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urheberrecht:verhaeltnismaessigkeit_der_berichterstattung_ueber_tagesereignisse

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Verhältnismässigkeit der Berichterstattung über Tagesereignisse

Eine Berichterstattung über Tagesereignisse ist nur dann gemäß § 50 UrhG [→ Berichterstattung über Tagesereignisse] privilegiert, wenn sie verhältnismäßig ist [→ Verhältnismäßigkeit der Berichterstattung über Tagesereignisse], das heißt mit Blick auf den Zweck der Schutzschranke, der Achtung der Grundfreiheiten des Rechts auf Meinungsfreiheit und auf Pressefreiheit [Art 5 (1) S. 1 GG → Meinungsäußerungsfreiheit; Art 5 (1) S. 2 GG → Presse- und Rundfunkfreiheit], den Anforderungen der Geeignetheit, Erforderlichkeit und Angemessenheit (Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne) entspricht.1)

Bei der unionsrechtskonformen Auslegung des § 50 UrhG ist zu berücksichtigen, dass die Reichweite der in Art. 5 Abs. 3 Buchst. c Fall 2 der Richtlinie 2001/29/EG geregelten Ausnahme oder Beschränkung nicht vollständig harmonisiert ist. Im Rahmen der Prüfung der Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne [→ Verhältnismäßigkeit der Berichterstattung über Tagesereignisse] sind deshalb die in Art. 5 Abs. 1 Satz 1 und 2 und 14 Abs. 1 GG [→ Ausnahmen und Beschränkungen] gewährleisteten Grundrechte des Grundgesetzes gegeneinander abzuwägen.2)

Aus der Wendung „soweit es der Informationszweck rechtfertigt“ ergibt sich, dass die Mitgliedstaaten bei der Umsetzung dieser Bestimmung und bei der Anwendung der nationalen Rechtsvorschriften für ihre Umsetzung über einen erheblichen Spielraum verfügen, der ihnen eine Interessenabwägung ermöglicht. Der beschriebene Umsetzungsspielraum wird durch die Materialien zum Erlass der Richtlinie 2001/29/EG bestätigt.3)

Gemäß § 50 UrhG [→ Berichterstattung über Tagesereignisse] ist die Berichterstattung über Tagesereignisse nur in einem durch den Zweck gebotenen Umfang zulässig. Nach Art. 5 Abs. 3 Buchst. c Fall 2 [→ Ausnahmen und Beschränkungen] der Richtlinie 2001/29/EG darf die fragliche Nutzung des Werks nur erfolgen, soweit es der Informationszweck rechtfertigt, sie also dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entspricht. Daraus ergibt sich, dass die Nutzung des geschützten Werks zur Erreichung des verfolgten Ziels geeignet sein muss und nicht die Grenzen dessen überschreiten darf, was zur Erreichung des verfolgten Informationsziels erforderlich ist.4)

Ferner ist zu berücksichtigen, dass die Ausnahme oder Beschränkung gemäß Art. 5 Abs. 3 Buchst. c Fall 2 [→ Ausnahmen und Beschränkungen] der Richtlinie 2001/29/EG nicht als Ausnahme von einer allgemeinen Regel eng, sondern in einer Weise auszulegen ist, die ihre praktische Wirksamkeit wahrt und ihre Zielsetzung beachtet, die Achtung der Grundfreiheiten des Rechts auf Meinungsfreiheit und auf Pressefreiheit [Art 5 (1) S. 1 GG → Meinungsäußerungsfreiheit; Art 5 (1) S. 2 GG → Presse- und Rundfunkfreiheit] zu gewährleisten.5)

Im Rahmen der Prüfung der Verhältnismäßigkeit sind außerdem die betroffenen Grundrechte des Rechts am geistigen Eigentum auf der einen und der Meinungsäußerungsfreiheit und Informationsfreiheit auf der anderen Seite gegeneinander abzuwägen.6)

siehe auch

1) , 2)
BGH, Urteil vom 30. April 2020 - I ZR 228/15 - Reformistischer Aufbruch II
3)
BGH, Urteil vom 30. April 2020 - I ZR 139/15 - Afghanistan Papiere II; m.V.a. EuGH, GRUR 2019, 940 Rn. 27 bis 29 - Spiegel Online; GRUR 2019, 934 Rn. 42 bis 44 - Funke Medien
4)
BGH, Urteil vom 30. April 2020 - I ZR 228/15 - Reformistischer Aufbruch II; m.V.a. EuGH, GRUR 2019, 940 Rn. 34 und 68 - Spiegel Online
5)
BGH, Urteil vom 30. April 2020 - I ZR 228/15 - Reformistischer Aufbruch II; m.V.a. EuGH, GRUR 2019, 940 Rn. 53 und 55 bis 59 - Spiegel Online
6)
BGH, Urteil vom 30. April 2020 - I ZR 228/15 - Reformistischer Aufbruch II; m.V.a. EuGH, GRUR 2019, 940 Rn. 38 - Spiegel Online
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