 4 ist das Bundesamt für Justiz.

Bis zur Geltendmachung eines Schadensersatzanspruchs, kann als Ersatz für diesen noch nicht bestehenden Schadensersatz eine Gewinnabschöpfung zu Gunsten des Bundeshaushaltes erfolgen.

Wurde für Verbände eingeführt und gilt nur bei Vorsatz.

1)
BGH, Urteil vom 13. September 2018 - I ZR 26/17 - Prozessfinanzierer; m.V.a. BGH, Urteil vom 1. März 2007 - I ZR 51/04, GRUR 2007, 809 Rn. 12 = WRP 2007, 1088 - Krankenhauswerbung; Urteil vom 22. September 2011 - I ZR 229/10, GRUR 2012, 415 Rn. 10 = WRP 2012, 467 - Überregionale Klagebefugnis; Urteil vom 7. Mai 2015 - I ZR 158/14, GRUR 2015, 1240 Rn. 13 = WRP 2015, 1464 - Der Zauber des Nordens
2) , 7) , 8)
BGH, Urteil vom 13. September 2018 - I ZR 26/17 - Prozessfinanzierer
3)
BGH, Urteil vom 9. Mai 2019 - I ZR 205/17; Fortführung von BGH, Urteil vom 13. September 2018 - I ZR 26/17, GRUR 2018, 1166 - Prozessfinanzierer I
4)
BGH, Urteil vom 9. Mai 2019 - I ZR 205/17
5)
BGH, Urteil vom 13. September 2018 - I ZR 26/17 - Prozessfinanzierer; m.V.a. vgl. BTDrucks. 15/1487 S. 25; Goldmann in Harte/Henning, UWG, 4. Aufl., § 10 Rn. 166
6)
BGH, Urteil vom 13. September 2018 - I ZR 26/17 - Prozessfinanzierer; zur fehlenden Tatbestandswirkung der Notifikationsbestätigung der Europäischen ArzneimittelAgentur vgl. BGH, Urteil vom 30. März 2017- I ZR 263/15, GRUR 2017, 1160 Rn. 30 = WRP 2017, 1337 - Bretaris Genuair
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