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urheberrecht:zweckuebertragungsregel

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 +====== Zweckübertragungsregel ======
  
 +<note>
 +**§ 31 (5) UrhG**
 +
 +Sind bei der [[Einräumung von Nutzungsrechten|Einräumung eines Nutzungsrechts]] die [[Nutzungsarten]] nicht ausdrücklich einzeln bezeichnet, so bestimmt sich nach dem von beiden Partnern zugrunde gelegten Vertragszweck, auf welche Nutzungsarten es sich erstreckt. Entsprechendes gilt für die Frage, ob ein Nutzungsrecht eingeräumt wird, ob es sich um ein [[einfaches Nutzungsrecht|einfaches]] oder [[ausschließliches Nutzungsrecht]] handelt, wie weit Nutzungsrecht und Verbotsrecht reichen und welchen Einschränkungen das Nutzungsrecht unterliegt.      
 +</note>
 +
 +§ 31 (1) UrhG -> [[Einräumung von Nutzungsrechten ]] \\
 +§ 31 (2) UrhG -> [[Einfaches Nutzungsrecht]] \\
 +§ 31 (3) UrhG -> [[Ausschließliches Nutzungsrecht]] \\
 +§ 31 (4) UrhG -> weggefallen \\
 +
 +Haben die Parteien beim Abschluss eines Vertrages nicht ausdrücklich geregelt, ob und inwieweit ein Nutzungsrecht eingeräumt wird, so bestimmt sich gemäß § 31 Abs. 5 Satz 2 UrhG nach dem von beiden Parteien zugrunde gelegten Vertragszweck, ob und inwieweit ein Nutzungsrecht eingeräumt worden ist.((BGH, Urteil vom 29. April 2010 - I ZR 68/08 - Restwertbörse)) 
 +
 +Sind bei der Einräumung eines Nutzungsrechts die Nutzungsarten nicht
 +ausdrücklich einzeln bezeichnet, so bestimmt sich gemäß § 31 Abs. 5 Satz 1
 +UrhG nach dem von beiden Partnern zugrunde gelegten Vertragszweck, auf
 +welche Nutzungsarten es sich erstreckt. Entsprechendes gilt nach § 31 Abs. 5
 +Satz 2 UrhG für die Frage, ob ein Nutzungsrecht eingeräumt wird, ob es sich
 +um ein einfaches oder ausschließliches Nutzungsrecht handelt, wie weit Nutzungsrecht
 +und Verbotsrecht reichen und welchen Einschränkungen das Nutzungsrecht
 +unterliegt.((BGH, Urteil vom 24. September 2014 - Hi Hotel II))
 +
 +Nach dem dieser Bestimmung zugrunde liegenden Übertragungszweckgedanken räumt ein Nutzungsberechtigter im Zweifel nur in dem Umfang Nutzungsrechte ein, den der Vertragszweck unbedingt erfordert. Dies bedeutet, dass im Allgemeinen nur diejenigen Nutzungsrechte stillschweigend eingeräumt sind, die für das Erreichen des Vertragszwecks unerlässlich sind.((BGH, Urteil vom 29. April 2010 - I ZR 68/08 - Restwertbörse; m.V.a. BGH, Urt. v. 22.4.2004 - I ZR 174/01, GRUR 2004, 938 f. = WRP 2004, 1497 - Comic-Übersetzungen III))
 +
 +Der in § 31 Abs. 5 UrhG niedergelegte und ausgeformte Auslegungsgrundsatz,
 +dass der Urheber im Zweifel nur die Nutzungsrechte einräumt, die für das Erreichen des Vertragszwecks unerlässlich sind (Übertragungszweckgedanke), beruht auf dem das gesamte Urheberrecht beherrschenden Leitgedanken einer möglichst weitgehenden Beteiligung des Urhebers an der wirtschaftlichen Verwertung seines Werkes.((BGH, Urteil vom 24. September 2014 - Hi Hotel II; m.V.a den Beteiligungsgrundsatz; vgl. BGH, Urteil vom 28. Oktober 2010 - I ZR 18/09, GRUR 2011, 714 Rn. 16 und 19 f. = WRP
 +2011, 913 - Der Frosch mit der Maske, mwN)) 
 +
 +Er dient dem Schutz des Urhebers als der regelmäßig schwächeren Vertragspartei.((BGH, Urteil vom 24. September 2014 - Hi Hotel II und gilt auch bei einer Einräumung von Leistungsschutzrechten.((BGH, Urteil vom 24. September 2014 - Hi Hotel II; m.w.N.))
 +
 +Der mit § 31 Abs. 5 UrhG bezweckte Schutz der regelmäßig schwächeren
 +Vertragspartei dient vor allem Individualbelangen. Soweit ein solcher Schutz
 +der Urheber und Leistungsschutzberechtigten auch im öffentlichen Gemeinwohlinteresse
 +liegt, handelt es sich um eine bloße Nebenwirkung, wie sie mit
 +vielen Gesetzen verbunden ist, die dem Schutz einer bestimmten Bevölkerungsgruppe
 +dienen. Ein solcher reflexartiger Schutz öffentlicher Gemeinwohlinteressen
 +reicht für eine Anwendung des Art. 34 EGBGB nicht aus.((BGH, Urteil vom 24. September 2014 - Hi Hotel II; zum Verbraucherkreditgesetz BGHZ 165, 248, 257))
 +
 +In der Zweckübertragungslehre kommt zum Ausdruck, dass die urheberrechtlichen Befugnisse die Tendenz haben, soweit wie möglich beim Urheber zu verbleiben, damit dieser an den Erträgnissen seines Werks in angemessener Weise beteiligt wird. Dies bedeutet, dass im Allgemeinen nur diejenigen Nutzungsrechte stillschweigend eingeräumt sind, die für das Erreichen des Vertragszwecks unerlässlich sind. Dagegen kann die Einräumung von über den Vertragszweck hinausgehenden Nutzungsrechten nur angenommen werden, wenn ein entsprechender Parteiwille - und sei es nur auf Grund der Begleitumstände und des schlüssigen Verhaltens der Beteiligten - unzweideutig zum Ausdruck gekommen ist.((OLG Jena, Urteil v. 27.02.2008 - Az.: 2 U 319/07; m.V.a. BGH GRUR 2004, 938, 939 – Comic Übersetzungen III))
 +
 +
 +Nach dem Zweckübertragungsgedanken des § 31 Abs. 5 UrhG räumt der Urheber Nutzungsrechte im Zweifel (nur) in dem Umfang ein, den der Vertragszweck unbedingt erfordert.((st. Rspr.; vgl. BGH, Urt. v. 22. November 2007 - I ZR 12/05 - Planfreigabesystem; BGH, Urt. v. 22.4.2004 - I ZR 174/01, GRUR 2004, 938 f. = WRP 2004, 1497 - Comic-Über-setzungen III, m.w.N.))
 +
 +Der Zweckübertragungsgedanke findet auch bei der Prüfung Anwendung, ob der Urheber dem Verwerter im Rahmen des Nutzungsvertrags an den Werkstücken eine sachenrechtliche Position in Form des Eigentums einräumen wollte.((BGH, Urt. v. 14. Dezember 2006 - I ZR 34/04 - Archivfotos; m.V.a. OLG München GRUR 1984, 516, 517; vgl. auch OLG Hamburg GRUR 1980, 909, 911; Schricker in Schricker, Urheberrecht, 3. Aufl., § 31 Rdn. 37; Hertin in Fromm/Nordemann, Urheberrecht, 9. Aufl., §§ 31/32 Rdn. 28; Loewenheim/ J. B. Nordemann, Handbuch des Urheberrechts, § 60 Rdn. 16; Kotthoff in HK-UrhR, § 44 Rdn. 2; a.A. KG ZUM-RD 1998, 9, 10))
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 +Dies gilt ebenfalls bei der [[Überlassung von Fotoabzügen|Übersendung von Fotoabzügen]].((BGH, Urt. v. 14. Dezember 2006 - I ZR 34/04; m.V.a Vogel in Schricker aaO § 44 Rdn. 17))
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 +Bei § 31 Abs. 5 UrhG handelt es sich um eine zwingende Inhaltsnorm, die im Rahmen der [[Privatrecht:Allgemeine Geschäftsbedingungen|AGB-Kontrolle]] zu beachten ist und wonach ein Übermaß an Rechtsübertragung im Wege Allgemeiner Geschäftsbedingungen selbst dann einer Kontrolle zu unterwerfen ist, wenn die einzelnen Nutzungsarten einzeln bezeichnet sind.((LG Mannheim Urteil vom 5.12.2011, 7 O 442/11))
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 +Eine Klausel über den Umfang der Nutzungsrechtseinräumung ist unwirksam, wenn Rechte für jede erdenkliche, ausdrücklich aufgezählte Nutzungsart übertragen werden, auch für unbekannte Nutzungsarten eine weitere Vergütung nicht verlangt werden kann, die Ausübung des Widerrufsrechts ausgeschlossen wird und die Nutzungsrechte "umfassend, ausschließlich, räumlich, zeitlich und inhaltlich unbeschränkt" durch eine Einmalzahlung abgegolten werden sollen.((LG Mannheim Urteil vom 5.12.2011, 7 O 442/11))
 +
 +§ 31 Abs. 5 UrhG zählt nicht zu den im Sinne von Art. 34 EGBGB zwingenden Bestimmungen, die einen Sachverhalt mit Auslandsberührung ohne Rücksicht auf das jeweilige Vertragsstatut regeln.((BGH, Urteil vom 24. September 2014 - Hi Hotel II))
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 +Unter Nutzungsart im Sinne des § 31 Abs. 5 UrhG ist jede übliche, technisch und wirtschaftlich eigenständige und damit klar abgrenzbare Verwendungsform eines Werks zu verstehen.((BGH, Urteil vom 2. Juni 2022 - I ZR 140/15 - YouTube II; m.V.a. BGH, Urteil vom 10. Juni 2009 - I ZR 226/06, GRUR 2010, 62 [juris Rn. 18] = WRP 2010, 120 - Nutzung von Musik für Werbezwecke))
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 +===== Literatur =====
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 +zur Zweckübertragungsregel: BGHZ 131, 8, 12 - Pauschale Rechtseinräumung; 148, 221, 228 - SPIEGEL-CD-ROM
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 +===== siehe auch =====
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 +  * [[Einräumung von Nutzungsrechten]]
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 +===== siehe auch =====