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upc:einleitung_des_verfahrens_zur_kostenfestsetzung

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Einleitung des Verfahrens zur Kostenfestsetzung

Regel 151 der Verfahrensordnung des Einheitlichen Patentgerichts (EPGVO) bestimmt, dass die obsiegende Partei innerhalb eines Monats nach der Entscheidung einen Antrag auf Kostenfestsetzung stellen muss und beschreibt die erforderlichen Angaben und Dokumente.

Regel 151 EPGVO

Wünscht die obsiegende Partei (im Folgenden „der Antragsteller“) eine Kostenfestsetzung, muss sie innerhalb eines Monats nach der Entscheidung einen Antrag auf Kostenfestsetzung stellen, der Folgendes enthalten muss:

(a) die Angaben gemäß Regel 13.1(a) bis (d),

(b) das Datum der Entscheidung und das Aktenzeichen,

(c) die Angabe, ob gegen die Entscheidung in der Sache Berufung eingelegt wurde, soweit zum Zeitpunkt des Antrags bekannt,

(d) die Angabe der Kosten [→ Kosten des Rechtsstreits], deren Erstattung beantragt wird und zu denen die Gerichtsgebühren und die Kosten der Vertretung, die Kosten für Zeugen und Sachverständige und andere Ausgaben [→ Sonstige Kosten des Rechtsstreits] gehören können, und

(e) die vorläufige Schätzung der Kosten des Rechtsstreits, die die Partei gemäß Regel 118.5 vorgelegt hat.

Wenn die erfolgreiche Partei eine Kostenentscheidung herbeiführen möchte, hat sie innerhalb eines Monats nach Zustellung der Entscheidung einen Antrag auf Kostenfestsetzung einzureichen.

Die einmonatige Frist zur Einreichung eines Antrags auf Kostenfestsetzung gemäß Regel 151.1 EPGVO beginnt mit der Zustellung der Sachentscheidung und nicht mit der Zustellung einer Anordnung über einstweilige Maßnahmen. Wenn jedoch noch kein Verfahren in der Sache anhängig ist und der Antragsteller der einstweiligen Maßnahmen kein Verfahren in der Sache einleitet (zum Beispiel, wenn der Antrag auf einstweilige Maßnahmen erfolglos war) und der Kläger zur Kostentragung des Antragsgegners verurteilt wurde, gelten Regel 150 und Regel 151 EPGVO entsprechend1). In diesem Fall gilt die Frist von einem Monat entsprechend und beginnt mit der Zustellung der erstinstanzlichen Anordnung über einstweilige Maßnahmen.2)

Die Nichteinhaltung der in Regel 151 EPGVO vorgesehenen Monatsfrist für die Beantragung der Kostenfestsetzung führt zum Verlust des Rechts auf Kostenerstattung. Ein nachträglicher Fristverlängerungsantrag ist in diesem Zusammenhang unzulässig.3)

Die Frist von einem Monat für einen Antrag auf Kostenfestsetzung gemäß R. 151 EPGVO beginnt mit der Zustellung der Sachentscheidung, nicht mit der Zustellung einer Anordnung über einstweilige Maßnahmen.4)

Wenn der Antragsteller kein Verfahren in der Sache gemäß R. 213 EPGVO [→ Aufhebung einstweiliger Maßnahmen] einleitet, z. B. wenn der Antrag auf einstweilige Maßnahmen erfolglos war, gelten R. 150 und 151 EPGVO entsprechend.5)

Wenn der Antragsteller kein Verfahren in der Sache gemäß R. 213 EPGVO einleitet, z. B. wenn der Antrag auf einstweilige Maßnahmen erfolglos war, scheinen zumindest bei einer streng am Wortsinn haftenden Auslegung R. 150 und 151 EPGVO nicht anwendbar zu sein. Entsprechend der Zwecksetzung des Art. 69 (1-3) EPGÜ, der obsiegende Partei eine Entschädigung für ihre angemessenen und zumutbaren Rechtskosten und sonstigen Kosten von der unterlegenen Partei zu gewähren, ist eine entsprechende Anwendung von R. 150 und 151 EPGVO in dieser Situation gerechtfertigt.6)

Nach Ablauf der für den Kostenfestsetzungsantrag geltenden Monatsfrist (Regel 151 EPGVO) können weitere Kosten, die über den in der Monatsfrist eingereichten Kostenfestsetzungsantrag hinausgehen, nicht mehr geltend gemacht werden. Dies folgt aus dem Wortlaut der Regel 151 (b) EPGVO und dem Sinn der dort geregelten Frist, weitergehende Anträge nach Fristablauf zu präkludieren.7)

Die Frist zur Stellung des Kostenfestsetzungsantrags beginnt mit dem Tag der Zustellung der Entscheidung im CMS, auch wenn die Entscheidung zunächst nur im Workflow des Hauptverfahrens, nicht jedoch in einem Parallelverfahren (hier: Nichtigkeitswiderklage) hinterlegt wird.8)

Unzulässigkeit eines verspäteten Kostenfestsetzungsantrags

Ein verspäteter Kostenfestsetzungsantrag ist unzulässig, auch wenn die Entscheidung aus technischen oder organisatorischen Gründen im CMS nicht im Workflow aller Verfahren eingestellt wurde. Für technische Probleme im CMS sieht die Verfahrensordnung die Möglichkeit der Ersatzeinreichung in Papierform vor (R. 4 Abs. 2 VerfO).9)

Die Monatsfrist des R. 151 VerfO ist nicht durch allgemeine Verjährungsregelungen des EPGÜ (z.B. Art. 72 EPGÜ oder Art. 24 Abs. 1 lit. e) EPGÜ) verdrängt. Vielmehr handelt es sich bei der Monatsfrist um eine verfahrensrechtliche Ausschlussfrist, die unabhängig von der materiell-rechtlichen Verjährung des Kostenerstattungsanspruchs gilt.10)

Die in R. 151 VerfO verankerte Monatsfrist stellt keine unzulässige Einschränkung des in Art. 69 EPGÜ vorgesehenen Anspruchs auf Kostenerstattung dar. Art. 69 EPGÜ regelt den Grundsatz der Kostentragungspflicht, lässt jedoch die Verfahrensausgestaltung den Verfahrensvorschriften (hier: VerfO) des Einheitlichen Patentgerichts.11)

Parteien sind verpflichtet, Fristen eigenverantwortlich zu wahren und, wenn erforderlich, bestehende verfahrensrechtliche Möglichkeiten zur Fristwahrung zu nutzen (hier: Ersatzeinreichung oder Antrag auf Fristverlängerung gem. R. 9 Abs. 3 VerfO).12)

Die Versäumung der Monatsfrist führt zur Unzulässigkeit des Antrags auf Kostenfestsetzung. Ob daneben der materiell-rechtliche Kostenerstattungsanspruch anderweitig noch durchgesetzt werden kann, bleibt im Kostenfestsetzungsverfahren unbeantwortet.13)

Das Versäumnis, die Frist für einen Antrag auf Kostenfestsetzung gemäß Regel 151 EPGVO einzuhalten, kann nur durch Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (R. 320 EPGVO) geheilt werden.14)

Regel 151 d) EPGVO - Kosten des Rechtsstreits

Es ist nicht erforderlich, dass eine Rechnung für die Rechtskosten beigefügt wird, sofern klar und ersichtlich ist, welche Beträge von der obsiegenden Partei und für welche Tätigkeiten beansprucht werden. Nach Regel 151.1 d) EPGVO ist lediglich ‚ein Hinweis auf die geltend gemachten Kosten erforderlich, die die Erstattung von Gerichtsgebühren, Vertretungskosten, Zeugen-, Sachverständigen- und sonstigen Auslagen umfassen können‘, wohingegen Regel 152 EPGVO dem Gericht erlaubt, ‚angemessene und verhältnismäßige Kosten für die Vertretung‘ zuzubilligen.15)

Zu den Kosten des Rechtsstreits gehören diejenigen, die tatsächlich in dem konkret anhängigen oder streitigen Verfahren angefallen sind. Hierzu zählen insbesondere die in R. 151(d) EPGVO aufgeführten Kosten. Andere Kosten sind solche, die zwar nicht in dem anhängigen Verfahren angefallen sind, jedoch unmittelbar und eng mit diesem zusammenhängen.16)

Erstattungsfähig sind nur solche Kosten, die kumulativ angemessen und zweckmäßig sind, was stets einer Einzelfallbetrachtung unterliegt. Diese Kriterien sollen die in Art. 3 und 14 der Richtlinie 2004/28 genannten Ziele sichern, nämlich ein hohes Schutzniveau für europäische Patente zu gewährleisten und zu verhindern, dass der Verletzte von der Durchsetzung seiner Rechte abgehalten wird. Gleichzeitig sollen Maßnahmen, Verfahren und Rechtsbehelfe zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums nicht unangemessen kostspielig sein17). Dies gilt auch für die Rechtsverteidigung.18)

‚Angemessen‘ heißt insoweit im Kern ‚erforderlich‘. Aus der Sicht einer vernünftigen und rationellen Partei ist entscheidend, ob die kostenauslösende Maßnahme objektiv erforderlich und für die Erreichung des legitimen Ziels des Verfahrens sachgerecht war. Die Maßnahme muss daher auf die Durchsetzung oder Verteidigung von Rechten abstellen.19)

Das Kriterium der Zweckmäßigkeit bezieht sich in erster Linie auf die Höhe der angefallenen Kosten. Die durch die erforderliche Maßnahme verursachten Kosten dürfen nicht unverhältnismäßig sein. Insbesondere dürfen sie den Streitwert, die Bedeutung des Falles, die Schwierigkeit und Komplexität der relevanten rechtlichen und tatsächlichen Fragen sowie die Erfolgsaussichten der Maßnahme nicht übersteigen. Auch eine ex-ante-Betrachtung ist hier angezeigt.20)

siehe auch

EPGVO, Teil 1, Kapitel 5 → Kostenfestsetzungsverfahren
Beschreibt das gesonderte Verfahren zur Kostenfestsetzung, einschließlich der Anforderungen an den Antrag auf Kostenfestsetzung und die Erstattung der Kosten der Vertretung, Sachverständigen, Zeugen und Dolmetscher.

1)
Anordnung des Berufungsgerichts vom 20. Januar 2025, App_283/2025, UPC_CoA_297/2025, SharkNinja
2) , 14)
EPG, Berufungsgericht, Beschl. v. 6. Juni 2025 – UPC_CoA_618/2024
3)
EPG, Lokalkammer München, Beschl. v. 11. Oktober 2024 – UPC_CFI_292/2023
4) , 5) , 6)
EPG, Berufungsgericht, Beschl. v. 20. Januar 2025 – UPC_CoA_297/2024
7)
EPG, Lokalkammer München, Beschl. v. 24. Februar 2025 – UPC_CFI_2/2023
8) , 9) , 10) , 11) , 12) , 13)
vgl. EPG, Lokalkammer Düsseldorf, Beschl. v. 14. April 2025 – UPC_CFI_483/2023
15)
EPG, Zentralkammer Mailand, Endurt. v. 8. Juli 2025 – UPC_CFI_513/2024
16)
EPG, Lokalkammer Düsseldorf, Beschl. v. 9. Juli 2025 – UPC_CFI_355/2023, UPC_CFI_186/2025; m.V.a. UPC_CFI_696/2024 (LD München, Panel 2), Entscheidung vom 19. März 2025 – MSG Maschinenbau ./. EJP Maschinenbau; UPC_CFI_363/2023 (LD Düsseldorf), Entscheidung vom 14. April 2025 – Seoul Viosys ./. expert; UPC_CFI_16/2024, Entscheidung vom 22. April 2025, Rn. 16 – Ortovox ./. Mammut
17)
EuGH, 28. April 2022 – C-531/20 – NovaText/ Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg; EuGH, 28. April 2022 – C-559/20 – Koch Media/Funke; EuGH, 28. Juli 2016 – C-57/15 – United Video Properties/Telenet; UPC_CFI_16/2024 (LD Düsseldorf), Entscheidung vom 22. April 2025, Rn. 17 – Ortovox ./. Mammut
18)
EPG, Lokalkammer Düsseldorf, Beschl. v. 9. Juli 2025 – UPC_CFI_355/2023, UPC_CFI_186/2025
19)
EPG, Lokalkammer Düsseldorf, Beschl. v. 9. Juli 2025 – UPC_CFI_355/2023, UPC_CFI_186/2025; m.V.a. UPC_CFI_16/2024 (LD Düsseldorf), Entscheidung vom 22. April 2025, Rn. 18 – Ortovox ./. Mammut
20)
EPG, Lokalkammer Düsseldorf, Beschl. v. 9. Juli 2025 – UPC_CFI_355/2023, UPC_CFI_186/2025; m.V.a. UPC_CFI_696/2024 (LD München, Panel 2), Entscheidung vom 19. März 2025, Rn. 18–22 – MSG Maschinenbau ./. EJP Maschinenbau; siehe auch UPC_CFI_363/2023 (LD Düsseldorf), Entscheidung vom 14. April 2025 – Seoul Viosys ./. expert; UPC_CFI_16/2024 (LD Düsseldorf), Entscheidung vom 22. April 2025, Rn. 19 – Ortovox ./. Mammut
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