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verfahrensrecht:pruefungsumfang_des_berufungsgerichts [2021/06/01 09:39] – mfreund | verfahrensrecht:pruefungsumfang_des_berufungsgerichts [2023/07/25 08:28] (aktuell) – Externe Bearbeitung 127.0.0.1 | ||
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+ | ====== Prüfungsumfang des Berufungsgerichts ====== | ||
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+ | **§ 529 (1) ZPO** | ||
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+ | Das Berufungsgericht hat seiner Verhandlung und Entscheidung zugrunde zu legen: | ||
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+ | - die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten; | ||
+ | - [[neue Tatsachen]], | ||
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+ | § 529 (2) ZPO -> [[Prüfung auf Verfahrensmängel]] | ||
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+ | § 531 ZPO -> [[Zurückgewiesene und neue Angriffs- und Verteidigungsmittel]] | ||
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+ | § 529 Abs. 1 ZPO bestimmt, welche Tatsachen das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung zugrunde zu legen hat.((BGH, Urteil vom 13. Oktober 2022 - I ZR 111/21 - DNS-Sperre)) | ||
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+ | Nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO hat das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung die vom Gericht des ersten Rechtszugs festgestellten Tatsachen zugrunde zu legen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten. Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der erstinstanzlichen Feststellungen können sich auch aus der Möglichkeit unterschiedlicher Wertung ergeben, insbesondere daraus, dass das Berufungsgericht das Ergebnis einer erstinstanzlichen Beweisaufnahme anders würdigt als das Gericht der Vorinstanz. Besteht aus der für das Berufungsgericht gebotenen Sicht eine gewisse - nicht notwendig überwiegende - Wahrscheinlichkeit dafür, dass im Fall der Beweiserhebung die erstinstanzliche Feststellung keinen Bestand haben wird, ist es zu einer erneuten Tatsachenfeststellung verpflichtet.((BGH, | ||
+ | NJW-RR 2017, 219 Rn. 10 f. mwN; Beschluss vom 4. September 2019 - VII ZR 69/17, NJW-RR 2019, 1343 Rn. 11; Zöller/ | ||
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+ | Eine den formalen Anforderungen des Revisionsrechts genügende Berufungsrüge ist dafür nicht erforderlich. Die dem Berufungsgericht nach Maßgabe des § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO obliegende Kontrolle der tatsächlichen Entscheidungsgrundlage des erstinstanzlichen Urteils besteht im Fall eines - wie hier - | ||
+ | zulässigen Rechtsmittels ungeachtet einer entsprechenden Berufungsrüge.((BGH, | ||
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+ | Bei der Berufungsinstanz handelt es sich um eine zweite - wenn auch eingeschränkte - Tatsacheninstanz, | ||
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+ | Hegt das Berufungsgericht Zweifel an der Richtigkeit der entscheidungserheblichen Tatsachenfeststellungen, | ||
+ | ZPO erneute Feststellungen geboten. Im Zuge dieser erneuten Tatsachenfeststellung muss das Berufungsgericht einen in erster Instanz vernommenen Zeugen gemäß § 398 Abs. 1 ZPO grundsätzlich nochmals vernehmen, wenn es seiner Aussage eine andere Tragweite oder ein anderes Gewicht als das erstinstanzliche Gericht beimessen möchte.((BGH, | ||
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+ | Unterlässt es dies, so verletzt es den Anspruch der benachteiligten Partei auf rechtliches Gehör.((BGH, | ||
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+ | Die erneute Vernehmung eines Zeugen darf unterbleiben, | ||
+ | die weder die Urteilsfähigkeit, | ||
+ | Beweiswürdigung bewerten kann, weil es keines persönlichen Eindrucks von dem Zeugen bedarf.((BGH, | ||
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+ | Mit dem zulässigen Rechtsmittel gelangt der gesamte aus den Akten ersichtliche Streitstoff des ersten Rechtszugs in die Berufungsinstanz.((BGH, | ||
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+ | Ob ein in zweiter Instanz konkretisiertes Vorbringen neu ist, hängt davon ab, wie allgemein es in erster Instanz gehalten war. Wird ein sehr allgemein gehaltener Vortrag erstmals in zweiter Instanz substantiiert, | ||
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+ | Berufungsvorbringen im Patentnichtigkeitsverfahren, | ||
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+ | Das Berufungsgericht ist nicht gehindert, die vom Erstgericht bejahte Glaubhaftigkeit der Bekundungen eines Zeugen zu verneinen, wenn konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten, | ||
+ | der Zeuge jedoch verstorben ist oder seine erneute Vernehmung aus anderen Gründen nicht möglich ist.((BGH, Urteil vom 16. August 2016 - X ZR 96/14 - Yttrium-Aluminium-Granat)) | ||
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+ | ===== siehe auch ===== | ||
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+ | §§ 511 - 541 ZPO -> [[Berufung]] \\ |
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