Artikel 31 des Übereinkommen über ein Einheitliches Patentgericht regelt die internationale Zuständigkeit des Gerichts im Einklang mit der Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 [→ Brüssel-Ia-Verordnung] und gegebenenfalls dem Lugano-Übereinkommen.
Die internationale Zuständigkeit des Gerichts wird im Einklang mit der Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 [→ Brüssel-Ia-Verordnung] oder gegebenenfalls auf Grundlage des Übereinkommens über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (Lugano-Übereinkommen) bestimmt.
Das Gericht muss seine internationale Zuständigkeit von Amts wegen prüfen, wenn dies nach Unionsrecht erforderlich ist.1)
Art. 31 EPGÜ begründet die internationale Zuständigkeit des EPG in Übereinstimmung mit der Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 [→ Brüssel-Ia-Verordnung], geändert durch die EU-Verordnung 542/2014 [→ Änderungsverordnung zur Brüssel-Ia-Verordnung im Hinblick auf das Einheitliche Patentgericht und den Benelux-Gerichtshof].2)
Gemäß Art. 31 EPGÜ in Verbindung mit der Brüssel-Ia-Verordnung hat das EPG internationale Zuständigkeit, wenn die Gerichte eines Vertragsmitgliedstaats nach der Brüssel-Ia-Verordnung zuständig wären.3)
Nach Art. 4(1), 7(2), 71, 71a [→ Gemeinsame Gerichte mehrerer Mitgliedstaaten] und 71b [→ Zuständigkeit gemeinsamer Gerichte] der genannten Verordnung und 32(1)(c) [→ Ausschließliche Zuständigkeit des Gerichts für Patentklagen] und 83(2) EPGÜ [→ Fortführung anhängiger Klagen] hat das EPG die Zuständigkeit für Fälle in Bezug auf europäische Patente, die der Zuständigkeit des EPG nicht widersprochen haben.4)
Die Zuständigkeit des Einheitlichen Patentgerichts gemäß Artikel 31 EPGÜ bleibt unberührt, wenn in parallelen Verfahren vor dem UPC und einem nationalen Gericht nicht dieselben Parteien beteiligt sind und keine so weitgehende Identität ihrer Interessen besteht, dass ein Urteil in einem Verfahren für das andere bindend wäre [Art. 29 → Anhängigkeitsregel, 31 → Zuständigkeit bei Gerichtsstandsvereinbarungen Brüssel-Ia-VO i.V.m. Art. 31 EPGÜ].5)
Die Zuständigkeit des Einheitspatentgerichts als gemeinsame Gerichtsbarkeit mehrerer Mitgliedstaaten wird gemäß Artikel 71 bis [→ Zuständigkeit gemeinsamer Gerichte] der Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 als die eines Mitgliedstaats der Union angesehen.6)
Gemäß Art. 71b (2) Brüssel-Ia-Verordnung in Verbindung mit Art. 7(2) Brüssel-Ia-Verordnung hat das EPG internationale Zuständigkeit, unabhängig vom Wohnsitz des Beklagten, für alle in einem EPG-Mitgliedstaat begangenen Patentverletzungen.7)
Gemäß Artikel 71a (1) Brüssel-Ia-Verordnung gilt ein gemeinsames Gericht mehrerer Mitgliedstaaten, wie in Absatz 2 angegeben, für die Zwecke der Verordnung als Gericht eines Mitgliedstaats, wenn das gemeinsame Gericht gemäß dem Instrument, das es errichtet, in Angelegenheiten, die in den Anwendungsbereich dieser Verordnung fallen, zuständig ist. Auf der Grundlage der Rechtsprechung des EPG-Gerichtshofs ist das EPG ein gemeinsames Gericht im Sinne von Art. 71a (1) der Brüssel-Ia-Verordnung, wie ausdrücklich in Art. 71a (2) (a) Brüssel-Ia-Verordnung erwähnt. Daher hat das EPG Zuständigkeit, wo die Gerichte eines Vertragsmitgliedstaats nach der Brüssel-Ia-Verordnung in einer Klage im Sinne von Art. 32 (1) EPGÜ, Art. 71b (1) und (2) Brüssel-Ia-Verordnung zuständig wären.8)
Gemäß Art. 71b (1) Brüssel-Ia-Verordnung hat das EPG als ein ‚gemeinsames Gericht‘ mehrerer EU-Mitgliedstaaten (Art. 71a) in Patentangelegenheiten (im Sinne der EPGÜ) Zuständigkeit, wenn ein Gericht eines EU-Mitgliedstaats, der Vertragspartei der EPGÜ ist, nach den Zuständigkeitsregeln der Brüssel-Ia-Verordnung (wenn es das EPG nicht gäbe) zuständig wäre.9)
Wichtiger ist, dass Art. 71b (2) Brüssel-Ia-Verordnung die Grundregel nach Art. 7 Brüssel-Ia-Verordnung ergänzt, wenn ein Beklagter keinen Wohnsitz in einem EU-Mitgliedstaat hat, indem die Zuständigkeit nach Art. 7 Brüssel-Ia-Verordnung unabhängig vom Wohnsitz des Beklagten geöffnet wird. Das EPG hat somit internationale Zuständigkeit, unabhängig vom Wohnsitz des Beklagten, für alle in einem EPG-Mitgliedstaat begangenen Patentverletzungen.10)
Dies ungeachtet der Tatsache, dass der Beklagte in einem Drittland ansässig ist und ein Gericht eines Mitgliedstaats in einer solchen Konstellation seine internationale Zuständigkeit grundsätzlich nur auf das nationale Recht gemäß Artikel 6 stützen könnte. Die einzige Voraussetzung ist, dass der Ort der Verletzung oder Handlung in einem Mitgliedstaat ist, der Vertragspartei der EPGÜ ist.11)
Die Entscheidung der Lokalkammer Paris vom 21. März 202512) bestätigt die Zuständigkeit des Einheitspatentgerichts (EPG) für Verletzungsklagen in Drittstaaten [→ Zuständigkeit des EPG für Verletzungsklagen in Drittstaaten] wie dem Vereinigten Königreich, der Schweiz und Spanien, sofern der Beklagte in einem EPG-Mitgliedstaat ansässig ist. Obwohl das EPG keine Entscheidungen mit Registerwirkung für diese Staaten treffen kann, ist es befugt, über Verletzungen nationaler EP-Teile mit Wirkung inter partes zu entscheiden. Die vorläufige Einrede der Beklagten wurde abgewiesen.
Die Lokalkammer Mailand bestätigte im Beschluss vom 8. April 2025, dass das EPG bei Klagen gegen Beklagte mit Sitz in einem Vertragsmitgliedstaat (hier: Italien) auch für Patentverletzungen in Nicht-UPC-Staaten (hier: Spanien) zuständig ist. Dies folgt aus Art. 4(1), 71a, 71b Brüssel Ia-VO, im Lichte der EuGH-Rechtsprechung in C-339/22.13)
Der EuGH hat in seiner Entscheidung vom 25. Februar 2025 klargestellt, dass ein Gericht am Sitz des Beklagten auch dann zuständig bleibt, wenn es um die Verletzung eines in einem anderen EU-Mitgliedstaat validierten Patents geht.14) Diese Rechtsprechung ist auch auf das EPG anwendbar, da dieses gemäß Art. 71a Brüssel Ia-VO als Gericht eines Mitgliedstaats gilt.
Die Zuständigkeit nationaler Gerichte für Feststellungs- oder Nichtigkeitsklagen gemäß Artikel 24(4) der Brüssel-Ia-Verordnung [→ Eintragung und Gültigkeit von Schutzrechten] schränkt die Zuständigkeit des UPC nicht ein, wenn diese Verfahren nur einen nationalen Teil eines europäischen Patents betreffen.15)
Nach Artikel 24 Absatz 4 der Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 [→ Eintragung und Gültigkeit von Schutzrechten] sind ausschließlich die Gerichte des Mitgliedstaats zuständig, in dessen Hoheitsgebiet das Patent beantragt oder eingetragen wurde, und zwar sowohl dann, wenn die Frage der Validität im Rahmen einer Klage als auch im Rahmen eines Einwands aufgeworfen wird.16)
Die internationale Zuständigkeit des Einheitspatentgerichts, einschließlich Einwände, die auf den Artikeln 29 [→ Anhängigkeitsregel] und 30 [→ Im Zusammenhang stehende Verfahren] der Verordnung Brüssel Ia basieren, können Gegenstand eines Vorabentscheidungsersuchens gemäß Regel 48 in Verbindung mit Regel 19.1(a) EPGVO sein.17)
Wenn der Beklagte in einem Vertragsmitgliedstaat seinen Wohnsitz hat, ist das Einheitliche Patentgericht zuständig, die Klage wegen Verletzung des Patents in Bezug auf den britischen Teil des Streitpatents zu verhandeln. Dies gilt auch, wenn der Beklagte eine Widerklage auf Widerruf in Bezug auf den deutschen Teil des Streitpatents erhoben hat. Auch dann ist das Einheitliche Patentgericht für die Klage wegen der Verletzung in Großbritannien zuständig.18))
Die Bestimmung des anzuwendenden materiellen Rechts für eine angebliche Verletzung ist strikt von der Zuständigkeit zur Verhandlung des Falls zu unterscheiden.19)
Bei der Bestimmung des anzuwendenden materiellen Rechts sind die in europäischem Recht und internationalem Recht verankerten und anerkannten Grundsätze zur Rückwirkung zu respektieren.20)
In Anbetracht dieser Grundsätze gilt hinsichtlich der Bestimmung, ob das materielle Recht gemäß dem EPGÜ oder die materiellen nationalen Gesetze der EPGÜ-Mitgliedstaaten auf Handlungen, die angeblich traditionelle europäische Bündelpatente verletzen, Anwendung findet, Folgendes:21)
Bei Handlungen, die nach Inkrafttreten des EPGÜ begangen wurden, gilt das materielle Recht, wie es im EPGÜ festgelegt ist; bei Handlungen, die vor dem Inkrafttreten des EPGÜ begangen wurden, gilt das materielle nationale Recht; bei fortlaufenden Handlungen, die vor dem Inkrafttreten des EPGÜ begonnen und nach dem Inkrafttreten am 1. Juni 2023 fortgesetzt wurden, gilt das materielle Recht, wie es im EPGÜ festgelegt ist.
Bei der Beurteilung, ob verletzende Handlungen in diesem Sinne „fortlaufend“ sind und die Anwendung des EPGÜ als allgemeine Regel rechtfertigen, darf kein übermäßig formalistischer Ansatz angewendet werden, der den Zielen des Übereinkommens zuwiderläuft. Entscheidend ist, solche Handlungen nicht in einer formalistischen Weise zu kategorisieren, die ausschließlich in Betracht zieht, ob solche Handlungen aus einer rein natürlichen Perspektive als trennbare Handlungen bezeichnet werden können, sondern die das Szenario aus einer normativen und damit bewertenden Perspektive betrachtet. Vor diesem Hintergrund ist es gerechtfertigt, das EPGÜ als harmonisierten Satz nationalen Rechts der Vertragsmitgliedstaaten des EPGÜ auf fortlaufende Handlungen anzuwenden, wenn der Verletzer sein verletzendes Verhalten fortsetzt, obwohl er die Verletzung in Anbetracht des Inkrafttretens des neuen Regimes am 1. Juni 2023 hätte beenden können. In diesem Fall behält sich jedoch jede Partei das Recht vor, sich auf Bestimmungen des nationalen Rechts für Handlungen vor dem 1. Juni 2023 zu berufen, die ihrer Position im Vergleich zu den Bestimmungen des EPGÜ und der EPGVO förderlich sind. Die Partei, die ein Argument auf der Grundlage des nationalen Rechts vorbringt, muss solche Regeln des nationalen Rechts darlegen und mit einem ausreichenden Grad an Substantiierung darlegen, warum diese Regel des nationalen Rechts ihr Argument unterstützt.22)
EPGÜ, Teil 1, Kapitel VI → Internationale und sonstige Zuständigkeit des Gerichts
Regelt die internationale Zuständigkeit des Gerichts gemäß der Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 oder dem Lugano-Übereinkommen, beschreibt die ausschließliche Zuständigkeit für Patentverletzungs- und Nichtigerklärungsklagen, legt die örtliche Zuständigkeit der Kammern des Gerichts erster Instanz fest und definiert den territorialen Geltungsbereich der Entscheidungen.
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