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verfahrensrecht:unterlassungsantrag

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Unterlassungsantrag

Umfang des Antrags (Kerntheorie)

Auch wenn der zu stellende Antrag auf die konkrete Verletzungsform zu beschränken wäre, erfasste eine Verurteilung nach der sogenannten Kerntheorie immerhin alle Handlungsformen, in denen das Charakteristische der beanstandeten Werbung zum Ausdruck kommt.1)

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs können bereits bei der Fassung eines Unterlassungsantrags und der darauf beruhenden Urteilsformel im Interesse eines hinreichenden Rechtsschutzes gewisse Verallgemeinerungen zulässig sein, sofern darin das Charakteristische der Verletzungshandlung zum Ausdruck kommt. Denn der dem Gläubiger aufgrund einer in der Vergangenheit liegenden Verletzungshandlung und der sich daraus ergebenden Wiederholungsgefahr zustehende Unterlassungsanspruch ist nicht auf ein der Verletzungshandlung in jeder Hinsicht entsprechendes Verhalten beschränkt, sondern erstreckt sich auch auf kerngleiche Verletzungshandlungen.2)

Bei einem weit gefassten Unterlassungsantrag ist im Allgemeinen anzunehmen, dass jedenfalls die mit der Klage konkret beanstandeten Verletzungshandlungen untersagt werden sollen.3)

Ein Unterlassungsantrag, in dem mehrere Verletzungsformen durch die Formulierung „und/oder“ miteinander verknüpft sind, ist nur dann in vollem Umfang begründet, wenn hinsichtlich aller damit beanstandeter Handlungsformen sowohl in ihrer Kombination als auch für sich genommen ein Unterlassungsanspruch besteht. Sieht ein Gericht nur eine von mehreren miteinander verbundenen Verletzungsformen als irreführend an, rechtfertigt dies nicht eine Abweisung des gesamten Unterlassungsantrags, sondern nur dessen teilweise Abweisung.4)

Abwandlung der Verletzungsform

Eine Abwandlung der Verletzungsform, auf die sich der Verbotsausspruch nach dem Willen des Klägers beziehen soll, ändert den Streitgegenstand und setzt deshalb einen entsprechenden Antrag des Klägers voraus.5)

Dies gilt ebenso, wenn eine im Antrag umschriebene Verletzungsform durch Einfügung zusätzlicher Merkmale in ihrem Umfang auf Verhaltensweisen eingeschränkt wird, deren Beurteilung die Prüfung weiterer Sachverhaltselemente erfordert, auf die es nach dem bisherigen Antrag nicht ange-kommen wäre. Ein in dieser Weise eingeschränkter Antrag ist zwar gedanklich, nicht aber prozessual (im Sinne des § 264 Nr. 2 ZPO) ein Minus, weil seine Begründung nunmehr von tatsächlichen Voraussetzungen abhängt, die zuvor nicht zum Inhalt des Antrags erhoben worden waren.6). Das Gericht ist zwar verpflichtet, den vorgetragenen Lebenssachverhalt umfassend rechtlich daraufhin zu überprüfen, ob danach der Klageantrag begründet ist. Es muss dabei aber die Grenzen des vom Kläger bestimmten Streitgegenstands beachten7) Das Gericht verstößt deshalb gegen § 308 Abs. 1 ZPO, wenn es dahingehend erkennt, dass der geltend gemachte Anspruch nur unter bestimmten, nicht zum Inhalt des Antrags erhobenen Voraussetzungen bestehe und im Übrigen nicht bestehe. Eine solche Entscheidung spricht nicht lediglich weniger zu als beantragt, sondern anstelle des Beantragten etwas Anderes8).9)

Beispiele

  • Der mittlerweile in § 7 Abs. 2 Nr. 2 Fall 2 UWG geregelte Beispielsfall unlauteren Verhaltens im Wettbewerb, dem diese Formulierung entspricht, ist - anders als möglicherweise der Fall des § 7 Abs. 2 Nr. 2 Fall 1 UWG (vgl. dazu OLG Hamm MD 2006, 1285, 1286; LG Stuttgart WRP 2005, 1041; Köhler in Hefermehl/Köhler/Bornkamm, Wettbewerbsrecht, 24. Aufl., § 12 UWG Rdn. 2.40) - nicht selbst hinreichend eindeutig und konkret gefasst, um ohne weitere Konkretisierung in den Klageantrag übernommen zu werden.10)

siehe auch

1)
BGH, Urt. v. 16. November 2006 - I ZR 191/03 - Telefonwerbung für „Individualverträge“; m.V.a. BGH, Urt. v. 4.9.2003 - I ZR 32/01, GRUR 2004, 72 - Coenzym Q 10; Teplitzky aaO Kap. 57 Rdn. 12 m.w.N.
2)
BGH, Beschluss vom 6. Februar 2013 - I ZB 79/11
3)
BGH, Urt. v. 29. März 2007 - I ZR 164/04 - Änderung der Voreinstellung); m.V.a. BGH, Urt. v. 16.11.2000 - I ZR 186/98, GRUR 2001, 446, 447 = WRP 2001, 392 - 1-Pfennig-Farbbild, m.w.N.
4)
BGH, Urteil vom 2. Juni 2022 - I ZR 93/21 - 7 x mehr
5) , 9)
BGH, Urteil vom 29. Juni 2006 - I ZR 235/03 - Anschriftenliste
6)
BGH, Urteil vom 29. Juni 2006 - I ZR 235/03 - Anschriftenliste; m.V.a. BGHZ 154, 342, 350 - Reinigungsarbeiten, m.w.N.
7)
vgl. BGH, Urt. v. 7.6.2001 - I ZR 157/98, GRUR 2002, 287, 288 = WRP 2002, 94 - Widerruf der Erledi-gungserklärung, m.w.N.
8)
BAG DB 1992, 434 m.w.N.
10)
BGH, Urt. v. 16. November 2006 - I ZR 191/03 - Telefonwerbung für „Individualverträge“
verfahrensrecht/unterlassungsantrag.txt · Zuletzt geändert: 2023/07/25 08:28 von 127.0.0.1