Artikel 24 (4) der Brüssel-Ia-Verordnung regelt die Zuständigkeit für Verfahren über die Eintragung oder Gültigkeit von Patenten, Marken, Mustern und Modellen.
Ohne Rücksicht auf den Wohnsitz der Parteien sind die Gerichte des Mitgliedstaats, in dessen Hoheitsgebiet die Hinterlegung oder Registrierung beantragt oder vorgenommen worden ist oder aufgrund eines Unionsrechtsakts oder eines zwischenstaatlichen Übereinkommens als vorgenommen gilt, ausschließlich zuständig für Verfahren, welche die Eintragung oder die Gültigkeit von Patenten, Marken, Mustern und Modellen sowie ähnlicher Rechte, die einer Hinterlegung oder Registrierung bedürfen, zum Gegenstand haben. Unbeschadet der Zuständigkeit des Europäischen Patentamts nach dem am 5. Oktober 1973 in München unterzeichneten Übereinkommen über die Erteilung europäischer Patente sind die Gerichte eines jeden Mitgliedstaats für alle Verfahren ausschließlich zuständig, welche die Erteilung oder die Gültigkeit eines europäischen Patents zum Gegenstand haben, das für diesen Mitgliedstaat erteilt wurde.
Die Wendung ‚Verfahren, welche die Eintragung oder die Gültigkeit von Patenten … zum Gegenstand haben‘ im Sinne von Art. 24 Nr. 4 der Brüssel‑Ia-Verordnung ist eng auszulegen, da sie eine ausschließliche Zuständigkeit begründet, die von der in Art. 4 Abs. 1 verankerten allgemeinen Regel abweicht.1)
Die in Art. 24 Nr. 4 verankerte Regel der ausschließlichen Zuständigkeit betrifft nur Verfahren, die die Gültigkeit von Patenten zum Gegenstand haben, nicht aber Patentverletzungsklagen.2)
Ein Gericht, das nach Art. 4 Abs. 1 mit einer Klage wegen Verletzung eines in einem anderen Mitgliedstaat erteilten Patents befasst ist, verliert seine Zuständigkeit nicht dadurch, dass der Beklagte die Gültigkeit dieses Patents im Wege der Einrede anficht.3)
Das Gericht des Wohnsitzmitgliedstaats des Beklagten bleibt für die Entscheidung über die Verletzungsklage zuständig, während die Entscheidung über die Gültigkeit des Patents ausschließlich den Gerichten des Mitgliedstaats der Patenterteilung zusteht.4)
Eine nationale Vorschrift, die die Erhebung einer gesonderten Klage auf Nichtigerklärung vorschreibt, hat keinen Einfluss auf die Auslegung von Art. 24 Nr. 4 der Brüssel‑Ia-Verordnung.5)
Art. 24 Nr. 4 der Brüssel‑Ia-Verordnung ist nicht auf Gerichte von Drittstaaten anwendbar und weist ihnen keine ausschließliche oder sonstige Zuständigkeit zu.6)
Ein Gericht eines Mitgliedstaats ist nach Art. 4 Abs. 1 zuständig, über eine Verletzungsklage zu einem in einem Drittstaat validierten Patent sowie über eine im Rahmen dieses Verfahrens erhobene Einrede der Ungültigkeit zu entscheiden, sofern diese Entscheidung keine Wirkungen auf das Register oder die Rechtslage im Drittstaat entfaltet.7)
Die Entscheidung über die Einrede der Ungültigkeit eines Drittstaatspatents im Verletzungsprozess wirkt nur inter partes und darf nicht das nationale Register des Drittstaats beeinflussen.8)
Die Entscheidung des Gerichts über die Gültigkeit eines Drittstaatspatents im Rahmen einer Einrede verletzt nicht den völkerrechtlichen Grundsatz der Nichteinmischung, wenn sie keine Außenwirkung auf den Drittstaat entfaltet.9)
Das Gericht kann das Verfahren aussetzen, wenn z. B. eine Klage auf Nichtigerklärung beim zuständigen Gericht im Mitgliedstaat der Patenterteilung anhängig ist und eine nicht unbeachtliche Möglichkeit besteht, dass das Patent für nichtig erklärt wird.10)
Die Entscheidung des EuGH vom 25. Februar 2025 (C‑339/22, BSH Hausgeräte GmbH / Electrolux AB) ist für die Auslegung der internationalen Zuständigkeit des Einheitspatentgerichts (EPG) [→ Territorialitätsprinzip] von Bedeutung. Im Mittelpunkt steht Artikel 24 Nr. 4 [→ Eintragung und Gültigkeit von Schutzrechten] der Brüssel-Ia-Verordnung, der den Gerichten des Staats der Patenterteilung die ausschließliche Zuständigkeit für Fragen der Patentgültigkeit zuweist. Der EuGH stellt klar, dass diese ausschließliche Zuständigkeit nicht greift, wenn die Gültigkeit eines Patents nur im Wege der Einrede innerhalb eines Verletzungsprozesses bestritten wird. Eine Klage auf Patentverletzung kann daher auch dann vor einem Gericht des Wohnsitzmitgliedstaats des Beklagten geführt werden, wenn sich die Klage auf ein in einem anderen Mitgliedstaat oder einem Drittstaat validiertes Patent bezieht. Solange die Entscheidung keine registerrechtliche Wirkung im Staat der Patenterteilung entfaltet, bleibt das angerufene Gericht zuständig. Diese Rechtsprechung stärkt die prozessuale Bündelung von Verletzungsansprüchen und begrenzt die Möglichkeit, Zuständigkeitseinwände allein auf hypothetische Gültigkeitsfragen zu stützen.
Artikel 24 → Ausschließliche Zuständigkeit in bestimmten Fällen
Regelt die ausschließliche Zuständigkeit der Gerichte eines Mitgliedstaats in bestimmten Verfahren, unabhängig vom Wohnsitz der Parteien.
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