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wettbewerbsrecht:abnehmerverwarnung [2020/08/31 09:53] – mfreund | wettbewerbsrecht:abnehmerverwarnung [2023/07/25 08:30] (aktuell) – Externe Bearbeitung 127.0.0.1 | ||
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+ | ====== Abnehmerverwarnung ====== | ||
+ | -> [[unberechtigte Schutzrechtsverwarnung]] | ||
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+ | Bei der [[Privatrecht: | ||
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+ | Richtet sich die Verwarnung an Abnehmer der beanstandeten Waren, kann ein entsprechender Anspruch auch einem Hersteller zustehen, der die Abnehmer beliefert. Dem liegt die Erwägung zugrunde, dass der notwendige Ausgleich zwischen dem durch Art. 14 Abs. 1 GG verfassungsrechtlich geschützten Interesse des Schutzrechtsinhabers, | ||
+ | Mitbewerbers einstehen zu müssen.((BGH, | ||
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+ | Bei der gebotenen Abwägung der beiderseitigen Interessen ist, wenn der Schutzrechtsinhaber sein vermeintliches Recht nicht gegenüber seinem unmittelbaren Wettbewerber, | ||
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+ | Die Haftung für eine [[unberechtigte Schutzrechtsverwarnung]] ist nicht grundsätzlichen ausgeschlossen, | ||
+ | und der geschädigte Gewerbetreibende seine Rechte folglich weder in einem gerichtlichen Verfahren wahrnehmen kann noch in irgendeiner Form an einem solchen Verfahren beteiligt ist.((BGH Beschl. v. 15. Juli 2005 - GSZ 1/04)) | ||
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+ | Das Interesse der Abnehmer, sich sachlich mit dem Schutzrechtsinhaber | ||
+ | Schutzrechtsinhaber konkurrierenden Herstellers. Bei dem einzelnen Abnehmer können die Umsätze mit | ||
+ | dem vermeintlich verletzenden Erzeugnis nur geringe Bedeutung haben; außerdem steht ihm häufig die Alternative zu Gebote, ohne oder ohne erhebliche Nachteile auf ein entsprechendes Produkt des Schutzrechtsinhabers auszuweichen. Einschneidend getroffen wird in dieser Situation nicht der verwarnte | ||
+ | Abnehmer, sondern der ihn beliefernde Hersteller.((BGH Beschl. v. 15. Juli 2005 - GSZ 1/04)) | ||
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+ | Die außergerichtliche Abmahnung auch einer Vielzahl von Abnehmern bedeutet nur einen relativ geringen Aufwand und ist demgemäß in der Praxis häufig anzutreffen. Demgegenüber entschließt sich der | ||
+ | Schutzrechtsinhaber erfahrungsgemäß nicht leicht zu einem gerichtlichen Vorgehen gegen einen Abnehmer und noch schwerer dazu, gleichzeitig eine Vielzahl von Abnehmern eines Mitbewerbers gerichtlich in Anspruch zu nehmen. Ein solches Vorgehen ist mit beträchtlichem finanziellen, | ||
+ | Aufwand und Risiko verbunden, zumal gegebenenfalls eine Mehrzahl von Gerichten angerufen werden muß und im Unterliegensfalle die Kosten jedes Gegners zu erstatten sind. Ein Rechtsstreit kann die Geschäftsbeziehung | ||
+ | zu den Abnehmern, die der Schutzrechtsinhaber vielfach als Kunden gewinnen will, sehr viel nachhaltiger stören als eine Abmahnung; zudem erhöht es aus Sicht des Verwarnenden die Gefahr, daß die Abnehmer sich zu Widerstand entschließen.((BGH Beschl. v. 15. Juli 2005 - GSZ 1/04)) | ||
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+ | Abgesehen davon, daß insbesondere auf sich schnell verändernden Märkten mit bei Abschluß des Rechtsstreits stark veränderten Marktverhältnissen gerechnet werden müßte, wäre es regelmäßig nicht oder nur schwer möglich, die einmal beendeten Kundenbeziehungen wieder aufzunehmen. Hinzu käme, daß der Verwarner für den durch die verlorenen Umsatzgeschäfte entstandenen Schaden nicht zu haften brauchte, der Schaden somit bei dem Mitbewerber verbliebe, während der Verwarner in jedem Fall den zusätzlichen Gewinn behalten dürfte, den er dadurch erlangt hat, daß sich die Abnehmer seines Mitbewerbers der unberechtigten Schutzrechtsverwarnung gebeugt haben.((vgl. BGHZ 38, 200, 204 - Kindernähmaschinen; | ||
+ | - Maschenfester Strumpf; BGHZ 111, 349, 358)) Das wird den betroffenen Konkurrenten vielfach von der [[Verfahrensrecht: | ||
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+ | Ohne das von der Rechtsprechung entwickelte Institut der [[unberechtigte Schutzrechtsverwarnung|unberechtigten Schutzrechtsverwarnung]] ergäbe sich keine wirksame Handhabe, um einem möglicherweise existenzgefährdenden Eingriff in seine Kundenbeziehungen durch die unberechtigte Geltendmachung von Ausschließlichkeitsrechten gegenüber seinen Abnehmern entgegenzutreten. Wäre die unberechtigte Schutzrechtsverwarnung für den Verwarner ohne Haftungsrisiko, | ||
+ | eines solchen Verfahrens verstreichenden Zeit wäre hierdurch jedoch in aller Regel kein wirksamer Rechtsschutz zu erreichen.((BGH Beschl. v. 15. Juli 2005 - GSZ 1/04)) | ||
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+ | Daß der Geschädigte dem Rechtsstreit gegen seinen Abnehmer gegebenenfalls als [[Verfahrensrecht: | ||
+ | des Geschädigten ungeeignet, wenn der Abnehmer - und gerade dann stellt sich typischerweise die Frage nach einer Schadensersatzhaftung - den Streit nicht vor Gericht austragen will. Denn zu den Erklärungen und Handlungen der Hauptpartei kann sich der Streithelfer nicht wirksam in Widerspruch setzen (§ 67 ZPO).((BGH Beschl. v. 15. Juli 2005 - GSZ 1/04)) | ||
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+ | In den Kundenstamm eines Herstellungsunternehmens wird unmittelbar eingegriffen, | ||
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+ | ==== Zulieferer ==== | ||
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+ | An einer objektiv unangemessenen gezielten Behinderung durch die [[Abnehmerverwarnung|Verwarnung eines Abnehmers]] fehlt es bei einem Zulieferer, der selbst nicht als Schutzrechtsverletzer in Betracht kam, aus denselben Gründen, die bei dieser Fallgruppe einer Haftung des Verwarnenden wegen eines betriebsbezogenen (unmittelbaren) Eingriffs in das Recht des Zulieferers am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb entgegenstehen.((OLG Köln, Urt. v. 21.12.200 - 6 U 143/07; m.w.N.)) | ||
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+ | ==== Rechtsprechung ==== | ||
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+ | ln der unberechtigten Verwarnung eines Mitbewerbers wegen vermeintlicher Verletzung eines Ausstattungsschutzrechtes liegt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kein unmittelbarer Eingriff in den Gewerbebetrieb des Zulieferers der angegriffenen Ausstattung, | ||
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+ | Zwar wird der Zulieferer in der Belieferung des verwarnten Abnehmers unabhängig davon behindert, ob er bei Bestehen des Schutzrechtes selbst Ansprüchen des Verwarnenden ausgesetzt wäre. Eine solche Behinderung allein verleiht jedoch noch keine Anspruchsberechtigung. Die durch die Abnehmerverwarnung gestörte Kundenbeziehung ist nicht absolut geschützt, sondern genießt Schutz nur, soweit die Wirkung des Ausschließlichkeitsrechts nach einem Korrelat in Gestalt der Haftung des Rechtsinhabers für unberechtigte Verwarnungen verlangt.((OLG Köln, Urt. v. 21.12.200 - 6 U 143/07; m.V.a. BGHZ [GZS] 164, 1 = GRUR 2005, 882 [883 f.] – Unberechtigte Schutzrechtsverwarnung)) | ||
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+ | Behauptet der Verwarnende nicht (wie etwa bei der Inanspruchnahme des letzten Abnehmers in einer Lieferkette) zugleich eine Schutzrechtsverletzung durch den Anbieter der vorangegangenen Vertriebsstufe, | ||
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+ | ==== Reichweite der Ansprüche ==== | ||
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+ | Verwarnt der Patentinhaber unberechtigterweise den Vertreiber eines vermeintlich patentverletzenden Erzeugnisses, | ||
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+ | Lässt sich der Verwarnung des Abnehmers des (angeblich) patentverletzenden Endprodukts nicht - ausdrücklich oder nach dem Zusammenhang der abgegebenen Erklärungen - entnehmen, dass der Verwarnende auch ein Verbotsrecht nach § 10 PatG gegenüber dem Zulieferer des Herstellers behauptet, scheidet ein Eingriff in das Recht des Zulieferers am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb aus.((BGH, Urt. v. 30. Januar 2007 - X ZR 53/04 - Funkuhr II)) | ||
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+ | ==== Hintergrund ==== | ||
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+ | Das dem Schutzrechtsinhaber verliehene Ausschließlichkeitsrecht schließt jeden Wettbewerber von der Benutzung des nach Maßgabe der jeweiligen gesetzlichen Vorschriften definierten Schutzgegenstandes aus. Diese einschneidende, | ||
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+ | Schwierigkeiten bei der Beurteilung der Sach- und Rechtslage führen dazu, daß die Grenzen des Schutzbereichs eines Rechts im Einzelfall typischerweise nicht evident sind. Deswegen besteht grundsätzlich die Gefahr, daß es dem Schutzrechtsinhaber gelingt, unberechtigte Schutzbereichsvorstellungen durchzusetzen.((Allerdings sind die Schwierigkeiten bei der Beurteilung der Sach- und Rechtslage verschiedentlich zur Rechtfertigung der Haftung für die unberechtigte Schutzrechtsverwarnung herangezogen worden (BGHZ 38, 200, 205 - Kindernähmaschinen; | ||
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+ | Eine Behinderung, | ||
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+ | Es entspricht deshalb ständiger, auf das Reichsgericht zurückgehender Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, | ||
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+ | ===== siehe auch ===== | ||
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+ | -> [[Unberechtigte Schutzrechtsverwarnung]] |
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