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verfahrensrecht:parteiprozess

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Parteiprozess

§ 79 (1) ZPO

Soweit eine Vertretung durch Rechtsanwälte nicht geboten ist, können die Parteien den Rechtsstreit selbst führen. Parteien, die eine fremde oder ihnen zum Zweck der Einziehung auf fremde Rechnung abgetretene Geldforderung geltend machen, müssen sich durch einen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten vertreten lassen, soweit sie nicht nach Maßgabe des Absatzes 2 zur Vertretung des Gläubigers befugt wären oder eine Forderung einziehen, deren ursprünglicher Gläubiger sie sind.

Gemäß § 79 Abs. 1 Satz 1 ZPO können die Parteien einen Rechtsstreit selbst führen, soweit eine Vertretung durch Rechtsanwälte nicht geboten ist (Parteiprozess). Vor den Landgerichten und Oberlandesgerichten müssen sie sich gemäß § 78 Abs. 1 Satz 1 ZPO durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen. Das gilt nach § 78 Abs. 3 Fall 2 ZPO jedoch nicht für Prozesshandlungen, die vor dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle vorgenommen werden können. Im Verfahren vor dem Oberlandesgericht auf Vollstreckbarerklärung eines Schiedsspruchs können zu Protokoll der Geschäftsstelle Anträge gestellt und Erklärungen abgegeben werden, solange eine mündliche Verhandlung nicht angeordnet ist (§ 1062 Abs. 1 Nr. 4 Fall 2, § 1063 Abs. 4 ZPO).1)

In einem Parteiprozess tritt die Partei ohne Unterbrechung selbst an die Stelle des oder der Bevollmächtigten. Das schließt die Annahme eines Nichtvertretenseins im Sinne von § 547 Nr. 4 ZPO aus.2)

§ 79 (2) ZPO

Die Parteien können sich durch einen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten vertreten lassen. Darüber hinaus sind als Bevollmächtigte vertretungsbefugt nur

1. Beschäftigte der Partei oder eines mit ihr verbundenen Unternehmens (§ 15 des Aktiengesetzes); Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch Beschäftigte anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen,

2. volljährige Familienangehörige (§ 15 der Abgabenordnung, § 11 des Lebenspartnerschaftsgesetzes), Personen mit Befähigung zum Richteramt und Streitgenossen, wenn die Vertretung nicht im Zusammenhang mit einer entgeltlichen Tätigkeit steht,

3. Verbraucherzentralen und andere mit öffentlichen Mitteln geförderte Verbraucherverbände bei der Einziehung von Forderungen von Verbrauchern im Rahmen ihres Aufgabenbereichs,

4. Personen, die Inkassodienstleistungen erbringen (registrierte Personen nach § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des Rechtsdienstleistungsgesetzes) im Mahnverfahren bis zur Abgabe an das Streitgericht, bei Vollstreckungsanträgen im Verfahren der Zwangsvollstreckung in das bewegliche Vermögen wegen Geldforderungen einschließlich des Verfahrens zur Abnahme der Vermögensauskunft und der eidesstattlichen Versicherung sowie des Antrags auf Erlass eines Haftbefehls, jeweils mit Ausnahme von Verfahrenshandlungen, die ein streitiges Verfahren einleiten oder innerhalb eines streitigen Verfahrens vorzunehmen sind. Bevollmächtigte, die keine natürlichen Personen sind, handeln durch ihre Organe und mit der Prozessvertretung beauftragten Vertreter.

Nach § 79 Abs. 2 Satz 1 ZPO können sich die Parteien durch einen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten vertreten lassen. Gemäß § 79 Abs. 2 Satz 2 ZPO sind darüber hinaus als Bevollmächtigte nur diejenigen Personen vertretungsbefugt, die in den Nummern 1 bis 4 dieser Bestimmung aufgeführt sind.

Die in § 79 Abs. 2 ZPO geregelte Berechtigung, als Vertreter einer Partei in einem zivilprozessualen Parteiprozess tätig zu werden, normiert - ebenso wie die im Rechtsdienstleistungsgesetz für die außergerichtliche Tätigkeit getroffenen Bestimmungen3) - den Umfang der Betätigung, die den Rechtsanwälten und damit Angehörigen eines zur Aufrechterhaltung eines strengen Integritätsstandards reglementierten Berufs vorbehalten ist.4)

Die Bestimmung des § 79 Abs. 2 ZPO ist eine Marktverhaltensregelung im Sinne von § 3a UWG.5) Sie dient der Sicherstellung einer sachgerechten Vertretung der Partei im gerichtlichen Verfahren6) und ist daher geeignet, die Interessen der Verbraucher und der Mitbewerber spürbar zu beeinträchtigen.7)

Ein Haftpflichtversicherer ist im gegen seinen Versicherungsnehmer geführten Prozess nicht gemäß § 79 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 ZPO vertretungsbefugt.8)

Die Bestimmung des § 79 ZPO ist für die Einlegung eines Einspruchs gegen einen Vollstreckungsbescheid gemäß § 700 ZPO maßgeblich. Diese Vorschrift ist Teil des im Buch 7 der Zivilprozessordnung geregelten Mahnverfahrens, welches in § 79 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 ZPO ausdrücklich erwähnt ist.9)

§ 79 (3) ZPO

Das Gericht weist Bevollmächtigte, die nicht nach Maßgabe des Absatzes 2 vertretungsbefugt sind, durch unanfechtbaren Beschluss zurück. Prozesshandlungen eines nicht vertretungsbefugten Bevollmächtigten und Zustellungen oder Mitteilungen an diesen Bevollmächtigten sind bis zu seiner Zurückweisung wirksam. Das Gericht kann den in Absatz 2 Satz 2 Nr. 1 bis 3 bezeichneten Bevollmächtigten durch unanfechtbaren Beschluss die weitere Vertretung untersagen, wenn sie nicht in der Lage sind, das Sach- und Streitverhältnis sachgerecht darzustellen.

Prozesshandlungen eines nicht vertretungsbefugten Bevollmächtigten sind gemäß § 79 Abs. 3 Satz 2 ZPO bis zu ihrer Zurückweisung durch das Gericht wirksam. Der Vertreter verliert seine Handlungsbefugnis erst mit Wirksamkeit des Zurückweisungsbeschlusses ex nunc.10)

Kommt es nicht zur Zurückweisung, ist der Mangel der Vertretungsbefugnis mit Beendigung der Instanz geheilt.11)

§ 79 (4) ZPO

Richter dürfen nicht als Bevollmächtigte vor einem Gericht auftreten, dem sie angehören. Ehrenamtliche Richter dürfen, außer in den Fällen des Absatzes 2 Satz 2 Nr. 1, nicht vor einem Spruchkörper auftreten, dem sie angehören. Absatz 3 Satz 1 und 2 gilt entsprechend.

siehe auch

1)
BGH, Beschl. v. 18. Juni 2020 - I ZB 83/19
2)
BGH, Beschl. v. 18. Juni 2020 - I ZB 83/19; vgl. zu § 41p Abs. 3 Nr. 3 PatG in der Fassung vom 2. Januar 1968 [BGBl. I S. 1] BGH, Beschluss vom 17. Dezember 1968 - X ZB 7/68, GRUR 1969, 437, 438 [juris Rn. 10]; vgl. auch BFH, Beschluss vom 7. Februar 1996 - X R 79/95, juris Rn. 16
3)
vgl. dazu BGH, GRUR 2021, 1425 Rn. 15 - Vertragsdokumentengenerator
4)
BGH, Urteil vom 10. März 2022 - I ZR 70/21 - Prozessvertretung durch Haftpflichtversicherer; m.V.a. BeckOK.ZPO/Piekenbrock, 44. Edition [Stand 1. März 2022], § 79 Rn. 2; Jacoby in Stein/Jonas, ZPO, 23. Aufl., § 79 Rn. 4
5)
BGH, Urteil vom 10. März 2022 - I ZR 70/21 - Prozessvertretung durch Haftpflichtversicherer; zur Vorgängervorschrift des § 4 Nr. 11 UWG aF vgl. BGH, Urteil vom 20. Januar 2011 - I ZR 122/09, GRUR 2011, 352 [juris Rn. 17] = WRP 2011, 463 - Makler als Vertreter im Zwangsversteigerungsverfahren
6)
BGH, GRUR 2011, 352 [juris Rn. 17] - Makler als Vertreter im Zwangsversteigerungsverfahren
7) , 8)
BGH, Urteil vom 10. März 2022 - I ZR 70/21 - Prozessvertretung durch Haftpflichtversicherer
9)
BGH, Urteil vom 10. März 2022 - I ZR 70/21 - Prozessvertretung durch Haftpflichtversicherer; m.V.a. Zöller/Althammer, ZPO, 34. Aufl., § 79 Rn. 2; Zöller/Seibel aaO § 703 Rn. 1; MünchKomm.ZPO/Toussaint, ZPO, 6. Aufl., § 79 Rn. 3; Smid/Hartmann in Wieczorek/Schütze, ZPO, 5. Aufl., § 79 Rn. 3
10)
BGH, Beschluss vom 21. September 2017 - Projektunterlagen; m.V.a. BGH, Urteil vom 15. April 2010 - V ZB 122/09, NJW-RR 2010, 1361; Zöller/Vollkommer, ZPO, 31. Aufl., § 79 Rn. 11
11)
BGH, Beschluss vom 21. September 2017 - Projektunterlagen
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