Die Entscheidung der Lokalkammer Paris vom 21. März 20251) bestätigt die Zuständigkeit des Einheitspatentgerichts (EPG) [Artikel 31 EPGÜ → Internationale Zuständigkeit] für Verletzungsklagen in Drittstaaten wie dem Vereinigten Königreich, der Schweiz und Spanien, sofern der Beklagte in einem EPG-Mitgliedstaat ansässig ist. Obwohl das EPG keine Entscheidungen mit Registerwirkung für diese Staaten treffen kann, ist es befugt, über Verletzungen nationaler EP-Teile mit Wirkung inter partes zu entscheiden.
Das Einheitspatentgericht ist nach Artikel 71bis Brüssel I bis-Verordnung als Gericht eines Mitgliedstaats anzusehen und kann auch über Patentverletzungen außerhalb des Geltungsbereichs des Einheitspatentsystems entscheiden, sofern der Beklagte in einem Mitgliedstaat ansässig ist.2)
Das Einheitspatentgericht hat auch die Kompetenz, über die Verletzung der britischen Teile des Patents zu entscheiden und gegebenenfalls über die Validität des Titels, vorausgesetzt, dass die Entscheidung über die Nichtigkeitsausnahme nur inter partes Wirkung hat.3)
Für die Schweiz greift die Lugano-Konvention, die gleiche Prinzipien wie Brüssel I bis vorsieht (z. B. Wohnsitzgericht des Beklagten, Art. 4).4)
Nur für Fragen der Gültigkeit eines Patents ist ausschließlich das nationale Gericht des betreffenden Staats zuständig. Eine Einrede gegen die Zuständigkeit wegen möglicher späterer Gültigkeitsprüfung reicht jedoch nicht aus, um die Zuständigkeit des Einheitspatentgerichts auszuschließen.5)
Der Patentinhaber sollte in der Lage sein, alle seine Verletzungsansprüche zu bündeln und umfassenden Schadensersatz vor einem einzigen Gericht einzufordern, um das Risiko divergierender Entscheidungen zu vermeiden.6)
Entscheidungen über die Gültigkeit von Patenten in Drittstaaten haben nur inter partes-Wirkung und greifen nicht in nationale Register ein.7)
Die in Art. 24 Nr. 4 verankerte Regel der ausschließlichen Zuständigkeit betrifft nur Verfahren, die die Gültigkeit von Patenten zum Gegenstand haben, nicht aber Patentverletzungsklagen.8)
Ein Gericht, das nach Art. 4 Abs. 1 mit einer Klage wegen Verletzung eines in einem anderen Mitgliedstaat erteilten Patents befasst ist, verliert seine Zuständigkeit nicht dadurch, dass der Beklagte die Gültigkeit dieses Patents im Wege der Einrede anficht.9)
Das Gericht des Wohnsitzmitgliedstaats des Beklagten bleibt für die Entscheidung über die Verletzungsklage zuständig, während die Entscheidung über die Gültigkeit des Patents ausschließlich den Gerichten des Mitgliedstaats der Patenterteilung zusteht.10)
Eine nationale Vorschrift, die die Erhebung einer gesonderten Klage auf Nichtigerklärung vorschreibt, hat keinen Einfluss auf die Auslegung von Art. 24 Nr. 4 der Brüssel‑Ia-Verordnung.11)
Art. 24 Nr. 4 der Brüssel‑Ia-Verordnung ist nicht auf Gerichte von Drittstaaten anwendbar und weist ihnen keine ausschließliche oder sonstige Zuständigkeit zu.12)
Ein Gericht eines Mitgliedstaats ist nach Art. 4 Abs. 1 zuständig, über eine Verletzungsklage zu einem in einem Drittstaat validierten Patent sowie über eine im Rahmen dieses Verfahrens erhobene Einrede der Ungültigkeit zu entscheiden, sofern diese Entscheidung keine Wirkungen auf das Register oder die Rechtslage im Drittstaat entfaltet.13)
Die Entscheidung über die Einrede der Ungültigkeit eines Drittstaatspatents im Verletzungsprozess wirkt nur inter partes und darf nicht das nationale Register des Drittstaats beeinflussen.14)
Die Entscheidung des Gerichts über die Gültigkeit eines Drittstaatspatents im Rahmen einer Einrede verletzt nicht den völkerrechtlichen Grundsatz der Nichteinmischung, wenn sie keine Außenwirkung auf den Drittstaat entfaltet.15)
Das Gericht kann das Verfahren aussetzen, wenn z. B. eine Klage auf Nichtigerklärung beim zuständigen Gericht im Mitgliedstaat der Patenterteilung anhängig ist und eine nicht unbeachtliche Möglichkeit besteht, dass das Patent für nichtig erklärt wird.16)
In der Entscheidung vom 15. April 2025 der Lokalkammer Mailand wurde bestätigt, dass das EPG auch bei in Drittstaaten (z. B. Spanien) validierten europäischen Patenten zuständig ist, sofern der Beklagte seinen Sitz im EPG-Raum hat (hier: Italien). Die Kammer verwies auf Artikel 32 EPGÜ sowie Artikel 4(1), 71a und 71b der Brüssel-Ia-Verordnung und betonte, dass das EPG als „Gericht eines Mitgliedstaats“ im Sinne des europäischen Zivilprozessrechts anzusehen ist. Der Einwand des Beklagten, Spanien gehöre nicht zum EPG-System, wurde zurückgewiesen.17)
Artikel 31 EPGÜ → Internationale Zuständigkeit
Die internationale Zuständigkeit des Gerichts wird im Einklang mit der Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 oder dem Lugano-Übereinkommen bestimmt.
Partnerprojekte: waidlerwiki.de - chiemgau-wiki.de