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verfahrensrecht:teilurteil [2020/09/02 07:23] – mfreund | verfahrensrecht:teilurteil [2023/07/25 08:29] (aktuell) – Externe Bearbeitung 127.0.0.1 | ||
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+ | ====== Teilurteil ====== | ||
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+ | **§ 301 (1) ZPO** | ||
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+ | Ist von mehreren in einer Klage geltend gemachten Ansprüchen nur der eine oder ist nur ein Teil eines Anspruchs oder bei erhobener Widerklage nur die Klage oder die Widerklage zur Endentscheidung reif, so hat das Gericht sie durch Endurteil (Teilurteil) zu erlassen. Über einen Teil eines einheitlichen Anspruchs, der nach Grund und Höhe streitig ist, kann durch Teilurteil nur entschieden werden, wenn zugleich ein Grundurteil über den restlichen Teil des Anspruchs ergeht. | ||
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+ | -> [[Erlass eines unzulässigen Teilurteils]] \\ | ||
+ | -> [[Teilschiedsspruch]] \\ | ||
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+ | Nach § 301 ZPO ist der Erlass eines Teilurteils nur zulässig, wenn dieses über einen aussonderbaren, | ||
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+ | Ein Teilurteil darf daher nur ergehen, wenn die Gefahr einander widersprechender Entscheidungen im Teil- und im Schlussurteil – auch in Folge abweichender Bewertung des Sachverhalts durch das Rechtsmittelgericht – praktisch und theoretisch ausgeschlossen ist.((OLG Köln, Urt. v. 26.11.2010 - 19 U 70/10; m.V.a. OLG Köln NJW-RR 1992, 908, 909)) | ||
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+ | Eine Widersprüchlichkeit ist dabei nicht im Sinne eines Rechtskraftkonflikts zu verstehen. Vielmehr darf es, da § 301 ZPO die Einheitlichkeit und Widerspruchsfreiheit von Entscheidungen in ein und demselben Rechtsstreit gewährleisten soll, auch nicht zu einer unterschiedlichen Beurteilung bloßer Urteilselemente, | ||
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+ | Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs darf ein Teilurteil nur ergehen, wenn es von der Entscheidung über den Rest des geltend gemachten prozessualen Anspruchs unabhängig ist, so dass die Gefahr einander widerstreitender Erkenntnisse, | ||
+ | demselben Rechtsstreit zu einander widersprechenden Entscheidungen kommt.((BGH, | ||
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+ | Die Gefahr einander widersprechender Entscheidungen - auch infolge einer abweichenden Beurteilung durch das Rechtsmittelgericht - ist gegeben, wenn in einem Teilurteil eine Frage entschieden wird, die sich dem Gericht im weiteren Verfahren über andere Ansprüche oder Anspruchsteile noch einmal stellt oder stellen kann. Dazu reicht die Möglichkeit einer unterschiedlichen Beurteilung von bloßen Urteilselementen aus, die weder in Rechtskraft erwachsen noch das Gericht nach § 318 ZPO für das weitere Verfahren binden.((BGH, | ||
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+ | Ein Teilurteil darf deshalb nur ergehen, wenn der weitere Verlauf des Prozesses die zu treffende Entscheidung unter keinen Umständen mehr berühren kann.((BGH, Urteil vom 23. September 2015 - I ZR 78/14 - Sparkassen-Rot/ | ||
+ | Rn. 21 = WRP 2010, 527 - Oracle)) | ||
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+ | In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist allerdings anerkannt, dass gegen einen einfachen Streitgenossen ein Teilurteil trotz der Gefahr einer widerstreitenden Entscheidung im weiteren Verfahren ergehen kann, wenn das Verfahren durch Insolvenz oder Tod des anderen Streitgenossen unterbrochen ist. Diese Ausnahme findet ihre Rechtfertigung darin, dass die Unterbrechung des Verfahrens zu einer faktischen Trennung des Rechtsstreits | ||
+ | führt, weil regelmäßig nicht voraussehbar ist, ob und gegebenenfalls wann das Verfahren aufgenommen werden wird. Da die übrigen Prozessbeteiligten keine prozessuale Möglichkeit haben, die Aufnahme des Verfahrens und damit den | ||
+ | Fortgang des Prozesses insgesamt zu bewirken, wäre es mit ihrem Anspruch auf effektiven Rechtsschutz nicht vereinbar, wenn die Unterbrechung des Verfahrens eine Entscheidung nur deshalb nachhaltig verzögern würde, weil die | ||
+ | abstrakte Gefahr einer widersprüchlichen Entscheidung nach einer eventuellen Aufnahme des Verfahrens besteht.((BGH, | ||
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+ | Zwar hat der Bundesgerichtshof bei einer Klage gegen mehrere einfache Streitgenossen die Entlassung eines Streitgenossen durch Teilurteil für zulässig gehalten, wenn die deutschen Gerichte für die Klage gegen diesen | ||
+ | Streitgenossen international nicht zuständig sind. In diesem Fall besteht in aller Regel ein rechtlich anzuerkennendes Interesse, den Streitgenossen, | ||
+ | Urteil vom 24. Februar 2015 - VI ZR 279/14, WM 2015, 1287 Rn. 8)) | ||
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+ | Die Teilbarkeit im Sinne von § 301 Abs. 1 Satz 1 ZPO erfordert eine Mehrheit von prozessualen Ansprüchen beziehungsweise Streitgegenständen (§ 301 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 ZPO) oder die Teilbarkeit des einen prozessualen | ||
+ | Anspruchs beziehungsweise Streitgegenstands (§ 301 Abs. 1 Satz 1 Fall 2 ZPO). Ein Teilurteil über einzelne von mehreren konkurrierenden Anspruchsgrundlagen ist danach nicht zulässig.((BGH, | ||
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+ | Wird ein einheitlicher [[Streitgegenstand]] geltend gemacht, darf das Gericht nicht durch Teilurteil über einzelne von mehreren konkurrierenden Anspruchsgrundlagen entscheiden. Dabei ist unerheblich, | ||
+ | Zuständigkeit einer anderen Gerichtsbarkeit begründen würden.((BGH, | ||
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+ | Auch die notwendige Streitgenossenschaft (§ 62 Abs. 1 Fall 1 ZPO) schließt eine Teilbarkeit grundsätzlich aus.((BGH, Beschluss vom 25. Juni 2020 - I ZB 108/19 ; m.V.a. BGH, Urteil vom 1. März 1999 - II ZR 305/97, NJW 1999, 1638, 1639 [juris Rn. 9])) | ||
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+ | Das Erfordernis der Entscheidungsreife setzt voraus, dass der Sachverhalt vollständig aufgeklärt ist, die Beweise erschöpft sind oder eine Partei mit weiterem Vorbringen nicht zugelassen oder zurückgewiesen wird (vgl. Saenger, | ||
+ | ZPO, 8. Aufl., § 300 Rn. 3). Es fehlt mithin, wenn neuer Vortrag noch zulässig ist.((BGH, Beschluss vom 25. Juni 2020 - I ZB 108/19 ; m.V.a. auf Saenger, ZPO, 8. Aufl., § 301 Rn. 5)) | ||
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+ | Ein Teilurteil darf Vorbringen nicht als verspätet zurückweisen, | ||
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+ | Ungeschriebene Voraussetzung für den Erlass eines Teilurteils ist dessen Unabhängigkeit von der Entscheidung über den restlichen Verfahrensgegenstand. Bei grundsätzlicher Teilbarkeit des Streitgegenstands darf ein Teilurteil deshalb nur ergehen, wenn die Gefahr einander widersprechender Entscheidungen ausgeschlossen ist. Eine solche Gefahr ist namentlich gegeben, wenn in einem Teilurteil eine Frage entschieden wird, die sich dem Gericht im | ||
+ | weiteren Verfahren über andere Ansprüche oder Anspruchsteile noch einmal stellt oder stellen kann.((BGH, Beschluss vom 25. Juni 2020 - I ZB 108/19 ; m.V.a. BGH, Urteil vom 11. April 2017 - VI ZR 576/15, NJW 2018, 621 Rn. 10; Urteil vom 21. November 2017 - VI ZR 436/16, NJW 2018, 623 Rn. 7 mwN)) | ||
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+ | Hat das Berufungsgericht bei einem einheitlichen Streitgegenstand eine materiellrechtliche Anspruchsgrundlage ungeprüft gelassen und durch Teilurteil entschieden, | ||
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+ | Über eine auf Nichtigerklärung eines Patents gerichtete Klage mehrerer Kläger [-> [[Patentrecht: | ||
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+ | **§ 301 (2) ZPO** | ||
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+ | Der Erlass eines Teilurteils kann unterbleiben, | ||
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+ | ===== siehe auch ===== |
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