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upc:einnahme_des_augenscheins

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Einnahme des Augenscheins

Artikel 53 (1) des Übereinkommen über ein Einheitliches Patentgericht legt fest, welche Beweismittel in den Verfahren vor dem Gericht zulässig sind.

Artikel 53 (1) f)

In den Verfahren vor dem Gericht sind insbesondere folgende Beweismittel zulässig: Einnahme des Augenscheins.

Die „Einnahme des Augenscheins“ gemäß Artikel 53(1)(f) EPGÜ bezeichnet die unmittelbare sinnliche Wahrnehmung von Objekten durch das Gericht, insbesondere zur Beurteilung der Funktionalität patentierter und angegriffener Ausführungsformen. Der Begriff umfasst mehr als eine bloße Inspektion – er erlaubt auch dynamische Betrachtungen, Experimente und vergleichende Vorführungen, z. B. mittels Videos oder Präsentation physischer Objekte. Damit geht der Anwendungsbereich über die in der Verfahrensordnung (EPGVO) genannten Regeln 170(1)(c), 170(2)(f) und 170(2)(g) hinaus. Ziel ist es, dem Gericht eine unmittelbare und umfassende Erkenntnisquelle zu bieten, um technische Unterschiede und mögliche Patentverletzungen besser bewerten zu können.

Artikel 53(f) EPGÜ erlaubt es dem Gericht, die Funktionalität der Ausführungsformen (patentiert und angegriffen) wahrzunehmen und umfasst alle in Artikel 170(1)(c) [→ Zulässige Beweismittel] und 170(2)(f) und (g) [→ Mittel der Beweiserhebung] der EPGVO beschriebenen Aktivitäten und daher nicht nur Inspektionen. Gemäß Artikel 53(f) EPGÜ kann das Gericht die Objekte des Verfahrens (d. h. die patentierten und angegriffenen Objekte) durch Betrachtung ihrer dynamischen Funktionalität vergleichen. Wenn eine Partei anbietet, das Objekt gemäß Regel 170.1(c) zu präsentieren und ein Video seines Betriebs gemäß Regel 170.1(d) dem Gericht vorlegt, kann das Gericht auch dynamische Experimente und vergleichende Tests basierend auf dem in Artikel 53(f) EPGÜ festgelegten Prinzip anordnen.1)

Unabhängig davon, ob eine solche Aktivität als Inspektion gemäß Regel 170(f), als Experiment gemäß Regel 170(g) oder als Erwerb physischer Objekte gemäß Regel 170(c) klassifiziert wird, wird das Gericht die Objekte innerhalb der Maschine und in Aktion im Einklang mit dem Anspruchsstadium betrachten.2)

Artikel 53(f) EPGÜ hat einen Anwendungsbereich, der eine Serie von Aktivitäten umfasst, die in der Verfahrensordnung detailliert beschrieben sind, aber in umfassenderer Weise darüber hinausgeht. Dies wird noch deutlicher, wenn man bedenkt, dass im Gegensatz zur englischen Version der Regeln und des EPGÜ, wo sowohl Artikel 53(f) EPGÜ als auch Regel 170.2(f) denselben Terminus 'Inspektion' verwenden, die deutsche Fassung der Regel 170.2(f) zwei unterschiedliche Formulierungen verwendet: eine 'Inspektion in Bezug auf einen Ort oder einen physischen Gegenstand' in Regel 170(f), während Artikel 53(f) EPGÜ den allgemeinen Begriff 'Augenschein' verwendet.3)

Der Begriff 'Augenschein' im deutschen Verfahrensrecht (§ 144, §§ 371 ff. ZPO) bezieht sich zudem auf eine allgemeine Beurteilungsmacht des Gerichts, die übrigens auch über die Grenzen der Beweislast hinweg ausgeübt werden kann, soweit es die Inspektion der Objekte durch die Richter selbst betrifft, § 144 ZPO, und in Bezug auf die Möglichkeit für den Richter, den Fall 'anzusehen'. Der Anwendungsbereich des Artikels 53(f) EPGÜ ist daher weiter und umfasst zu einem gewissen Grad diejenigen der Regeln 170.2(f), 170.2(g) und 170.1(c) der EPGVO.4)

siehe auch

Artikel 53 (1) → Zulässige Beweismittel im Verfahren
Legt fest, welche Beweismittel in den Verfahren vor dem Gericht zulässig sind.

1) , 2) , 3) , 4)
EPG, Zentralkammer Mailand, Beschl. v. 15. Mai 2025 – UPC_CFI_513/2025
upc/einnahme_des_augenscheins.txt · Zuletzt geändert: 2025/06/09 05:11 von mfreund