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wettbewerbsrecht:beeintraechtigung_der_entscheidungsfreiheit

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Beeinträchtigung der Entscheidungsfreiheit (§ 4 Nr. 1 UWG)

§ 4 Nr. 1 UWG

Unlauter handelt, wer die Kennzeichen, Waren, Dienstleistungen, Tätigkeiten oder persönlichen oder geschäftlichen Verhältnisse eines Mitbewerbers herabsetzt oder verunglimpft;

§ 3 UWG → Verbot unlauterer geschäftlicher Handlungen

Die Grenze zur Unlauterkeit ist nach § 4 Nr. 1 UWG erst dann überschritten, wenn eine geschäftliche Handlung geeignet ist, die Rationalität der Nachfrageentscheidung der angesprochenen Marktteilnehmer vollständig in den Hintergrund treten zu lassen.1)

Nach geltendem Recht, das im Hinblick auf den in die Zukunft gerichteten Unterlassungsanspruch zu berücksichtigen ist, liegt eine Beeinträchtigung der Entscheidungsfreiheit des Verbrauchers i.S. des § 4 Nr. 1 UWG zudem nur dann vor, wenn der Handelnde diese Freiheit durch Belästigung oder durch unzulässige Beeinflussung i.S. des Art. 2 lit. j der Richtlinie 2005/29/EG erheblich beeinträchtigt.2)

Eine unangemessene unsachliche Einflussnahme i.S. von § 4 Nr. 1 UWG kommt in Betracht, wenn der angesprochene Verkehr bei von ihm zu treffenden Entscheidungen auch die Interessen dritter Personen zu wahren hat und er durch die beanstandete Werbemaßnahme veranlasst werden kann, seine Entscheidung nicht allein an dem Interesse des Dritten auszurichten, sondern sich bei ihr auch davon leiten zu lassen, ob ihm ein versprochener Vorteil oder eine Vergünstigung zufließt.3)

Haben Marktteilnehmer bei ihren geschäftlichen Entscheidungen (auch) die Interessen Dritter zu wahren, so ist eine unangemessene unsachliche Einflussnahme i.S. von § 4 Nr. 1 UWG gegeben, wenn sie durch die Gewährung oder das Inaussichtstellen eines finanziellen Vorteils dazu veranlasst werden können, diese Interessenwahrungspflicht zu verletzen.4)

Fallgruppen

Beispiele aus der Rechtsprechung

  • Soweit ein Versicherungsnehmer die Interessen des Versicherers wahrzunehmen hat, kann das Versprechen eines Vorteils zu seinen Gunsten eine unangemessene unsachliche Beeinflussung i.S. des § 4 Nr. 1 UWG darstellen, wenn der Versicherungsnehmer dadurch veranlasst werden kann, auf das Angebot einzugehen, ohne den Vorteil an den Versicherer weiterzugeben.5)
  • Der Absatz von Tageszeitungen über ungesicherte Verkaufshilfen („stumme Verkäufer“) ist selbst bei erheblichem Schwund weder unter dem Gesichtspunkt einer unzulässigen Beeinträchtigung der Kaufinteressenten noch unter dem Gesichtspunkt einer allgemeinen Marktbehinderung wettbewerbswidrig.6)
  • Es stellt eine unangemessene unsachliche Einflussnahme auf die ärztliche Behandlungstätigkeit dar, wenn durch das Gewähren oder Inaussichtstellen eines finanziellen Vorteils darauf hingewirkt wird, dass Ärzte entgegen ihren Pflichten aus dem Behandlungsvertrag und dem Berufsrecht nicht allein anhand des Patienteninteresses entscheiden, ob sie einen Patienten an bestimmte Anbieter gesundheitlicher Leistungen verweisen.7)

siehe auch

1)
st. Rspr.; BGH, Urteil vom 29. Oktober 2009 - I ZR 180/07 - Stumme Verkäufer II; ; m.V.a. BGH, Urt. v. 8.11.2007 - I ZR 60/05, GRUR 2008, 530 Tz. 13 = WRP 2008, 777 - Nachlass bei der Selbstbeteiligung, m.w.N.
2)
BGH, Urteil vom 24. Juni 2010 - I ZR 182/08 - Brillenversorgung II; m.V.a. BGH, Urt. v. 29.10.2009 - I ZR 180/07, GRUR 2010, 455 Tz. 17 = WRP 2010, 746 - Stumme Verkäufer II, m.w.N.
3)
BGH, Urteil vom 2. Juli 2009 - I ZR 147/06 - Winteraktion; m.w.N.
4)
BGH, Urteil vom 24. Juni 2010 - I ZR 182/08 - Brillenversorgung II; m.V.a. BGH, Urt. v. 21.4.2005 - I ZR 201/02, GRUR 1059, 1060 f. = WRP 2005, 1508 - Quersubventionierung von Laborgemeinschaften I; BGH GRUR 2008, 530 Tz. 14 - Nachlass bei der Selbstbeteiligung
5)
BGH, Urt. v. 8. November 2007 - I ZR 60/05 - Nachlass bei der Selbstbeteiligung
6)
BGH, Urteil vom 29. Oktober 2009 - I ZR 180/07 - Stumme Verkäufer II; m.V.a. BGH GRUR 1996, 778 - Stumme Verkäufer I
7)
BGH, Urteil vom 24. Juni 2010 - I ZR 182/08 - Brillenversorgung II
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