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verfahrensrecht:erklaerung_mit_nichtwissen [2022/01/20 08:49] – mfreund | verfahrensrecht:erklaerung_mit_nichtwissen [2023/07/25 08:29] (aktuell) – Externe Bearbeitung 127.0.0.1 | ||
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+ | ====== Erklärung mit Nichtwissen ====== | ||
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+ | **§ 138 (4) ZPO** | ||
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+ | Eine [[Erklärung mit Nichtwissen]] ist nur über Tatsachen zulässig, die weder eigene Handlungen der Partei noch Gegenstand ihrer eigenen Wahrnehmung gewesen sind. | ||
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+ | § 138 (1) ZPO -> [[Wahrheitspflicht]] \\ | ||
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+ | Nach § 138 Abs. 4 ZPO ist eine Erklärung mit Nichtwissen nur über Tatsachen zulässig, die weder eigene Handlungen der Partei noch Gegenstand ihrer eigenen Wahrnehmung sind.((BGH, Urteil vom 24. Januar 2023 - X ZR 123/20 - CQI-Bericht II)) | ||
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+ | Bei juristischen Personen sind insoweit die Handlungen und Wahrnehmungen ihrer gesetzlichen Vertreter maßgeblich. Darüber hinaus hat eine Partei nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs die Obliegenheit, | ||
+ | ein qualifiziertes Bestreiten erforderlichen Informationen zu verschaffen, | ||
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+ | Ob ein [[einfaches Bestreiten]] als Erklärung gemäß § 138 Abs. 2 ZPO ausreicht oder ob ein substantiiertes Bestreiten erforderlich ist, hängt somit von dem Vortrag der Gegenseite ab.((BGH, Urteil vom 26. Januar 2023 - I ZR 15/22 - KERRYGOLD; m.V.a. BGH, Urteil vom 4. April 2014 - V ZR 275/12, BGHZ 200, 350 [juris Rn. 11] mwN)) | ||
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+ | Etwas anderes gilt hingegen dann, wenn eine Partei einen Vortrag mit Nichtwissen gemäß § 138 Abs. 4 ZPO bestreiten kann [-> [[Bestreiten mit Nichtwissen]]]. | ||
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+ | Nach dieser Vorschrift ist die Erklärung einer Partei mit Nichtwissen über Tatsachen zulässig, die weder eigene Handlungen noch Gegenstand ihrer eigenen Wahrnehmung gewesen sind. Weitere Voraussetzung ist, dass die Partei für die jeweiligen Tatsachen nicht darlegungs- und beweisbelastet [-> [[Darlegungslast]], | ||
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+ | § 138 Abs. 4 ZPO ermöglicht einer Partei, sich zu [[Tatsachen]], | ||
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+ | Den eigenen Handlungen oder Wahrnehmungen im Sinne des § 138 Abs. 4 ZPO sind Vorgänge im eigenen Geschäfts- und Verantwortungsbereich gleichgestellt. Die Partei hat eine Erkundigungspflicht, | ||
+ | Tatsachen Personen bekannt sind, die in ihrem Unternehmensbereich oder unter ihrer Anleitung, Aufsicht oder Verantwortung tätig geworden sind. Dies hat zur Folge, dass eine Erklärung mit Nichtwissen unzulässig ist, wenn und soweit diese Informationspflicht besteht.((BGH, | ||
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+ | Darf sich eine Partei gemäß § 138 Abs. 4 ZPO mit Nichtwissen erklären, so kommt die Annahme einer Verpflichtung zum substantiierten Bestreiten nicht in Betracht. Unternimmt diese Partei gleichwohl den Versuch, ihr Bestreiten näher zu begründen, führt das auch dann nicht zur Unbeachtlichkeit ihrer Erklärung mit Nichtwissen, | ||
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+ | Ein Vortrag des Gegegners kann mit Nichtwissen [[bestreiten|bestritten]] werden, wenn es sich um Tatsachen außerhalb des Wahrnehmungsbereichs der Partei handelt (§ 138 IV ZPO). | ||
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+ | Wird ein Parteivortrag mit Nichtwissen bestritten, so hat die Partei die Richtigkeit ihrer Behauptungen zu beweisen. | ||
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+ | Die Partei ist gehalten, sich die für ein substantiiertes Bestreiten erforderlichen Informationen nicht nur im eigenen Unternehmen, | ||
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+ | Das Bestreiten mit Nichtwissen nach § 138 IV ZPO ist allerdings nur in engen Grenzen zulässig. Die Behauptung, man habe die maßgeblichen Umstände vergessen liegt außerhalb dieser Grenzen. Wusste man eine Sache nämlich einmal, so ist man verpflichtet sich die Kenntnisse wieder zu verschaffen (BGHZ 109, 205). Das Wissen Dritter muss sich die Partei aber nicht ohne weiteres zurechnen lassen. Bei juristischen Personen soll es nur auf das Wissen der Organe ankommen. Nach Zöller (§ 138, Rd. 15) ist die Kenntnis der Angestellten kein eigenes Wissen der Organe, so dass hier Raum für das Bestreiten mit Nichtwissen sei. Es gilt der Grundsatz, dass das Organ (z. B. der Geschäftsführer) alles wissen muss. Auf das Wissen der Vertreter kommt es nicht an. Entscheidend ist allein das Wissen der Parteien. | ||
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+ | Ggf. steht die Erklärung mit Nichtwissen in ihrer Wirkung dem schlichten Bestreiten gleich und schließt die Zulässigkeit einer solchen Erklärung die Verpflichtung der Partei zu einem substantiierten Bestreiten aus. Unternimmt diese Partei gleichwohl den Versuch, ihr Bestreiten näher zu begründen, führt das auch dann nicht zur Unbeachtlichkeit ihrer Erklärung mit Nichtwissen, | ||
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+ | Im Rechtsstreit über eine [[Patentrecht: | ||
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+ | Wer ein Erzeugnis [-> [[Patentrecht: | ||
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+ | Ein Unternehmen muss schon vor Aufnahme des Vertriebs eines technischen Erzeugnisses prüfen, ob | ||
+ | dieses in den Schutzbereich fremder technischer Schutzrechte fällt.((BGH, | ||
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+ | ===== siehe auch ===== | ||
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+ | -> [[Prozeßhandlung]] \\ | ||
+ | -> [[Parteivorbringen]] \\ | ||
+ | -> [[Bestreiten]], | ||
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