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urheberrecht:unangemessene_verguetung

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Unangemessene Vergütung

§ 32 (1) S. 3 UrhG

Soweit die vereinbarte Vergütung nicht angemessen ist, kann der Urheber von seinem Vertragspartner die Einwilligung in die Änderung des Vertrages verlangen, durch die dem Urheber die angemessene Vergütung gewährt wird.

§ 32 UrhG → Vergütung
§ 32 (1) S. 1 UrhG → vertraglich vereinbarte Vergütung
§ 32 (1) S. 3 UrhG → Unangemessene Vergütung

§ 32 (2) S. 1 UrhG → → Angemessenheit einer gemeinsamen Vergütungsregel
§ 32 (2) S. 2 UrhG → → Angemessenheit einer redlichen Vergütung

§ 32 (3) UrhG → → Nachteilige Vergütungsvereinbarung

§ 32 (4) UrhG → → Tarifvertragliche Vergütungsregelung

Nach § 32 Abs. 1 Satz 3 UrhG kann der Urheber, der für die Einräumung von Nutzungsrechten oder die Erlaubnis zur Werknutzung vertraglich eine Vergütung vereinbart hat, von seinem Vertragspartner die Einwilligung in die Änderung des Vertrages verlangen, durch die ihm die angemessene Vergütung gewährt wird, soweit die vereinbarte Vergütung nicht angemessen ist [→ Angemessenheit einer redlichen Vergütung].1)

Steht fest, dass die vertraglich vereinbarte Vergütung im Sinne des § 32 Abs. 1 Satz 3 UrhG nicht angemessen ist, hat der Tatrichter die angemessene Vergütung gemäß § 287 Abs. 2 ZPO unter Würdigung aller Umstände des Einzelfalls nach freier Überzeugung und billigem Ermessen zu bestimmen.2)

Im Revisionsverfahren ist diese Entscheidung nur eingeschränkt überprüfbar. Überprüfbar ist jedenfalls, ob das Berufungsgericht bei der Bestimmung der Vergütung von zutreffenden rechtlichen Maßstäben ausgegangen ist und sämtliche für die Bemessung der Vergütung bedeutsamen Tatsachen berücksichtigt hat, die von den Parteien vorgebracht worden sind oder sich aus der Natur der Sache ergeben.3)

Hat der Vertragspartner nach § 32 Abs. 1 Satz 3 UrhG in die Änderung des Vertrages einzuwilligen, kann der Urheber die angemessene Vergütung auf der Grundlage des geänderten Vertrages auch für Nutzungen verlangen, die vor Inkrafttreten der Bestimmung am 1. Juli 2002 gezogen worden sind. Gemäß § 132 Abs. 3 Satz 3 UrhG ist § 32 UrhG anwendbar nicht „soweit“, sondern „sofern“ von dem eingeräumten Recht nach dem 30. Juni 2002 Gebrauch gemacht wird.4)

Der Anspruch aus § 32 Abs. 1 Satz 3 UrhG steht nur Urhebern zu. Urheber ist der Schöpfer des Werkes (§ 7 UrhG). Haben mehrere ein Werk gemeinsam geschaffen, ohne dass sich ihre Anteile gesondert verwerten lassen, so sind sie Miturheber des Werkes (§ 8 Abs. 1 UrhG). D

Der Urheber kann einen Anspruch auf angemessene Vergütung nach § 32 Abs. 1 Satz 3 UrhG - anders als einen Anspruch auf weitere angemessene Beteiligung nach § 32a Abs. 2 UrhG - grundsätzlich nur gegen seinen Vertragspartner und nicht gegen Dritte, denen sein Vertragspartner seinerseits das Nutzungsrecht übertragen oder weitere Nutzungsrechte eingeräumt hat, geltend machen.5)

Urheber, die ihre Werke durch eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts verwerten, deren alleinige Gesellschafter sie sind, können - falls die vereinbarte Vergütung nicht angemessen ist - in entsprechender Anwendung des § 32 Abs. 1 Satz 3 UrhG von dem Vertragspartner der Gesellschaft die Einwilligung in die Änderung des Vertrages verlangen, um auf diese Weise eine angemessene Vergütung für die Werknutzung zu erreichen.6)

Auch wenn die Bestimmungen der § 32 Abs. 1 Satz 3, § 32a Abs. 1 Satz 1 UrhG ihrem Wortlaut nach keinen Zahlungsanspruch, sondern einen Anspruch auf Vertragsanpassung geben, kann mit der Klage auf Einwilligung in die Vertragsänderung die (unbezifferte) Klage auf Zahlung der sich aus der Vertragsänderung ergebenden Nachforderung verbunden werden7) oder allein Zahlungsklage erhoben werden8).9)

Die Ansprüche aus §§ 32, 32a UrhG auf Zahlung einer (weiteren) angemessenen Vergütung verjähren nach § 195 BGB innerhalb der regelmäßigen Verjährungsfrist von drei Jahren. Nach § 199 Abs. 1 BGB beginnt die regelmäßige Verjährungsfrist mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den anspruchsbegründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt hat oder ohne grobe Fahrlässigkeit hätte erlangen müssen.10)

Hinsichtlich der Entstehung des Anspruchs ist zwischen dem Anspruch aus § 32 Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 Satz 2 UrhG auf angemessene Vergütung und dem Anspruch aus § 32a Abs. 1 Satz 1 UrhG auf weitere Beteiligung zu unterscheiden. Der Anspruch aus § 32 Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 Satz 2 UrhG auf angemessene Vergütung ist im Zeitpunkt des Vertragsschlusses entstanden. Außerdem hat jede Verwertung des Werkes der Klägerin durch die Beklagte einen neuen Anspruch der Klägerin aus § 32a Abs. 1 Satz 1 UrhG auf weitere Beteiligung an den Erträgen und Vorteilen aus dieser Verwertung des Werkes begründet.

Der Anspruch aus § 32 Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 Satz 2 UrhG auf angemessene Vergütung entsteht, wenn die vereinbarte Vergütung im Zeitpunkt des Vertragsschlusses aus der Sicht im Zeitpunkt des Vertragsschlusses nicht angemessen ist. Ein erst nach Vertragsschluss eintretendes Missverhältnis zwischen den Erträgen und Vorteilen aus der Nutzung des Werkes und der vereinbarten Gegenleistung kann dagegen keinen Anspruch aus § 32 Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 Satz 2 UrhG, sondern nur Ansprüche nach § 32a Abs. 1 Satz 1 UrhG begründen.11)

Auch bei einer laufenden Nutzung des Werkes kann der Anspruch aus § 32 Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 Satz 2 UrhG daher nur einmalig im Zeitpunkt des Vertragsschlusses entstehen.12)

Hinsichtlich der Kenntnis oder der grob fahrlässigen Unkenntnis des Gläubigers von den anspruchsbegründenden Umständen kommt es auf die Umstände an, die auf eine Unangemessenheit im Sinne des § 32 Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 Satz 2 UrhG der vereinbarten Vergütung oder ein auffälliges Missverhältnis im Sinne des § 32a Abs. 1 Satz 1 UrhG zwischen der vereinbarten Vergütung und den Erträgen und Vorteilen aus der Nutzung des Werkes schließen lassen. Grobe Fahrlässigkeit setzt dabei einen objektiv schweren und subjektiv nicht entschuldbaren Verstoß gegen die Anforderungen der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt voraus. Grob fahrlässige Unkenntnis liegt vor, wenn dem Gläubiger die Kenntnis fehlt, weil er die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in ungewöhnlich grobem Maße verletzt und auch ganz naheliegende Überlegungen nicht angestellt oder das nicht beachtet hat, was jedem hätte einleuchten müssen. Ihm muss persönlich ein schwerer Obliegenheitsverstoß in seiner eigenen Angelegenheit der Anspruchsverfolgung vorgeworfen werden können.13)

siehe auch

1) , 9) , 10)
BGH, Urteil vom 16. Juni 2016 - I ZR 222/14 - Geburtstagskarawane
2)
BGH, Urteil v. 7. Oktober 2009 - I ZR 39/07
3)
BGH, Urteil v. 7. Oktober 2009 - I ZR 39/07; zur Überprüfung der Angemessenheit des Tarifs einer Verwertungsgesellschaft BGH GRUR 2004, 669, 670 f. – Musikmehrkanaldienst; zur Schätzung einer angemessenen Vergütung im Rahmen der Lizenzanalogie BGH, Urt. v. 2.10.2008 – I ZR 6/06, GRUR 2009, 407 Tz. 23 = WRP 2009, 319
4)
BGH, Urteil v. 20. Januar 2011 - I ZR 133/0; m.V.a. BGHZ 182, 337 Rn. 16 - Talking to Addison, mwN
5) , 6)
BGH, Urteil vom 23. Februar 2012 - I ZR 6/11 - Kommunikationsdesigner
7)
BGH, Urteil vom 16. Juni 2016 - I ZR 222/14 - Geburtstagskarawane; zu § 32a Abs. 1 Satz 1 UrhG vgl. BGH, Urteil vom 4. Dezember 2008 - I ZR 49/06, GRUR 2009, 939 Rn. 35 = WRP 2009, 1008 - Mambo No. 5 mwN
8)
Wandtke/Grunert in Wandtke/Bullinger, Urheberrecht, 4. Aufl., § 32 UrhG Rn. 18 mwN und § 32a UrhG Rn. 24
11)
BGH, Urteil vom 16. Juni 2016 - I ZR 222/14 - Geburtstagskarawane; m.V.a. BGH, Urteil vom 7. Oktober 2009 - I ZR 38/07, BGHZ 182, 337 Rn. 19 - Talking to Addison
12)
BGH, Urteil vom 16. Juni 2016 - I ZR 222/14 - Geburtstagskarawane; m.V.a. Wandtke/Grunert in Wandtke/Bullinger, Urheberrecht, 4. Aufl., § 32 UrhG Rn. 21; Soppe in Möhring/Nicolini, Urheberrecht, 3. Aufl., § 32 UrhG Rn. 98; v. Becker in Loewenheim, Handbuch des Urheberrechts, 2. Aufl., § 29 Rn. 153; v. Becker/Wegner, ZUM 2005, 695, 701; aA Schulze in Dreier/Schulze, UrhG, 5. Aufl., § 32 Rn. 90
13)
BGH, Urteil vom 16. Juni 2016 - I ZR 222/14 - Geburtstagskarawane; m.V.a. BGH, Urteil vom 10. Mai 2012 - I ZR 145/11, GRUR 2012, 1248 Rn. 23 = WRP 2013, 65 - Fluch der Karibik, mwN
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