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verfahrensrecht:rechtsschutzbeduerfnis_einer_klage_auf_unterlassung_oder_beseitigung_von_aeusserungen_die_der_rechtsverfolgung_in_einem_gerichtlichen_oder_behoerdlichen_verfahren_dienen [2020/09/14 07:34] – mfreund | verfahrensrecht:rechtsschutzbeduerfnis_einer_klage_auf_unterlassung_oder_beseitigung_von_aeusserungen_die_der_rechtsverfolgung_in_einem_gerichtlichen_oder_behoerdlichen_verfahren_dienen [2023/07/25 08:28] (aktuell) – Externe Bearbeitung 127.0.0.1 | ||
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+ | ====== Rechtsschutzbedürfnis einer Klage auf Unterlassung oder Beseitigung von Äußerungen, | ||
+ | Das [[Rechtsschutzbedürfnis]] fehlt allgemein, wenn eine Klage oder ein Antrag objektiv schlechthin sinnlos ist, wenn also der Kläger oder Antragsteller unter keinen Umständen mit seinem prozessualen Begehren irgendeinen | ||
+ | schutzwürdigen Vorteil erlangen kann. Jedoch haben Rechtsuchende grundsätzlich einen Anspruch darauf, dass die staatlichen Gerichte ihr Anliegen sachlich prüfen und darüber entscheiden. Nur unter ganz besonderen Umständen | ||
+ | kann ihnen der Zugang zu einer sachlichen Prüfung durch die Gerichte verwehrt werden.((BGH, | ||
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+ | Das Rechtsschutzbedürfnis fehlt allgemein, wenn eine Klage oder ein Antrag objektiv schlechthin sinnlos ist, wenn also der Kläger oder Antragsteller unter keinen Umständen mit seinem prozessualen Begehren irgendeinen | ||
+ | schutzwürdigen Vorteil erlangen kann. Jedoch haben Rechtsuchende grundsätzlich einen Anspruch darauf, dass die staatlichen Gerichte ihr Anliegen sachlich prüfen und darüber entscheiden. Nur unter ganz besonderen Umständen | ||
+ | kann ihnen der Zugang zu einer sachlichen Prüfung durch die Gerichte verwehrt werden.((BGH, | ||
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+ | Solche besonderen Umstände liegen regelmäßig vor, wenn mit einer Klage die Unterlassung oder Beseitigung von Äußerungen begehrt wird, die der Rechtsverfolgung in einem gerichtlichen oder behördlichen Verfahren dienen. | ||
+ | Dem liegt die Erwägung zugrunde, dass auf den Ablauf eines rechtsstaatlich geregelten Verfahrens nicht dadurch Einfluss genommen und seinem Ergebnis nicht dadurch vorgegriffen werden soll, dass ein an diesem Verfahren Beteiligter durch Unterlassungs- oder Beseitigungsansprüche in seiner Äußerungsfreiheit eingeengt wird. Die Relevanz des Vorbringens soll allein in dem seiner eigenen Ordnung unterliegenden Ausgangsverfahren geklärt werden. Dies gilt grundsätzlich auch bei Äußerungen in einem rechtsstaatlich geregelten Verfahren, durch die Rechte von am Verfahren beteiligten Dritten betroffen werden, wenn die Äußerungen in einem engen Bezug zum Verfahren stehen. Kann sich der Dritte in dem betreffenden Verfahren nicht gegen die Äußerungen wehren, ist bei der Abwägung der widerstreitenden Interessen allerdings besonders sorgfältig zu prüfen, ob der Dritte die Äußerung hinnehmen muss.((BGH, Beschl. vom 23.4.2020 - I ZR 85/19; m.V.a. BGH, Urteil vom 19. Juli 2012 - I ZR 105/11, GRUR 2013, 305 Rn. 14 bis 16 = WRP 2013, 327 - Honorarkürzung; | ||
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+ | Eine differenzierte Betrachtung ist geboten, wenn die Klage auf Unterlassung von Äußerungen gerichtet ist, die zwar außerhalb eines gerichtlichen oder behördlichen Verfahrens erfolgt sind, aber mit einem solchen in einem Zusammenhang stehen. Es reicht für die Verneinung des Rechtsschutzbedürfnisses nicht aus, dass eine außergerichtliche Auseinandersetzung - wie stets - in eine gerichtliche Auseinandersetzung münden kann.((BGH, Beschl. vom 23.4.2020 - I ZR 85/19; m.V.a. Koch, WRP 2019, 1259, 1264)) | ||
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+ | Das Rechtsschutzbedürfnis fehlt in diesen Fällen vielmehr nur dann, wenn die wettbewerbsrechtliche Unterlassungsklage auf eine Beschränkung der Rechtsverfolgung oder -verteidigung des Gegners gerichtet ist, die im | ||
+ | Falle des Obsiegens in dem nachfolgenden gerichtlichen oder behördlichen Verfahren fortwirkte. Der Senat hat eine fortwirkende Beschränkung in diesem Sinne angenommen, wenn einem Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherer mit der | ||
+ | Unterlassungsklage eine Regulierungspraxis verboten werden soll, bei der er Sachverständigenhonorare ohne auf den Einzelfall bezogene Prüfung und Begründung mit einem Standardschreiben an die gegnerischen Unfallgeschädigten kürzt. Hierbei hat sich der Senat insbesondere auf die Erwägung gestützt, dass die Verpflichtung des Versicherers nach § 100 VVG die außergerichtliche und die gerichtliche Abwehr von Ansprüchen Dritter umfasst.((BGH, | ||
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+ | Ebenso kann die Abgabe einer Gestaltungserklärung - wie zum Beispiel einer Kündigung - nicht mit einer wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsklage unterbunden werden, da dies zu einer | ||
+ | Beschränkung der außergerichtlichen Rechtsverfolgung oder -verteidigung führte, die in einem nachfolgenden gerichtlichen Verfahren fortwirkte.((BGH, | ||
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+ | Das Rechtschutzbedürfnis für eine wettbewerbsrechtliche Unterlassungsklage fehlt jedoch nicht, soweit mit ihr nicht die Rechtsverfolgung oder - verteidigung an sich, sondern lediglich Ausführungen zu ihrer Begründung angegriffen werden. Hinsichtlich solcher Ausführungen muss eine Prüfung am Maßstab des Irreführungsverbots [§ 5 UWG -> [[Wettbewerbsrecht: | ||
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+ | ===== siehe auch ===== | ||
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+ | -> [[Rechtsschutzbedürfnis]] |
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