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upc:gerichtliche_entscheidung

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Gerichtliche Entscheidung

Im Kontext des EPG [→ Einheitliches Patentgericht] gibt es mehrere Arten von gerichtlichen Entscheidungen, die je nach Verfahrenssituation und rechtlichen Anforderungen variieren:

Ein Urteil ist eine formelle Entscheidung des Gerichts, die nach einer mündlichen Verhandlung ergeht. Es enthält die Entscheidungsgründe und wird schriftlich abgefasst. Die Regel 118 der EPGVO [→ Entscheidung in der Sache] beschreibt die Anforderungen an Urteile, einschließlich der Anordnung von Schadenersatz oder Entschädigung und der Entscheidung über die Kosten des Rechtsstreits.

Anordnungen sind gerichtliche Verfügungen, die bestimmte Handlungen anordnen oder untersagen können. Sie können auch vorläufige Maßnahmen umfassen, die ohne Anhörung der Gegenpartei erlassen werden können, wenn eine Verzögerung wahrscheinlich irreparablen Schaden verursachen würde. Die Normen für Anordnungen sind in den Regeln 351 und 352 festgelegt. Regel 351 [→ Anordnungen] beschreibt die erforderlichen Angaben und Inhalte einer Anordnung des Gerichts und legt fest, dass alle Anordnungen in das Register aufgenommen werden. Regel 352 [→ Von Sicherheitsleistung abhängige Bindungswirkung von Entscheidungen oder Anordnungen] erlaubt dem Gericht, die Bindungswirkung einer Entscheidung oder Anordnung von der Leistung einer Sicherheit abhängig zu machen.

Zur Gewährleistung einer zügigen Entscheidung und effizienter Verfahrensführung kann das Gericht den Fall entscheiden, indem es die Reihenfolge der zu entscheidenden Fragen umkehrt, wenn eine Entscheidung aufgrund eines leichter lösbaren, wenngleich logisch nachgeordneten Grundes getroffen werden kann, ohne die vorhergehenden zu prüfen.1)

Gemäß Artikel 76 (2) EPGÜ [→ Sachentscheidungen und rechtliches Gehör] stützt das Gericht seine Entscheidung zur Sache nur auf Gründe, Tatsachen und Beweise, die von den Parteien vorgebracht wurden und zu denen die gegnerische Partei Gelegenheit hatte, sich zu äußern.2)

Die Entscheidungen des Gerichts gelten im Falle eines europäischen Patents für das Hoheitsgebiet derjenigen Vertragsmitgliedsstaaten, für die das europäische Patent Wirkung hat.3)

Im Verfahren vor dem Einheitlichen Patentgericht dürfen interne Anordnungen oder Verfahrensentscheidungen, die von einem Einzelrichter wie dem Berichterstatter oder dem Vorsitzenden getroffen wurden, nicht sofort mit einer Berufung angefochten werden. Stattdessen muss die betroffene Partei zuerst einen Überprüfungsantrag beim gesamten Spruchkörper (also dem richterlichen Gremium) stellen [Regel 333.1 EPGVO → Antrag auf Überprüfung]. Nur wenn dieser Spruchkörper anschließend eine eigene Entscheidung trifft, kann gegen diese, wenn die Voraussetzungen von R.220.2 und R.220.3 EPGVO vorliegen, eine Berufung eingelegt werden. Ziel dieser Regelung ist es, unnötige Berufungen zu vermeiden und zunächst eine interne Korrekturmöglichkeit durch das Gericht selbst zu schaffen.4)

Eine Gerichtsentscheidung muss die Gründe und die Tatsachen sowie Argumente enthalten, auf die das Gericht seine Entscheidung stützt (R. 350 EPGVO). Das Gericht muss alle von den Parteien vorgebrachten Argumente berücksichtigen, ist aber nicht verpflichtet, in seinem Beschluss oder Urteil explizit und ausführlich auf jedes einzelne Argument einzugehen. Das Gericht kann Argumente, die irrelevant oder offensichtlich fehlerhaft sind, außer Acht lassen oder ein Argument implizit zurückweisen, etwa wenn dessen Ablehnung aus weiteren Erwägungen des Gerichts hervorgeht. Dies gilt erst recht für in Anlagen, wie etwa Gutachten, vorgebrachte Argumente. Im Verfahren über vorläufige Maßnahmen ist der anzuwendende Prüfungsmaßstab insoweit niedriger.5)

siehe auch

EPG → Einheitliches Patentgericht
Internationales Gerichtssystem, das für Streitigkeiten im Zusammenhang mit europäischen Patenten, einschließlich des Einheitspatents, zuständig ist

1) , 2)
EPG, Zentralkammer Paris, Urt. v. 26. Dezember 2024 – UPC_CFI_338/2023
3)
EPG, Lokalkammer München, Entscheidung v. 6. Juni 2025 – UPC_CFI_324/2024
4)
vgl. EPG, Berufungsgericht, Anordnung v. 21. März 2024 – UPC_CoA_486/2023
5)
EPG, Berufungskammer, Beschl. v. 19. Juni 2025 – UPC_CoA_402/2024
upc/gerichtliche_entscheidung.txt · Zuletzt geändert: von mfreund