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verfahrensrecht:bestimmung_des_streitgegenstandes

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Bestimmung des Streitgegenstandes

Der Streitgegenstand bestimmt sich nach dem s.g. zweigliedrigen Streitgegenstandsbegriff durch den Klageantrag, in dem sich die vom Kläger in Anspruch genommene Rechtsfolge konkretisiert, und den Lebenssachverhalt (Klagegrund), aus dem der Kläger die begehrte Rechtsfolge herleitet.1)

Bei einem einheitlichen Klagebegehren liegen verschiedene Streitgegenstände vor, wenn die materiell-rechtliche Regelung die zusammentreffenden Ansprüche durch eine Verselbständigung der einzelnen Lebensvorgänge erkennbar unterschiedlich ausgestaltet. Das ist etwa der Fall, wenn der Kläger sein Klagebegehren auf ein Schutzrecht und auf ein von ihm als wettbewerbswidrig angesehenes Verhalten des Beklagten stützt oder seinen Anspruch aus mehreren Schutzrechten herleitet. Unter diesen Voraussetzungen liegen auch bei einem einheitlichen Klagebegehren mehrere Streitgegenstände vor.2)

Der Streitgegenstand soll den Sinn und Zweck der einzelnen Rechtsinstitute verwirklichen und gegenläufige Ziele ausbalancieren.3)

Danach liefe ein weiter Streitgegenstandsbegriff dem im Interesse des Beklagten liegenden Ziel zuwider, die Zulässigkeit von Klageänderungen sowie - generell - die Möglichkeiten des Klägers zu begrenzen, die Richtung der mit seiner Klage verfolgten Angriffe zu ändern. Allerdings ist der Beklagte auch im Falle eines weiter gefassten Streitgegenstandsbegriffs neuen Angriffen gegenüber nicht schutzlos gestellt, weil die Zivilprozessordnung die Zulässigkeit neuen, erst im Laufe des Verfahrens eingeführten Vorbringens an besondere Voraussetzungen knüpft (vgl. die Verspätungsvorschriften der §§ 296, 296a ZPO sowie das weitgehende Novenverbot in § 531 ZPO).

Ein zu feingliedriger Streitgegenstandsbegriff, der sich streng an dem vorgetragenen Lebenssachverhalt orientiert und bereits jede Variante - wie bei-spielsweise jede auch nur geringfügig abweichende, durch ein und dieselbe Werbeaussage bewirkte Fehleinschätzung der Verbraucher - einem neuen Streitgegenstand zuordnet, entspräche nicht der gebotenen natürlichen Betrachtungsweise und würde darüber hinaus zu erheblichen Abgrenzungsschwierigkeiten führen.4)

Hielte der Senat auch nach der geänderten Rechtsprechung zur alternativen Klagehäufung daran fest, dass jedes auch nur geringfügig unterschiedliche Verständnis einer Werbeaussage einen eigenen Streitgegenstand bildet5), müsste beispielsweise auch in dem Fall, der der Senatsentscheidung „Original Kanchipur“6) zugrunde lag, von zwei unterschiedlichen Streitgegenständen ausgegangen werden; dort war eine Teppichwerbung, in der „Einführungspreisen“ deutlich höhere durchgestrichene Preise gegenübergestellt worden waren, mit der Begründung beanstandet worden, dass zum einen die Werbung für Einführungspreise ohne zeitliche Begrenzung, zum anderen aber auch die Werbung mit durchgestrichenen Preisen ohne Angabe, wann diese Preise gefordert würden, irreführend sei. Zieht man aber - nicht zuletzt aus Praktikabilitätserwägungen - beide Beanstandungen zu einem Streitgegenstand zusammen, stellt sich sogleich die Frage, wo die Grenze zu ziehen ist, wenn dieselbe Anzeige noch Anlass für weitere Beanstandungen gibt. Ähnliche Probleme stellten sich, wenn ein Verhalten im Hinblick auf mehrere unter die Tatbestände des Beispielskatalogs des § 4 Nr. 10 UWG fallende Aspekte beanstandet oder eine Nachahmung unter Hinweis auf mehrere in § 4 Nr. 9 UWG aufgeführte Unlauterkeitskriterien angegriffen wird.7)

Für das Markenrecht hat der Senat im Übrigen bereits entschieden, dass immer dann, wenn aus einer Marke geklagt wird, der Streitgegenstand alle drei Erscheinungsformen der Markenverletzung - Schutz bei Doppelidentität und Verwechslungsgefahr sowie Bekanntheitsschutz - umfasst.8)

siehe auch

1)
BGH, Beschluss vom 24. März 2011 - I ZR 108/09 - TÜV; m.w.N.
2)
BGH, Urteil vom 30. April 2014 - I ZR 224/12 - Flugvermittlung im Internet; m.V.a. BGH, Urteil vom 24. Januar 2013 I ZR 60/11, GRUR 2013, 397 Rn. 13 = WRP 2013, 499 Peek & Cloppenburg III; Urteil vom 22. Januar 2014 I ZR 164/12, GRUR 2014, 393 Rn. 14 = WRP 2014, 424 wetteronline.de
3)
BGH, Urteil vom 13. September 2012 - I ZR 230/11 - Biomineralwasser; m.V.a. Büscher, GRUR 2012, 16, 24; Teplitzky, WRP 2012, 261, 263
4) , 7)
BGH, Urteil vom 13. September 2012 - I ZR 230/11 - Biomineralwasser
5)
so noch BGH, GRUR 2007, 161 Rn. 9 - dentalästhetika II
6)
Urteil vom 17. März 2011 - I ZR 81/09, GRUR 2011, 1151 = WRP 2011, 1587
8)
BGH, Urteil vom 13. September 2012 - I ZR 230/11 - Biomineralwasser; m.V.a. BGH, Urteil vom 8. März 2012 - I ZR 75/10, GRUR 2012, 621 Rn. 32 = WRP 2012, 716 - Oscar
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